Drucksache 17 / 18 448 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 19. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. April 2016) und Antwort Wo sind die Ziele und Instrumente des Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz (VGG) noch rechtlich verankert? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Warum plant der Senat durch das Berliner E- Government-Gesetz das gesamte Verwaltungsreform- Grundsätze-Gesetz (VGG) außer Kraft zu setzen, wo es doch gereicht hätte, das Prinzip der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung zu streichen oder zu modifizieren ? Zu 1.: Das VGG enthält Festlegungen zur Umgestaltung der Berliner Verwaltung ausgehend von Verhältnissen des Jahres 1999. In den letzten 15 Jahren wurde die Verwaltung mit Hilfe der Regelungen des VGG in diesem Sinne umgestaltet. Die damals als „Motornormen“ eingeführten Regelungen sind heute weitgehend Verwaltungspraxis und bedürfen keiner gesetzlichen Regelung mehr. Einige Regelungen haben sich aus heutiger Sicht als weniger zielführend erwiesen. Dazu gehört vor allem die dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung in der im VGG festgelegten weitgehenden Ausgestaltung. Da nahezu alle Regelungen des VGG auf die dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung direkt oder indirekt Bezug nehmen, sollte das VGG gänzlich außer Kraft treten. Nur die Regelungen zu Führungsaufgaben mit Ergebnisverantwortung (§ 5 VGG) und zum Personalmanagement (§ 6 VGG) sollen übergangsweise noch in Kraft bleiben, um die Regelungsinhalte ohne Zeitdruck in andere Vorschriften überführen zu können. 2. Der Senat begründet die geplante Außerkraftsetzung des VGG unter anderem damit, dass die Ziele des VGG erreicht seien. In früheren Berichten auf die vom Abgeordnetenhaus gestellten Fragen zur Umsetzung des VGG gestanden häufig die antwortenden Verwaltungen selbst die Missachtung von Grundsätzen und Instrumenten des VGG ein. Worauf stützt sich die neue Erkenntnis des Senats, dass die Ziele des VGG erreicht seien? Zu 2.: Der letzte umfassende Bericht zum VGG stammt aus dem Jahr 2010. Die Ziele des VGG sind insofern erreicht, als Zielvorgaben wie Gender Mainstreaming, interkulturelle Öffnung , Dienstleistungs- und Bürgerorientierung und Steuerungsinstrumente wie Personalentwicklung und Führung mit Ergebnisverantwortung in der Verwaltungspraxis nicht mehr in Frage stehen. Selbstverständlich muss im Sinne der Ziele weiter gearbeitet werden und Steuerungsinstrumente müssen fortentwickelt werden. Das soll zunehmend mittels untergesetzlicher Normen erreicht werden . 3. Der Senat begründet die Außerkraftsetzung des VGG ferner mit der Behauptung, Regelungen des VGG seien bereits in andere Gesetze übernommen. Welche Regelungen sind das und in welchen Gesetzen sind sie wo zu finden? Zu 3.: Zu folgenden im VGG zu findenden Festlegungen finden sich Regelungen in anderen Landesgesetzen: • § 1 VGG (interkulturelle Öffnung) im § 4 PartIntG (Partizipations- und Integrationsgesetz ) sowie allen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen und Laufbahnverordnungen Berlins, • § 2 VGG (Serviceeinheiten, Zielvereinbarungen) im § 37 BezVG (Bezirksverwaltungsgesetz) und der Anlage dazu (Serviceeinheiten), im § 7a LHO (Landeshaushaltsordnung) und § 37 BezVG i.V.m. § 38 BezVG (Zielvereinbarungen) • § 5 VGG (Führungsaufgaben mit Ergebnisverantwortung ) im § 97 LBG (Landesbeamtengesetz, Ämter mit leitender Funktion) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 448 2 • § 6 VGG (Rotation, Anforderungsprofil, Personalauswahlverfahren , Dienstliche Beurteilung) im § 26 LVO-AVD (Laufbahnverordnung für den Allgemeinen Verwaltungsdienst, Rotation vor Übertragung eines Amtes nach Bes.Gr. A 16) und weiteren Laufbahnverordnungen, in den §§ 26 und 27 LfbG (Laufbahngesetz) und der AV BVVD (Ausführungsvorschriften für das Beurteilungsverfahren) sowie weiterer Verwaltungsvorschriften zur Dienstlichen Beurteilung (Anforderungsprofil, Inhalt der Beurteilungen), im § 6 LfbG und in der AV Stellenausschreibung (Ausschreibung und Auswahl). 4. Der Senat gibt in der Begründung zur Außerkraftsetzung des VGG des Weiteren an, weitere Regelungsgegenstände , deren Fortbestand sinnvoll erscheinen, würden in untergesetzliche Normen, z. B. die Gemeinsame Geschäftsordnung des Senats – Allgemeiner Teil (GGO I) überführt? Welche Regelungsgegenstände sind das und in welchen untergesetzlichen Normen an welcher Stelle stehen diese oder sollen diese hin überführt werden? Zu 4.: In der GGO I finden sich Regelungen zu folgenden , auch im VGG zu findenden Festlegungen: • § 1 VGG (Fortentwicklung, Dienstleistungsverwaltung , Gender Mainstream, interkulturelle Öffnung ) im § 3 GGO I (Fortentwicklung des Geschäftsverfahrens ), im § 4 GGO I (Dienstleistungsverwaltung), im § 2 GGO I (Gender Mainstream). 5. In welcher gesetzlichen oder untergesetzlichen Norm ist für die Behörden Berlins geregelt, dass zwischen der Leitung und den Organisationseinheiten Zielvereinbarungen zur verbindlichen Festlegung von qualitativen und quantitativen Leistungszielen abzuschließen sind? Stimmt der Senat mit mir überein, dass § 7a der Landeshaushaltsordnung zwar die Verpflichtung zum Abschluss von Zielvereinbarungen , nicht aber die Festschreibung von qualitativen Zielen über Zielvereinbarungen enthält? Zu 5.: Siehe Antwort zu 3. Selbstverständlich legt § 7a LHO Zielvereinbarungen zwingend fest. § 7a Abs. 1 letzter Satz legt ergänzend zur Gestaltung der Zielvereinbarungen fest, dass die wesentlichen Leistungen zu erläutern, also zu beschreiben sind. Qualitative Zielsetzungen müssen also Inhalt der Zielvereinbarungen sein. 6. In welcher gesetzlichen oder untergesetzlichen Norm ist geregelt, dass zwischen der Leitung einer beauftragenden Behörde und den Serviceeinheiten Servicevereinbarungen über die Leistungen, die erbracht werden sollen, und die dafür einzusetzenden Mittel abgeschlossen werden? Zu 6.: Regelungen über Servicevereinbarungen zwischen Leitung und Serviceeinheiten finden sich in folgenden Normen: • § 15 und § 36 BezVG, • § 2 Familienkassen-Verordnung. Servicevereinbarungen sind darüber hinaus ein gängiges und gut eingeführtes Mittel, Vereinbarungen über Leistungen zwischen Verwaltungseinheiten zu vereinbaren . Vor allem im IT-Bereich ist es gängige Praxis Servicevereinbarungen abzuschließen. 7. In welcher gesetzlichen oder untergesetzlichen Norm sind die in § 3 VGG festgelegten Grundsätze der Bürgerorientierung festgeschrieben? Zu 7.: Die Bürgerorientierung der Berliner Verwaltung ist vor allem im § 11 GGO I festgelegt. 8. In welcher gesetzlichen oder untergesetzlichen Norm sind die in § 6 VGG festgelegten Grundsätze und Instrumente des Personalmanagements festgeschrieben? Zu 8.: Siehe Antwort zu 3. Darüber hinaus finden sich Regelungen zum Personalmanagement • im Abschnitt II des LfbG (Personalentwicklung, Ausbildung, Qualifizierung) und • im § 5 TV-L (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder, Qualifizierung, Personalentwicklungsgespräche ). 9. In welcher gesetzlichen oder untergesetzlichen Norm sind die in § 7 VGG festgelegten Grundsätze und Instrumente des Qualitätsmanagements festgeschrieben? Zu 9.: Instrumente des Qualitätsmanagements sind bei der Umsetzung der Ziel- und Servicevereinbarungen einzusetzen. Siehe Antworten zu 5. und 6. 10. Wurde die Prüfung der in den Fragen 3. bis 9. aufgeworfenen Fragen abschließend schon zur senatsinternen Mitzeichnung vorgelegt oder wurde sie erst zur Beantwortung dieser Anfrage vorgenommen und schriftlich niedergelegt? Zu 10.: Die schrittweise Aufhebung des VGG durch Artikel 9 des Berliner E-Government-Gesetzes lag den Senatsverwaltungen zur Mitzeichnung und dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme vor. Berlin, den 03. Mai 2016 in Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mai 2016)