Drucksache 17 / 18 385 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 13. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. April 2016) und Antwort Beschäftigte mit Migrationshintergrund in der Berliner Verwaltung: Machbarkeitsstudie Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Warum, wann und zu welchem Zweck hat der Senat die „Machbarkeitsstudie zur Erfassung/ Dokumentation des Migrationshintergrundes unter Beschäftigten in der Berliner Verwaltung“ in Auftrag gegeben? 4. Welche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zieht der Senat aus dieser Studie im Hinblick auf das in §§ 4 Absatz 4 und 5 des Partizipations- und Integrationsgesetz des Landes Berlin (PartIntG) formulierte Ziels der Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund in der Berliner Verwaltung entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung? Zu 1. und 4.: Das Partizipations- und Integrationsgesetz (PartIntG) enthält in § 4 Abs. 4 die Aussage: „Der Senat strebt die Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung an.“ Zur Überprüfung, ob die in der zitierten Passage enthaltene Intention erreicht wird, wäre eine Erfassung des Migrationshintergrunds unter den Beschäftigten sinnvoll. Das Gesetz enthält aber keine spezialgesetzliche Befugnis und Zulässigkeit einer Erhebung über den Migrationshintergrund. Die Machbarkeitsstudie wurde in Auftrag gegeben, um Wege zur Schaffung einer Rechtsgrundlage zu bewerten. 2. Zu welchem Ergebnis kommt die „Machbarkeitsstudie zur Erfassung/ Dokumentation des Migrationshintergrundes unter Beschäftigten in der Berliner Verwaltung “? Zu 2.: Die Studie legt dar, dass eine personenbezogene und verpflichtende Erfassung des Migrationshintergrundes unter bereits in der Berliner Verwaltung Beschäftigten (ehemals Arbeiter/innen und Angestellten) sowie bei Landesbeamten nach geltendem Recht nicht zulässig ist. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass eine verbindliche Rechtsgrundlage zu schaffen ist. Die Zulässigkeit der Datenerhebung wird für mehrere Fälle geprüft: In der Studie wird zunächst die freiwillige und anonyme Erhebung betrachtet. Im Ergebnis ist festzuhalten , dass die freiwillige und anonyme Erhebung des MH nicht in gleicher Weise geeignet ist, die mit dem PartIntG verfolgten Ziele zu erreichen wie eine personenbezogene Datenerhebung. Erfahrungen aus Hamburg zeigen, dass die so gewonnenen Daten mit großen Ungenauigkeiten behaftet sind. Für den vorgesehenen Zweck der Messung bestehender Defizite und bereits erzielter Erfolge bei der Umsetzung des PartIntG sind jedoch möglichst genaue Angaben über den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund und dessen Entwicklung erforderlich. Eine anonyme aber verpflichtende Datenerhebung stellt sich nur für einige der mit der Erfassung des Migrationshintergrundes verfolgten Ziele als geeignetes Mittel dar. So dürften die so gewonnenen Daten hinreichend präzise sein, um die in § 5 Abs. 4 PartIntG geforderten Zielvorgaben zu formulieren. Dies gilt jedoch nicht, wo es um die Überprüfung der Zielerreichung und die daraus zu ziehenden integrationspolitischen Schlussfolgerungen geht (§ 5 Abs. 5 PartIntG). Eine personenbezogene Erfassung des Migrationshintergrundes bei Bewerberinnen und Bewerbern um ein Beamtenverhältnis und bei Neueinstellungen von Beamtenanwärtern ist nach Auffassung des Verfassers der Studie zulässig. Diese Rechtsauffassung wird vom damaligen Datenschutzbeauftragten Herrn Dr. Dix jedoch nicht geteilt . Die verpflichtende und personenbezogene Beschäftigtenbefragung mit anschließender Anonymisierung der Daten ist das dienlichste Mittel, um die mit dem Part IntG verfolgten Ziele zu erreichen. Dies ist jedoch nach geltendem Recht nicht erlaubt und würde eine Änderung des PartIntG sowie weiterer Gesetze erforderlich machen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 385 2 3. Wie bewertet der Senat die Ergebnisse dieser Machbarkeitsstudie? Zu 3.: Die Ergebnisse der Studie werden positiv bewertet und akzeptiert. Sie spiegeln die rechtlichen Rahmenbedingungen wider, die bei einer Datenerhebung beachtet und eingehalten werden müssen. 5. Wie ist zu erklären, dass der Senat einerseits mitteilt , dass „eine Erfassung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst derzeit nicht möglich“ ist (Erster Bericht zur Umsetzung des Partizipations- und Integrationsgesetzes) bzw. dass es „zur Erfassung des Migrationshintergrunds unter Beschäftigten bisher keine generelle, einheitliche Regelung“ gibt (Zweiter Bericht zur Umsetzung des Partizipations- und Integrationsgesetzes), andererseits aber in beiden Berichten diesbezügliche Zahlen aufgeführt werden? Auf welcher Rechtsgrundlage und in welcher Art und Weise konnte der Senat diese Zahlen – angesichts der hier zitierten Aussagen – dennoch ermitteln? Zu 5.: In den in den Berichten genannten Fällen werden Daten auf freiwilliger Basis unter Beachtung der bestehenden Rechtsgrundlagen erhoben. Zum Teil wurden solche Daten schon vor Verabschiedung des PartIntG erhoben. 6. Warum hat der Senat in den fünf Jahren seit Verabschiedung des PartIntG keine belastbare Rechtsgrundlage zur Erfassung des Migrationshintergrunds unter öffentlich Beschäftigten geschaffen? 7. Plant der Senat, eine Ermächtigungsgrundlage zur Erfassung des Migrationshintergrunds unter öffentlich Beschäftigten durch eine Gesetzesänderung des PartIntG bzw. durch eine Rechtsverordnung zur personenbezogenen Erhebung des Migrationshintergrundes zu schaffen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie ist der Zeitplan? Zu 6. und 7.: Der Senat hat in der aktuellen Legislaturperiode die Schaffung einer Rechtsgrundlage vorerst zurückgestellt, da die Sachlage – wie aufgezeigt – komplex ist und sich die Notwendigkeit einer Erhebung nicht zwingend aus dem PartIntG ergibt. 8. Hat der Senat zur Steigerung der Akzeptanz und des Erfolgs einer möglichen anonymen Befragung zur Erfassung des Migrationshintergrunds unter öffentlich Beschäftigten Gespräche mit dem Hauptpersonalrat, den Gewerkschaften und den Berufsverbänden geführt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis jeweils? Wenn nein, warum nicht? 9. Hat der Senat Gespräche mit dem bzw. der Berliner Datenschutzbeauftragten über eine mögliche Erfassung/ Dokumentation des Migrationshintergrundes unter Beschäftigten in der Berliner Verwaltung und deren konkrete Verfahrensausgestaltung geführt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Zu 8. und 9.: Entsprechende Gespräche haben stattgefunden und das weitere Vorgehen wurde ebenfalls vorerst zurückgestellt. Sie werden nach Entscheidung über die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage wieder aufgenommen . Der Datenschutzbeauftragte wurde bei der Erstellung der Machbarkeitsstudie einbezogen. 10. Warum „erwartet“ der Senat, „dass der Bund hierzu eine Regelung trifft“ (Zweiter Bericht zur Umsetzung des Partizipations- und Integrationsgesetzes), anstatt selbst über den Bundesrat tätig zu werden? Falls der Senat diesbezügliche Initiativen unternommen haben sollte, wie ist der aktuelle Stand? Falls der Senat keine diesbezüglichen Initiativen unternommen haben sollte, warum hat er dies nicht getan? Zu 10.: Die zitierte Passage wurde in den Bericht aufgenommen , da die Bundesregierung die Erhebung des Migrationshintergrundes bei Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hat. Der Senat wird seine Entscheidung über das Vorgehen in Berlin unabhängig davon treffen, ob der Bund seine Absicht umsetzt. Berlin, den 28. April 2016 In Vertretung Barbara Loth Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2016)