Drucksache 17 / 18 289 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 29. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. März 2016) und Antwort »Nett sind sie alle« (III): Disziplinarverfahren und Korruption innerhalb des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was ist der Stand der internen Ermittlungen infolge des Disziplinarverfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten des Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), Franz Allert, sowie gegen zwei seiner Mitarbeiter ? Ist das Verfahren abgeschlossen und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wann soll das Verfahren planmäßig abgeschlossen werden? 3. Plant der Senat, weiter mit dem ehemaligen LA- GeSo-Präsidenten zusammenzuarbeiten und wenn ja, in welcher Funktion wird der ehemalige LAGeSo-Präsident für das Land Berlin tätig sein? Zu 1. und 3.: Die Fragen zum Stand der disziplinarrechtlichen Ermittlungen sowie des Einsatzes von Beamten betreffen Personaleinzelangelegenheiten, die nicht Gegenstand einer öffentlichen Erörterung sein sollen und zudem besonderen datenschutzrechtlichen Regelungen unterliegen. 2. Welche strukturellen Konsequenzen wurden aus dem Beginn und dem Ergebnis des damaligen Disziplinarverfahrens gezogen? Zu 2.: Unabhängig von den disziplinarrechtlichen Ermittlungen wird die Struktur der Referate innerhalb des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) permanent den aktuellen Gegebenheiten und Herausforderungen angepasst. 4. In welchem Zusammenhang stand die Herauslösung der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) aus dem Referat IIB im LAGeSo vom 18. Juni 2015 mit dem erwähnten Disziplinarverfahren? Zu 4.: Die Herauslösung der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) aus dem Referat II B innerhalb des LA- GeSo stand in keinerlei Zusammenhang zu den erwähnten Disziplinarverfahren. 5. Welche strukturellen Konsequenzen wurden aus der Festnahme eines LAGeSo-Gruppenleiters am 25. Februar 2016 gezogen? Zu 5.: Unabhängig von den noch laufenden Ermittlungen , deren Ergebnisse abzuwarten bleiben, hat die Hausleitung des LAGeSo eine dienstliche Weisung an alle Beschäftigten der BUL (Referat II D – BUL) erlassen. Ab sofort sind persönliche Gespräche mit Betreiberinnen und Betreibern ausschließlich von zwei Beschäftigten gemeinsam zu führen. Datum, Uhrzeit, die am Gespräch teilnehmenden Personen und der Gesprächsinhalt sind in einer Aktennotiz festzuhalten. Zu eingehenden Anrufen von Betreiberinnen und Betreibern sowie von Anbieterinnen und Anbietern sind von den Beschäftigten ebenfalls das Datum, die Uhrzeit, der Name des Anrufers, der Anlass und das Ergebnis des Anrufers festzuhalten. Der Senat beabsichtigt zudem in den neu zu errichtenden Flüchtlingsunterkünften die Wachschutzunternehmen durch eine öffentliche Ausschreibung selber auszuwählen und direkt zu beauftragen. 6. Was ist der Stand des daraufhin unmittelbar eingeleiteten Disziplinarverfahrens? Zu 6.: Die Frage zum Stand der disziplinarrechtlichen Ermittlungen betrifft eine Personaleinzelangelegenheit, die nicht Gegenstand einer öffentlichen Erörterung sein soll und zudem besonderen datenschutzrechtlichen Regelungen unterliegt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 289 2 7. Wie will der Senat künftig verhindern, dass Mitarbeiter *innen des Senats Firmen gründen oder aber Anteilseigner *innen von Firmen sind, die wiederum Aufträge von einer Landesbehörde erhalten? Zu 7.: Die Gründung von Firmen durch Angehörige des Öffentlichen Dienstes ist nicht grundsätzlich unzulässig . Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes können jedoch je nach konkreter Gestaltung des Einzelfalls verschiedenen Regularien unterliegen, welche die Ausübung einer solchen Tätigkeit von der vorherigen Genehmigung des Dienstherrn abhängig macht. So müssen Beamtinnen und Beamte nach § 62 Landesbeamtengesetz (LBG) grundsätzlich die vorherige Genehmigung ihres Dienstherrn einholen, wenn sie eine entgeltliche Nebentätigkeit aufnehmen wollen. 8. Hat das LAGeSo insgesamt und die BUL insbesondere soweit die personellen Ressourcen aufstocken können, dass ein sogenanntes 4-Augen-Prinzip der gegenseitigen Kontrolle sichergestellt ist? (Bitte den aktuellen Stand der Neueinstellungen aufschlüsseln.) Zu 8.: Das Prinzip der 4-Augen-Kontrolle wird unabhängig von der personellen Organisation im LAGeSo angewandt. 9. Plant der Senat eine Evaluierung und Anpassung der Art und Weise, wie Unterkünfte an Betreiberfirmen vergeben werden und welche Kriterien von letzteren für eine Vergabe erfüllt werden müssen? Wenn ja, bis wann ist mit welchem Ergebnis zu rechnen? Zu 9.: Der Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft durch eine Betreiberin oder einen Betreiber ist ein Öffentlicher Auftrag (§ 99 Abs. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB). Öffentliche Aufträge über Dienstleistungen sind nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) in der Regel im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren auszuschreiben. Eine freihändige Vergabe ist im Einzelfall zulässig, wenn die Leistung aufgrund von Umständen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, besonders dringlich sind und die Gründe für die besondere Dringlichkeit nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind (§ 3 Abs. 5 g VOL/A). Die Annahme einer besonderen Dringlichkeit ist vorliegend bei dem Betrieb von Flüchtlingsunterkünften gerechtfertigt, weil bedeutende Rechtsgüter (Gesundheit und Leben der Flüchtlinge) unmittelbar gefährdet sind. Der Senat hat mit Senatsbeschluss vom 08.09.2015 aufgrund der aktuellen Situation bei der Aufnahme von Flüchtlingen eine besondere Dringlichkeit für erforderliche Beschaffungen oder Vergaben festgestellt. Der Senat plant den Betrieb der auf landeseigenen Grundstücken errichteten Flüchtlingsunterkünfte im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen zu vergeben. 10. Bis wann erfolgt auf welcher Grundlage der Aufbau einer permanenten Innenrevision innerhalb des LA- GeSo und wie wird diese im Detail funktionieren? Wie soll sichergestellt werden, dass durch die Innenrevision aufgezeigte Mängel zeitnah behoben werden? 11. In welchem Umfang und bis wann sollen die personellen Ressourcen der Innenrevision aufgestockt werden ? 12. Wie ist sichergestellt, dass die Innenrevision des LAGeSo unabhängig arbeiten und ergebnisoffen ermitteln kann? Wie ist insbesondere ausgeschlossen, dass die Leitung des LAGeSo Einfluss auf die Ermittlungsergebnisse nimmt? Zu 10. bis 12.: In der Revisionsordnung ist geregelt, dass die Innenrevision in einem Umfang vorzuhalten ist, der den Notwendigkeiten an eine sachgerechte Revisionstätigkeit gerecht wird. Bei der Aufgabenwahrnehmung der Innenrevision ist ein hohes Maß an Unabhängigkeit gewährleistet. In der Arbeitsanweisung für die Tätigkeit im Rahmen der Korruptionsprävention / -bekämpfung ist geregelt, dass die Innenrevision grundsätzlich in ihrer fachlichen Tätigkeit keinen Weisungen unterworfen ist. Die Leitung des LAGeSo entscheidet zeitnah über die Umsetzung der Empfehlungen der Innenrevision. Das LAGeSo hat am 21.03.2016 eine überarbeitete Revisionsordnung in Kraft gesetzt. Das LAGeSo bemüht sich derzeit intensiv, weitere Beschäftigte für diese Tätigkeit zu finden, die das Aufgabenspektrum des LAGeSo möglichst umfänglich abbilden. 13. Mit welchen Externen, also vermeintlich unabhängigen Partner*innen, arbeitet der Senat zusammen, um den Bereich Compliance und Antikorruption zu stärken? Zu 13.: Seit dem 01. Oktober 2011 wurde zur Korruptionsbekämpfung und -prävention in Berlin Herr Rechtsanwalt Dr. C. P. mit der Wahrnehmung der Funktion eines Vertrauensanwaltes zur Korruptionsbekämpfung beauftragt. Bürgerinnen und Bürger und selbstverständlich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, können sich an Herrn Dr. P. wenden, um Hinweise auf vermutetes Fehlverhalten von Bediensteten innerhalb der Hauptverwaltung des Landes Berlin und solchen Bereichen, für die das Land Verantwortung trägt zu geben, wenn die Verfolgung dieser Hinweise der Korruptionsbekämpfung und -prävention zugerechnet werden kann. Berlin, den 15. April 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Apr. 2016)