Drucksache 17 / 18 412 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ole Kreins (SPD) vom 13. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. April 2016) und Antwort Abstellen von Werbeanhängern auf öffentlichen Straßen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte , die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Fragen zukommen zu lassen und hat daher die Bezirksämter von Berlin und den Polizeipräsidenten in Berlin – Zentrale Bußgeldstelle - um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt, dem Senat übermittelt und in den untenstehenden Antworten nachfolgend wiedergegeben werden . Frage 1: Stellt das Abstellen von Werbeanhängern auf öffentlichen Straßen in Berlin eine verkehrsfremde Nutzung (kein Gemeingebrauch gemäß § 10 BerlStrG) dar, unabhängig davon wie lange der Anhänger an einem Ort abgestellt bleibt? Wäre die Zweiwochenfrist gemäß § 12 Abs. 3 b StVO entsprechend irrelevant für diesen Fall? Antwort zu 1: Nicht jeder auf öffentlichen Verkehrsflächen abgestellte Anhänger mit Werbemitteln stellt eine straßenrechtliche Sondernutzung dar. Die Frage, ob das Abstellen eines Anhängers mit Werbeaufschrift im öffentlichen Verkehrsraum noch als Parken und damit als Gemeingebrauch zu werten ist oder wie eine Werbeanlage wirkt und damit eine Sondernutzung darstellt, lässt sich grundsätzlich nur aufgrund der Umstände des Einzelfalles beurteilen. § 12 Absatz 3 b der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) gibt den Verkehrsteilnehmern lediglich vor, dass mit Kraftfahrzeuganhängern ohne Zugfahrzeug nicht länger als zwei Wochen geparkt werden darf. Frage 2: Sofern es sich, im von Frage 1 beschriebenen Fall, um eine verkehrsfremde Nutzung handelt, die über den Gemeingebrauch hinausgeht: Muss für das Abstellen von Werbeanhängern auf öffentlichen Straßen in Berlin eine Erlaubnis für eine Sondernutzung bei der zuständigen Straßenbaubehörde gemäß § 11 BerlStrG eingeholt werden? Welche Strafe wird ausgesprochen, insofern das Abstellen eines Werbeanhängers ohne Sondernutzungserlaubnis durch die Ordnungsbehörden festgestellt wird? Werden die vorgesehenen Ahndungen konsequent angewandt in Berlin? Antwort zu 2.: Für das Abstellen eines Werbeanhängers bedürfte es einer Sondernutzungserlaubnis nach § 11 BerlStrG beziehungsweise einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO im Rahmen der Zuständigkeitskonzentration nach § 13 BerlStrG. Verstöße werden grundsätzlich mit Verfahren wegen unerlaubter Sondernutzung nach dem BerlStrG (Räumungsanordnungen mit Androhung von Zwangsmitteln) sowie Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Zuwiderhandlung gegen die StVO mit Bußgeldfestsetzungen geahndet, die dann vom Polizeipräsidenten in Berlin – Zentrale Bußgeldstelle – abschließend bearbeitet werden. Die Höhe der Bußgelder unterscheidet sich nach dem individuellen Fall. Frage 3: Sofern es sich nicht um eine verkehrsfremde Nutzung handelt: Auf welcher Rechtsgrundlage und/oder Rechtsprechung fußt die Annahme, dass es sich beim Abstellen von Werbeanhängern auf öffentlichen Straßen in Berlin um eine Nutzung im Sinne des Gemeingebrauchs handelt? Antwort zu 3: § 10 Absatz 2 Satz 3 BerlStrG regelt den Gemeingebrauch. Bestätigt wird dies durch eine Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen, wie zum Beispiel durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 16.02.2012 zum Aktenzeichen OVG 1 N 68.11 zu den Regelungen des BerlStrG. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 412 2 Frage 4: Erachtet der Senat das BerlStrG bzw. andere eventuell betroffene Rechtsgrundlagen in der Hinsicht für konkretisierungsbedürftig, dass das bloße Abstellen von Anhängern zum Zwecke der Werbung als dem Gemeingebrauch ausdrücklich widersprechend geregelt werden müsste? Antwort zu 4: Nein. Frage 5: Wird in Bezug auf das Berliner Straßenrecht die Rechtsauffassung geteilt, dass allein das äußere Erscheinungsbild eines Werbeanhängers den objektiven Tatbestand einer über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung öffentlicher Straßen zu Werbezwecken begründet (so bspw. OVG NRW 2003 und 2005; OVG Hamburg 1999 und 2003)? Hält es der Senat für nötig, dies von Seiten des Gesetzgebers zu regeln? Antwort zu 5: Im Einzelfall kann bereits aufgrund der Kriterien des Erscheinungsbildes eines Werbeanhängers eine Abgrenzung zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung vorgenommen werden. Gesetzgeberischen Regelungsbedarf sieht der Senat nicht. Frage 6: Sind dem Senat Beschwerden aufgrund des Abstellens von Werbeanhängern auf öffentlichen Straßen bekannt? Treten diese Beschwerden gehäuft auf? Wird eine Zuspitzung der Parkplatznot durch Werbehänger von Bürgerinnen und Bürgern beklagt? Antwort zu 6: Der Senat führt dazu keine Statistik. In den vergangenen fünf Jahren sind in der Verkehrsabteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt schätzungsweise drei diesbezügliche Beschwerden aufgelaufen. Frage 7: Wie viele Bußgeldverfahren wurden in den letzten drei Jahren aufgrund des Abstellens von Anhängern (nicht ausschließlich Werbeanhängern) in Berlin geführt? Wie viele davon endeten mit einem Bußgeld? Bitte nach Bezirken getrennt auflisten. Antwort zu 7: Valide Aussagen sind wegen vorgeschriebener Datenauslagerungen bei der Bußgeldstelle beim Polizeipräsidenten in Berlin nur für einen zurückliegenden Zeitraum von maximal 14 Monaten möglich. Von Januar 2015 bis einschließlich Februar 2016 sind insgesamt 5.288 Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeigen gefertigt worden, weil Fahrzeuganhänger verkehrswidrig im Sinne der Straßenverkehrsordnung abgestellt waren. Der Verfahrensabschluss erfolgt ganz überwiegend durch Bezahlung schriftlicher Verwarnungsgeldangebote durch die Betroffenen. Eine Übersicht nach Bezirken ist im Rahmen der Recherche nicht möglich. Es mussten 150 Bußgeldbescheide erlassen werden, von denen 36 über die Amtsanwaltschaft Berlin zur Entscheidung an das Amtsgericht Tiergarten abgegeben wurden . Dort sind 20 Bußgeldverfahren eingestellt worden. Gesonderte Statistiken werden in den Bezirksämtern nicht geführt. Soweit von den Bezirksämtern Angaben übermittelt wurden, werden diese in der nachstehenden Übersicht wiedergegeben: 2013 2014 2015 Bezirk a) Anzahl a) Anzahl a) Anzahl b) Bußgeld- festsetzungen b) Bußgeld- festsetzungen b) Bußgeld- festsetzungen Charlottenburg- a) 37 a) 25 a) 57 Wilmersdorf b) 15 b) 7 b) 25 Lichtenberg a) 5 a) 5 b) 5 b) 5 Neukölln a) 0 b) 0 a) 0 b) 0 a) 0 b) 0 a) 2 a) 9 a) 6 (SGA) 41 (OA) Pankow b) 47 a) 29 a) 9 a) 7 Reinickendorf b) 8 c) 6 b) 4 a) 0 a) 0 a) 0 Spandau b) 0 b) 0 b) 0 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 412 3 Steglitz- Zehlendorf a) 1 a) 10 a) 8 b) 0 b) 0 b) 0 Tempelhof- Schöneberg a) 10 b) 7 a) 12 b) 6 a) 9 b) 1 Treptow- Köpenick a) 13 b) 4 a) 13 b) 1 a) 16 b) 11 Frage 8: Wie viele Gerichtsverfahren wurden aufgrund von Bußgeldverfahren gemäß Frage 8 in den letzten 3 Jahren in Berlin geführt? In wie vielen Fällen unterlag das Land Berlin? Sieht der Senat rechtliche Schwierigkeiten beim Nachweis dieser Ordnungswidrigkeit? Antwort zu Frage 8: Siehe Antwort zu Frage 7. Das Bezirksamt Pankow hat einen Fall aus dem Jahr 2014 mitgeteilt, in dem das Land Berlin unterlag. Der Polizei Berlin sind keine grundsätzlichen rechtlichen Schwierigkeiten beim Nachweis von Verkehrsordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Abstellen von Anhängern im Straßenverkehr bekannt. Die Differenzierung zwischen Sondernutzung und noch zulässigem Gemeingebrauch kann in Einzelfällen schwierig sein und ist ggf. im Rechtsweg zu klären. Berlin, den 02. Mai 2016 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2016)