Drucksache 17 / 18 206 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 03. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. März 2016) und Antwort Linksextremismus in Berlin –Aktivitäten der Roten Hilfe e.V. Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich in den letzten fünf das Personenpotential beim „Rote Hilfe e.V.“ in Berlin entwickelt? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 1.: Die Mitgliederzahlen des Rote Hilfe e.V. in Berlin sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen: 2011: 760, 2012: 880, 2013: 1.000, 2014: 1.100, 2015: 1.200. 2. Sind unter den Vereinsmitgliedern auch Parteimitglieder demokratischer Parteien oder deren Jugendorganisation und wenn ja, in welchem Umfang? Zu 2.: Der Senat verfügt über keine Mitgliederlisten demokratischer Parteien und deren Jugendorganisationen. Insofern kann diese Frage nicht beantwortet werden. 3. Unter welcher Aufgabestellung ist der „Rote Hilfe e.V.“ in Berlin aktiv? Was ist sein Selbstverständnis? Zu 3.: Der Rote Hilfe e.V. versteht sich gemäß Satzung als „linke Schutz- und Solidaritätsorganisation“ für alle, die „aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden“. Er unterstützt von Strafermittlungen Betroffene materiell und politisch und stellt an sich selbst den Anspruch , dabei „keine Ausgrenzungen vorzunehmen“. Ausschlaggebend ist allein die politische linke Motivation der vorgeworfenen Straftat. Dazu sammelt der Rote Hilfe e.V. Spenden auf Sonderkonten, organisiert Solidaritätsveranstaltungen und leistet Zuschüsse aus den Beitragsgeldern . Insbesondere Anwalts- und Gerichtskosten können aufgrund der hohen Finanzkraft – nicht zuletzt durch die wachsenden Mitgliederzahlen – teilweise oder sogar ganz übernommen werden. 4. Welche konkreten Gründe liegen für eine Gemeinnützigkeit des „Rote Hilfe e.V.“ vor? Wann wurde diese erteilt? Zu 4.: Zu Einzelfällen dürfen grundsätzlich keine Auskünfte gegeben werden. Alle Informationen aus dem Besteuerungsverfahren, die einen Steuerfall betreffen, sind durch das Steuergeheimnis im Sinne des § 30 Abgabenordnung (AO) geschützt und dürfen daher ohne Zustimmung des Betroffenen grundsätzlich nicht offenbart werden. 5. Welche Gründe müssen vorliegen, damit einem Verein die Gemeinnützigkeit aberkannt werden kann? Zu 5.: Körperschaften können nur dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn sie die Voraussetzungen des Dritten Abschnitts – Steuerbegünstigte Zwecke der Abgabenordnung erfüllen. Nach diesen Vorschriften ist eine Körperschaft nur dann gemeinnützig, wenn sie nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung selbstlos, ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit fördert (§ 52 Abs. 1 AO). Die Überprüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, nimmt das zuständige Finanzamt im Rahmen des sogenannten Anerkennungsverfahrens für die Gemeinnützigkeit vor. Dabei prüft es zunächst, ob die Satzung den gesetzlichen Anforderungen entspricht und nachfolgend im Rahmen des sogenannten Freistellungsverfahrens , ob die tatsächliche Geschäftsführung diesen Satzungsregelungen entspricht. Erfüllt eine Körperschaft diese Voraussetzungen nicht, kommt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nicht in Betracht. Eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit für Zeiträume , in denen diese bereits anerkannt wurde, kann unter anderem erfolgen, wenn sich zum Beispiel im Rahmen einer Betriebsprüfung oder aufgrund sonstiger Erkennt- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 206 2 nisse herausstellt, dass die Körperschaft die vorgenannten gesetzlichen Anforderungen nicht oder nicht mehr erfüllt. Allerdings ist eine rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit nur für Zeiträume möglich, für die noch kein endgültiger Bescheid über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ergangen ist. 6. Welche Aktivitäten unternimmt der „Rote Hilfe e.V.“ in Bezug auf die Berliner Haftanstalten? Zu 6.: Nach eigenen Angaben wird der persönliche Kontakt zu vermeintlich „politischen Gefangenen“ gehalten und dafür eingetreten, deren Haftbedingungen zu verbessern, eine vermeintliche „Isolationshaft“ zu verhindern und ihre Freilassung zu fordern. Innerhalb der Berliner Justizvollzugsanstalten sind keine Aktivitäten des Rote Hilfe e.V. zu verzeichnen, mit Ausnahme der Justizvollzugsanstalt für Frauen. Mitglieder des Vereins nahmen nach Beobachtungen der Anstalt an Demonstrationen vor der Anstalt zur Unterstützung einer dort wegen Mordes und Bildung einer terroristischen Vereinigung inhaftierten Gefangenen teil. An wie vielen Demonstrationen war der „Rote Hilfe e.V.“ in den letzten fünf Jahren beteiligt? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Welches Gefahrenpotential geht nach aktuellem Kenntnisstand vom „Rote Hilfe e.V.“ aus Zu 7.: Versammlungsvorgänge unterliegen im Allgemeinen einer dreijährigen Aufbewahrungsfrist. Weitergehende Recherchen sind nur über die Veranstaltungsdatenbank Berlin (VDB) möglich. Allerdings kommt auch hier bei den Veranstalterdaten aus datenschutzrechtlichen Gründen nach Ablauf der Dreijahresfrist eine Löschroutine zur Anwendung. Nach § 14 Versammlungsgesetz (VersG) sind in der Anmeldung einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel der Veranstalter sowie die Person, welche für die Leitung verantwortlich ist, zu nennen. Diesbezüglich sind innerhalb des vorhandenen Datenbestandes keine Versammlungen bekannt, bei denen die Rote Hilfe e.V. namentlich erfasst wurde. Zu einer sonstigen „Beteiligung“ liegen hier keine Erkenntnisse vor. Daten, die die Abteilung Verfassungsschutz im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung in solchen Zusammenhängen erhebt und speichert, entstehen nach Prüfung des Einzelfalls und können zwangsläufig keinem Anspruch auf Vollständigkeit oder Repräsentativität im Sinne der Frage gerecht werden. Feststellbar ist, dass der Rote Hilfe e.V. in Einzelfällen auch Aufrufe zu Demonstrationen unterstützt hat, die von Akteuren aus dem gewaltorientierten linksextremistischen Spektrum initiiert wurden. Das Engagement des Rote Hilfe e.V. zielt darauf ab, die strafrechtlichen Konsequenzen für politisch links motivierte Straf- und Gewalttäterinnen und Straf- und Gewalttäter abzumildern. Nach eigenen Angaben soll die Unterstützung für die Einzelnen „zugleich ein Beitrag für die Stärkung der Bewegung sein“ und „ermutigt damit zum Weiterkämpfen“. Eine Abgrenzung zum linksextremistischen Spektrum wird dabei bewusst nicht vorgenommen . Sie stellt damit eine wichtige Infrastruktur innerhalb der Szene, ohne dass alle Mitglieder selbst Extremistinnen oder Extremisten wären. Berlin, den 21. März 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mrz. 2016)