Drucksache 17 / 18 549 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joachim Krüger (CDU) vom 11. Mai 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2016) und Antwort Wann fällt die Rückbaupflicht der Mieterinnen und Mieter nach Barrierenbeseitigung? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Praktizieren die sechs städtischen Wohnungsunternehmen inzwischen den Grundsatz, dass Mieterinnen und Mietern, die Maßnahmen zur Barrierenbeseitigung bzw. zur alters- und familiengerechteren Gestaltung in Absprache mit den vermietenden Unternehmen veranlassen, keine Rückbaupflicht im Rahmen des Mietvertrags mehr auferlegt wird? Frage 2: Sollte dies (noch) nicht der Fall sein: Warum setzt der Senat eine solche Praxis, die Vorbildcharakter für die gesamte, auch private Wohnungswirtschaft hätte, nicht durch? Antwort zu 1 und 2: Entsprechend ihres Auftrags in Verbindung mit den abgeschlossenen Bündnissen werden von den sechs städtischen Wohnungsunternehmen Maßnahmen zur Barrierenbeseitigung bzw. zur alters- und familiengerechteren Gestaltung auch in Abstimmung mit den Pflegestützpunkten im Sinne der Mieterinnen und Mieter geprüft und größtenteils genehmigt. Hierbei handelt es sich vor allem um Badumbaumaßnahmen, Schwellenabsenkungen oder Türverbreiterungen. Wie die Pflegekassen sind auch die städtischen Wohnungsunternehmen daran interessiert, Investitionen wie z. B. den max. Zuschuss von 4.000 € (§ 40 Sozialgesetzbuch [SGB] XI) sinnvoll und nachhaltig einzusetzen. Die Mieterinnen und Mieter sind verpflichtet, Wohnraumanpassungsmaßnahmen von Fachfirmen auszuführen zu lassen oder die städtischen Wohnungsunter- nehmen beauftragen selbst Firmen , die entsprechende Erfahrungen und Fachkunde nachgewiesen haben. Grundsätzlich sind bauliche Veränderungen genehmigungspflichtig . Ob eine Rückbauverpflichtung vereinbart wird, hängt vor allem von Art und Umfang der Maßnahme, von der Größe und Lage der Wohnung und der voraussichtlichen Wiedervermietbarkeit ab. In der Regel wird auf eine Rückbauverpflichtung verzichtet, da im Vorfeld der jeweilige Einzelfall entsprechend bewertet wird. Frage 3: Wie weit sind die Gespräche mit dem BBU- Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen zu Qualitätsmerkmalen demografiefester und generationsgerechter Wohnraumgestaltung unter Einbeziehung der angesprochenen Problematik in den letzten beiden Jahren vorangekommen? Antwort zu 3: Qualitätsmerkmale der demografiefesten und generationsgerechten Wohnraumgestaltung gewinnen im Wohnungsneubau und im Rahmen von Modernisierungs - und Instandsetzungsmaßnahmen vermehrt an Bedeutung und kommen vielfach zur Anwendung bzw. Ausführung. Bezüglich der Problematik der Rückbauverpflichtung wird neben der Antwort zu Fragen 1 und 2 auf die Antwort des Senats vom 28.05.2015 zur Frage 5 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/16195 vom 12. Mai 2015 verwiesen: „Mit der Einführung des § 554a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im Rahmen der Mietrechtsreform im Jahre 2001 wurde erstmals ein Mieteranspruch eingeführt, von der Vermieterin oder vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen verlangen zu können, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind. Die Vermieterin oder der Vermieter kann seine Zustimmung nur verweigern, wenn sein oder das Interesse der anderen Mieterinnen und Mieter an dem unveränderten Erhalt der Mietsache das Mieterinteresse an einer behindertengerechten Wohnungsnutzung überwiegt. Die Vermieterin oder der Vermieter kann die Zustimmung von der Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abhängig machen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 549 2 Ein grundsätzlicher Verzicht der Vermieterinnen und Vermieter auf die Verpflichtung zum Rückbau bzw. die Sicherheitsleistung ist zwangsweise nicht durchsetzbar. In Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall ist beiden Mietvertragsparteien anzuraten, eine Vereinbarung (Mietvertragsergänzung ) über die genauen Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren zu treffen und dabei auch den Rückbau oder die Übernahme durch die Vermieterin bzw. dem Vermieter bei Vertragsende genau zu regeln. Die fachgerechte Ausführung der baulichen Maßnahmen ist dabei auch beachtlich. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind dabei bemüht, entsprechende freiwerdende Wohnungen Bedürftigen zur Verfügung zu stellen.“ Frage 4: In welchem Umfang werden die von der Investitionsbank Berlin zugesagten Mittel für zinsverbilligte Darlehen für altersgerechte Wohnungsanpassungen in den Jahren 2014 bis 2016 genutzt und werden diese auch an umgestaltungswillige Mieter ausgegeben? Antwort zu 4: Für barrierereduzierende Maßnahmen stehen Darlehen aus Mitteln der KfW 1 -Bankengruppe aus dem Programm "Altersgerecht Umbauen" zur Verfügung. Diese Darlehen werden von der Investitionsbank Berlin (IBB) zusätzlich mit einer weiteren nominalen Zinssubvention mit bis zu 0,6% ausgestattet. Gefördert werden kommunale und private Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften , Vermieter und Investoren, Ersterwerber von neu barrierereduzierten Wohngebäuden oder Eigentumswohnungen zur Vermietung. Laut Mitteilung der IBB wurden vom 01.01.2014 bis zum 30.04.2016 von der IBB 26 Darlehen mit einem Volumen in Höhe von 10,22 Mio. EUR für Maßnahmen zum altersgerechten Umbau vergeben. Die Darlehen werden ausschließlich an die Eigentümerinnen und Eigentümer ausgereicht. Entsprechend der KfW-Förderreporte wurden in Berlin in den Jahren 2014 bis 2016 folgende Beträge umgesetzt : Jahr Verträge Mio. EUR gef. Wohneinheiten 2014 154 23 3.231 2015 481 26 3.038 2016 ->03 364 5 779 1 Kreditanstalt für Wiederaufbau Frage 5: Gibt es seitens des Senats Initiativen z.B. über den Bundesrat, um ggf. Änderungen bezüglich der angesprochenen Problematik im allgemeinen Wohnungsmietrecht in Deutschland zu erreichen? Antwort zu 5: Die Änderung bzw. Streichung der Rückbauverpflichtung in § 554a BGB tangiert die Eigentumsgarantie in Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) und den Grundsatz der Vertragsfreiheit in Artikel 2 GG in erheblichem Maße. Die Streichung der Rückbauverpflichtung würde zudem bewirken, dass Vermieterinnen und Vermieter vermehrt nicht mehr bereit sind, an Wohnungssuchende zu vermieten, bei denen das Erfordernis von baulichen Änderungen zur Schaffung von Barrierefreiheit wahrscheinlicher ist. Der Senat setzt deshalb darauf, dass die verständigen Mietparteien einvernehmliche Lösungen bei notwendigen Umbauten zur Schaffung der Barrierefreiheit finden. Siehe auch Antwort zu Frage 3. Berlin, den 25. Mai 2016 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mai 2016)