Drucksache 17 / 18 580 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 19. Mai 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mai 2016) und Antwort Rot-schwarze Politiksimulation beim Radverkehr: Senat will Volksbegehren mit PR- Kampagne ausbremsen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Zu welchem Zweck hat der Senat einen Dienstleistungsauftrag zur Erarbeitung einer „Kommunikationslinie “ über die Förderung des Radverkehrs im Land Berlin ausgeschrieben? Frage 2: Wann wurde durch wen die Entscheidung getroffen , eine solche „Kommunikationslinie“ in Auftrag zu geben und eine PR-Kampagne mit dem Schwerpunkt Radfahrverkehr in Berlin durchzuführen? Gibt es hierzu Aktenvermerke, Beschlüsse o.ä.? Wenn ja: Um welche handelt es sich hierbei? Frage 3: Welche Ziele sollen die ausgeschriebene „Kommunikationslinie“ und die PR-Kampagne haben? Frage 4: Welche Inhalte sollen mit der ausgeschriebenen „Kommunikationslinie“ und der PR-Kampagne vermittelt werden? Frage 5: Welche Instrumente und welche Medien sollen im Rahmen der ausgeschriebenen PR-Kampagne genutzt werden? Antwort zu 1 - 5: Mit dem Dienstleistungsauftrag zur Erarbeitung einer Kommunikationslinie für den Radverkehr geht es vor allem darum, den Radverkehr sowie das Radfahren in Berlin im Allgemeinen zu stärken und die damit verbundenen positiven Effekte im Bewusstsein der Berliner Bürgerinnen und Bürger weiter zu etablieren, weiter zu entwickeln und zu fördern und somit ein allgemein positives Klima für den Radverkehr zu schaffen. Inhalte des Dienstleistungsauftrags sind dabei u. a. die Unterstützung bei der Entwicklung von Maßnahmen, mit denen die verschiedenen Aktivitäten und Themenschwerpunkte des Berliner Senats im Bereich der Radverkehrsplanung bei der Kommunikation nach außen kurzfristig (noch in 2016) gebündelt und strukturiert werden sollen. In einem weiteren Arbeitsschritt soll dann eine weitere Ausschreibung vorbereitet werden, die das Ziel verfolgt, eine langfristige Kommunikationsstrategie (ab 2017) zu entwickeln, auf deren Basis die übergeordneten Zielstellungen und Leitlinien der Berliner Radverkehrsstrategie in Handlungsfeldern dargestellt und über Maßnahmen und Kampagnen kommuniziert werden sollen. Die grundsätzliche Überlegung die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Radverkehr zu intensivieren, wurde in den letzten Jahren mit den Beteiligten im Beratungsgremium FahrRat immer wieder diskutiert. Neben der üblichen Öffentlichkeitsarbeit bestand zusätzlich der Wunsch, das Thema Radfahren in Berlin stärker als bisher öffentlich zu besetzen und zu fördern. Gute Beispiele sind u. a. die Rücksichtkampagne (thematisch auf Verkehrssicherheit fokussiert) und das Münchner Radverkehrs- Kampagnen-Beispiel (Radlhauptstadt München). Letzteres Beispiel wurde im vergangenen Jahr im Rahmen des FahrRats vorgestellt und von den Beteiligten des FahrRats als erstrebenswert für Berlin befunden. Frage 6: Wie ist der Zeitplan für die Ausschreibung, wann sollen die jeweiligen Leistungen erbracht und wann die Kampagne durchgeführt werden? Frage 7: Was wird die ausgeschriebene Dienstleistung den Steuerzahler voraussichtlich kosten bzw. wie viel Geld hat der Senat für diese Dienstleistung vorgesehen? Antwort zu 6 - 7: Hierzu können derzeitig keine Angaben gemacht werden, da das Vergabeverfahren noch nicht abgeschlossen ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 580 2 Frage 8: Aus welchem Kapitel und welchem Titel des Landeshaushalts werden die Mittel für die Dienstleistung entnommen? Antwort zu 8: Die Mittel für diesen Dienstleistungsauftrag werden voraussichtlich aus dem Kapitel 1270 - Verkehr - Titel 540 10 - Dienstleistungen entnommen. Frage 9: Warum ist der Senat nicht in der Lage, die Radverkehrspolitik im Land Berlin ohne den Einsatz von Steuermitteln in Eigenleistung zu kommunizieren? Frage 10: Über welche Informationen verfügt der Senat hinsichtlich der finanziellen Ausstattung der das Volksbegehren Radverkehr in Berlin tragenden Initiativen ? Frage 11: Hat der Senat sonstige Anhaltspunkte dafür, bei der gesetzlich gebotenen sachlichen Darstellung seiner ablehnenden Position zum Volksbegehren Radverkehr in Berlin einem durch erheblichen privaten Mitteleinsatz entfachten „Feuerwerk der Propaganda“ seitens der Initiativen ausgesetzt zu sein, dem gegenüber er ohne Einsatz von öffentlichen Haushaltsmitteln nicht mehr durchzudringen vermag? Frage 12: Sieht der Senat einen inhaltlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen dem aus seiner Sicht zu verzeichnenden „verstärktem Hinterfragen der Tätigkeiten des Senats in diesen Bereichen [Radverkehrsplanung und Radverkehrsförderung]“ (so die Ausschreibung zu Kommunikationslinie und -kampagne vom 15. April 2016) und dem von den Trägern des Volksbegehrens „Volksentscheid Fahrrad – Berlin dreht sich“ geltend gemachten Begehren? Wenn nein: Warum nicht? Frage 13: Wie will der Senat sicherstellen, dass mit der geplanten Kommunikationsstrategie nicht vor allem und zwangsläufig seine bereits mehrfach öffentlich kundgegebene ablehnende Haltung zu dem laufenden Volksbegehren zur Förderung des Radverkehrs ausgedrückt wird? Frage 14: Teilt der Senat die Einschätzung des Abgeordneten Zimmermann (SPD), der im Plenum des Abgeordnetenhauses am 3. März 2016 in der Debatte um die Änderung des Abstimmungsgesetzes hinsichtlich der Darstellung des Senatsstandpunkts zu Volksbegehren unter Einsatz öffentlicher Haushaltsmittel erklärt hat: „Der Senat darf jetzt nicht eine bescheiden auftretende Initiative mit einem voluminösen Angebot oder einer Kampagne platt machen. Das wäre rechtswidrig. Das haben wir festgestellt. Das steht auch im Gesetz.“? Frage 15: Wie begründet der Senat hinsichtlich der Ausschreibung einer PR-Kampagne zum Radverkehr die Angemessenheit des Einsatzes öffentlicher Mittel, die nach § 40d des Abstimmungsgesetzes geboten ist, wenn der Senat seine Haltung zu einem Volksbegehren geltend machen will? Antwort zu 9 - 15: Mit der geplanten Kommunikationsstrategie geht es u. a. darum, eine stärkere Sichtbarkeit der gesamten Thematik „Radfahren in Berlin“, die Möglichkeit zur Identifikation mit diesem Thema und die Miteinbeziehung und aktive Teilhabe von Bürgerinnen und Bürger an der Thematik Radverkehr zu schaffen. Die Kommunikation zum Radverkehr ist dabei als vielschichtiger, insbesondere sozio-kultureller Prozess zu verstehen, der das allgemeine Ziel verfolgt, über eine integrierte Förderung und geeignete Kommunikationsmaßnahmen die Verstärkung und Etablierung einer „Rad- Kultur“ in allen Bereichen in Berlin zu schaffen. Es geht insbesondere darum, eine positive Wahrnehmung der Fahrradmobilität darzustellen, um so eine langfristige Veränderung der Mobilitätsgewohnheiten bewirken zu können. Dies kann nur durch vielfältige Angebote und entsprechende Kommunikation dieser mit positiven Botschaften erzielt werden. Dies ist mit „Bordmitteln“ der Senatsverwaltung nicht leistbar. Darüber hinaus zeigen die Erfolge bereits durchgeführter bzw. laufender Kampagnen aus den Städten wie München, Münster oder auch Wien und Kopenhagen sehr deutlich, dass gut geplante und nachhaltig ausgeführte Kommunikationsmaßnahmen eine sinnvolle und wichtige Ergänzung zu den weiterhin notwendigen baulichen und verkehrsordnenden Maßnahmen im Straßenraum bilden. Ganz speziell sollen somit die bereits bekannten langfristigen Ziele aus dem Stadtentwicklungsplan (StEP) Verkehr oder der Berliner Radverkehrsstrategie erreicht werden, die u. a. auf eine Steigerung der Radverkehrsanteile in der Innenstadt, aber auch in den Außenbereichen Berlins, sowie Erhöhung der Sicherheit im (Rad-)Verkehr abzielen. Insofern unterscheiden sich diese grundlegenden Zielstellungen des Senats nicht grundsätzlich von den Zielen des Radverkehrsgesetzes (u. a. auch in den Forderungen im § 19 des Radverkehrsgesetzes festgehalten). Mit der geplanten Kommunikationsstrategie ist folglich keine Gegen-Kampagne zu der Initiative des Volksbegehrens geplant, sondern eine Kampagne, die den Radverkehr in Berlin weiter fördern und das allgemeine (Rad- )Verkehrs-Klima in der Stadt langfristig verbessern wird. Er folgt damit den jahrelangen Forderungen von Verkehrs - und Umweltverbänden und letztendlich auch der Forderung der Initiatorinnen und Initiatoren des Volksentscheids selbst. Berlin, den 30. Mai 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Juni 2016)