Drucksache 17 / 18 226 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 14. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. März 2016) und Antwort Feuerwehr-Leitstelle – Verloren gegangene Notrufe durch Ausfall der IT Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Art von Software nutzt die Leitstelle der Berliner Feuerwehr für ihre IT-Infrastruktur (Standardoder Individualsoftware) und wer ist der Hersteller? Zu 1.: In der Leitstelle der Berliner Feuerwehr wird das Einsatzleitsystem (ELS) IGNIS der Firma Sopra Steria GmbH verwendet. Hierbei handelt es sich um eine Individualsoft-ware, welche die speziellen Anforderungen der Berliner Feuerwehr für die Einsatzaufnahme, - verwaltung, Disposition und Alarmierung erfüllt. Die Kommunikationsbeziehungen werden im Funk-Draht- Vermittlungssystem (FDV) hergestellt. Das Funk-Draht- Vermittlungssystem (FDV) ist ein Produkt des Herstellers der Firma Frequentis. 2. Wie alt ist die Software, die für die IT- Infrastruktur der Leitstelle der Berliner Feuerwehr genutzt wird? a) Wie wird die Software gewartet (intern, extern, durch wen und wie)? b) Wie wird die Software weiterentwickelt (intern, extern , durch wen und wie)? Zu 2.: Beide Systemkomponenten (ELS IGNIS und FDV) sind seit dem Jahr 2000 in Betrieb. Wartung und Weiterentwicklung erfolgen zum einen extern durch die jeweiligen Herstellerfirmen und zum anderen durch den zuständigen Fachbereich Informationstechnik der Berliner Feuerwehr. Anpassungen beider Systeme finden hauptsächlich aufgrund von Änderungen rechtlicher Rahmenbedingungen bzw. organisatorischer Änderungen bei der Berliner Feuerwehr statt. 3. Wie oft kommt es zu einem Ausfall der IT- Infrastruktur (Soft- und/oder Hardware) in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr? (Sofern keine Dokumentation erfolgt, bitte die geschätzte Häufigkeit angeben.) Zu 3.: Über etwaige Systemausfälle wird keine Statistik geführt. Nach Schätzung kam es in der Vergangenheit jährlich zu einem Systemausfall des ELS IGNIS. Das FDV- System war von den Ausfällen des ELS IGNIS nicht betroffen. 4. Im Falle eines Ausfalls der IT-Infrastruktur in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr: Wie viel Zeit vergeht, bis der Ausfall bemerkt wird? a) Welche Personen mit welcher konkreter Aufgabe sind die ersten, die den Ausfall bemerken können? b) Welche konkreten Maßnahmen werden ergriffen, wenn die IT-Infrastruktur in der Leitstelle ausfällt? c) Wie lange dauert es – durchschnittlich – bis die IT- Infrastruktur wieder einsetzbar ist? d) Wie werden Notrufe entgegengenommen/ dokumentiert /„bearbeitet“ während des Ausfalls der IT- Infrastruktur? Zu 4.: a) Eine Störung oder ein Ausfall des ELS IGNIS wird unmittelbar von den in Dienst befindlichen Dienstkräften der Leitstelle wahrgenommen. Durch ein Störungsmeldesystem wird die Störung sofort dem Fernmeldeeinsatzdienst der Berliner Feuerwehr übermittelt. b) Durch die Aufsichten werden Notfallkonzepte umgesetzt . Per Leitstellenalarm wird das gesamte im Dienst befindliche Personal der Leitstelle sowie der Fernmeldeeinsatzdienst alarmiert. Durch den Fernmeldeeinsatzdienst wird die Entstörung eingeleitet und bei Erfordernis fachliche Kompetenz aus der Rufbereitschaft der ELS IGNIS-Systemadministration oder der Herstellerfirma angefordert. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 226 2 c) Entsprechend der Art und Schwere der Störung ist mit unterschiedlichen Zeiträumen zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des ELS IGNIS zu rechnen. Umgehungslösungen können innerhalb weniger Minuten geschaltet werden, zentrale Hardwareausfälle erfordern unter Umständen ad-hoc-Ersatz über die Herstellerfirma. d) Anstehende Notrufe 112 können weiterhin über die Telefonanlage entgegengenommen werden. Mit einer vom ELS IGNIS unabhängigen PC- Anwendung werden die erforderlichen Einsatzdaten aufgenommen und auf einem Laufzettel ausgedruckt. Mittels einer manuellen Stecktafel werden die Fahrzeuge verwaltet und Einsätze disponiert. Alle Vorgänge werden auf dem Laufzettel dokumentiert. Separate Dispatchertelefone für die Notrufabfrage stehen ständig zur Verfügung. An den Funkplätzen sind separate Funkgeräte (Digital/Analog) verbaut, mit denen die Einsatzmittel unabhängig vom ELS IGNIS und der FDV geführt werden können 5. Gehen durch oder während des Ausfalls der IT- Infrastruktur Notrufe verloren? a) Wenn ja, sind dadurch Menschen gestorben oder sonst zu Schaden gekommen, denen bei normalem Verlauf nach Eingang eines Notrufs geholfen worden wäre? (Dabei bitte allein darauf abstellen, dass eine Alarmierung der jeweiligen Einsatzkräfte erfolgt wäre. Außer Betracht bleiben soll, dass das Einsatzfahrzeug unterwegs verunfallt etc.) b) Wenn nein, anhand welcher Tatsachen kann ausgeschlossen werden, dass kein Notrufender/den Notruf Auslösender zu Schaden kommt? Zu 5.: Ein Ausfall des ELS IGNIS führt nicht zu einer Störung der Notrufannahme. Bei Ausfall der FDV bzw. Notrufleitungen können technisch bedingt einzelne Gespräche unterbrochen werden. Da aber in jedem Fall eine Anruferkennung vorhanden ist, wird in diesem Fall die Verbindung durch die Leitstelle wiederhergestellt und der Notruf wird weiter abgearbeitet. a) Es sind keine derartigen Fälle bekannt, da die Notrufe weiterhin über Rückfallebenen entgegengenommen werden können. b) Bei Ausfall des ELS IGNIS steht ein Ausdruck aller im System angelegten Einsatzaufträge und der jeweilige Bearbeitungsstand zur Verfügung. Anhand des Ausdruckes wird kontrolliert, ob alle im System erfassten Einsätze mit Fahrzeugen beschickt wurden. 6. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Berliner Feuerwehr, um weitere Ausfälle der IT-Infrastruktur zu vermeiden? Zu 6.: Zurzeit wird eine umfassende Modernisierung des ELS IGNIS durchgeführt. Hierbei werden sowohl die Software an moderne Möglichkeiten und organisatorische Notwendigkeiten angepasst, als auch die gesamte Infrastruktur (Hardware) auf den aktuellen technischen Standard gebracht. Damit erreicht das Leitstellensystem eine noch bessere Skalierbarkeit und Redundanz. Ein parallel dazu bereitgestelltes Referenzsystem ermöglicht eine ständige Weiterentwicklung und Anpassung der Software ohne notwendige Systemunterbrechungen zu Testzwecken . Dadurch steigt die Verfügbarkeit des Gesamtsystems und es sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalles. Anpassungen im FDV- System wurden mit der Implementierung des BOS- Digitalfunks durchgeführt und sind abgeschlossen. Es wurden Anpassungen der Infrastruktur durchgeführt, um Dienste redundant vorzuhalten. Berlin, den 23. März 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Apr. 2016)