Drucksache 17 / 18 130 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Fabio Reinhardt und Susanne Graf (PIRATEN) vom 01. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. März 2016) und Antwort „Der Traum ist aus“ (VI) – Abschiebungen und Abschiebehaft von minderjährigen Flüchtlingen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.Wie viele begleitete und wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres und wie viele bis zur Vollendung des 18. Lebensjähriges befanden sich gemäß § 62 Absatz 1 Satz 3 und § 62a Absatz 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in den Jahren 2013 bis 2015 und befinden sich aktuell und seit wann in Abschiebehaft? a) Aus welchen Herkunftsländern stammen die Minderjährigen jeweils? Zu 1. und 1. a): Alter 2013 2014 2015* w m w m w m bis 15 0 0 0 0 0 0 16 bis 17 0 0 0 1 0 0 *Schließung des Abschiebungsgewahrsams am 11.November 2015 Eine weitere statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. 2.Wie viele begleitete und wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres und wie viele bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres wurden in den Jahren 2013 bis 2015 und im laufenden Jahr aus welchen Gründen aus der Abschiebehaft entlassen? a) Aus welchen Herkunftsländern stammen die Minderjährigen jeweils? Zu 2. und 2. a): Keine. 3. Wie viele begleitete und wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres und wie viele bis zur Vollendung des 18. Lebensjähriges wurden gemäß § 58 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in den Jahren 2013 bis 2015 und wie viele jeweils im laufenden Jahr abgeschoben? a) Aus welchen Herkunftsländern stammen die Minderjährigen jeweils? b) Wie viele wurden jeweils in ihre Herkunftsländer abgeschoben? c) Wie viele wurden jeweils in Drittstaaten abgeschoben , über die sie eingereist sind? Zu 3. und 3. a) – c): Die gewünschten Daten werden statistisch nicht erfasst. 4. § 58 Absatz 1a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sieht vor, dass vor der Abschiebung eines UMF die Behörde sich zu vergewissern hat, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Welches konkrete Verfahren findet in Berlin diesbezüglich regelmäßig Anwendung? a) Wie wird sichergestellt, dass der betroffene UMF in dem Land, in das er abgeschoben wird, minderjährigengerecht untergebracht und versorgt wird? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 130 2 Zu 4. und 4. a): Die Ausländerbehörde hat vor der Abschiebung über die deutsche Auslandsvertretung beziehungsweise die zuständige Heimatbehörde die beabsichtigte Unterbringung der Minderjährigen bzw. des Minderjährigen in Erfahrung zu bringen, die entweder beim gesetzlichen Vertreter oder in einer entsprechenden staatlichen oder karitativen Einrichtung im Heimatland erfolgen muss. Die deutsche Auslandsvertretung ist ferner zu bitten , dafür Sorge zu tragen, dass die Minderjährige bzw. der Minderjährige unter 18 Jahren am Zielflughafen durch Verwandte oder die zuständigen staatlichen Stellen in Empfang genommen wird. Ergänzend wird auf A.58.1a.0. der Verfahrenshinweise der Berliner Ausländerbehörde verwiesen, die auf der Homepage der Abteilung IV des Landesamtes für Bürgerund Ordnungsangelegenheiten öffentlich zugänglich sind. 5. Welche Kriterien führen bei begleiteten und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen regelmäßig zu einem Verbot der Abschiebung gemäß § 60 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)? a) Welche Rolle spielt hierbei die besondere Schutzbedürftigkeit und das Kindeswohl des minderjährigen Flüchtlings? Zu 5. und 5. a): Das Verbot der Abschiebung gemäß § 60 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) stellt die Umsetzung des Artikels 33 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) dar, für deren Vollzug und damit auch Prüfung das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig ist. In der Entscheidung des Bundesamtes wird eine Aussage über die Asylanerkennung nach Artikel 16a Grundgesetz , die Flüchtlingsanerkennung nach § 3 Absatz 1 Asylgesetz (AsylG) in Verbindung mit § 60 Absatz 1 AufenthG und das Vorliegen von subsidiärem Schutz nach § 60 Absatz 2 bis 7 AufenthG getroffen. Die Ausländerbehörde ist insoweit an die Entscheidung des Bundesamtes gebunden. 6. Welche Kriterien führen bei begleiteten und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen regelmäßig zu einer vorrübergehenden Aussetzung der Abschiebung (Duldung ) gemäß § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG)? a) Welche Rolle spielt hierbei die besondere Schutzbedürftigkeit und das Kindeswohl des minderjährigen Flüchtlings? Zu 6. und 6. a): Die Duldungstatbestände des § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gelten für minderjährige und volljährige Flüchtlinge gleichermaßen. Eine Duldung wird demnach etwa bei fehlendem Rückführungsdokument erteilt. Der Schutzwürdigkeit sowie dem Kindeswohl wird dadurch besonderes Gewicht verliehen, dass ein möglicher Duldungsgrund insbesondere bei nicht sichergestellter Inobhutnahme im Herkunftsland besteht. 7. Welche Kriterien führen bei begleiteten und unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen regelmäßig zu einer Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)? a) Welche Rolle spielt hierbei die besondere Schutzbedürftigkeit und das Kindeswohl des minderjährigen Flüchtlings? Zu 7. und 7. a): Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) greifen etwa ein, wenn einer Ausreise Hindernisse entgegenstehen , die die/der betreffende/n Minderjährige/n nicht zu vertreten hat. Eine im Einzelfall besondere Schutzwürdigkeit eines minderjährigen Flüchtlings findet im Rahmen der Entscheidung über die Aufenthaltserlaubnis Berücksichtigung. Das Lebensalter als solches bedingt jedoch noch keinen humanitären Grund in diesem Sinne. Berlin, den 17. März 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mrz. 2016)