Drucksache 17 / 18 483 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Manuela Schmidt (LINKE) vom 27. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. April 2016) und Antwort Unterschiedliche Bewilligungspraxis in den Berliner Bezirken beim Pflegegeld nach § 64 SGB XII Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie lässt sich erklären, dass in drei von zwölf Berliner Bezirken keinerlei Pflegegeld an pflegebedürftige Bewohner/innen in Demenz-Wohngemeinschaften der Stufen 1 – 3 bewilligt wird, obwohl Pflegegeld nach § 64 SGB XII zu gewähren und neben anderen Leistungen der ambulanten Hilfe zur Pflege wenigstens in Höhe von einem Drittel zu erbringen ist? Zu 1.: Dem Senat liegen keine validen Datenauswertungen oder Erkenntnisse vor, die diesen Sachverhalt bestätigen. 2. Wie ist es zu erklären, dass der Anteil des Pflegegeldes an allen Ausgaben der ambulanten Hilfe zur Pflege zwischen den Bezirken derart unterschiedlich verteilt ist? Zu 2.: Hinsichtlich der Datenvalidität wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Im Übrigen resultiert eine Schwankungsbreite bei der Leistungsgewährung schon aus der Anrechnung etwaiger vorrangiger Leistungen. 3. Trifft es zu, dass in einigen Bezirken das Pflegegeld neben übrigen ambulanten Leistungen der Hilfe zur Pflege – entgegen der Gesetzeslage – nur auf gesonderten Antrag der Pflegebedürftigen gewährt wird und ein solcher Antrag ein ums andere Mal ausbleibt? Wenn ja, welche Bezirke betrifft das? 4. Wie lässt sich diese sehr unterschiedliche Bewilligungspraxis rechtfertigen, obwohl die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales in ihrem Rundschreiben Soz Nr. 09/2015 (Modul 1) ausdrücklich festgestellt hat, dass das Pflegegeld bei Vorliegen der Voraussetzungen zu gewähren ist, auch wenn es nicht ausdrücklich beantragt wird, und dass das gekürzte Pflegegeld auch dann zu gewähren ist, wenn der festgestellte pflegerische Bedarf in vollem Umfang durch professionelle Pflege abgedeckt wird? Zu 3. und 4.: Es ist nicht auszuschließen, dass in einzelnen Bezirken das Pflegegeld nur auf besonderen Antrag gewährt wird, wenn bereits Pflegesachleistungen durch einen Pflegedienst bewilligt worden sind. Dem Senat ist nicht bekannt, um welche Bezirke es sich gegebenenfalls handelt. Die Rechtslage zur Bewilligung des Pflegegeldes wird im Rundschreiben Soz Nr. 09/2015 (Modul 1) ausführlich dargestellt. Das Rundschreiben ist gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Bezirke erstellt worden, um eine einheitliche Anwendungs- und Bewilligungspraxis der ambulanten Hilfe zur Pflege in Berlin zu gewährleisten . Die Bezirke sind weiterhin im Zuge einer Erprobungsphase aufgefordert, der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zu melden, wenn sie bestimmte Rechtsanwendungen und Auslegungen im Rundschreiben Soz Nr. 09/2015 nicht teilen oder problematisieren möchten . Rundschreiben enthalten allerdings grundsätzlich nur Handlungsempfehlungen des Senats an die Bezirke. Das Rundschreiben I Nr. 10/2007 enthielt bis zur Veröffentlichung des Rundschreibens Soz Nr. 09/2015 identische Handlungsempfehlungen. Der Senat beabsichtigt, nach der o. g. Erprobungsphase verbindliche Ausführungs-vorschriften zu erlassen. Daneben unterhält die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über Fach- und Leitungsgremien ständigen Kontakt zu den Sozialämtern. In diesen Gremien werden ebenfalls Fragen und Problemstellungen zur Hilfe zur Pflege erörtert. Lösungsempfehlungen ergehen in der Regel schriftlich durch die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales. 5. Teilt der Senat die Einschätzung, dass Fehlanreize der Kosten- und Leistungsrechnung zu dieser unterschiedlichen Bewilligungspraxis – teilweise über den Rahmen des gesetzlich Zulässigen hinaus – verführen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 483 2 Zu 5.: Der Senat teilt diese Einschätzung ausdrücklich nicht. In das System der Produktbudgetierung ist die Verpflichtung der Bezirke zu einer rechtmäßigen und den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Leistungsgewährung implementiert. Berlin, den 18. Mai 2016 Mario C z a j a _____________________________ Senator für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mai 2016)