Drucksache 17 / 18 424 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Michael Schäfer (GRÜNE) vom 19. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. April 2016) und Antwort Warum führt der Senat die Klimaschutzvereinbarungen mit Berliner Unternehmen nicht weiter? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Aktivitäten wurden im Rahmen des "Klimabündnis Berlin" 2015 von Seiten des Senats angestoßen und welche sind für 2016 geplant? Frage 2: Wann fand das letzte Treffen des "Klimabündnis Berlin" statt, welche Unternehmen nahmen Teil und wurde bei einem möglichen Treffen die bisherigen und zukünftigen Emissionsminderungsbeiträge der beteiligten Unternehmen thematisiert? Antwort zu 1 und 2: Das Klimabündnis Berlin wurde 2008 unter dem Regierenden Bürgermeister Wowereit ins Leben gerufen. In ihrer Gründungserklärung haben sich die Mitglieder des Klimabündnisses darauf verpflichtet, einen aktiven Beitrag zu CO2-Reduktion und Energieeinsparung zu leisten. Die Broschüre zum 5. Jubiläum des Bündnisses hat die vielfältigen Projektansätze und die erzielten Erfolge der beteiligten Partner aufgezeigt. Seitdem werden die anspruchsvollen Zielsetzungen des Bündnisses in einer Vielzahl von Maßnahmen wie dem Berliner Klimaschutzprogramm aktiv weiterverfolgt. Frage 3: Beabsichtigt der Senat eine Weiterführung der Klimaschutzvereinbarungen, die er im Rahmen des Landesenergieprogramms Berlin geschlossen hat oder wurde dieses Klimaschutzinstrument bewusst nicht weitergeführt ? Welche der folgenden Klimaschutzvereinbarungen laufen weiter, welche nicht? Bitte um einzelne Begründung . Unternehmen Auslaufen der Vereinbarung BSR Berliner Stadtreinigungsbetriebe 2015 BIM Berlin Immobilienmanagement GmbH 2015 Öl-Effizienz-Initiative 2015 Vivantes Netzwerk für Gesundheit Gmbh 2015 Berliner Bäder Betriebe AöR 2012 Berliner Wasserbetriebe AöR 2010 Freie Universität Berlin 2015 IT-Dienstleistungszentrum Berlin 2015 Zoologischer Garten Berlin AG 2015 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 424 2 Antwort zu 3: Der Senat beabsichtigt grundsätzlich eine Weiterführung der Klimaschutzvereinbarungen (KSV). Das Instrument der Klimaschutzvereinbarungen wird vom Senat weiterhin als sehr sinnvolles Instrument zur Unterstützung bei der Erreichung der Berliner Klimaziele erachtet und findet deshalb nicht zuletzt auch im Berliner Energiewendegesetz (EWG Bln) Ausdruck (siehe § 10 EWG Bln). In diesem Zusammenhang wurde eine einheitliche Mustervorlage für zukünftig abzuschließende (bzw. zu verlängernde) KSV erarbeitet, die die im EWG Bln vorgegebenen Randbedingungen berücksichtigt. Im Einzelnen liegt folgender Sachstand vor: BSR Berliner Stadtreinigungsbetriebe: Gespräche auf Arbeitsebene zur Vorbereitung einer neuen KSV laufen derzeit. Ein konkreter Entwurf auf Basis der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bereitgestellten Mustervorlage wurde von der BSR bereits avisiert . BIM Berlin Immobilienmanagement GmbH: Eine endabgestimmte neue KSV liegt bereits vor und wird in Kürze unterzeichnet. Öl-Effizienz-Initiative: Vor dem Hintergrund, dass laut EWG Bln zukünftige KSV insbesondere auf die Reduzierung des Energieverbrauchs und der Kohlendioxidemissionen abstellen und ein entsprechendes konkretes Einsparziel vereinbart werden soll, stellt sich nach aktuellem Kenntnisstand eine Verlängerung der KSV mit der Öl-Effizienz-Initiative als nicht zielführend dar. Hier sind keine konkreten (gebäude- oder prozessbezogenen) Einsparergebnisse zu erwarten. Vivantes Netzwerk für Gesundheit Gmbh: Seitens Vivantes wurde auf Arbeitsebene eine grundsätzliche Bereitschaft zum Abschluss einer neuen KSV signalisiert. Ein konkreter Entwurf auf Basis der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bereitgestellten Mustervorlage wurde von Vivantes bereits avisiert. Berliner Bäder Betriebe AöR: Gespräche auf Arbeitsebene zur Vorbereitung einer neuen KSV wurden bereits geführt. Ein konkreter Entwurf auf Basis der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt bereitgestellten Mustervorlage wurde von den BBB avisiert. Berliner Wasserbetriebe AöR: Der Abschluss einer neuen KSV ist geplant. Ein Entwurf der BWB liegt bereits vor und wird derzeit von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt geprüft. Freie Universität Berlin: Der Abschluss einer neuen KSV wurde bereits vorbesprochen, eine entsprechende schriftliche Absichtserklärung seitens der FU liegt vor. IT-Dienstleistungszentrum Berlin: Auf Arbeitsebene wurde das Interesse des ITDZ am Abschluss einer neuen KSV bereits signalisiert. Entsprechende Abstimmungen werden derzeit vorbereitet. Zoologischer Garten Berlin AG: Gespräche auf Arbeitsebene zur Abstimmung einer neuen KSV laufen derzeit. Seitens Zoo/Tierpark wurde Interesse am Abschluss einer neuen KSV signalisiert. Frage 4: Die Klimaschutzvereinbarung mit den Berliner Wasserbetrieben (BWB) war Stand Juni 2015 noch nicht erneuert, aber bereits 2010 ausgelaufen. Wann ist eine neue Vereinbarung zu erwarten und in welchem Stadium befindet sich die Ausarbeitung? Möchte der Senat darin eine vollständige energetische Verwertung der Klärschlämme drängen? Antwort zu 4: Der Abschluss einer neuen KSV mit den BWB ist für 2016 geplant. Ein Entwurf der BWB liegt bereits vor und wird derzeit von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt geprüft. Hinsichtlich der Thematik Klärschlammverwertung weisen die BWB darauf hin, dass die Klärschlämme der Berliner Klärwerke bereits seit Jahren energetisch verwertet werden. Etwa 60% der Klärschlämme werden in der BWB-eigenen Mono-Klärschlammverbrennungsanlage in Ruhleben thermisch verwertet, d.h. verbrannt. Dort wird Dampf erzeugt, dessen Energiegehalt anteilig in Form von Wärme und anteilig in Form von Strom für den Prozess genutzt wird. Das Klärwerk versorgt sich wärmeseitig somit komplett selbst und versorgt zusätzlich eine Kanalbetriebsstelle und ein Wohnhaus in der Nähe des Geländes . Der erzeugte Strom in Höhe von ca. 25 GWh/a deckt nach Aussage der BWB den Bedarf des Klärwerkes ca. zu 45 %. Die BWB geben an, dass die anderen fünf durch die BWB betriebenen Klärwerke den Klärschlamm faulen und ihn somit energetisch nutzen. Aus dem entstandenen Faulgas wurden gemäß BWB in 2015 etwa 55 GWh Strom erzeugt. Der ausgefaulte und entwässerte Schlamm wird nach BWB-Angaben anschließend mehrheitlich in Zementwerken und Braunkohlekraftwerken außerhalb Berlins mit verbrannt. Auf Grund der sich verändernden wirtschaftlichen, umwelt- und klimaschutzpolitischen Rahmenbedingungen für die Nutzung fossiler Brennstoffe zur Energieerzeugung in Kraftwerken sowie den generellen Bestrebungen zur verstärkten Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm bzw. aus den Verbrennungsaschen müssen nach Aussage der BWB langfristig den neuen Anforderungen entsprechende und ausreichende Verwertungskapazitäten geschaffen werden. Davon ausgehend untersuchen die BWB die Möglichkeiten für die Klärschlammentsorgung nach 2025 in Verbindung mit dem Ausstieg aus der externen Mitverbrennung durch Schaffung eigener thermischer Schlammverwertungskapazitäten . Die Komplexität dieser Thematik erfordert laut BWB ein schrittweises Vorgehen bei der Planung der Verfahrens- und Bautechnik und bei der Suche nach einem geeigneten Standort. Entsprechende Finanzmittel für die erforderlichen Voruntersuchungen haben die BWB nach eigenen Angaben dafür eingeplant. Mit einer Erweiterung der thermischen Verwertungskapazität im Raum Berlin könnte die BWB-eigene Kapazität Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 424 3 für die Energieerzeugung aus regenerativen Energiequellen spürbar erhöht und die Abhängigkeit von Kraftwerken für die Mitverbrennung von Klärschlämmen überwunden werden. Eine Bewertung der strategischen Alternativen zur Errichtung eigener thermischer Verwertungskapazitäten wird von den BWB unter vielen Gesichtspunkten wie z.B. Wirtschaftlichkeit, Standort, Ausbaugröße, gesetzliche Vorschriften zu Emissionsschutz, CO2-Minimierung, Energieeffizienz, Phosphorrecycling und weitere durchgeführt . Die optimale Lösung unter den diversen Kriterien wird gesucht. Alle denkbaren Synergieeffekte -auch für die Energieeffizienz- sollen genutzt werden. Diese Thematik soll später, nach Abschluss der angelaufenen Grundlagenermittlung und der erforderlichen Voruntersuchungen, in die Klimaschutzvereinbarung aufgenommen werden. Frage 5: Wie stellt der Senat die kontinuierliche Emissionsminderung bei den Unternehmen sicher, mit denen er keine Klimaschutzvereinbarung über 2015 hinaus getroffen hat? Antwort zu 5: Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen, in der dargestellt ist, dass mit allen Unternehmen (mit Ausnahme der Öl-Effizienz-Initiative) eine Fortführung der KSV geplant ist. Frage 6: Wie hoch beziffert der Senat die Emissionseinsparungen aus den Klimaschutzvereinbarungen bis 2015? Wurden die Einsparziele erreicht und wenn nicht, warum nicht und in welchen Fällen? Antwort zu 6: In Summe belaufen sich die Einsparziele der unter Frage 3 aufgeführten in 2015 ausgelaufenen KSV (mit Ausnahme der Öl-Effizienz-Initiative, mit der kein direktes CO2-Einsparziel vereinbart wurde) auf insgesamt über 160.000 Tonnen der jährlichen CO2- Emissionen gegenüber den jeweiligen Basiswerten. Hinzu kommen die (anteiligen) Einsparziele der bis 2020 laufenden bzw. der bereits vor 2015 ausgelaufenen KSV’s. Eine direkte Vergleichbarkeit der einzelnen Ziele ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Bezugszeiträume und Basiswerte nicht möglich. Derzeit sind noch keine abschließenden Aussagen zur Zielerreichung möglich, da noch nicht von allen Partnern die Abschlussberichte für die 2015 ausgelaufenen Vereinbarungen vorliegen. Aus den in diesem Zusammenhang geführten Abstimmungsgesprächen mit den Partnern lässt sich nach bisherigem Kenntnisstand ableiten, dass die von den Partnern angestrebten Maßnahmen weitgehend umgesetzt werden konnten. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen , dass sich nicht alle Maßnahmen in direkten Emissionsminderungen bemessen lassen. Indirekt wirkende Maßnahmen (insbesondere organisatorische Maßnahmen wie z.B. Einführung eines Energiemanagementsystems, oder Nutzermotivationsprojekte) haben jedoch ebenfalls eine Berechtigung und leisten einen entsprechenden Beitrag zum Klimaschutz. Frage 7: Aus welchen Gründen wurden nur mit den drei Partnern des Klimabündnis BBU, GASAG und Vattenfall Klimaschutzvereinbarungen bis 2020 getroffen beziehungsweise für den Zeitraum nach 2015 weitergeführt ? Bitte um einzelne Begründung für die Vereinbarungen . Antwort zu 7: Bei der Klimaschutzvereinbarung mit der Vattenfall wurde der langfristigen Kraftwerksplanung des Unternehmens Rechnung getragen. Insbesondere die erforderlichen Entwicklungsperspektiven und Investitionszyklen für die verschiedenen Kraftwerksstandorte wurden berücksichtigt, um die sich daraus ergebenden emissionseitigen Effekte für das Land Berlin besser prognostizieren und als Ziel der Klimaschutzvereinbarung festlegen zu können. Im Zuge der in der Folge abgeschlossenen Klimaschutzvereinbarung mit der GASAG wurde die gleiche Herangehensweise gewählt, um eine Vergleichbarkeit zwischen den beiden großen Energieversorgungsunternehmen der Stadt herstellen zu können. Die Klimaschutzvereinbarung mit dem BBU orientiert sich ebenfalls an dieser Herangehensweise, da auch die Planungen für die Portfolioentwicklung bzw. die strategische Ausrichtung der Wohnungsunternehmen eine langfristige Perspektive haben. Zudem ist diese Vorgehensweise im Sinne eines langfristigen Bekenntnisses der Unternehmen zu den Klimaschutzzielen des Landes Berlin und wurde daher anschließend auch als Vorgabe für zukünftig abzuschließende Klimaschutzvereinbarungen in das EWG Bln aufgenommen . Frage 8: Wurde bei den in mehreren Klimaschutzvereinbarungen festgelegten jährlichen Treffen im Jahr 2015 über das Auslaufen der Vereinbarung und eine mögliche Fortführung der Vereinbarung gesprochen und wie bewerteten die beteiligten Unternehmen eine Fortführung der Vereinbarungen? Antwort zu 8: Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen, in der dargestellt ist, dass mit allen Unternehmen (mit Ausnahme der Öl-Effizienz-Initiative) eine Fortführung der KSV geplant ist. Frage 9: Das vom Senat beauftragte Berliner Energieund Klimaschutzprogramm (BEK) sieht als fortlaufende Maßnahme die Fortführung der bestehenden Klimaschutzvereinbarungen . Warum lässt der Senat Maßnahmen auflaufen, die er dann wieder aufnehmen soll, sobald das BEK verabschiedet und in Kraft ist? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 424 4 Antwort zu 9: Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen, in der dargestellt ist, dass mit allen Unternehmen (mit Ausnahme der Öl-Effizienz-Initiative) eine Fortführung der KSV geplant ist und dazu unabhängig vom BEK bereits entsprechende Abstimmungen geführt wurden bzw. geplant sind. Berlin, den 29. April 2016 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mai 2016)