Drucksache 17 / 18 357 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 07. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. April 2016) und Antwort Geflüchtete Datenerfassung III: Valide Daten zur gesamtstädtischen Belegungssteuerung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Auf welche Datensätze und IT-Programme des Senats und seiner untergeordneten Verwaltungseinrichtungen hatte die Unternehmensberatung McKinsey & Company Inc. im Rahmen ihrer Beratertätigkeit für den Senat Zugriff? Zu 1.: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des in der Fragestellung genannten Unternehmens erhielten in der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) Zugriff auf die Kapazitätsplanungen für das Jahr 2016, bezogen auf einen angenommenen Jahreszugang von 50.000 sowie von 75.000 Flüchtlingen. 2. Wie bewertet der Senat die Kritik des Berliner Rechnungshofs vom 26. Oktober 2015, wonach es keine gesicherten umfassenden Daten über die tatsächlich verfügbaren Kapazitäten zur Unterbringung von Geflüchteten in Berlin gibt, und welche Konsequenzen wurden im Detail gezogen? Hat der Senat Kenntnis über alle verfügbaren Kapazitäten? 3. Was ist der Stand bei der Einrichtung eines zentralen Datenpools zur Kerndatenspeicherung von Geflüchteten im Detail, wie sie vom Senat bereits im August 2015 angekündigt worden ist? (Vgl. Drucksache 17/17863.) 4. Zu welchen für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten notwendigen IT-Systemen sollen wann Schnittstellen zu dem unter 4. genannten zentralen Datenpool hergestellt werden? 5. Wer wird in welchem Umfang Zugriff auf den unter 4. genannten Datenpool haben? 6. Welches Konzept und welche Daten liegen der gesamtstädtischen Belegungssteuerung von Unterkünften für Geflüchtete zugrunde und wie hat der Senat nach der Kritik durch den Berliner Rechnungshof vom 26. Oktober 2015 sichergestellt, dass alle für eine erfolgreiche Belegungssteuerung notwendigen Daten zur Verfügung stehen ? 7. Wie stellt der Senat sicher, dass alle zur Belegungssteuerung erforderlichen Daten vernetzt und digital, also nicht händisch, vorhanden sind? Zu 2. bis 7.: Der Senat berücksichtigt die Ausführungen des Rechnungshofs u. a. durch die geplante Einrichtung eines zentralen Datenpools, der einen schnellen Zugriff der zuständigen Behörden auf die für die Unterbringung und Versorgung maßgeblichen Daten wie Unterkunftskapazitäten , tatsächliche Belegung/freie Plätze, Anzahl der untergebrachten Personen in verschiedenen Altersklassen usw. gewährleisten soll. Vorrangig wird die Implementierung einer zielgruppenbezogenen Belegungsteuerung und damit eine Erleichterung für einige Arbeitsprozesse des Referates II A im LAGeSo angestrebt mit dem Ziel, für die unterschiedlichen Personengruppen (z. B. Familien, allein reisende Frauen, allein reisende Männer, Herkunftsländer, Ethnie) die passenden Unterkünfte zu identifizieren und zuzuordnen . Die bereits umgesetzte erste Stufe beinhaltet die zentrale Erfassung, Vorbuchung, Belegung und Freigabe von Plätzen in den Unterkünften; darüber hinaus werden noch zusätzliche Informationen erhoben bzw. an die Betreiberinnen und Betreiber vermittelt. Hierdurch wird eine validere Datenbasis bei den Kapazitäten ermöglicht. Die weitere Ausgestaltung und Implementation der für eine valide Belegungssteuerung entwickelten Instrumentarien erfolgt im Zusammenhang mit der derzeit anhängigen Festlegung von Organisationsstrukturen und Prozessabläufen in dem zum 01.08.2016 errichteten Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Daher können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine über die vorgenannte Darstellung hinaus gehenden Angaben gemacht werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 357 2 8. Werden nach aktuellem Stand alle vertragsgebundenen und vertragsfreien Unterkünfte, also auch Hostels und Pensionen, in der BUL-Software erfasst? Zu 8.: In der BUL-Software werden die vertragsgebundenen und vertragsfreien Einrichtungen (bei letztgenannten Objekten handelt es sich in der Regel um Unterkünfte in bezirklicher Zuständigkeit) erfasst. 9. Lässt sich nach aktuellem Stand mithilfe der BUL- Software ein Unterkunftsplatz verbindlich buchen, oder nur reservieren? Wenn keine Buchung möglich ist, warum nicht? Zu 9.: Es erfolgt eine verbindliche Buchung. Die Zuweisung einer Person in eine Einrichtung wird der Betreiberin /dem Betreiber mit elektronischer Post (E-Mail) übermittelt. 10. Wie viele Geflüchtete haben seit Jahresbeginn in welchem Kalendermonat Kostenübernahmen für vier Wochen mit freier Unterkunftswahl für max. 50 Euro täglich erhalten und werden diese temporären Unterkunftsplätze in der BUL-Software festgehalten? Zu 10.: Eine statistische Auswertung der erfragten Daten liegt nicht vor. 11. Wann, auf welcher Grundlage und mit welchen Konsequenzen hat der Senat die Auswertung von Daten zum sogenannten Grauen Markt vorgenommen? Zu 11.: Die Fragestellung wird dahingehend verstanden , dass sie auf die anhängigen Bemühungen des Senats abzielt, die missbräuchliche Vermietung von Gewerberäumen oder Ferienwohnungen an Asylsuchende und Flüchtlinge zu unterbinden. Hierzu ist die Einrichtung einer Positivliste („weiße Liste“) vorgesehen, aus der für das LAGeSo und die bezirklichen Kostenträger die nutzbaren Objekte hervorgehen . Zur Umsetzung dieses Vorhabens wurde im Februar 2016 eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Senatsverwaltungen für Gesundheit und Soziales sowie für Stadtentwicklung und Umwelt, des Landesweiten Koordinierungsstabs Flüchtlingsmanagement (LKF), des LA- GeSo und des Bezirksamts Mitte von Berlin eingesetzt. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Antwort des Senats vom 15.03.2016 zu den Fragen 1. und 2. sowie 10. bis 15. der Schriftlichen Anfrage 17/18076 vom 25.02.2016 sowie auf die im Internet unter der Adresse https://www.berlin.de/sen/gessoz/presse/pressemitteilu ngen/2016/pressemitteilung.468534.php veröffentlichte gemeinsame Pressemitteilung des LA- GeSo und des Bezirksamtes Mitte von Berlin vom 15.04.2016 verwiesen. 12. Binnen welcher Zeitfrist müssen vertragsfreie und vertragsgebundene Unterkünfte Ein- und Auszüge melden und werden diese Informationen händisch oder digital festgehalten? Zu 12.: Die Gemeinschaftsunterkünfte (vertragsgebundene und vertragsfreie Einrichtungen) informieren die BUL täglich über die Ein- und Auszüge. Derzeit werden diese Angaben manuell in die BUL-Software übertragen. 13. Inwieweit erhebt der Senat mithilfe der BUL- Software oder anderen IT-Systemen welche Daten a. zu Asylbegehrenden und Geflüchteten, die mit Wohnraum versorgt werden konnten? b. zur besonderen Schutzbedürftigkeit von unterzubringenden Menschen? c. über Betreiber*Innenverträge, Missstände, Beschwerden und Qualitätsstandards in Unterkünften? Zu 13.: a) Das LAGeSo weist monatlich die Anzahl der im Leistungsbezug dieser Behörde stehenden Personen aus, die vom Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) in eine Mietwohnung vermittelt wurden. Statistisch erfasst werden darüber hinaus die leistungsrechtliche Anspruchsgrundlage der vermittelten Personen (§ 2 oder § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)), die Familienanzahl, die Familiengröße, die durchschnittliche Dauer der Wohnungssuche in Wochen sowie die Gesamthöhe der im Berichtsmonat vom LAGeSo übernommenen Mietkautionen. Zusätzlich wird die Anzahl der auf Grundlage des Kooperationsvertrags „Wohnungen für Flüchtlinge “ vermittelten Personen und Wohnungen gesondert ausgewiesen. b) Das LAGeSo erhebt mittels der BUL-Software keine Daten zur besonderen Schutzbedürftigkeit unterzubringender Asylsuchender. Im Rahmen der Leistungsgewährung werden unter Einsatz der Fachsoftware O- PEN/PROSOZ Daten erhoben, die eine besondere Schutzbedürftigkeit unterzubringender Asylsuchender widerspiegeln können. Hierzu gehören beispielsweise Geburtsdaten, die Aufschluss über die Zugehörigkeit zu den altersbezogenen Gruppen besonders Schutzbedürftiger geben können. c) Der Aufbau und die entsprechende Möglichkeit der Auswertung der Vertragsdaten (Betreibervertrag, Mietverträge usw.) bilden einen Schwerpunkt im Rahmen der Projektgruppe „Betreiberverträge“. Die Inhalte werden derzeit abgestimmt. 14. Zu welchen anderen IT-Systemen besitzt die BUL- Software Schnittstellen? Zu 14.: Es bestehen keine Schnittstellen zu anderen IT-Anwendungen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 357 3 15. Wie stellt der Senat eine IT-basierte Abrechnung und Kontrollen von Betreiber*innenrechnungen sicher? Zu 15.: Eine IT-basierte Abrechnung und Kontrolle dieser Unterlagen ist derzeit nicht Bestandteil des Abrechnungsverfahrens . Diesbezüglich ist eine vertiefte Prüfung und ggf. Umsetzung bei der BUL in Planung. 16. Warum sind laut Organisationsverfügung vom 27. April 2015 zur vorübergehenden Abweichung vom Geschäftsverteilungsplan gemäß § 7 Absatz 4 GGO I die Bereiche Geschütztes Marktsegment und Wohnungen nicht Teil des Aufbaumanagements? Zu 16.: Mit der in der Fragestellung genannten Organisationsverfügung wurden Maßnahmen umgesetzt, die unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Prüfungen durch die Innenrevision des LAGeSo sowie durch die beauftragte externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine aufgabenorientierte Aufbauorganisation und ein effizientes und rechtssicheres Verwaltungsverfahren bei der Unterbringung von Asylsuchenden gewährleisten sollten. Insbesondere hatte das Aufbaumanagement die Aufgabe , bei der Beschaffung, Verwaltung und dem Betrieb von Flüchtlingsunterkünften die Abläufe und Strukturen in der Organisation so zu optimieren, dass eine gut funktionierende Referatsstruktur für die BUL erreicht wird. Das Geschützte Marktsegment (GMS) koordiniert demgegenüber die Umsetzung des zwischen dem LA- GeSo, den Bezirksämtern von Berlin und der Wohnungswirtschaft abgeschlossenen Kooperationsvertrag zur Unterbringung von Obdachlosen und von Obdachlosigkeit Betroffenen. Asylsuchende und Flüchtlinge sind somit nicht die Zielgruppe dieses Arbeitsbereiches, weshalb er auch nach der Errichtung des LAF im LAGeSo verbleiben wird. Die Zuständigkeit für die Vermittlung von Wohnungen an Asylsuchende wurde auf Grund der inhaltlichen Nähe organisatorisch beim GMS angesiedelt (und wird wegen des Bezugs zu Asylbegehrenden/Flüchtlingen zum LAF übergehen). Die tatsächliche Leistungsgewährung erfolgt im Mietsachgebiet der Zentralen Leistungsstelle für Asylbewerber (ZLA), die Beratung wird durch das EJF als externer Dienstleister durchgeführt. Die BUL ist somit hiervon nicht betroffen. Auf Grund dieser klaren organisatorischen Abgrenzungen waren GMS und Wohnungsvermittlung nicht vom Aufbaumanagement für die BUL betroffen. Berlin, den 26. April 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Apr. 2016)