Drucksache 17 / 18 147 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 01. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. März 2016) und Antwort Mangelnde Strafverfolgung mutmaßlicher Wirtschaftskriminalität bei Stuttgart 21 durch die Berliner Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Strafanzeigen im Zusammenhang mit dem Großprojekt „Stuttgart 21“ wurden seit 2010 bei der Berliner Staatsanwaltschaft gestellt, wie viele Verfahren wurden eröffnet und was war der Gegenstand der jeweiligen Anzeige/des jeweiligen Verfahrens? Zu 1.: Bei der Staatsanwaltschaft Berlin wurden insgesamt vier Strafanzeigen gegen Mitglieder des Vorstandes und/oder des Aufsichtsrates der Deutschen Bahn AG bearbeitet. Tatvorwurf war jeweils ein Vergehen der Untreue wegen der Fortführung des Projektes Stuttgart 21. Die aufgrund dieser Strafanzeigen eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurden nach Prüfung der grundlegenden Sach- und Rechtslage ohne Aufnahme von Ermittlungen gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, weil dem Anzeigevorbringen auch unter Berücksichtigung der den Strafanzeigen beigefügten Unterlagen jeweils zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat (§ 152 Absatz 2 der StPO) nicht zu entnehmen waren. 2. Trifft es zu, dass die Berliner Staatsanwaltschaft trotz ihr vorgelegter Beweismittel wie bspw. Dokumente aus dem Bundeskanzleramt Ermittlungen wegen Untreue gegen Verantwortliche der Deutschen Bahn AG ablehnte und sind dem Senat die Strafanzeige von RA Dr. Eisenhart von Loeper (Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart21) vom 29.06.2015, der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Berlin vom 16.07.2015 sowie der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft vom 09.09.2015 bekannt? 3. Trifft es zu, dass die Berliner Staatsanwaltschaft in den unter 2. benannten Vorgängen einen Anfangsverdacht der Untreue erkannt hat? Wenn ja, mit welcher konkreten Begründung wurde das Verfahren nicht weiter geführt? Zu 2.und 3.: Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, wurde das Ermittlungsverfahren, das u. a. wegen des Verdachts der Untreue geführt worden war, eingestellt, weil kein hinreichender Anhaltspunkt für eine Straftat vorlag. Der zuständigen Senatsverwaltung sind nur Verfahrensunterlagen bekannt, die im Rahmen der fachaufsichtlichen Prüfung, in der Regel einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft , oder sonst im Berichtsweg vorgelegt worden sind. Eine Anzeige des Herrn Rechtsanwalt Dr. Eisenhart von Loeper vom 29.06.2015 mitsamt den dazu ergangenen Bescheiden ist der zuständigen Senatsverwaltung nicht von der Generalstaatsanwaltschaft vorgelegt worden , weil gegen deren Entscheidung keine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt worden war. 4. Nach den unter 2. genannten Dokumenten wurde das Ermittlungsverfahren wegen Untreue nur eingestellt, weil den Tatverdächtigen „nicht bewusst gewesen sein muss“, dass der Ausstieg aus Stuttgart21 geringere Kosten verursachen würde als die Fortführung des Projekts. Teilt der Senat die Auffassung der Staatsanwaltschaft Berlin vom 6.01.2016, wonach die vorgenannte Einstellung der Ermittlungen zwar den Anfangsverdacht der Strafvereitlung begründet, diese aber nicht gegen jene Staatsanwälte verfolgt werden kann, weil es an deren vorsätzlicher Tat fehlt, das Verhalten aber fahrlässig falsch gewesen sein dürfte? Zu 4.: Strafvereitelung im Amt ist nur strafbar, wenn die Täterin oder der Täter mit Vorsatz handelte Die rechtliche Würdigung hat sich somit gar nicht mit einer fahrlässigen Begehungsweise zu befassen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 147 2 5. Gab es Kontaktaufnahmen/Korrespondenzen zwischen der Staatsanwaltschaft Berlin und der Senatsverwaltung für Justiz bei denen es um die Frage ging, ob die fällige Neuaufnahme von Ermittlungen gegen betroffene Manager und Aufsichtsräte der Deutschen Bahn AG aufgrund eines gestellten Antrags vom 10.02.2016 erfolgen „darf“ oder nicht? Wenn ja, zu welchen Zeitpunkten fanden die Kontaktaufnahmen/Korrespondenzen statt und welcher Art waren die Kontaktaufnahmen/Korrespondenzen jeweils? Zu 5.: Nein. Weder der Staatsanwaltschaft Berlin noch der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz ist ein Antrag vom 10. Februar 2016 bekannt. 6. Hält der Senat es grundsätzlich für geboten, dass das Verhalten von Managern und Mitgliedern von Aufsichtsorgangen von aus dem Ruder gelaufenen Großprojekten verstärkt auch mit strafrechtlichen Maßstäben bewertet wird und hält der Senat es für legitim oder sogar geboten, dass die aufsichtsführende Senatsverwaltung in diesem Sinne auf die Staatsanwaltschaften einwirkt und/oder zumindest strafvereitelndem Verhalten entgegenwirkt ? Zu 6.: Der Senat hält es für geboten, dass Straftaten konsequent verfolgt werden, selbstverständlich ohne Ansehen der Person. Oberste Ermittlungsbehörde ist die Generalstaatsanwaltschaft, nicht die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, so dass diese daher regelmäßig in einzelne Ermittlungsverfahren nicht eingreift. Berlin, den 18. März 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mrz. 2016)