Drucksache 17 / 18 304 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Philipp Magalski (PIRATEN) vom 31. März 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. April 2016) und Antwort Freiräume für Graffiti und Streetart in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Wände gibt es in Berlin, die der freien Gestaltung durch Graffiti-Künstler*innen und der Streetart -Szene zur Verfügung stehen? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.) a) Wie hat sich die Anzahl in den letzten fünf Jahren entwickelt? 2. Seit wann stehen diese Wände jeweils zur Verfügung ? 3. Wer ist jeweils für die Bereitstellung und Pflege der Wände verantwortlich? a) Welche Kosten entstehen den Verantwortlichen jeweils jährlich? b) Welche Finanzierung gibt es jeweils? Zu 1. - 3.: Im Bestand der Kunst im Stadtraum - im Fachvermögen der Senatskanzlei-Kulturelle Angelegenheiten - existieren keine Wände, die der freien Gestaltung durch Graffiti-Künstlerinnen und Graffiti-Künstler der Streetart-Szene zur Verfügung stehen. 4. Welche Graffitprojekte und welche Graffitiorganisationen sind dem Senat bekannt? a) Seit wann gibt es diese? b) Wie finanzieren sich diese und wie hat sich die Finanzierung seit der Gründung jeweils entwickelt? Zu 4.: Der Senatskanzlei-Kulturelle Angelegenheiten sind verschiedene Graffitiprojekte und Graffitiorganisationen bekannt, wie unten aufgeführt. Die konkreten Gründungsdaten sind der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten – falls nicht angegeben - nicht bekannt. Über die Förderungen ist nichts bekannt. In Klammern sind einmalige Förderungen durch die Senatskanzlei- Kulturelle Angelegenheiten bzw. der Deutschen Klassenlotterie Berlin (DKLB) genannt: - Lutz Henke / Senatsreservespeicher 2004-2014 / Kunstverein Artitude e.V. - HIP-HOP-Stützpunkt From Here to Fame & Common Ground Gallery, gegründet 2007 (Preis für freie Projekträume und- initiativen der Senatskanzlei -Kulturelle Angelegenheiten 2013) - Graffiti / urban art Festival “Backjumps” von Adrian Nabi und dem Kunstraum Kreuzberg, seit 2004 (Förderungen durch Hauptstadtkulturfonds u.a.) - Urban Nation (Förderung durch Stiftung Deutsche Klassenlotterie) - Graffitylobby Berlin - Berlin Massive e.V. - Projekt Stadtbilder Berlin - Neurotitan 5. Wie viele und welche öffentlichen und öffentlich geförderten Jugendfreizeiteinrichtungen welcher Träger bieten in welchen Bezirken regelmäßig oder dauerhaft Wände an, die jungen Menschen für eigene oder von Pädagog*innen angeleitete Graffitiprojekte zur Verfügung stehen? Zu 5.: Die ca. 400 Berliner bezirklichen und überbezirklichen öffentlichen und öffentlich geförderten Kinderund Jugendfreizeiteinrichtungen orientieren sich an den Interessen der Besucherinnen und Besucher. Zum Angebotsprofil vieler Einrichtungen zählen dementsprechend Spray-Art, Aerosol-Art und Graffiti. Eine Übersicht hierzu liegt nicht vor, u.a., weil zahlreiche Angebote temporären Charakter haben und teilweise im Zusammenhang mit anderen jugendkulturellen Aktivitäten wie Musicals oder Skateboard-Angeboten durchgeführt werden. Zusätzlich machen Projekte der Mobilen Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit Angebote im Zusammenhang mit Graffiti . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 304 2 6. Wie viele und welche Berliner Schulen bieten in welchen Bezirken regelmäßig oder dauerhaft Wände an, die Schüler*innen für Graffitiprojekte zur Verfügung stehen? Zu 6.: Die Zuständigkeit für die Schulgebäude liegt bei den Bezirken; die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hat keine Kenntnisse, welche Schulen Wandflächen für Graffitiprojekte zur Verfügung stellen. 7. In der Antwort auf meine Mündliche Anfrage (17/20349) teilte mir der Senat mit, dass Graffitis „zweifellos zum Erfahrungsbereich junger Menschen“ gehören und dass der Kunstunterricht die Möglichkeit bietet, „nicht nur Gestaltungsvarianten auszuprobieren und zu reflektieren“, sondern auch die Aufgabe hat, „die soziale Dimension von Gestaltung und gestaltendem Handeln im Kontext von Normen und Regeln zu reflektieren.“ Daher würden sich Graffitis „selbstverständlich als Thema des Unterrichts“ eignen. a) Warum werden dann trotz der oben genannten Haltung des Senats die Themenkomplexe Graffiti, Streetart und „gestaltendes Handeln im Kontext von Normen und Regeln“ nicht im Teil C des neuen Rahmenlehrplans für das Fach Kunst erwähnt? b) Warum tauchen Lackfarben oder Sprühdosen als Gestaltungsmaterial im neuen Rahmenlehrplan nicht auf? c) Gab es im Rahmen der Anhörungsphase zum neuen Rahmenlehrplan Anregungen oder Hinweise die Themenkomplexe Graffiti und Streetart aufzunehmen ? d) Wenn ja, wie viele entsprechende Anregungen wurde von wem vorgetragen und warum wurde diesen nicht gefolgt? Zu 7.: Der neue Rahmenlehrplan 1 – 10 geht in der Darstellung seines Fachteils Kunst wie in allen künstlerischen Fächern von einer Fokussierung auf das kompetenzorientierte Lernen in den Bereichen Wahrnehmen, Gestalten und Reflektieren aus. Die Themen und Inhalte des Kunstunterrichts geben Impulse dafür, an welchen inhaltlichen Kontexten Schülerinnen und Schüler Gelegenheiten erhalten, ihre Kompetenzen zu entwickeln und zu erweitern. Innerhalb der für alle Jahrgangsstufen verbindlichen Inhaltsbereiche Kunstwerke, Verfahren /Werkzeuge, Material und individuelle Erfahrungen /Alltag und Lebenswelt führt der Rahmenlehrplan mögliche Konkretisierungen auf, die diese Inhaltsbereiche altersangemessen verdeutlichen und den Lehrerinnen und Lehrern Gelegenheiten bieten, die Kompetenzentwicklung thematisch zu fördern. Es gibt deshalb keinen vorgeschriebenen „Kanon“ von Themen und Materialien, mit denen sich der Kunstunterricht auseinandersetzen muss. Allerdings werden den Lehrenden in den vorgeschlagenen Konkretisierungen viele Impulse vermittelt, wie sich Graffiti und Streetart thematisch in den Unterricht integrieren lassen. In den Rückmeldungen zur Anhörungsfassung des Rahmenlehrplans (siehe Anhörungsbericht „Kunst“ auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg) gab es keine Hinweise darauf, dass diese Themen im Fachteil Kunst vermisst wurden. 8. Wie hat sich die Anzahl der Strafanzeigen von Sachbeschädigung durch Graffiti oder Streetart seit dem Jahr 2011 bis heute entwickelt? Wie hoch war die jährliche Aufklärungsquote? Zu 8.: Jahr 2011 2012 2013 2014 2015 Erfasste Fälle n 11.352 11.575 9.659 9.239 9.894 Aufgeklärte Fälle n 2.330 1.924 1.645 1.596 1.359 Aufklärungsquote % 20,5 16,6 17,0 17,3 13,7 Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) Nachdem in den Jahren 2013 und 2014 ein Fallzahlenrückgang im Bereich der erfassten Fälle zum Deliktsbereich „Graffiti insgesamt“ (PKS Schlüssel 899500) festgestellt werden konnte, ist für das Jahr 2015 wieder ein Anstieg entsprechender Fälle zu verzeichnen. Die Aufklärungsquote ging im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozentpunkte zurück und lag bei 13,7 %. Berlin, den 18. April 2016 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Apr. 2016)