Drucksache 17 / 18 358 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 07. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. April 2016) und Antwort »Nett sind sie alle« (V): Fragen zum Prüfbericht des Rechnungshofs von Berlin zur Flüchtlingsunterbringung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Prüfungsmitteilung des Landesrechnungshofs über die »Flüchtlingsunterbringung durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales« vom 26. Oktober 2015? 2. Welche Konsequenzen wurden aus dem unter 1. genannten Prüfbericht gezogen bzw. welche der im Prüfbericht angemahnten Schritte wurden wie im Detail umgesetzt ? (Bitte im Detail aufschlüsseln.) Zu 1. und 2.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat zu den Ergebnissen der Prüfungsmitteilung des Rechnungshofs von Berlin umfangreich Stellung genommen und wird die Beanstandungen des Rechnungshofes zum Anlass nehmen, das Verwaltungshandeln weiter entsprechend anzupassen. Zur Umsetzung eines einheitlichen Vertragsmanagements werden derzeit der Betreibervertrag und die zukünftigen Anlagen zum Betreibervertrag durch eine Arbeitsgruppe überarbeitet. Der zwischen dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) und dem Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) geschlossene Vertrag zur Wohnraumvermittlung an Flüchtlinge wird gekündigt und im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung neu vergeben. Im Zuge der Gründung des neuen Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten wird für den Bereich der Leistungsgewährung und der Unterbringung von Flüchtlingen ein strukturiertes Controlling implementiert . 3. Wurde der Rechnungshof nachträglich über die Umsetzung welcher angemahnten Schritte informiert bzw. gab es eine nachträgliche Kontrolle durch den Rechnungshof , ob die angemahnten Schritte umgesetzt worden sind und ob zu allen im Prüfbericht angeforderten Punkten Stellung bezogen worden ist? Zu 3.: Nach der Stellungnahme der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zur Prüfungsmitteilung des Rechnungshofes vom 18. Dezember 2015 hat der Rechnungshof mit Schreiben vom 22. Januar 2016 eine ergänzende Stellungnahme der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales angefordert. Diese wurde mit Schreiben vom 17. Februar 2016 abgegeben. Da die Umsetzung der vom Rechnungshof beanstandeten Punkte einige Zeit beanspruchen wird, wurde der Rechnungshof noch nicht über die Umsetzung der beanstandeten Punkte in Kenntnis gesetzt. Eine nachträgliche Kontrolle des Rechnungshofes hat ebenfalls noch nicht stattgefunden. 4. Welche durch die Prüfer*innen des Rechnungshofs angeforderten Dokumente hat der Senat aus welchen Gründen diesen nicht zugesandt und so die Arbeit des Rechnungshofs behindert? Zu 4.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat in ihrer ergänzenden Stellungnahme zur Prüfungsmitteilung deutlich gemacht, dass die vom Rechnungshof beanstandete Behinderung des Prüfungsablaufs durch die verzögerte Herausgabe der Zwischenberichte der Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer nicht gerechtfertigt ist. Nach den in der Öffentlichkeit gegen den Präsidenten des LAGeSo erhobenen Vorwürfen in Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an den privaten Betreiber Gierso hat der Senator für Gesundheit und Soziales den Rechnungshof im November 2014 gebeten, die Unterbringung von Asylbewerbenden und Flüchtlingen in Flüchtlingsunterkünften durch das LAGeSo zu prüfen. Diese Bitte hat der Rechnungshof mit Schreiben vom 13. November 2014 zunächst abgelehnt. Um die erhobenen Vorwürfe einer unabhängigen Überprüfung zu unterziehen hat die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales daraufhin nach Durchführung eines Vergabeverfahrens und mit Zustimmung des Hauptausschusses externe Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer mit der Überprüfung Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 358 2 des Verwaltungshandelns des LAGeSo beauftragt. Im April 2015 hat der Rechnungshof gegenüber der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales angekündigt, dass er nunmehr die Prüfung der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden durch das LAGeSo beabsichtige. Im Rahmen dieser Prüfung hat der Rechnungshof dann am 21. und 29. Mai unter Hinweis auf § 95 LHO die Übersendung der Zwischenberichte der Wirtschaftsprüfer erbeten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Untersuchungen der Wirtschaftsprüfer noch nicht vollständig abgeschlossen. Die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Zwischenberichte waren nach Rechtsaufassung der Senatsverwaltung nicht von der Vorlagepflicht des § 95 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) umfasst, weil das Schutzgut, den Entscheidungs- und Untersuchungsprozess der beauftragten Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer frei von Störungen zu halten, auch gegenüber dem Rechnungshof gilt. Die vom Rechnungshof erstmals in der Prüfungsmitteilung am 30. Oktober 2015 beanstandete Verzögerung seines Prüfungsablaufes wäre zudem selbst dann eingetreten , wenn die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales die im Mai 2015 vorliegenden Zwischenberichte zur Verfügung gestellt hätte. Zu diesem Zeitpunkt lagen lediglich folgende Zwischenberichte vor: Zwischenstandbericht acht Einrichtungen vom 23. April 2015, Zwischenstandbericht von 16 Einrichtungen vom 5. Mai 2015, 3. Zwischenbericht der Prüfung vom 20. Mai 2015. Die weiteren Zwischenberichte Kurzanalyse der Einrichtungen Alfred-Randt-Straße und Chausseestraße vom 4. und 5. Juni 2015 sowie der Entwurf des Abschlussberichts der Prüfung der Verwaltungsvorgänge und die Anlagen zum Abschlussbericht vom 9. Juni 2015 lagen zum Zeitpunkt der Anforderung noch gar nicht vor. Die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes wurde zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt, da sämtliche Zwischenberichte nach Vorliegen des Abschlussberichts vom 17. Juni 2015 an den Rechnungshof zur Prüfung übergeben wurden. Im Ergebnis waren die von den Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfern geprüften Verwaltungsvorgänge gar nicht Gegenstand der Prüfung des Rechnungshofes, da dieser eine Doppelprüfung vermeiden wollte. 5. Wann wurde zwischen der Leitung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und dem neu eingesetzten kommissarischen Präsidenten des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) eine Zielvereinbarung auf welcher Grundlage getroffen? (Bitte Kopie beifügen .) Zu 5.: Mit Ablauf der alten Zielvereinbarung zum 31. Dezember 2013 wurde keine neue Zielvereinbarung mit dem Präsidenten des LAGeSo abgeschlossen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales beabsichtigt sowohl mit dem LAGeSo als auch dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten neue Zielvereinbarungen abzuschließen. 6. Wie und auf welcher Grundlage nimmt die Senatsverwaltung ihre Kontrollfunktion gegenüber dem Handeln des LAGeSo wahr? 7. Auf welcher Grundlage muss die Leitung des LA- GeSo der Senatsverwaltung wie häufig Bericht über die eigene Tätigkeit erstatten und wie wurde die vormalige Zusammenarbeit mit dem 2015 zurückgetretenen Präsidenten des LAGeSo, Franz Allert, evaluiert? 8. Inwieweit werden regelmäßig stattfindende Termine zwischen der Leitung der Senatsverwaltung und der Leitung des LAGeSo, die der Wahrnehmung der Kontrollfunktion durch die Senatsverwaltung dienen, protokolliert ? 9. Welche anderen, wie häufig erscheinenden Berichte erhält die Senatsverwaltung durch das LAGeSo und wie erfolgt eine systematische, regelmäßige und koordinierte Auswertung von Statistiken und Berichten durch die Senatsverwaltung? Zu 6. bis 9.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat bereits in mehreren Schriftlichen Anfragen dargelegt, dass sie ihre Kontrollfunktion gegenüber dem LAGeSo sowohl durch wöchentlich stattfindende Besprechungen über die Flüchtlingsunter-bringung als auch durch die Wahrnehmung der Fachaufsicht gemäß § 8 Allgemeines Zuständigkeitsgesetz (AZG) ausübt (vgl. Drucksache 17/16607 und 17/16590). Die Besprechungen werden grundsätzlich nicht protokolliert. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales bekommt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben täglich eine Statistik über die Anzahl der Vorsprachen im Leistungsbereich sowie wöchentlich eine Statistik zur Belegung der Berliner Flüchtlingsunterkünfte . 10. Warum und auf welcher Grundlage hat der Senat am 31. Dezember 2013 die Rahmenvereinbarung Berliner Unterbringungsleitstelle (RV BUL) gekündigt und durch die Servicevereinbarung BUL ersetzt, obwohl diese neue Vereinbarung keinen gesamtstädtischen Planungs- und Steuerungsansatz für die Flüchtlingsunterbringung enthält ? Zu 10.: Die Kündigung der Rahmenvereinbarung zur Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) zwischen den Bezirksämtern von Berlin und der Abteilung II (Soziales) des LAGeSo zum 31.12.2013 durch den Präsidenten war geboten, nachdem diese aus dem Jahr 1996 stammende Vereinbarung nicht mehr den in vielfacher Weise veränderten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten entsprach . Daher wurde eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe unter Bezirksbeteiligung mit dem Auftrag eingerichtet, den Entwurf einer aktualisierten Rahmenvereinbarung zu erstellen. Im Ergebnis dieser Abstimmung wurde die Neufassung der Vereinbarung inhaltlich auf die Erbringung von Serviceleistungen durch die Unterbringungsleitstelle des LAGeSo für die Bezirke in Bezug auf die gesamtstädtische Angebots- und Belegungssteuerung von Unterkünften für Wohnungslose beschränkt und in Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 358 3 dieser Fassung in der Sitzung der Bezirksstadträtinnen und Bezirksstadträte am 13.11.2013 unterzeichnet. 11. Wie im Detail wurde die Einarbeitung neuer Mitarbeiter *innen am LAGeSo im Zusammenhang mit den Ausführungen des Senators für Soziales und Gesundheit vom 4. April 2016 neu eingerichtet? 14. Inwieweit hat der Senat welche existierenden Handreichungen für seine Mitarbeiter*innen, die einen Wissenstransfer und eine mögliche Standardisierung des Verwaltungshandeln im Sinne der Prozess- und Normenentwicklung garantieren können, weiterentwickelt? (Bitte anfügen.) Zu 11. und 14.: Der Wissenstransfer innerhalb des LAGeSo soll zukünftig im Wesentlichen durch eine verbesserte Einarbeitung und Weiterqualifikation der Beschäftigten sichergestellt werden. Zur Verbesserung der aktuellen Situation im Leistungsbereich des LAGeSo wird die Einarbeitung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch eine neue Arbeitsgruppe vorgenommen. Ergänzend werden die Führungskräfte durch eine systematische Führungskräftequalifizierung dazu fortgebildet, eine hohe Anzahl von neuen Beschäftigten anzuleiten und zu führen und sich den ständig wechselnden Anforderungen in den jeweiligen Arbeitsbereichen flexibel anzupassen . Zur fachlichen Einarbeitung der neuen Beschäftigten gehören auch Inhouse-Schulungen im Umgang mit der Software Open Prosoz. 12. Welche weiteren einheitlichen und aufgabenspezifischen Qualifizierungsmaßnahmen für welche Mitarbeiter *innen in der Senatsverwaltung und im LAGeSo hat die Senatsverwaltung seit Oktober 2015 eingeführt, um die Vertragsverhandlungen mit zukünftigen Betreiber *innen zu optimieren und sind diese Qualifizierungsmaßnahmen verpflichtend oder freiwillig? 13. Welche einheitlichen Ansätze wurden seit Oktober 2015 entwickelt, um das Verwaltungshandeln beim Abschluss von Betreiber*innenverträgen zu standardisieren? Zu 12. und 13.: Zum Aufbau eines nachhaltigen Vertragsmanagements erarbeitet eine Arbeitsgruppe bestehend aus Beschäftigten der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und des LAGeSo die Entwicklung eines neuen einheitlichen Betreibervertrages für Flüchtlingsunterkünfte . In diesem Zusammenhang soll auch ein Leitfaden für die Verhandlungen mit den Betreiberinnen und Betreibern das Verwaltungshandeln standardisieren. Berlin, den 25. April 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Apr. 2016)