Drucksache 17 / 18 291 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 29. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. März 2016) und Antwort »Der Traum ist aus« (VI): Der Fall Surakata C. Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Da eine Vollmacht des Betreffenden nicht vorliegt, können aus datenschutzrechtlichen Gründen keine personenbezogenen Daten weitergegeben werden . Die Beantwortung einiger Fragen kann insoweit nur allgemein erfolgen. 1. Mit welcher Begründung und auf welcher Rechtsgrundlage wurde der 18-jährige Surakata C. aus Gambia am 9. März 2016 aus einer sozialpädagogisch betreuten Jugendwohngruppe abgeschoben? Zu 1.: Die Ausreiseverpflichtung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 und 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Frist, die Betroffenen zur freiwilligen Ausreise eingeräumt wird, beträgt in der Regel 30 Tage. Wurde ein Asylverfahren durchgeführt, das als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, beträgt die Frist gem. § 36 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) eine Woche. Wird der Ausreisepflicht nicht freiwillig nachgekommen ist diese gem. § 58 Abs. 1 und 3 AufenthG zwingend im Wege der Abschiebung durchzusetzen . 2. Wann hat die Ausländerbehörde Berlin den betroffenen Jugendlichen und die Mitarbeiter*innen des zuständigen Jugendhilfeträgers WeGe ins Leben e.V. über das Ende der Duldung und den Zeitpunkt der Abschiebung wie informiert? Oder fand die Abschiebung ohne vorherige Ankündigung statt? a. Falls die Abschiebung ohne Vorankündigung stattfand , wie rechtfertigt der Senat diese im Zusammenhang mit seiner Aussage vom 6. Oktober 2015, wonach die von Abschiebung Betroffenen um „ihre vollziehbare Ausreisepflicht “ wissen und „ausreichend Zeit und Gelegenheit“ haben, „vor einer Rückführung freiwillig auszureisen und somit den Zeitpunkt und die Umstände ihrer Ausreise selbst zu bestimmen“? (Vgl. Drucksache 17/17072.) Zu 2 a.: Die bestehende Ausreiseverpflichtung ist den Betroffenen durch den ablehnenden Bescheid bekannt. Eine Abschiebung wird bereits im Bescheid für den Fall angedroht, dass der Ausreisepflicht nicht freiwillig nachgekommen wird. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise ist eine Bekanntgabe des Abschiebungstermins gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 8 AufenthG ausgeschlossen. 3. Wann wurde wie und durch wen die Reisefähigkeit des betroffenen Jugendlichen festgestellt und wann wurde dieser darüber informiert? Zu 3.: Eine Feststellung der Reisefähigkeit ist nur dann erforderlich, wenn eine Reiseunfähigkeit geltend gemacht wird oder offensichtliche Anzeichen oder Hinweise auf Erkrankungen vorliegen, die geeignet sind, die Reisefähigkeit in Frage zu stellen. 4. Wie hat sich die Polizei Zutritt zu der Wohnung verschafft, obwohl weder Bewohner*innen noch Mitarbeiter *innen den Beamt*innen zuvor Zutritt gewährt haben? Zu 4.: Bei der Meldeanschrift handelt es sich um eine 5-Zimmerwohnung im Hochparterre. Nachdem den am Einsatz beteiligten Polizeivollzugskräften die Tür auf mehrfaches Klingeln und Klopfen nicht geöffnet wurde, stellten diese durch den Türspion Licht in der Wohnung fest. Eine Polizeibeamtin und ein Polizeibeamter betraten daraufhin den Balkon der Wohnung und klopften an die Balkontür, welche sich dadurch öffnete. Hierüber wurde dann die Wohnung betreten und die Wohnungstür geöffnet . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 291 2 5. Waren Beamt*innen der Arbeitsgebiete Integration und Migration (AGIM) an der Durchführung der Abschiebung beteiligt? Zu 5.: An der Durchführung der Rückführung waren Polizeidienstkräfte des Arbeitsgebietes Interkulturelle Aufgaben (AGIA) beteiligt. 6. Wann hat die Ausländerbehörde Berlin wie und in Zusammenarbeit mit welchen Stellen ein offiziell gültiges Reisedokument für den betroffenen Jugendlichen besorgt? Handelt es sich bei dem Reisedokument um einen Pass oder aber um ein sogenanntes „Laissez-Passer“, also einen Passierschein? Zu 6.: Ist ein gültiger Reisepass vorhanden, erfolgt die Rückführung in der Regel mit diesem Dokument. Liegt ein gültiges Reisedokument nicht vor, wird bei bestehender Ausreisepflicht die Passbeschaffung von Amts wegen eingeleitet. In diesen Fällen erhalten die Betroffenen eine Duldung, die eine auflösende Bedingung bei Vorliegen eines Reisedokumentes enthält. Die Duldung erlischt dann mit Ausstellung eines Passersatzpapiers automatisch . 7. Welche Flugzeug-Airline war an der Abschiebung beteiligt und wurde wann und durch wen von der Abschiebung informiert? Zu 7.: Der Flug wurde am 27. Januar 2016 durch die Polizei Berlin gebucht und mit BRUSSELS AIRLINES (SN) durchgeführt. Die Airline wurde im Rahmen der Buchung darüber informiert, dass es sich bei dem Passagier um eine ausreisepflichtige Person handelt. 8. Wie und von wem wurde der abgeschobene Jugendliche bei seiner Ankunft in Gambia in Empfang genommen ? Wie wurde sichergestellt, dass der Jugendliche nicht in Armut und Obdachlosigkeit entlassen wird und welchen Kenntnisstand hat der Senat von der aktuellen Situation des Jugendlichen? Zu 8.: Eine Sicherstellung der Inobhutnahme nach § 58 Abs. 1 a AufenthG ist nur zu veranlassen, wenn die von der Abschiebung betroffene Person zum Zeitpunkt der Abschiebung noch minderjährig ist. Über den aktuellen Sachstand des Betroffenen liegen dem Senat keine Informationen vor. Berlin, den 13. April 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Apr. 2016)