Drucksache 17 / 18 156 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanne Graf (PIRATEN) vom 03. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. März 2016) und Antwort Mieterhöhungen und Mietvertragskündigungen bei Berliner Kitas – Wie schützt der Senat die Kleinsten vor der Verdrängung aus dem Sozialraum? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kindertageseinrichtungen in welchen Bezirken sind aktuell und seit wann a) von Mieterhöhungen betroffen, c) von Mietvertragskündigungen betroffen, b) aufgrund von Mieterhöhungen von Umzügen betroffen oder c) aufgrund von Mieterhöhungen von Räumungen oder Schließungen betroffen? 2. Die Träger von Kindertageseinrichtungen haben gemäß § 47 SGB VIII die Verpflichtung, die drohende oder bevorstehende Schließung einer Kita gegenüber der Einrichtungsaufsicht in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zu melden. a) Wie häufig ist dies in den Jahren 2013 bis 2015 und im laufenden Jahr geschehen? b) Welche Schließungsgründe wurden wie häufig genannt ? Zu 1. und 2.: Mietverträge sind privatrechtliche Verträge . Zu den Fragestellungen liegen dem Senat daher keine belastbaren Erkenntnisse vor. Die Träger von Kindertageseinrichtungen sind gemäß § 47 SGB VIII verpflichtet , eine drohende bzw. bevorstehende Schließung einer Einrichtung der aufsichtsführenden Stelle anzuzeigen . Hierdurch soll sichergestellt werden, dass eine anderweitige Unterbringung der betreuten Kinder rechtzeitig veranlasst werden kann. Schließungsgründe müssen nicht mitgeteilt werden. 3. Welche Vermietungspraxis an Kindertagesstätten gibt es bei den sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften ? a) Gibt es einen Verzicht auf maximal mögliche Mieteinnahmen oder Mieterhöhungen (gedeckelte Mieten )? b) Wenn ja, wie und wo ist dieser Verzicht geregelt und wie wird die Einhaltung überprüft? Zu 3.: Auf Nachfrage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt haben die sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften (WBG) aktuell Stellung genommen. Alle sechs Gesellschaften antworteten zur Vermietungspraxis an Kitaträger, dass sie sich nach wie vor im Rahmen ihrer sozialen Verantwortung in den Quartieren bei den Mieten für Kitas an der mit dem Nutzungszweck verbundenen begrenzten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientieren. Auch bei der Vermietung fertiggestellter Neubauten spielt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betreibers eine zentrale Rolle bei der Vereinbarung der Miethöhe. Durch Verzicht auf maximal mögliche Mieteinnahmen finden auf diesem Wege soziale Träger (also auch Kitas) Unterstützung. 4. Die regelmäßige Aushandlung der erforderlichen Ausgestaltung von Personal- und Sachkosten zur Sicherstellung des Leistungsangebots von Kindertagesstätten (Kita-Kostenblatt) ist Bestandteil der Rahmenvereinbarung zwischen dem Land Berlin und der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (LIGA) sowie dem Dachverband der Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS e.V.). a) Wie hoch sind die in den Sachkosten des Kita- Kostenblatts enthaltenen pauschalen Miet- oder Raumkosten bzw. wie hoch ist der Anteil? b) Wie wird diese Höhe bzw. dieser Anteil bei den Verhandlungen regelmäßig hergeleitet oder festgelegt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 156 2 c) Wurden bei der Herleitung oder Festlegung der Höhe bzw. des Anteils in den letzten Verhandlungen Mietpreisentwicklungen berücksichtigt? Wenn ja, wie konkret? Wenn nein, warum nicht? d) Wann finden dieses Jahr Neuverhandlungen statt? Zu 4.: Die mit der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (LIGA) und dem Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS) geschlossene Rahmenvereinbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstellung der Tageseinrichtungen (RV Tag) weist in ihren Kostenblättern seit 2010 Pauschalen aus (s. § 4 RV Tag), die nach dem Alter und dem Betreuungsumfang der Kinder variieren. Die Miet- bzw. Raumkosten sind in den Sachkosten des Kita-Kostenblatts enthalten, die grundsätzlich einheitlich und pauschal berücksichtigt werden. Historisch betrachtet wurden die Sachkosten vor 2010 explizit nach verschiedenen Kostengruppen unterschieden , wobei die Kostengruppe E (Raumkosten für Miete oder Erhaltungsaufwand) 14,9 % der gesamten Sachkosten ausmachte. Die Kostensatzfinanzierung erlaubt eine betriebswirtschaftliche Querfinanzierung zwischen den (impliziten) Einzelpositionen der Sachkosten sowie zwischen den Sach- und Personalkosten. Die Kostensätze werden regelmäßig fortgeschrieben. Die aktuellen RV Tag-Kostenblätter, die alle relevanten Kostenanteile für Kindertageseinrichtungen enthalten, gelten seit dem 01.03.2016. Gemäß § 8 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 RV Tag findet seit dem Jahr 2016 eine Anpassung der Sachkosten jeweils zum 01.01. eines Jahres in Höhe des arithmetischen Mittels der dem November des Vorjahres vorangegangenen zwölf Monatswerte des Verbraucherpreisindex Berlin, veröffentlicht vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, mindestens jedoch in Höhe von jährlich 1,0 v.H., statt. Über die Anpassung der Personal- und Sachkosten ab dem Jahr 2018 werden rechtzeitig im Jahr 2017 neue Verhandlungen zwischen den Vertragspartnern aufgenommen . 5. Wie unterstützt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft von Mieterhöhungen, Mietvertragskündigungen , Umzügen, Räumungen oder Schließungen bedrohte Kindertagesstätten bzw. ihre Träger? a) In wie vielen Fällen konnte der Senat mit welchen Mitteln Mieterhöhungen, Mietvertragskündigungen, Umzüge , Räumungen oder Schließungen von Kindertagesstätten verhindern? 6. Wie unterstützt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft von Mieterhöhungen, Mietvertragskündigungen , Umzügen, Räumungen oder Schließungen bedrohte Kindertagesstätten bzw. ihre Träger insbesondere bei der Suche nach kitagerechten Ersatzliegenschaften im Sozialraum? 7. Auf welche sonstigen Beratungs- und Unterstütungsangebote in Berlin können betroffene Kitas und ihre Träger außerdem zurückgreifen? 8. Die Verlängerung von auslaufenden Mietverträgen zwischen Vermietern und Trägern von Kindertagesstätten geht häufig mit Neuaushandlungen der Miete oder des Mietzinses einher. Wie unterstützt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Kindertagesstätten bzw. ihre Träger bei diesen Neuverhandlungen? Zu 5. - 8.: Der Abschluss von Mietverträgen, die Neuaushandlung von Mieten und Mietvertragsverlängerungen erfolgen auf privatrechtlicher Grundlage. Ein unmittelbares Hinwirken des Senats ist aus diesem Grunde nicht möglich. Jedoch konnten in den vergangenen Jahren unterstützende Schreiben oder Vor-Ort-Beratungen mit Vermietern im Einzelfall helfen, Übergangslösungen oder auch Vertragsverlängerungen zu erreichen. Der Senat unterstützt von der Schließung bedrohte Einrichtungen aber auch ganz konkret. Wie mit der Mitteilung zur Kenntnisnahme über das Berliner Landesprogramm zum Kindertagesstättenausbau berichtet (Drucksache Nr. 17/2241 vom 21.04.2015), wurden im Jahr 2014 besondere Einzelfälle gefördert, um die Kitaplätze an anderem Ort erhalten zu können. Diese Praxis wurde auch im Förderjahr 2015 fortgesetzt. Mit der Förderrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Maßnahmen zum bedarfsgerechten Ausbau der Kindertagesbetreuung in Berlin (Förderrichtlinie - Kitaausbauprogramm) in der Fassung vom 14.12.2015 fördert das Land Berlin seit 2016 explizit nunmehr auch im Einzelfall Erhaltungsmaßnahmen , wenn ohne diese die vorhandenen Plätze nachweislich wegfallen würden. Die Kitaaufsicht bei der SenBildJugWiss unterstützt die betroffenen Träger im Verfahren der notwendigen Betriebserlaubniserteilung. Berlin, den 24. März 2016 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Mrz. 2016)