Drucksache 17 / 18 221 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Regina Kittler (LINKE) vom 14. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. März 2016) und Antwort OSZ – Willkommensklassen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Willkommensklassen gibt es zum Stichtag 01. März 2016 an den Berliner Oberstufenzentren (OSZ)? (Bitte nach Schule/Schulstandort konkret auflisten .) 2. Wie viele junge Menschen befinden sich gegenwärtig in Willkommensklassen an OSZ (bitte nach Schule /Schulstandort konkret auflisten und nach Geschlecht darstellen und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gesondert ausweisen)? Zu 1. und 2.: Es sind 95 Willkommensklassen mit Stand 01. März 2016 eingerichtet, davon drei Klassen an zentralverwalteten Schulen und drei Klassen an privaten Schulen. In den Willkommensklassen der OSZ sind insgesamt 1.132 Schülerinnen und Schüler (Stand 1. März 2016). Davon sind nur 101 Schülerinnen. Statistische Angaben über den Zugang unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge liegen nicht vor. Nr. Schule Schüler/- innen Klassen 01B01 OSZ Banken, Immobilien und Versicherungen 22 2 01B02 Staatliche Technikerschule Berlin 16 1 01B03 OSZ Kommunikations-,Informations-,Medientechnik 13 1 01B04 OSZ Gesundheit I 12 1 02B02 Hans-Böckler-Schule OSZ Konstruktionsbautechnik 41 3 02B03 OSZ Mode und Bekleidung 34 3 02B04 OSZ Handel I 24 2 02B05 Jane-Addams-Schule (OSZ Sozialwesen II) 22 2 03B02 Berufliche Schule für Sozialwesen Pankow 15 1 03B03 Martin-Wagner-Schule (OSZ Bautechnik II) 24 2 03B04 Brillat-Savarin-Schule (OSZ Gastgewerbe) 27 3 03B06 Konrad-Zuse-Schule 17 2 03B07 Elinor-Ostrom-Schule OSZ Bürowirtschaft und Dienstleistungen 11 1 03B09 Marcel-Breuer-Schule (OSZ Holztechnik) 19 2 04B01 Loschmidt-Schule 11 1 04B02 Hans-Litten-Schule (OSZ Recht und Wirtschaft) 41 3 04B03 OSZ Kraftfahrzeugtechnik 38 3 04B04 Ruth-Cohn-Schule (OSZ Sozialwesen III) 12 1 04B06 Leopold-Ullstein-Schule (OSZ Wirtschaft) 34 3 04B07 OSZ Körperpflege 36 3 05B01 OSZ TIEM (Techn. Informatik, Industrie-Elektronik, Energie 37 3 05B02 OSZ Bautechnik I (Knobelsdorff-Schule) 36 3 06B01 Peter-Lenné-Schule (OSZ Natzur und Umwelt) 31 3 06B03 OSZ Bürowirtschaft I 20 2 06B04 Wilhelm-Ostwald-Schule (OSZ Farbtechnik und Raumgestaltung) 40 4 07B02 Marie-Elisabeth-Lüders-Oberschule 35 3 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 221 2 07B03 OSZ LOTIS (Logistik, Touristik, Immobilien) 23 2 08B04 OSZ Informations-und Medizintechnik 24 2 08B05 Carl-Legien-Schule 37 3 09B03 Hermann-Scheer-Schule (OSZ Wirtschaft u. Sozialversicherung) 24 2 09A07 Flatow-Oberschule 17 2 10B01 Oscar-Tietz-Schule (OSZ Handel II) 22 2 10B02 Rahel-Hirsch-Schule (OSZ Gesundheit II) 28 2 11B01 Hein-Möller-Schule (OSZ Energietechnik II) 87 7 11B02 Max-Taut-Schule (OSZ Gebäude, Umwelt, Technik) 50 4 12B01 Georg-Schlesinger-Schule (OSZ Maschinen- u.Fertigungstechnik) 31 4 12B02 Emil-Fischer-Schule (OSZ Ernährungs- u. Lebensmitteltechnik) 20 2 12B03 Ernst-Litfaß-Schule (OSZ Druck- und Medientechnik) 12 1 12Y06 Schulfarm Insel Scharfenberg 12 1 03P08 Edith-Stein-Schule 15 1 03P27 Klax-Fachschule für Erzieher 26 2 Summe 1.132 95 3. Wie viele junge Menschen mit Flucht- und Asylhintergrund warten zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf einen Platz in einer Willkommensklasse an einem OSZ? Wie viele davon sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ? Wie viele davon sind weiblich? Zu 3.: Gegenwärtig warten rd. 1400 Schülerinnen und Schüler auf einen Platz in einer Willkommensklasse. 4. Wie lang ist gegenwärtig die durchschnittliche Wartezeit auf einen Platz in einer OSZ-Willkommensklasse ? Zu 4.: Die Wartezeit ist abhängig von der erfolgten vollständigen Datenlieferung an die Klärungsstelle und dem Abschluss der Gesundheitsuntersuchung, so dass momentan sehr unterschiedliche Zugangsfristen auftreten. 5. Warum werden Willkommensklassen an OSZ nicht unverzüglich bei vorhandenem Bedarf eingerichtet? Wo liegt das Problem? Zu 5.: Für die Einrichtung einer Willkommensklasse sind die notwendigen personellen und räumlichen Voraussetzungen zu schaffen. Durch eine hohe Flexibilisierung bei der Einstellung von Quereinsteigern und Quereinsteigerinnen mit entsprechenden Qualifikationen in dem Bereich Deutsch als Fremdsprache gelingt es bisher jenseits der regulären Einstellungstermine die im Vergleich zu regulären Klasseneinrichtungen sehr schnelle bedarfsgerechte Einrichtung von Klassen zu sichern. Einstellungen für die notwendigen Stellenbesetzungen erfolgen laufend. 6. Mit welchem Bedarf an Willkommensklassen an OSZ rechnet der Senat kurz- und mittelfristig, welche Platzkapazitäten werden benötigt und wie trifft der Senat gemeinsam mit den OSZ dafür Vorsorge? Was ist mittelfristig geplant? Zu 6.: Im laufenden Schuljahr sind Maßnahmen ergriffen worden, um noch ca. 100 zusätzliche Willkommensklassen einzurichten, perspektivisch sogar mehr. Zum Start des Schuljahres 2016/17 werden für den Übergang in die berufsqualifizierenden Bildungsgänge auch dort die Platzkapazitäten deutlich angehoben. Die Abstimmungen mit den Schulstandorten sind bereits erfolgt. Weitere Maßnahmen für die effizientere Ausnutzung der Standortvoraussetzungen sind geplant, die Unterrichtung in zwei Schichten an geeigneten Schulen und der Heraufsetzung der Klassenfrequenz auf 15 Schülerinnen und Schüler. 7. Wie wurden und werden Schulleitungen und Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler an den OSZ auf die Aufnahme von Willkommensklassen vorbereitet und wie wird sichergestellt, dass die jungen Flüchtlinge in den Schulalltag integriert werden? Zu 7.: Die Schulleitungen sind hinsichtlich der Kapazitäten und Standorte in den Planungspro-zess mit einbezogen . Die curricularen Eckpunkte der Willkommensklassen an beruflichen Schulen sind ihnen auf einer Dienstbesprechung vorgestellt worden. Die beteiligten Lehrkräfte in den Willkommensklassen wurden über diese Arbeitsgruppe (AG) Neuzuwanderung in gleicher Weise informiert . Im Schulleben der einzelnen Schulen gibt es zahlreiche Anlässe des Zusammentreffens von Schülerinnen und Schülern der Willkommensklassen mit Schülerinnen und Schülern der anderen Bildungsgänge bei fakultativen Lernangeboten, Festen, Informationsmessen für den Übergang in Ausbildung und anderem. 8. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und wer entscheidet darüber, ob ein junger Flüchtling eine OSZ-Willkommensklasse besucht? Wie wird der Betreffende selbst an der Entscheidung beteiligt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 221 3 Zu 8.: Die Wohnheime vermitteln diejenigen jungen Flüchtlinge, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, an die Klärungsstelle der beruflichen Schulen weiter. Die Klärungsstelle führt in der Regel ein Beratungsgespräch mit den Jugendlichen durch und ermittelt gegebenenfalls schon existierende grobe Neigungen zu beruflichen Anschlussoptionen . Auf dieser Grundlage wird den jungen Flüchtlingen der angebotene Platz in einer Willkommensklasse einer beruflichen Schule erklärt. Extreme Härten bei der Erreichung von Schulstandorten finden Berücksichtigung . Allerdings wird wegen der berufsfeldbezogenen Ausrichtung der Berliner beruflichen Schulen von allen Schülerinnen und Schülern die notwendige Flexibilität erwartet, um den Schulstandort zu erreichen, der das Bildungsangebot für die eigenen Neigungen anbietet. 9. Wie ist das Verfahren des Zugangs zu einer OSZ- Willkommensklasse geregelt? Wer ist zuständig für die Verteilung? Zu 9.: Die Zugangssteuerung erfolgt über die Klärungsstelle der berufsbildenden und zentral verwalteten Schulen, die am Ort des schulpsychologischen und inklusiven Beratungs- und Unterstützungszentrum der beruflichen Schulen eingerichtet ist. In der Klärungsstelle laufen sowohl Anmeldungen der allgemeinbildenden Schulen der Bezirke, als auch direkte Anmeldungen und solche der betreuenden Flüchtlingsorganisationen ein. 10. Wie ist die Zusammenarbeit der OSZ untereinander geregelt und wer koordiniert nahtlose Übergänge der jungen Flüchtlinge von OSZ zu OSZ im Bedarfsfall? Zu 10.: Die Oberstufenzentren und beruflichen Schulen reagieren durch schnelle Absprachen bei nötigen Schulwechseln, sei es um sich abzeichnende Berufsfeldneigungen der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen , sei es um Härten bei der Erreichung von Schulstandorten nach Wechsel der Unterbringung zu vermeiden. Sie unterstützen die jungen Flüchtlinge beim Übergang aus den Willkommensklassen in die Regelangebote, vor allem in die berufsqualifizierenden Lehrgänge durch Übernahme des Anmeldeprozesses. 11. Entspricht es dem Anliegen der Willkommensklassen an OSZ, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, neben dem Erwerb der deutschen Sprache berufsorientierende /berufsvorbereitende Kenntnisse zu vermitteln? Welche Angebote stehen dafür an den OSZ zur Verfügung , die parallel/integrierend zum Besuch der Willkommensklassen entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln? 12. Wie ist sichergestellt, dass diese begleitenden und berufliche Kenntnisse vermittelnden Angebote ständig über das Schuljahr verteilt an den OSZ beginnen können und zeitgleich mit dem Einrichten der Willkommensklassen auch real zur Verfügung stehen? Zu 11. und 12.: Das gegenwärtig in einer Erprobungsund Abstimmungsphase befindliche Curriculum für die Willkommensklassen sieht neben dem umfangreichen Deutsch als Zweitsprache (DaZ)-Unterricht berufsausbildungsvorbereitende und –orientierende Kompetenzschwerpunkte vor. Nur so kann der anschließende Übergang in die Berufsqualifizierenden Lehrgänge (BQL) gelingen, die wiederum durch einen integrierten Sprachförderansatz in allen berufsfeldübergreifenden und berufsfeldbezogenen Fächern eine durchgängige und kontinuierliche Sprachförderung, die auf die Qualifizierungsphase in den Willkommensklassen aufbaut, ermöglichen können . 13. Entspricht es den Tatsachen, dass Wartezeiten auf einen Platz in einer OSZ-Willkommensklasse damit begründet werden, dass entsprechende berufliche Lehrgänge bzw. andere Angebote nur zu Beginn des Schuljahres starten und während des laufenden Schuljahres nicht beginnen können? Was steht dem entgegen und was wird der Senat tun, um laufend und bedarfsgerecht berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelnde Angebote zur Verfügung zu stellen? Zu 13.: Junge Flüchtlinge werden auch unterjährig in Willkommensklassen aufgenommen. Dies ist möglich, weil Ausgleiche der Klassengrößen bei hoher Fluktuation von Schülerinnen und Schülern in der Anfangsphase des Aufenthalts in Deutschland vorgenommen werden können . Die Übergänge in die Regelangebote der beruflichen Schulen können zurzeit wegen rechtlicher Rahmenvorgaben zu Mindeststundenzahlen für die Erreichung von Schulabschlüssen und Vorgaben zu zentralen Prüfungen nicht weiter flexibilisiert werden. Es wird jedoch aktuell geprüft, wie beim Zugang zu den BQL-Lehrgängen eine höchstmögliche Durchlässigkeit zwischen Willkommensklassen und Regelklassen auch unterjährig organisiert werden könnte. 14. Welche anschließenden Angebote stehen für Absolventinnen und Absolventen der OSZ-Willkommensklassen im Sinne eines nahtlosen Übergangs in Ausbildung und Beruf an den OSZ und darüber hinaus zur Verfügung ? Zu 14.: In die mehrjährige Berufsfachschule können junge Flüchtlinge übergehen, die je nach Bildungsgang einen Mittleren Schulabschluss (MSA), eine erweiterte Berufsbildungsreife (eBBR), oder eine Berufsbildungsreife in Deutschland erworben haben oder die Anerkennung eines im Ausland erworbenen gleichwertigen Abschlusses vorlegen können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 221 4 In studienbefähigende Bildungsgänge wie die zweijährige Fachoberschule oder das berufliche Gymnasium können Schülerinnen und Schüler übergehen, die mindestens den Mittleren Schulabschluss mit den notwendigen zusätzlichen Fachnotenergebnissen für den Zugang zur gymnasialen Oberstufe oder der Fachoberschule vorweisen können, bzw. eine Gleichwertigkeitsfeststellung für ein im Ausland erworbenen Zugang zu studienbefähigenden Bildungsgängen vorlegen können. In die Integrierte Berufsausbildungsvorbereitung (IBA) als Schulversuch an 14 beruflichen Schulen, in die Berufsqualifizierenden Lehrgänge (BQL) gibt es als einzige Aufnahmevoraussetzung die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht. Der für alle Jugendliche ohne Studienwunsch erstrebenswerte Abschluss eines betrieblichen Ausbildungsvertrags ist nach den vorbereitenden Bildungsangeboten oder flexibel aus diesen Angeboten heraus immer möglich. Hier übernehmen die Projekte wie „Arrivo“ der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen und „Perjuf “ der Bundesagentur für Arbeit Brückenfunktionen. Wichtige Beratung und Vermittlungsleistungen bieten die Agenturen für Arbeit, für die Jugendlichen unter 25 Jahren die vier geöffneten und die in 2016 sukzessive öffnenden weiteren acht Standorte der Jugendberufsagentur Berlin. 15. Welche Rolle hat der Senat den bezirklichen Jugendberufsagenturen zugedacht, um jungen Flüchtlingen einen geregelten Übergang in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen, und welche Ressourcen werden dafür zusätzlich zur Verfügung gestellt? Zu 15.: In den Standorten der Jugendberufsagentur Berlin in den zwölf Bezirken werden von der Bundesagentur für Arbeit je eine Integrationsfachkraft des Jobcenters und eine Beratungsfachkraft der jeweiligen Agentur für Arbeit spezifisch für die Beratung und Unterstützung junger Flüchtlinge zusätzlich zu den regulären Fachkräften eingesetzt. Sie beraten in enger Abstimmung mit den Berufs- und Studienorientierungsteams der Integrierten Sekundarschulen mit Willkommensklassen und Flüchtlingen in den Regelklassen Schülerinnen und Schüler über Anschlussoptionen in der beruflichen Qualifizierung . Die zuständigen Berufsberaterinnen und Berufsberater an den beruflichen Schulen übernehmen diese Schnittstelle für die beruflichen Schulen mit Willkommensklassen und Flüchtlingen in den Regelangeboten. Auch die neuen Beraterinnen und Berater für die beruflichen Schulen in den Standorten der Jugendberufsagentur Berlin übernehmen Vermittlungsfunktionen für junge Flüchtlinge, die bei fehlenden aufenthaltsrechtlichen Bedingungen nur in schulischen Regelangeboten der beruflichen Schulen einen Anschluss an die Bildungsphase der Willkommensklasse finden können. Alle nötigen Prozesse zu einer effizienten Gestaltung der Beratungswege aus den Schulen in die Standorte der Jugendberufsagentur werden aktuell zwischen der Fachebene des Senates und der Regionaldirektion Berlin- Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit schlussabgestimmt . Anschließend werden sie als landesweite Standards für die Arbeit der Jugendberufsagentur Berlin in die Prozesshandbücher der regionalen Standorte aufgenommen , so dass auch die bezirksübergreifende Fallarbeit einheitlich geregelt ist. Berlin, den 01. April 2016 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Apr. 2016)