Drucksache 17 / 18 373 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 04. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. April 2016) und Antwort Das neueste iPhone im Knast? Handy- und Drogenfunde in den Berliner Justizvollzugsanstalten – Nachfrage zur DS 17/18085 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die nachfolgenden Fragen nehmen Bezug auf den Inhalt der Schriftlichen Anfrage DS 17/18085 I. Zu den Handyfunden 1. Um welche Geräte (Hersteller, Modell) handelte es sich im Einzelnen bei den Funden? (aufgeschlüsselt seit 2013) 2. Wieviel Prozent der unter 1. aufgeführten Geräte waren mit einer aktiven SIM-Karte ausgerüstet und damit Telefon- und internetfähig? 3. Wo und wie wurden die Geräte jeweils gefunden (aufgeschlüsselt seit 2013 z.B. nach: Haftraumkontrolle, Überwurf, Einbringen von Bedienstete, Einbringen von Dienstleistern, Einbringen von Besuchern – Familienangehörige , Nichtfamilienangehörige, Rechtsanwälte /Verteidiger, Abgeordnete, sonstige Besucher)? Zu 1. bis 3.: Zu den nachgefragten Fundmodalitäten werden in den Anstalten des Berliner Justizvollzuges mit Ausnahme von Funden nach Mauerüberwürfen keine statistischen Aufzeichnungen geführt. Statistische Aufzeichnungen von Überwürfen werden in den geschlossenen Justizvollzugsanstalten (JVA) Tegel, Moabit, Heidering und Plötzensee seit dem Jahr 2015 geführt, nicht hingegen in der JVA für Frauen und der Jugendarrestanstalt . In diesen beiden Anstalten kommen aufgrund der baulichen Gegebenheiten (Haftraumfenster nur zum Innenhof in den Bereichen Lichtenberg und Pankow der JVA für Frauen) und des regelmäßig nur kurzen Aufenthalts (in der Jugendarrestanstalt) äußerst selten Überwürfe vor. Nach den vorhandenen Statistiken können demnach folgende Angaben gemacht werden: JVA Handyfunde davon per Überwurf 2015 Tegel 355 33 Moabit 229 85 Heidering 167 9 Jugendstrafanstalt 359 171 Plötzensee 134 10 2016* Tegel 104 14 Moabit 26 26 Heidering 44 5 Jugendstrafanstalt liegt noch nicht vor liegt noch nicht vor Plötzensee 32 ./. * bislang vorliegend Zahlen nur für 1. Quartal 2016 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 373 2 4. Welche Sanktionen (z.B. bei der Gewährung von Hafturlaub, Vollzugslockerungen sowie bei den Langzeitsprechstunden ) wurden konkret pro aufgefundenem Handy gegenüber dem betroffenen Gefangenen verhangen (aufgeschlüsselt seit 2010)? Zu 4.: Als Reaktion auf festgestellten verbotenen Handybesitz kommen Disziplinarmaßnahmen nach §§ 102 ff. Strafvollzugsgesetz, 83 ff. Jugendstrafvollzugsgesetz Berlin, 60 ff. Untersuchungshaftvollzugsgesetz Berlin und 92 ff. Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz Berlin in Betracht. Danach sind Disziplinarmaßnahmen etwa eine Beschränkung des Hausgeldes, ein Verweis oder eine getrennte Unterbringung. Die Versagung von Hafturlaub oder Vollzugslockerungen sind dagegen keine Disziplinarmaßnahmen ; vielmehr sind die Gewährung von Lockerungen und Urlaub aus der Haft Maßnahmen der Vollzugsplanung , die eine Prognoseentscheidung vorsehen insbesondere zu der Frage, ob ein Missbrauch der Maßnahme zu befürchten ist. Als Sicherungsmaßnahmen bei bestehendem Verdacht können Durchsuchungen nach Sprechstunden oder nach Rückkehr von Vollzugslockerungen angeordnet werden. Eine statistische Erfassung von Disziplinarmaßnahmen nach Handyfunden erfolgt jedoch nicht. 5. Wie viele des Ordnungswidrigkeitenverfahren oder Strafverfahren (z.B. nach § 115 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ) wegen unerlaubten Einbringens eines Handys in eine Vollzugsanstalt wurden eingeleitet? Welches Bußgeld wurde jeweils verhangen, wie sind die Verfahren abgeschlossen worden und welche Bußgelder/Strafen wurden jeweils vereinnahmt (aufgeschlüsselt seit 2010)? Zu 5.: Statistische Aufzeichnungen im Sinne der gestellten Frage werden von den Anstalten des Berliner Justizvollzuges nicht geführt. II. Zu den Drogenfunden 1. Wo und wie wurden die Drogenfunde jeweils gefunden (aufgeschlüsselt seit 2013 nach Drogenart und z.B. nach: Haftraumkontrolle, Überwurf, Einbringen von Bedienstete, Einbringen von Dienstleistern, Einbringen von Besuchern – Familienangehörige, Nichtfamilienangehörige , Rechtsanwälte/Verteidiger, Abgeordnete, sonstige Besucher,)? Zu 1.: Statistische Aufzeichnungen zu Fundorten und Auffindungsmodalitäten werden nicht geführt. 2. Wie viele Ordnungswidrigkeitenverfahren oder Strafverfahren (z.B. nach § 115 des Ordnungswidrigkeitengesetztes ) wegen unerlaubten Einbringens eines Handys in eine Vollzugsanstalt wurden eingeleitet? Welches Bußgeld wurde jeweils verhangen, wie sind die Verfahren abgeschlossen worden und welche Bußgelder/Strafen wurden jeweils vereinnahmt (aufgeschlüsselt seit 2010)? Zu 2.: Auf die Antwort zu Frage I. 5. wird verwiesen. III. Mobilfunkblocker 1. Wann ist mit der Ausweitung von Mobilfunkblockern entsprechend dem Beschluss des Abgeordnetenhauses auf weitere Anstalten z.B. auf die Untersuchungshaftanstalt zu rechnen? Zu 1.: Der Senat ist durch Auflagenbeschluss des Hauptausschusses in der Sitzung vom 2. Dezember 2015 (Beschlussprotokoll Haupt 17/97 lfd. Nr. 46b) aufgefordert , die Einrichtung von Anlagen zur Mobilfunkunterdrückung in die Planungen für den Neubau der Teilanstalt I der JVA Tegel und die Grundsanierung der Teilanstalt II der JVA Moabit einzubeziehen. Hinsichtlich des Neubaus der Teilanstalt I der JVA Tegel ist die haushaltstechnische Vorbereitung fortgeschritten . Die bereits erstellte Bauplanungsunterlage (BPU) wird hinsichtlich des Auflagenbeschlusses gegenwärtig planerisch aktualisiert und ergänzt und entsprechend dem erweiterten Anforderungsprofil sowie den daraus erwachsenden baulich-technischen Maßnahmen angepasst. Das Vorhaben zur Teilanstalt II der JVA Moabit befindet sich aktuell in der Phase der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung . Anlagen zur Mobilfunkunterdrückung werden in die Planungen zu Umbau und Sanierung einbezogen. Aus dem Auflagenbeschluss erwachsende Auswirkungen auf den Finanzierungsbedarf und die Terminplanung können im Rahmen der Aufstellung und Prüfung entsprechender Haushaltsunterlagen gem. Ausführungsvorschrift zu § 24 und § 54 Landeshaushaltsordnung Berlin in den kommenden Jahren adäquat berücksichtigt werden. 2. Welche Kosten entstehen, wenn das Mobilfunkblockersystem auf alle Anstalten Berlins ausgeweitet wird (aufgeschlüsselt nach Anstalt)? Zu 2.: Eine Kostenprognose künftiger Bauvorhaben ohne bereits vorhandene Planungsunterlagen ist mit einem hohen Unsicherheitsfaktor versehen. Erschwerend kommt bei Mobilfunkunterdrückungssystemen hinzu, dass ihre Installation in hohem Maße abhängig ist von Lage, Alter, Struktur, Beschaffenheit und bautechnischer Substanz der Haftgebäude. Betongebäude mit wenigen Basisstationen in der Umgebung sind leichter zu blocken als Altbaubestand mit mehreren Basisstationen in unmittelbarer Nähe. Eine seriöse Kostenprognose kann deshalb ohne Bauplanungsunterlagen nicht abgegeben werden. IV. Drogenspürhunde 1. Wann werden die von den Koalitionsfraktionen im Haushaltsplan 2016/2017 beschlossenen 8 Drogenspürhunde (4 pro Jahr) angeschafft? Zu 1.: Eine Beschaffung von Hunden ist nach Auswahl von geeigneten Hundeführerinnen und Hundeführern vorgesehen, die gegenwärtig vorbereitet wird. Die Hunde müssen nach Erwerb ca. 8 bis 10 Wochen für ihre Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 373 3 Spürtätigkeit ausgebildet werden, was nur gemeinsam mit den künftig für sie verantwortlichen Bediensteten geschehen kann. Es ergibt sich folgender Zeithorizont: Auswahlverfahren: 1 bis 1 ½ Monate (ca. Ende Mai 2016), Beschaffung von 4 Hunden für das Jahr 2016 bei auszuwählenden Züchtern 1 bis 1½ Monate (ca. Mitte Juli 2016), 8 bis 10 Wochen Ausbildung inclusive „Probezeit“ zur Feststellung der grundsätzlichen Eignung des Hundes (Abschluss ca. Ende September/Anfang Oktober 2016). 2. Wann werden die ersten 4 Drogenspurhunde einsatzbereit sein? Zu 2.: Voraussichtlich im Herbst 2016. 3. In welchen Berliner Justizvollzuganstalten werden die Drogenspürhunde eingesetzt? Zu 3.: In den JVA‘en Tegel, Moabit, Heidering und am Vollzugsstandort Plötzensee (JVA Plötzensee und Jugendstrafanstalt Berlin) 4. Gibt es bereits einen „Einsatz- und Schnüffelplan“, d.h. welche Bereiche werden besonders überwacht – Eingangsbereich , Besucherbereich, Pforten, Zellenbereichen, Aufenthaltsbereiche, u.a.? Zu 4.: Die Drogenspürhunde sind grundsätzlich zum Einsatz in allen Anstaltsbereichen vorgesehen, in denen Drogenverstecke zu vermuten sind. Hierzu zählen Hafträume (bei Abwesenheit des Gefangenen), Arbeits- und Aufenthaltsräume sowie Freiflächen außerhalb der Haftgebäude . In sensiblen Bereichen wie Küchen, Krankenhaus oder Arztgeschäftsstellen werden Einsätze nur dann erfolgen, wenn sie mit den besonderen Anforderungen an Hygiene im jeweiligen Bereich in Einklang zu bringen sind. Ein Einsatz zur Absuche von Menschen (Eingangsbereich , Besucherbereich, Pforten) setzt eine spezifische Ausbildung des Hundes zum passiv suchenden Hund voraus, die für die ersten vier auszubildenden Hunde zurzeit nicht vorgesehen ist. Berlin, den 28. April 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Mai 2016)