Drucksache 17 / 18 281 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 22. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. März 2016) und Antwort Sprachförderung ist Pflicht – wer erklärt das Flüchtlingsfamilien? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kinder aus Flüchtlingsfamilien, die im Schuljahr 2017/18 schulpflichtig werden, leben derzeit in Notunterkünften, Gemeinschaftsunterkünften oder in eigenen Wohnungen bzw. anderen Unterkünften mit ihren Eltern? (bitte bezirklich aufschlüsseln) Zu 1.: Der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft liegen hierzu keine Daten vor. Der Datensatz , der im Jahr 2017/18 schulpflichtig werdenden Kinder , wird nicht nach dem Merkmal „Flüchtlingsfamilie“ differenziert. 2. Nach welchem Verfahren erfolgt seitens des Senats und der Bezirke die Umsetzung der lt. Berliner Schulgesetz bestehenden Verpflichtung zur Teilnahme an einem standardisierten Sprachstandsfeststellungsverfahren für Kinder aus Flüchtlingsfamilien, die im übernächsten Jahr schulpflichtig werden? 3. Durch welches Verfahren wird sichergestellt, dass alle betreffenden Kinder aus Flüchtlingsfamilien, die in 18 Monaten schulpflichtig werden, auch erfasst und zum Sprachtest eingeladen werden? 5. Wer unterstützt die Flüchtlingsfamilien beim Verstehen der Aufforderung zum Sprachtest ihrer Kinder sowie bei der Suche nach einer Kita, in der ein solcher Sprachtest durchgeführt werden kann? Zu 2., 3. und 5.: Kinder mit Flüchtlingserfahrungen, deren Eltern meldebehördlich erfasst sind, werden wie alle anderen Kinder auch durch die bezirklichen Schulämter schriftlich zur Sprachstandsfeststellung aufgefordert. Mit dem Schreiben erhalten die Eltern die Information darüber, wo sie sich zur Sprachstandsfeststellung anmelden können. Die Sprachstandsfeststellung wird durch die regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung in der Regel in einer Kita durchgeführt. Sofern Familien in Erstaufnahmeeinrichtungen noch nicht durch die Meldebehörde erfasst und somit auch nicht in den vom Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) übertragenen Datensätzen enthalten sind, werden die Sprachstandsfeststellungen durch die regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung direkt in den Einrichtungen durchgeführt. Das Ergebnis der Sprachstandsfeststellung wird im Anschluss daran an das zuständige Schulamt übermittelt und händisch in das Datenverarbeitungssystem eingepflegt. 4. Wer erklärt den Eltern in Not- und Gemeinschaftsunterkünften aber auch den Eltern, die eine Wohnung oder andere Unterkunft gefunden haben, dass es lt. Schulgesetz in Berlin ihre Pflicht ist, ihre Kinder auf deren Sprachförderbedarf hin testen zu lassen und dass sie dafür belangt werden können, wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen? Zu 4.: Das Anschreiben „Aufforderung zur Sprachstandsfeststellung “ enthält alle für Eltern wichtigen Informationen . Das Schreiben wurde in mehrere Sprachen übersetzt und kann daher den Familien in der Regel in ihrer Muttersprache zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus arbeiten die regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung eng mit den Erstaufnahme -, Not- und Gemeinschaftsunterkünften zusammen und beraten die Eltern mit Unterstützung des sozialpädagogischen Personals der Einrichtungen. 6. Was passiert, wenn Flüchtlingsfamilien, die eine Aufforderung nach § 55 Berliner Schulgesetz erhielten, dieser aus Unkenntnis nicht nachkommen? Wie viele und welche Sanktionen gab es bisher? (bitte bezirklich aufschlüsseln ) 9. Was passiert, wenn Flüchtlingsfamilien aus Unkenntnis der gesetzlichen Verpflichtung zur Teilnahme an der verpflichtenden Sprachförderung ihrer Kinder nicht nachkommen bzw. keinen geeigneten Kitaplatz finden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 281 2 Zu 6. und 9.: Bislang sind dem Senat keine Fälle bekannt , die darauf schließen lassen, dass Familien mit Fluchterfahrungen aus Unkenntnis der Verpflichtung zur Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung nicht nachkommen. Die regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung und die zuständigen Schulämter beraten die Familien zu allen Fragen der Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung, sodass Unkenntnis weitestgehend ausgeschlossen werden kann. Der von Sanktionen betroffene Personenkreis wird von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft nicht differenziert nach dem Merkmal „geflüchtete Familie“ erfasst. Eine Auswertung zur Anzahl der Sanktionen ist daher nicht möglich. 7. Entspricht es den Tatsachen, dass Flüchtlingsfamilien mit Kindern, die im übernächsten Jahr schulpflichtig werden, nicht zur standardisierten Sprachstandsfeststellung eingeladen werden, sondern gleich einen Gutschein für die verpflichtende Sprachförderung ihres Kindes erhalten ? Zu 7.: Nein. Die Sprachstandsfeststellung wird mit dem standardisierten Testinstrument „Deutsch Plus 4“ durchgeführt und der Sprachförderbedarf festgestellt. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass der Sprachförderbedarf von den Schulamtsmitarbeiterinnen und –mitarbeitern erfasst wird. Erst dann wird ein Sprachfördergutschein erstellt. 8. Wenn ja, wer unterstützt die Eltern beim Verstehen der behördlichen Aufforderung zur Teilnahme an der verbindlichen Sprachförderung und hilft bei der Suche nach einem entsprechenden Kitaplatz? Zu 8.: Entfällt. 10. Inwieweit können seitens des Senats und der Bezirke ausreichend Plätze in Kitas zur Einlösung des Kita- Gutscheins zur verpflichtenden Sprachförderung nachgewiesen werden? Zu 10.: Schulämter, Jugendämter und die regionalen Sprachberaterteams unterstützen die Eltern von Kindern mit Sprachförderbedarf gezielt bei der Suche nach einem Kitaplatz. Im Datenverarbeitungssystem „Integrierte Software Berliner Jugendhilfe“ ist im Portal „Sprachstand “ nicht vorgesehen zu erfassen, ob ein Kitaplatz zur Verfügung gestellt werden konnte. Eine quantitative Auswertung dazu, ob Kitaplätze in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt werden können, kann daher nicht erfolgen. 11. Welche Informationen gingen an die Kita-Träger und Sprachberater-Teams zur Umsetzung des § 55 Schulgesetz für Kinder aus Flüchtlingsfamilien? Zu 11.: Die LIGA der Spitzenverbände sowie die Kita-Eigenbetriebe des Landes Berlin sind Vertragspartner der „Rahmenvereinbarung (RV) zur Durchführung der vorschulischen Sprachförderung“ und über das Konzept zur Umsetzung der Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung für Kinder mit Fluchterfahrungen gut informiert. Die regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung sind aktiv in die Entwicklung des gesamtstädtischen Konzepts eingebunden und haben die regionalen Konzepte auf der Grundlage des gesamtstädtischen Konzepts entwickelt. 12. Wie soll die lt. Senats-Masterplan Integration und Sicherheit vorgesehene Einrichtung von 24 Modellkitas die Sprachförderung gemäß § 55 Schulgesetz unterstützen ? Zu 12.: Die im „Masterplan Integration und Sicherheit “ vorgesehenen Modellkitas sind kein spezifisches Angebot für die vorschulische Sprachförderung nach § 55 Schulgesetz (SchulG). Es ist davon auszugehen, dass die Modellkitas in ihren Regionen eng mit den regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung zusammenarbeiten. Die der „RV Sprachförderung“ beigetretenen Kindertagesstätten werden von dem Aufbau der mit den Modellkitas geschaffenen Unterstützungsstrukturen profitieren. 13. Welche Rolle spielt künftig das lt. Senats- Masterplan Integration und Sicherheit einzurichtende Übergangsprogramm „Fit für Schule“ zur Umsetzung der vorschulischen Sprachförderung gemäß § 55 Schulgesetz? Zu 13.: „Fit für die Schule“ zielt auf schulpflichtige Kinder und Jugendliche ab und spielt daher im Kontext von § 55 SchulG keine Rolle. 14. Welche Verabredung hat der Senat mit den Bezirken und Kita-Trägern getroffen, um die schulgesetzliche Regelung zur Teilnahme an einer standardisierten Sprachstandsfeststellung und gegebenenfalls an einer verpflichtenden Sprachförderung im Umfang von 5h täglich für Kinder aus Flüchtlingsfamilien durchzusetzen? Zu 14.: Die Sprachstandsfeststellung wird von den regionalen Sprachberaterteams für vorschulische Sprachförderung in Kooperation mit Kindertagesstätten durchgeführt . Zu diesem Zwecke wurden Kooperationsvereinbarungen zwischen den Trägern von Kindertagesstätten und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft abgeschlossen. Die Durchführung der vorschulischen Sprachförderung im Umfang von 25 Stunden wöchentlich ist über die RV Sprachförderung abgesichert und wird von den beigetretenen Kindertagesstäten durchgeführt . Darüber hinaus gehende Verabredungen sind nicht erforderlich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 281 3 15. Inwieweit ist in Berlin ein in allen Bezirken einheitliches Verwaltungshandeln im Umgang mit Flüchtlingsfamilien zur Durchsetzung des § 55 Schulgesetz garantiert? Wer sorgt dafür? Zu 15.: In der Sprachförderverordnung sind die Grundsätze zur Sprachstandsfeststellung und Sprachförderung nach § 55 SchulG festgeschrieben. Die Vorgaben in der Verordnung bilden die einheitliche Grundlage für das Verwaltungshandeln der Schulämter. Für Familien mit Flüchtlingserfahrung gelten keine anderen Vorgaben. Auf die spezifische Situation die Familien mit Fluchterfahrung gehen die Schulämter, die Jugendämter und die regionalen Sprachberatungsteams für vorschulische Sprachförderung durch eine intensive Beratung ein. Berlin, den 07. April 2016 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Apr. 2016)