Drucksache 17 / 18 488 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Schmidberger (GRÜNE) vom 27. April 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. April 2016) und Antwort Nachfrage zur Schriftlichen Anfrage „Schützen die Kosten der Unterkunft nach der AV Wohnen vor Verdrängung“ (Drucksache 17/18175) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Berliner Bedarfsgemeinschaften (BG) kamen 2014 und 2015 neu in den Hilfebezug nach SGB II (Zugang)? 2. Wie viele dieser BG erhielten Kosten der Unterkunft (KdU) und wie viele davon lagen über den Richtwerten der AV Wohnen? (Frage 1 und 2 bitte nach Jobcenter , sowie entsprechend der Berichterstattung der Agentur für Arbeit: Arbeitsmarkt in Zahlen. Statistik der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Wohn- und Kostensituation Kreis Berlin, Stadt Oktober 2015 Tabelle 1 Größe der Haushaltsgemeinschaft und Tabelle 3 Typ der Bedarfsgemeinschaft aufschlüsseln.)? 3. Wie viele Berliner Bedarfsgemeinschaften schieden 2014 und 2015 aus dem Hilfebezug nach SGB II aus (Abgang)? 4. Wie viele dieser BG erhielten vor ihrem Ausscheiden aus dem Hilfebezug KdU und wie viele davon lagen über den Richtwerten der AV Wohnen (Bitte nach Jobcenter und der unter Frage 2 genannten Systematik aufschlüsseln .)? 9. Welche Gründe gibt es dafür, dass der Statistik Service Ost keine Daten über die die BG-Wanderungsbewegungen in Berlin erfasst? Zu: 1. bis 4. und 9.: Zu diesen Fragestellungen wurde die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (BA) um Beantwortung gebeten. Der Statistikservice der Bundesagentur teilt hier zu folgendes mit: Die Statistik der BA berichtet seit 2012 nicht mehr über Zu- und Abgänge (Bewegungen) von Bedarfsgemeinschaften (BG) aus SGB II-Leistungsbezug, da das Messkonzept der Bewegungen von BG nicht robust ist gegenüber organisatorisch-administrativen Änderungen oder der regional unterschiedlichen Handhabung der Vergabe der Bedarfsgemeinschaftsnummern (BG- Nummern), ohne die eine Identifizierung der BG im Datawarehouse der Statistik der BA nicht möglich ist. Unter anderem führen Trägerformwechsel, Änderungen der Trägernummer, operative Neustrukturierungen oder Umzüge von Personen oder ganzer BG von einem Jobcenter (JC) zu anderen häufig zur Vergabe neuer BG- Nummern. Teilweise führen auch Änderungen der Zusammensetzung von Bedarfsgemeinschaften dazu, dass BG-Nummern geändert bzw. neu vergeben werden. Deshalb ist es derzeit nicht möglich, „echte“ – die Überwindung oder Entstehung von Hilfebedürftigkeit abbildende – Zu- und Abgänge statistisch zu ermitteln. Dies gilt auch für alle auf den Bedarfsgemeinschaftsbewegungen aufbauenden Auswertungen wie zum Beispiel Wanderungsbewegungen von Bedarfsgemeinschaften. 5. Wie viele BG erhielten 2014 und 2015 aufgrund von Kostenfestsetzungsentscheidungen insgesamt weniger Leistungen zur Deckung der KdU als sie beantragt hatten (Bitte auch diejenigen BG aufsummieren, die aufgrund von Kostenfestsetzungsentscheidungen der davorliegenden Jahre weniger Leitungen erhielten und nach der unter oben genannten Systematik aufschlüsseln.) Zu 5.: Für die Jahre 2014 und 2015 wird auf die Beantwortung zur gleichlautenden Fragestellung zu 8. der Schriftlichen Anfrage 17/18175 verwiesen. Ergänzend wird mitgeteilt, dass im Jahr 2013 in insgesamt 10.047 und im Jahr 2012 in insgesamt 15.212 Fällen eine Kostenfestsetzung vorgenommen wurde. Eine Aufsummierung dieser Daten kann insofern allerdings nicht vorgenommen werden, da es sich hierbei nicht um eine Fortschreibung handelt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 488 2 Für die Jahre 2012 und 2013 ergibt sich aus den nachfolgenden Übersichten das folgende Bild, wobei eine Differenzierung bzw. Typisierung der BG hierbei allerdings nicht vorgenommen wird: 2012 JC/BG 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen 6 Personen und mehr Neukölln 994 538 318 248 136 111 Treptow-Köpenick 744 296 101 50 24 21 Steglitz-Zehlendorf 169 87 48 37 11 6 Tempelhof-Schöneberg 688 322 162 107 41 18 Charlottenburg- Wilmersdorf 657 338 215 103 24 5 Pankow 1.395 468 204 80 22 4 Reinickendorf 193 96 58 49 13 6 Spandau 309 182 85 54 17 6 Friedrichshain- Kreuzberg 1.165 761 514 464 261 136 Mitte 462 173 115 98 43 30 Marzahn-Hellersdorf 127 75 22 8 2 1 Lichtenberg 228 109 37 10 0 0 2013 JC/BG 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen 6 Personen und mehr Neukölln 1.023 558 311 297 145 109 Treptow-Köpenick 839 291 112 61 24 21 Steglitz-Zehlendorf 369 157 112 54 14 0 Tempelhof-Schöneberg 292 131 83 38 20 1 Charlottenburg- Wilmersdorf 579 277 186 75 27 11 Pankow 319 108 44 19 4 0 Reinickendorf 174 91 61 41 10 1 Spandau 290 152 81 51 13 6 Friedrichshain- Kreuzberg 512 196 126 123 48 21 Mitte 380 144 91 74 24 7 Marzahn-Hellersdorf 155 80 17 4 1 0 Lichtenberg 197 114 33 16 2 0 6. Wie erklärt sich der enorme Anstieg der Zahl der BG, die über den Richtwerten der AV Wohnen liegen von 71.505 in 2014 auf 120.540 in 2015? (Erklärt sich der Anstieg allein aus der Veränderung der Richtwertobergrenze von Bruttowarm- auf Bruttokaltmieten oder hat es weitere Veränderungen bei der statistischen Erfassung gegeben?) Zu 6.: Der Anstieg der Anzahl der BG ist ausschließlich auf die Veränderung der Berücksichtigung von Bruttowarmmiete auf Bruttokaltmiete zurückzuführen. Zur Kompensation der auf Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) vorgenommen Änderungen der Angemessenheitskriterien wurde zeitgleich ein Tatbestand einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unter Berücksichtigung der Gesamtangemessenheit aufgenommen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht damit zu rechnen, dass die Veränderung der Angemessenheitskriterien signifikante Auswirkung für die Hilfeempfangenden hat. 7. Wie hoch war die Zahl von Umzügen von BG in 2014 und 2015, die im Zusammenhang mit einer Aufforderung zur Senkung der KdU erfolgten (Bitte nach Jobcenter und der oben genannten Systematik aufschlüsseln .)? Zu 7.: Im Rahmen des Fachcontrollings zu den Kosten der Unterkunft und Heizung werden nachfolgende Daten erhoben. Eine weitere Differenzierung bzw. Typisierung der Bedarfsgemeinschaft wird hierbei nicht vorgenommen . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 488 3 In 2014 wurden insgesamt 559 und in 2015 insgesamt 293 Umzüge im Zusammenhang mit einer Aufforderung zur Kostensenkung beantragt und bewilligt. 2014 JC/BG 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen 6 Personen und mehr Neukölln 27 12 8 3 3 4 Treptow-Köpenick 3 4 2 0 0 0 Steglitz-Zehlendorf 9 9 0 2 0 0 Tempelhof-Schöneberg 3 2 0 0 0 0 Charlottenburg- Wilmersdorf 19 12 10 2 0 0 Pankow 162 79 46 13 0 0 Reinickendorf 7 7 6 6 3 0 Spandau 29 15 14 8 1 0 Friedrichshain- Kreuzberg 1 2 0 0 1 0 Mitte 2 2 2 0 2 2 Marzahn-Hellersdorf 0 0 0 0 0 0 Lichtenberg 8 6 1 0 0 0 2015 JC/BG 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen 6 Personen und mehr Neukölln 6 3 1 0 0 0 Treptow-Köpenick 0 0 0 0 0 0 Steglitz-Zehlendorf 6 4 1 0 0 0 Tempelhof-Schöneberg 1 0 1 0 0 0 Charlottenburg- Wilmersdorf 18 14 3 1 0 0 Pankow 74 31 6 3 1 0 Reinickendorf 16 7 7 4 3 0 Spandau 19 15 8 2 0 2 Friedrichshain- Kreuzberg 8 1 0 0 2 0 Mitte 9 2 1 1 0 0 Marzahn-Hellersdorf 0 0 0 0 0 0 Lichtenberg 5 5 2 0 0 0 8. Wie will der Senat eine transparente statistische Darstellung der sozioökonomischen Struktur der Tranferleistungsbezieher *innen in Berlin gewährleisten, nachdem die Datenerhebung des Fachkontrollrings ab Juni 2015 zur Entlastung der Jobcerntermitarbeiter*innen vereinfacht wurde (s. Antwort zu Frage 3 und 4 der Anfrage 17/ 18175)? Zu 8.: Die in der Schriftlichen Anfrage 17/18175 benannte Zusammenfassung der Daten, zur Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter, stellt keine Vereinfachung der Datenlage dar. Die Erfassung der Daten dient nach wie vor der transparenten Darstellung des Geschäftsprozesses der Überprüfung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung und richtet sich an den Inhalten der Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 35 und 36 SGB XII (AV-Wohnen) aus. Nach wie vor stellen diese Erhebungen auch die Wirkungsweise der AV-Wohnen ausreichend dar. 10. Welche Maßnahmen ergreift der Senat angesichts einer zunehmenden sozialen Entmischung der Innenstadtbezirke , um die Wanderungsbewegungen von BG in Berlin statistisch zu erfassen (s. Antwort zu Frage 16)? Zu 10.: Da etwaige Wanderbewegungen von Bedarfsgemeinschaften nur an Hand von Identifizierungsmerkmalen möglich sind, liegt es bedauernswerterweise nicht in der Hand des Senates hier eine statistische Erfassung vorzunehmen, sofern die technischen Möglichkeiten der BA dies nicht zulassen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 488 4 Selbstverständlich wird der Senat weiterhin im engen Kontakt mit der BA alle Möglichkeiten eruieren die Wanderbewegungen darstellen könnten. Berlin, den 13. Mai 2016 Mario C z a j a _____________________________ Senator für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Mai 2016)