Drucksache 17 / 18 222 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller (LINKE) vom 14. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. März 2016) und Antwort Sanierungsbedarf Berliner Sportstätten – was tut der Senat? Was er immer tut: Er erklärt sich für nicht zuständig, spielt den Ball den Bezirken zu und lehnt sich zurück! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist nach Kenntnis des Senats des Sanierungsbedarf der öffentlichen Berliner Sportstätten (bitte zentral verwaltete Sportstätten und bezirklich verwaltete Sportstätten getrennt auflisten und Sanierungsbedarf getrennt nach Bezirken ausweisen)? 2. Wie ist nach Kenntnis des Senats die gesamte Höhe des Sanierungsbedarfs der öffentlichen Berliner Sportstätten , die sich nicht allein aus dem in den Anmeldungen für das Sportanlagensanierungsprogramm gemeldeten Bedarf ergibt (bitte zentral verwaltete Sportstätten und bezirklich verwaltete Sportstätten getrennt auflisten und bezirklich ausweisen)? Zu 1. und 2.: Der „vierjährige Sanierungsbedarf“ bei den gedeckten und ungedeckten Sportanlagen wird jährlich in den Bezirken abgefordert. Der nachfolgenden Tabelle kann der so erhobene Sanierungsbedarf aufgeschlüsselt nach Bezirken und zentral verwalteten Sportstätten entnommen werden. Darüber hinaus liegen dem Senat keine weiteren Angaben vor. Bedarf für 2017 - 20 in Mio. € 01 Mitte 15,758 02 Friedrichshain-Kreuzberg 4,331 03 Pankow 15,175 04 Charlottenburg-Wilmersdorf 23,490 05 Spandau 6,040 06 Steglitz-Zehlendorf 8,890 07 Tempelhof-Schöneberg 5,855 08 Neukölln 5,687 09 Treptow-Köpenick 4,226 10 Marzahn-Hellersdorf 34,767 11 Lichtenberg 34,311 12 Reinickendorf 14,280 172,810 Sportforum XXXXXX Olympiapark XXXXXX 172,810 Umfrage aus 2015 Gesamtsumme Bezirk Summe aus den Bezirken Summe aus den zentralverw. Sportstätten zentralverwaltete Sportstätten Für die zentral verwalteten Sportanlagen verweise ich auf den Berichtsauftrag des Hauptausschusses vom 11.11. 2015, für dessen Beantwortung Fristverlängerung erbeten wurde: Olympiapark, Olympiastadion, Jahnsportpark und Großsporthallen (Frist 30.06.2016) Sportforum und Paul-Heyse-Straße (Frist 31.12..2016). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 222 2 3. Gedenkt der Senat, gemeinsam mit den Bezirken analog dem im Schulbereich vereinbarten Verfahren einen berlinweiten Sportanlagen-Scan nach fest vereinbarten Kriterien durchzuführen, um den Sanierungsbedarf zu ermitteln und wenn nein, warum nicht? Zu 3.: Der Senat prüft auch im Hinblick auf eventuelle Kosten einen berlinweiten Sportanlagen-Scan durchzuführen . 4. Welche Vorstellungen hat der Senat, den Sanierungsbedarf Berliner Sportstätten gemeinsam mit den Bezirken zu bewältigen? Welche Maßnahme-, Zeit- und Finanzplanung ist dafür vorgesehen? 5. Ist der Senat der Meinung, dass das Sportanlagensanierungsprogramm geeignet ist, wirksam Abhilfe zu schaffen und die Berliner Sportstätten in absehbarer Zeit instand zu setzen, zu sanieren, zu modernisieren und barrierefrei auszugestalten? Zu 4. und 5.: Der Senat sieht in der Verdopplung des Sportanlagensanierungsprogramms ab 2017 einen bedeutsamen Schritt zum Abbau des Sanierungsbedarfs. Er wird mit den Bezirken erörtern, ob dies ausreicht. 6. Wie positioniert sich der Senat zu der Forderung von Sporttreibenden an den Senat, den Bezirken verbindlich aufzuerlegen, einmal jährlich jede bezirkliche Sportstätte , einschließlich der Schulsportstätten, gemeinsam mit den Nutzenden zu begehen, Mängel und entstandene Bedarfe protokollmäßig aufzunehmen und festzulegen, wann durch wen was zu erledigen ist? Zu 6.: Dem Senat sind derartige Forderungen nicht bekannt. Aus Sicht des Senats und der Mehrheit der Bezirke ist eine solche Begehungspflicht nicht erforderlich. Bisher werden alle Sportgeräte von den Betreibern öffentlicher Sportanlagen regelmäßig durch Fachkundige (i. d. Regel Fachfirmen) begutachtet und ggf. instand gesetzt. Dort, wo Sportplatzwarte und Sportplatzwartinnen/ Hallenwarte und Hallenwartinnen tätig sind, haben diese durch laufende Kontrollen dafür zu sorgen, dass sich die Sportanlagen und -geräte stets in einem funktionsfähigen Zustand befinden bzw. die beschädigten Teile bis zur Reparatur außer Betrieb zu setzen (vgl. "Dienstanweisung für die Sportplatz- und Sporthallenwarte der Sport- und Bäderämter Berlins", DBl. IV 1983, S. 70 ff.). Bei Sportanlagen mit sog. "Kleinen und Großen Schlüsselverträgen" (Anl. 2, 3 Sportanlagennutzungsverordnung (SPAN)) gibt es einschlägige vertragliche Regelungen . Darüber hinaus trägt das praktizierte verantwortliche Miteinander zwischen Nutzenden und Betreibern öffentlicher Sportanlagen zumeist dazu bei, dass Mängel frühzeitig erkannt und schnell beseitigt werden. Sollte es Bezirke geben, in denen temporär eine abweichende Praxis vorkommt, hält es der Senat dennoch nicht für notwendig, allen Trägern öffentlicher Sportanlagen eine zusätzliche Begehung als Pflicht aufzuerlegen, die einen hohen Personalaufwand erforderte und deren Mehrwert im Normalfall nicht erkennbar ist. 7. Wie gedenkt der Senat gemeinsam mit den Bezirken und dem Sport einen Überblick über die Sportinfrastruktur vom Kleinsportfeld bis zum Olympiastützpunkt zu erlangen und damit eine Grundlage zur strategischen Planung der Berliner Sportinfrastruktur zu bekommen? Zu 7.: Der Senat verfügt über eine Sportstättendatenbank , die mit Hilfe der Bezirke und der Sportorganisationen jedes Jahr aktualisiert wird. Die Datenbank ermöglicht einen Überblick über die Sportinfrastruktur vom Kleinspielfeld bis zum Olympiastadion. Die Datenbank enthält u.a. Angaben zum Standort, zu den Maßen und der Ausstattung der Sportanlagen und ist eine Grundlage für die strategische Planung der Berliner Sportinfrastruktur. Unter dem Titel „Sport in Berlin – Sportanlagen und ausgewählte Bewegungsräume“ werden Auswertungen des Datenbestandes regelmäßig veröffentlicht. 8. Welche Kriterien zur Versorgung der Berliner Bevölkerung legt der Senat bei der Sportstättenplanung zugrunde, wenn er feststellt, dass die DOG-Richtwerte nicht mehr geeignet seien, „Flächenansprüche in Planungsverfahren glaubhaft zu begründen.“ (Vorlage an den Hauptausschuss, rote Nr. 2661 vom 02.02.2016)? Zu 8.: Der Senat ist der Auffassung, dass Orientierungswerte für die Sportinfrastruktur als fachpolitische Zielvorgaben - vergleichbar mit den Richtwerten für die Grünflächen-ausstattung von Wohnquartieren – dringend erforderlich sind. In einer wachsenden Stadt müssen Zielwerte für eine angemessene Infrastrukturausstattung, so auch für Sportflächen, benannt werden. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport gibt für Berlin je einen Orientierungswert für ungedeckte Sportanlagen (Sportplätze ) und für gedeckte Sportanlagen (Sporthallen) vor, die sich aus den beiden Berliner Durchschnittswerten für die Ausstattung mit Sportanlagen des Ausgangsjahres berechnen. Als Bezugsjahr wird das Jahr 2015 (bzw. 31.12.2014) gewählt, weil mit diesem Jahr die aktuelle Bevölkerungsprognose beginnt. Wichtig ist, dass dieser Wert nicht jedes Jahr neu bestimmt wird, sondern dass diese fachpolitische Setzung fixiert bleibt. Sportpolitisch wird also mit dem Fokus auf den erwarteten Bevölkerungszuwachs als Ziel angegeben, dass aus der wachsenden Einwohnerzahl keine Verschlechterung der Sportflächenausstattung folgen darf. Die wachsende Stadt benötigt auch eine mitwachsende Infrastruktur. Die Einheit dieser Durchschnittswerte ist qm Sportfläche pro Einwohner. Zu diesem Durchschnittswert wird ein „Entwicklungsaufschlag“ von 10% addiert. Das Ergebnis ist der jeweilige Orientierungswert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 222 3 Für ungedeckte Sportflächen beträgt er 1,54 qm / EW, für gedeckte Sportflächen 0,2 qm/EW. 9. Wie gedenkt der Senat künftig mit erheblichen Unterschieden im Versorgungsniveau mit Sportstätten zwischen den Bezirken zu verfahren? Wie und durch wen soll dies ausgeglichen und wie der Ausgleich finanziert werden ? Zu 9.: Erhebliche Unterschiede im Versorgungsniveau mit Sportstätten gibt es zwischen den Bezirken, aber auch innerhalb einzelner Bezirke zwischen den Versorgungsbereichen . Grundsätzlich gilt als Planungsziel, dass diese Unterschiede durch den Abbau von Defiziten in den unterversorgten Bezirken / Bereichen ausgeglichen werden sollen. Da eine ideale Gleichverteilung von Sportanlagen aus stadtstrukturellen Gründen unrealistisch ist, werden – wie bisher - die besser versorgten Bezirke / Bereiche für eine Mitversorgung der defizitären Bezirke / Bereiche sorgen müssen. Der Senat hat nicht die Absicht, die bestehenden Verantwortlichkeiten und Finanzierungswege für Planung, Bau und Betrieb von Sportanlagen zu ändern. Bei der Aufstellung von überbezirklichen Dringlichkeitslisten (Investitionsmaßnahmen der gezielten Zuweisung) werden seitens des Senats Maßnahmen in Investitionsschwerpunkten (Versorgungsbereiche mit besonders schlechter Versorgungs-prognose) mit Priorität versehen. 10. Welche Ansätze legt der Senat bei der Zuweisung der Investitionsmittel an die Bezirke für Investitionen in die Sportanlageninfrastruktur zugrunde und was ist für die Bezirke in der Zuweisung jeweils für 2016 und 2017 für die Sportinfrastruktur vorgesehen (bitte bezirklich und nach Haushaltsjahren getrennt darstellen)? Zu 10.: Die Zuweisung der Investitionsmittel an die Bezirke setzt sich aus zwei Anteilen zusammen. Zum einen werden Mittel für Maßnahmen von überregionaler Bedeutung oder mit Gesamtkosten von mehr als 5,5 Mio. Euro gezielt, d.h. maßnahmescharf zugewiesen. Zum anderen werden den Bezirken jährlich 75 Mio. Euro pauschal , d.h. zur freien Verfügung zugewiesen. Die Verteilungsindizes sind dabei je 37,5% Anlagenbuchhaltung (Gebäudeabschreibung) und Straßenfläche sowie 25% „veredelte“ Einwohner (Bewertung nach der sozialräumlichen Entwicklungstendenz). Mithin wird die Sportanlageninfrastruktur über die Anlagenbuchhaltung hinaus nicht gesondert betrachtet. Demzufolge gibt es auch keine spezielle Zuweisung für Investitionen in die Sportinfrastruktur . 11. Welchen Anteil haben Sanierung / Modernisierung und Neubau von Sportanlagen in den Programmen SIWA I und (geplant) SIWA II? Nach welchen Überlegungen hat der Senat diese Anteile für den Sport definiert? Zu 11.: Für Sanierung / Modernisierung und Neubau von Sportanlagen (inkl. Grundstücksankäufe für diesen Zweck) sind im Sondervermögen Infrastruktur Wachsende Stadt (SIWA) I insgesamt 67,25 Mio. €, in SIWA II insgesamt 3,59 Mio. € vorgesehen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 SIWA ErrichtungsG sollen aus dem Sondervermögen Investitionen in die Infrastruktur des Landes Berlin im Zusammenhang mit der wachsenden Stadt finanziert werden, insbesondere auch für den Neubau oder die Erweiterung von Sportanlagen und Multifunktionsbädern , auch soweit solche Vorhaben Investitionen in oder für Grundstücke erforderlich machen. An Hand dieser gesetzlichen Vorgabe sind die Vorschläge der Berliner Verwaltung für SIWA-finanzierte Maßnahmen geprüft worden, inwieweit sie durch das Wachsen Berlins, vor allem hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung , erforderlich sind. 12. Nach welchen Kriterien wurden die in SIWA I und SIWA II enthaltenen Sportanlagen ausgewählt und bestimmt ? Zu 12.: Die Senatsverwaltung für Finanzen hat für Maßnahmen des SIWA eine Bezirkspauschale definiert. Mit dieser Pauschale wurde den 12 Bezirken ein Volumen zugewiesen, in dessen Höhe Maßnahmen zur Realisierung angemeldet werden konnten. Welche Baumaßnahmen mit diesem Volumen realisiert werden sollen, liegt in der Zuständigkeit der Bezirke. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat in einem Controllingprozess lediglich sichergestellt , dass die gesetzlichen Anforderungen des SIWA ErrichtungsG erfüllt wurden. Eine fachliche Beurteilung der bezirklichen SIWA- Invesitionen für Sportanlagen durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat nicht stattgefunden. 13. Welche Bedarfe an Sportstätten hat die für Sport zuständige Senatsverwaltung gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Kontext der wachsenden Stadt geltend gemacht? Zu 13.: Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport vertritt gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und gegenüber den Bezirken die in der Antwort zu Frage 8 genannten Flächenbedarfe. Für die Erstellung der bezirklichen Soziale Infrastruktur- Konzepte (SIKo) im Jahr 2016 liefert die Senatsverwaltung für Inneres und Sport den Bezirken eine nach Versorgungsbereichen gegliederte Hochrechnung der Ausstattungsdaten für Sporthallen und Sportplätze anhand der Daten der aktuellen Bevölkerungsprognose. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 222 4 14. Was tut der Senat für den organisierten und nicht organisierten Breiten- und Freizeitsport in der wachsenden Stadt Berlin, um gemeinsam mit den Bezirken Sportanlagen zu erhalten, nachhaltig zu entwickeln und bedarfsgerecht neue Sportanlagen zu schaffen? Zu 14.: Der Senat sieht seine Aufgaben bei der Sportentwicklungsplanung u.a. darin, • die Entwicklung des Sportverhaltens zu analysieren , • Sport- und Flächenbedarfe zu erheben und fortzuschreiben , • den Sportanlagenbestand zu erheben und fortzuschreiben , • den Sanierungsbedarf zu erheben und fortzuschreiben , • das Sanierungsprogramm umzusetzen, • die Investitionsschwerpunkte zu ermitteln und überbezirkliche Dringlichkeiten zu benennen, • sowie Bewegungsräume in Stadt und Natur für Sport treibende Menschen zu sichern und ressortübergreifend zu gestalten. Der Senat arbeitet dabei vertrauensvoll mit den Sportorganisationen und mit den Bezirken zusammen, die er bei der bezirklichen Sportentwicklungsplanung beratend unterstützt. 15. Wann wird der Senat den in § 8 im Berliner Sportförderungsgesetz geforderten, laufend fortzuschreibenden Sportanlagenentwicklungsplan endlich vorlegen? Zu 15.: Es wird hierzu auf die Vorlage an den Hauptausschuss , rote Nr. 2661 vom 02.02.2016 verwiesen. Berlin, den 29. März 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Apr. 2016)