Drucksache 17 / 18 429 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Karin Halsch (SPD) vom 19. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. April 2016) und Antwort Multiresistente Erreger und Krankenhaushygiene Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Infektionen durch multiresistente Erreger (MRE) gab es jährlich seit 2011 in Berliner Krankenhäusern ? 2. Wie viele dieser Infektionen verliefen tödlich? Zu 1. und 2.: Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht keine generelle Meldepflicht für Multiresistente Erreger. Seit 2011 besteht lediglich eine Meldepflicht für den Nachweis von Methicillin-resistenten Staphylococus aureus (MRSA) aus Blut und Gehirn-Rückenmarks- Flüssigkeit. Im Zeitraum 2011 – 04/2016 wurden dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) 1.565 Patientinnen und Patienten mit MRSA-Infektionen gemäß der o. g. Falldefinition übermittelt, die in Berliner Krankenhäusern behandelt wurden. Die Infektionen verteilen sich wie folgt auf die Jahre: Jahr Fallzahl 2011 299 2012 298 2013 319 2014 265 2015 299 2016* 85 *Datenstand: 26.4.2016 Von den seit 2011 übermittelten 1.565 MRSA- Infektionen liegt für 151 (10%) die Information vor, dass die Betroffenen verstorben sind. 3. Laut Krankenhausplan 2016 erwartet der Senat in den nächsten Jahren eine Zunahme der Infektionen durch MRE. Mit welcher jährlichen Zunahme der Infektionen bis 2020 rechnet der Senat? 4. Fußen die im Krankenhausplan 2016 genannten Maßnahmen auf der erwarteten Zunahme der Infektionen? Welche konkreten darüber hinaus gehenden Maßnahmen plant der Senat, um auf diese Zunahme zu reagieren? Zu 3. und 4.: Im Krankenhausplan sind Faktoren genannt , die eine Zunahme von nosokomialen Infektionen und auch Infektionen mit multiresistenten Erregern erwarten lassen. Eine Quantifizierung der erwarteten Zunahme ist nicht möglich. Die im Krankenhausplan 2016 aufgeführten Maßnahmen dienen der krankenhaus-hygienischen Qualitätssicherung in den Berliner Krankenhäusern und damit grundsätzlich der Bekämpfung von nosokomialen Infektionen. Darüber hinaus wird noch in 2016 am LAGeSo eine ärztliche Stelle für Krankenhaushygiene besetzt werden, so dass eine Koordinierung der bezirklichen Aktivitäten bei der Überwachung der Krankenhaushygiene einschließlich der konsentierten Festlegung von Überwachungsschwerpunkten erfolgen kann. 5. Wie werden die Hygienestandards in Berliner Krankenhäusern überprüft? 6. Wie oft finden Überprüfungen der Hygienestandards in Berliner Krankenhäusern statt? 7. Gibt es unangemeldete Kontrollen? Wenn ja, wie oft? Wenn nein, warum nicht? Zu 5. bis 7.: Die infektionshygienische Überwachung der Berliner Krankenhäuser obliegt gemäß § 23 Abs. 6 IfSG den Gesundheitsämtern. Die Überprüfungen der Hygienestandards in Berliner Krankenhäusern finden gemäß den rechtlichen Vorgaben der Verordnung über die Aufsicht über Krankenhäuser einmal jährlich statt. Darüber hinaus finden anlassbezogene Begehungen der Krankenhäuser statt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 429 2 Neben den rechtlich vorgeschriebenen jährlichen Kontrollen , die mit vorheriger Anmeldung erfolgen, finden anlassbezogene Kontrollen z. B. im Rahmen von Nachkontrollen , Kontrollen bei baulichen Veränderungen oder aufgrund von Beschwerden ohne vorherige Ankündigung statt. 8. Welche hygienischen Mängel wurden seit 2011 bei Überprüfungen der Hygienestandards (bitte nach Krankenhäusern getrennt einzeln aufzählen)? Zu 8.: Zehn von zwölf Gesundheitsämtern haben hierzu Informationen bereitgestellt. Grundsätzlich sind die Protokolle der amtsärztlichen Überprüfungen vertraulich zu behandeln. Deshalb ist eine Auflistung der Mängel nach Krankenhäusern nicht möglich . In der Zusammenschau werden von neun Gesundheitsämtern v. a. folgende Mängel aufgeführt: hygienerelevante Arbeitsabläufe Reinigung und Desinfektion Umgang mit Arzneimitteln und Medizinprodukten bauliche Mängel. 9. Wann wurden an den Berliner Krankenhäusern Hygienekommissionen gemäß § 3 Hygieneverordnung eingerichtet? 10. An welchen Krankenhäusern gibt es keine Hygienekommission ? Warum nicht? 11. Wie oft haben die jeweiligen Hygienekommissionen seit ihrer Einrichtung getagt? Zu 9. bis 11.: Nach den vorliegenden Informationen aus zehn Berliner Gesundheitsämtern wurden Hygienekommissionen an den Berliner Krankenhäusern mit großer Mehrheit bereits vor Einführung der Hygieneverordnung im Jahr 2012 eingerichtet. Da nicht alle Gesundheitsämter in der vorgegebenen Frist geantwortet haben, kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob bzw. an welchen Berliner Krankenhäusern es keine Hygienekommissionen gibt. Aus Fachdialogen mit Amtsärztinnen und Amtsärzten ist jedoch bekannt, dass sowohl für das standortspezifische Risikomanagement von Seiten der Klinik als auch für die effektive Überwachungs- und Beratungstätigkeit der Berliner Gesundheitsämter eine Hygienekommissionen an jedem Krankenhaus-Standort mit mehr als 400 Betten erforderlich ist. Entsprechend den Informationen aus acht Gesundheitsämtern tagen Hygiene-kommissionen an Berliner Krankenhäusern mindestens einmal jährlich, meistens jedoch zweimal im Jahr und mitunter auch vierteljährlich. 12. Wie viele Hygienefachkräfte gemäß § 5 Hygieneverordnung gibt es an den Berliner Krankenhäusern? Zu 12.: Dem Senat wurden von neun Gesundheitsämtern Berlins Informationen bezüglich der Hygienefachkräfte an Berliner Krankenhäusern gemäß § 5 der Hygieneverordnung zur Verfügung gestellt, wobei diese Angaben nur zum Teil quantitativer Natur waren. Fünf Bezirke haben angegeben, dass insgesamt 22,5 Hygienefachkräfte beschäftigt werden, wovon sich drei Hygienefachkräfte noch in der entsprechenden Weiterbildung befinden. Grundsätzlich errechnet sich die Anzahl der Hygienefachkräfte gemäß den Empfehlungen „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch Institut anhand des Risikoprofils eines Krankenhauses. Zwei Bezirke treffen die qualitative Aussage, dass die Anzahl der Hygienefachkräfte den Anforderungen entspricht , zwei verneinen dies für die Krankenhäuser ihres Bezirkes. 13. Wie viele Krankenhaushygienikerinnen und Krankenhaushygieniker werden von den einzelnen Berliner Krankenhäusern beschäftigt? Zu 13.: Die dem Senat seitens der zuständigen bezirklichen Gesundheitsämter Berlins zur Verfügung gestellten Informationen bezüglich der Anzahl der an Berliner Krankenhäusern beschäftigten Krankenhaushygienikerinnen und Krankenhaushygieniker sind nachfolgend aufgeführt : Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 429 3 Bezirk Anzahl der an Berliner Krankenhäusern beschäftigten Krankenhaushygienikerinnen und Krankenhaushygieniker Neukölln Eine Krankenhaushygienikerin/Ein Krankenhaushygieniker, weitere sind in der Ausbildung Pankow Alle Pankower Krankenhäuser haben vertraglich gebundene Krankenhaushygieniker /innen Treptow-Köpenick Für die DRK Kliniken Berlin werden 1 Hygieniker, 1 Hygienikerin beschäftigt. Die M1 Schlossklinik Köpenick beschäftigt 1 Krankenhaushygieniker. Das Krankenhaus Hedwigshöhe beschäftigt eine Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin. Marzahn- Hellersdorf Im Krankenhaus a: 1 hauptamtlicher Krankenhaushygieniker, 1 externer Krankenhaushygieniker (Vertrag stundenweise) Im Krankenhaus b: keine Krankenhaushygienikerinnen/Krankenhaushygieniker vor Ort; hier wird durch den Klinikverbund eine durchschnittliche, jedoch nicht ortsgebundene Versorgung gewährleistet Steglitz-Zehlendorf In den Steglitz-Zehlendorfer Krankenhäusern ist mindestens eine/ein Krankenhaushygienikerin /Krankenhaushygieniker beschäftigt (je nach Anzahl der Betten ist die Stundenzahl unterschiedlich). Charlottenburg- Wilmersdorf In den Krankenhäusern mit mehr als 400 Betten wird 1 Krankenhaushygienikerin /Krankenhaushygieniker beschäftigt. Bei Krankenhäusern unter 400 Betten ist die externe Beratung durch eine/einen Krankenhaushygienikerin/Krankenhaushygieniker sicherzustellen und wird in den Krankenhäusern im Bezirk Charlottenburg- Wilmersdorf gewährleistet. Tempelhof- Schöneberg In den Vivantes - Kliniken werden die Krankenhäuser vom Bereich Hygiene und Umweltmedizin von Vivantes betreut. Die übrigen beschäftigen jeweils 1 Krankenhaushygieniker /in. Lichtenberg Im Krankenhaus B sind eine hauptamtliche Krankenhaushygienikerin, die mehrere Häuser betreut, und eine Krankenhaushygienikerin in Facharztausbildung; im Krankenhaus A ist eine beauftragte externe Krankenhaushygienikerin beschäftigt. Reinickendorf In allen drei Kliniken jeweils einer. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 429 4 14. Haben alle Berliner Krankenhäuser Hygienebeauftragte Ärztinnen und Ärzte gemäß § 7 Hygieneverordnung ? Wenn ja, wie viele (bitte aufschlüsseln)? Wenn nein, warum nicht? Zu 14.: Die dem Senat seitens der zuständigen bezirklichen Gesundheitsämter Berlins zur Verfügung gestellten Informationen bezüglich der Anzahl der an Berliner Krankenhäusern beschäftigten Hygienebeauftragten Ärztinnen und Ärzte gemäß § 7 Hygieneverordnung sind nachfolgend aufgeführt: Bezirk Anzahl der an Berliner Krankenhäusern beschäftigten hygienebeauftragten Ärztinnen und Ärzte gemäß § 7 Hygieneverordnung Neukölln Mindestens eine/ein hygienebeauftragte/r Ärztin/Arzt pro Abteilung (z. B. Chirurgie, Neurologie, Dermatologie usw.) Pankow Alle Pankower Krankenhäuser haben mindestens eine hygienebeauftragte Ärztin bzw. Arzt, weitere sind in der Weiterbildung um den Erfordernissen der Hygieneverordnung zu entsprechen Treptow-Köpenick Die DRK Klinik Berlin / Köpenick hat 7 hygienebeauftragte Ärztinnen/Ärzte (Gastroenterologie , Gefäßchirurg, Kardiologe, Geriatrie, Zentrale Notaufnahme, Intensivtherapie , Allgemeinchirurgie). Die M1 Schlossklinik Köpenick hat zurzeit noch keine/n hygienebeauftragte /n Ärztin/Arzt. Das Krankenhaus Hedwigshöhe hat 5 hygienebeauftragte Ärztinnen/Ärzte (Chirurgie/Orthopädie, Innere Medizin, Psychiatrie, Anästhesie /Intensivmedizin, Radiologie). Marzahn- Hellersdorf Im Krankenhaus a: 16 Hygienebeauftragte Ärztinnen/Ärzte; 22 Hygienebeauftragte in der Pflege Im Krankenhaus b: 6 Hygienebeauftragte Ärztinnen/Ärzte Steglitz-Zehlendorf Ja. Charlottenburg- Wilmersdorf Die Ausbildung der hygienebeauftragten Ärztinnen und Ärzte erfolgt in den Krankenhäusern in Charlottenburg- Wilmersdorf kontinuierlich. In den Fachdisziplinen mit hohem Risikoprofil ist in der Regel in jedem Krankenhaus eine/ein hygienebeauftragte/r Ärztin /Arzt. Die Kontinuität kann jedoch nicht immer gewährleistet werden, da zum Teil eine hohe Fluktuation der ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte erfolgt und die Ausbildungskapazität im Land Berlin begrenzt ist. Tempelhof- Schöneberg Die Krankenhäuser in Tempelhof-Schöneberg haben mehr als eine/n Hygienebeauftragten Ärztin/Arzt pro KH und in den Risikobereichen gibt es jeweils zusätzliche hygienebeauftragte Ärztinnen und Ärzte. Lichtenberg In beiden Krankenhäusern wurden hygienebeauftragte Ärztinnen und Ärzte benannt: Krankenhaus A: 14 Hygienebeauftragte Ärztinnen/Ärzte Krankenhaus B: 10 Hygienebeauftragte Ärztinnen/Ärzte Reinickendorf Ja. 1/Station 15. Wie viele Ordnungswidrigkeiten gemäß § 15 Hygieneverordnung sind seit deren Inkrafttreten festgestellt worden? Welche Krankenhäuser waren betroffen (bitte aufschlüsseln)? Zu 15.: Gemäß den Informationen, die dem Senat von neun Berliner Gesundheitsämtern zur Verfügung gestellt wurden, wurden keine Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten gemäß § 15 Hygieneverordnung in Berliner Krankenhäusern eingeleitet. 16. Wie hat sich die Personalausstattung in den für die Überwachung der Einhaltung der Regelungen der Hygieneverordnung zuständigen Gesundheitsämtern seit 2011 entwickelt? Entspricht diese Entwicklung der im Krankenhausplan 2016 festgestellten gewachsenen Bedeutung der Krankenhaushygiene? Zu 16.: Die Personalausstattung in den entsprechenden Bereichen der Gesundheitsämter hat sich seit 2011 nicht grundlegend verändert. Insbesondere gestalten sich Stellennachbesetzungen v. a. bei Ärztinnen und Ärzten sehr schwierig. Deshalb ist es wichtig, dass Berlin weiter an der Umsetzung des Mustergesundheitsamtes festhält und dass alle Bundesländer gemeinsam für einen starken Öffentlichen Gesundheitsdienst eintreten und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister und Senatorinnen und Senatoren der Länder werden sich dazu auf der 89. Gesundheitsministerkonferenz der Länder im Juni 2016 verständigen. Berlin, den 11. Mai 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2016)