Drucksache 17 / 18 600 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) und Susanne Graf (PIRATEN) vom 19. Mai 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2016) und Antwort Inklusion im Kindergarten – Rechte der Kinder schnellstmöglich realisieren (III) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kinder mit Behinderungen bzw. mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden zurzeit in den Berliner Kindertageseinrichtungen integrativ bzw. inklusiv gefördert (bitte bezirklich und nach Altersstufe aufschlüsseln sowie nach Typ A und B gemäß § 16 (1) sowie § 16 (2) VO-KitaFöG differenzieren)? 3. Wie viel Personal wird gegenwärtig den Berliner Kindertageseinrichtungen für die Förderung von Kindern mit Behinderungen oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusätzlich gemäß § 6 (2) KitaFöG zur Verfügung gestellt? Zu 1. und 3.: Am 31.12.2015 wurden berlinweit insgesamt 7.472 Kinder mit Behinderung integrativ in öffentlichen und öffentlich geförderten Kindertageseinrichtungen betreut, davon 6.292 Kinder mit Förderbedarf nach § 16 (1) Kindertagesförderungsverordnung (VOKitaFöG) und 1.180 Kinder mit wesentlich erhöhtem Förderbedarf nach § 16 (2) VOKitaFöG. Die Verteilung auf die Altersstufen für Berlin insgesamt ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Die Verteilung auf die jeweiligen Bezirke ist in Anlage 1 dargestellt. Tabelle 1: Anzahl der Kita-Kinder mit Behinderung und Förderbedarf nach § 16 (1) bzw. (2) VOKitaFöG 31.12.2015 Altersstufe § 16 (1) VOKitaFöG § 16 (2) VOKitaFöG gesamt Berlin 0-u1 2 - 2 1-u3 380 103 483 3-u6 4.498 797 5.295 6 und älter 1.412 280 1.692 0-u6 4.880 900 5.780 0-u7 6.292 1.180 7.472 Quelle: Integrierte Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ), 31.12.2015 Festschreibung, Berechnung: SenBildJugWiss, Gesamtjugendhilfeplanung Über den Personalzuschlag nach § 16 (1) VOKitaFöG stehen 1.573 Vollzeitäquivalente für zusätzliches Fachpersonal sowie über den Personalzuschlag nach § 16 (2) VOKitaFöG 590 Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 600 2 2. In der Antwort auf die Schriftliche Anfrage 17/16538 schreibt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, dass die Anzahl der integrativ oder inklusiv in Berliner Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder mit Behinderungen bzw. mit sonderpädagogischem Förderbedarf von 2009 bis 2014 von 5.692 auf 7.159 gestiegen ist. Welcher Anstieg lässt sich von 2014 bis heute feststellen? a) Welche Gründe sind dem Senat für den seit Jahren kontinuierlichen Anstieg bekannt? Zu 2.: Von 2013 bis 2015 ist die Anzahl der integrativ in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder mit Behinderung von 6860 auf 7472 gestiegen. Das entspricht einem Anstieg von 613 Kindern. Tabelle 2: Entwicklung der Anzahl der Kita-Kinder mit Behinderung und Förderbedarf nach § 16 (1) und (2) VOKitaFöG seit 2013 Jahr Betreute Kinder 0 bis 6 Jahre und älter Veränderung gegenüber Vorjahr in % § 16 (1) VO- KitaFöG § 16 (2) VO- KitaFöG gesamt Veränderung gegenüber Vorjahr in % 2013 137.889 - 5.924 935 6.859 - 2014 141.910 2,8% 6.117 1.044 7.161 4,2% 2015 146.701 3,3% 6.292 1.180 7.472 4,2% Quelle: Integrierte Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ), 30.04.2016, Berechnung: SenBildJugWiss, IIIB Die Tabelle 2 spiegelt die Betreuungszahlen von Berliner Kindern mit Behinderung ausgehend von 2013 und die Entwicklung der Kitavertragszahlen insgesamt wider. Danach ist die Anzahl der Kinder mit Behinderung in der Altersgruppe 0 - unter 6 Jahre bzw. 0 - unter 7 Jahre um 613 Kinder gestiegen. Im Verhältnis zum Anstieg der Kitavertragszahlen insgesamt sind die Betreuungszahlen von Kindern mit Behinderung prozentual konstant geblieben . Der Intention des Senates von Berlin, Kindern mit Behinderung im Sinne der Inklusion eine frühestmögliche Aufnahme in der Kindertagesbetreuung und inklusive Förderung zu ermöglichen, wird damit Rechnung getragen . 4. Kann das gegenwärtig den Berliner Kindertageseinrichtungen für die Förderung von Kindern mit Behinderungen oder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zusätzlich zur Verfügung gestellte Personal den Bedarf an ergänzenden pädagogischen Angeboten gemäß § 6 (2) KitafFöG abdecken? a) Wenn ja, wie stellt der Senat die Bedarfsgerechtigkeit fest? b) Wenn nein, welches Personaldefizit ergibt sich und wie will der Senat dieses bis wann beheben? 5. Mit welchen konkreten Maßnahmen will der Senat sicherstellen, dass der in den folgenden Monaten und Jahren steigende Personalbedarf für ergänzende pädagogische Angebote gemäß § 6 (2) KitaFöG in Zukunft gedeckt wird? Zu 4. und 5.: Die bedarfsgerechte Planung und Verantwortung des für die Förderung von Kindern mit Behinderung zusätzlich zur Verfügung gestellten Personals obliegt den Trägern der Kindertageseinrichtungen. Der erhöhte Fachkräftebedarf infolge der Platzzahlerweiterung in Kindertageseinrichtungen bezieht auch die ergänzende Förderung nach § 6 (2) Kindertagesförderungsgesetz (KitaFöG) mit ein. Dem zusätzlichen Bedarf an qualifiziertem Personal für die Förderung von Kindern mit Behinderung wird durch ein umfangreiches und ausgeweitetes Angebot von entsprechenden Fortbildungen Rechnung getragen. Derzeit bieten 17 Bildungsträger die senatsanerkannte Qualifizierung zur/zum „Facherzieherin/Facherzieher für Integration “ an. Ab dem Schuljahr 2016/17 einen heilpädagogischen Ausbildungsgang an. Damit bieten 3 Fachschulen einen Ausbildungsgang „Heilpädagogik“ an. In 2014 und 2015 schlossen über 400 Personen die Zusatzqualifikation ab. Mit dem Angebot der neu anerkannten Bildungsträger wird die Anzahl der auf diesem Wege qualifizierten Personen weiter steigen. Zudem ermöglichen die Regelungen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss) von April 2013 über „Fachkräfte in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung die Anerkennung weiterer beruflicher Qualifikationen“ als zusätzliche Fachkräfte für die Förderung und Betreuung von Kindern mit Behinderung. 6. Gemäß § 6 (1) KitaFöG darf keinem Kind „auf Grund der Art und Schwere seiner Behinderung oder seines besonderen Förderungsbedarfs die Aufnahme in eine Tageseinrichtung verwehrt werden.“ Welche Gründe kann es trotzdem geben, im Einzelfall Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen die Aufnahme in einer Tageseinrichtung zu verwehren? 7. Wie viele Fälle sind der Senatsverwaltung für Bildung , Jugend und Wissenschaft seit 2011 bekannt, bei denen Kindern mit Behinderungen oder mit sonderpädagogischen Förderbedarfen die Aufnahme in einer Tageseinrichtung verwehrt wurde? (Bitte pro Jahr und wenn möglich pro Bezirk aufschlüsseln.) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 600 3 Zu 6. und 7.: Die Träger von Kindertageseinrichtungen setzen seit vielen Jahren erfolgreich den Integrationsgedanken durch gemeinsame Bildung, Betreuung und Förderung von Kindern mit und ohne Behinderung um. Grundlage ist das inklusive „Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege“. Nicht in jedem Einzelfall kann jedoch der gewünschte Kitaplatz nachgewiesen werden, so dass auf andere wohnortnahe Einrichtungen verwiesen werden muss. Darüber hinaus sind insbesondere bei neu gegründeten Kitas sehr seltene Einzelfälle mit besonders schwierigen Fallkonstellationen bekannt, die für die integrative Betreuung und Förderung in einer Kindertageseinrichtung eine besondere Herausforderung und mögliche Grenzen darstellen. Diese Einzelfälle werden in gemeinsamer Verantwortung der SenBildJugWiss, den Jugendämtern, Verbänden, Trägern und Einrichtungen lösungsorientiert hinsichtlich des pädagogisch Möglichen beraten, um für alle Kinder mit Behinderung Förderung und Teilhabe in der Kindertageseinrichtung zu gewährleisten. Spezielle begleitende Fort- und Weiterbildung für die Fachkräfte in der Kindertageseinrichtung wird in diesem Zusammenhang angeboten. Statistische Daten werden dazu nicht erhoben. 8. Auf welche Unterstützungs- und Beratungsangebote (außer auf die der Jugendämter) können Sorgeberechtigte zurückgreifen, um passgenaue und individuelle Förderangebote von Kindertageseinrichtungen für Kindern mit Behinderungen oder mit sonderpädagogischen Förderbedarf kennenzulernen und zu nutzen? a) Welche Unterstützungs- und Beratungsangebote bietet die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft nachfragenden Sorgeberechtigten an? Zu 8.: Die Jugendämter in den Bezirken sind die ersten Beratungs- und Unterstützungsinstanzen, um Sorgeberechtigten passgenaue und individuelle Betreuungsangebote zu unterbreiten. Weiterhin sind die Verbände und die Träger von Kindertageseinrichtungen u.a. mit ihren Familienzentren Ansprechpartner für Familien mit Kindern mit erhöhtem Förderbedarf. Sechzehn Kinder- und Jugendambulanzen/Sozialpädiatrische Zentren (KJA/SPZ) stellen darüber hinaus die sozialpädiatrische Versorgung und wohnortnahe mobile Komplexleistung Frühförderung für Kinder mit Behinderung gesamtstädtisch sicher. Die Familien werden hinsichtlich der Unterstützung und Förderung ihres Kindes durch Therapeutinnen/Therapeuten und Pädagoginnen /Pädagogen beraten und bedarfs- und ressourcenorientiert angeleitet. KJA/SPZ wirken in der therapeutischheilpädagogischen Frühförderung eng mit den Kindertagesstätten zusammen und sind dadurch besonders geeignet , Familien mit Kindern mit erhöhtem Förderbedarf, Kindertageseinrichtungen mit passgenauen, individuellen Förderangeboten zu empfehlen. Darüber hinaus stehen Beratungsangebote der Familienförderung , z.B. „Eltern beraten Eltern von Kindern mit und ohne Behinderung“, zur Verfügung. 9. Wie konkret wird a) der Anstieg der Anzahl der in den Berliner Kindertageseinrichtungen integrativ bzw. inklusiv geförderten Kinder mit Behinderungen bzw. mit sonderpädagogischem Förderbedarf und b) der daraus resultierende Bedarf an zusätzlichem Personal für ergänzende pädagogische Angebote gemäß § 6 (2) KitaFöG in die für Ende Mai 2016 angekündigte aktualisierte Kita- Planung einberechnet oder berücksichtigt? Zu 9.: Nach § 6 (1) KitaFöG darf im Land Berlin keinem Kind aufgrund der Art und Schwere seiner Behinderung oder seines besonderen Förderbedarfs die Aufnahme in einer Kindertageseinrichtung verwehrt werden. Die Kindertagesstättenentwicklungsplanung, die neben der Platzbedarfsprognose auch die Fachkräfteprognose für Kita und Schule umfasst, geht vom Grundprinzip der gemeinsamen Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung im Sinne einer inklusiven Kindertagesbetreuung aus. Die zielgruppenspezifischen Bevölkerungszahlen für die Jahre 2016 bis 2019 der neuen Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015 bis 2030 (mittlere Variante ) von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und die prognostizierte Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten durch die Zielgruppe der Kinder im Alter von 0 bis unter 7 Jahren bilden die Basis für die Ermittlung des Bedarfs an Kindertagesbetreuungsangeboten und Fachkräften. Hier wird nicht zwischen Kindern mit und ohne Behinderung unterschieden. Der bis zum Kita-Jahr 2019/2020 quantifizierte Platzund Fachkräftebedarf unterscheidet folglich nicht zwischen Plätzen für Kinder mit Behinderung bzw. ohne Behinderung. Berlin, den 07. Juni 2016 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Juni 2016) Anlage 1: Berliner Kinder mit Behinderungen in öffentlichen und öffentlich geförderten Kindertagesstätten, differenziert nach Bezirk (Einrichtungsprinzip*) und Altersgruppe , ohne in Berlin betreute Brandenburger Kinder zum Stichtag 31.12.2015 Bezirk Altersgruppe § 16 (1) VO-KitaFöG § 16 (2) VO-KitaFöG ∑ Bezirk Altersgruppe § 16 (1) VO-KitaFöG § 16 (2) VO-KitaFöG ∑ Bezirk Altersgruppe § 16 (1) VO-KitaFöG § 16 (2) VO-KitaFöG ∑ 0-u1 0 0 0 0-u1 0 0 0 0-u1 0 0 0 1-u3 37 5 42 1-u3 35 8 43 1-u3 68 24 92 3-u6 480 74 554 3-u6 271 56 327 3-u6 425 102 527 6-u7 138 22 160 6-u7 90 23 113 6-uälter 120 39 159 0-u6 517 79 596 0-u6 306 64 370 0-u6 493 126 619 0-u7 655 101 756 0-u7 396 87 483 0-u7 613 165 778 0-u1 0 0 0 0-u1 1 0 1 0-u1 0 0 0 1-u3 14 6 20 1-u3 19 4 23 1-u3 30 3 33 3-u6 226 39 265 3-u6 264 67 331 3-u6 300 62 362 6-u7 56 17 73 6-u7 99 33 132 6-u7 90 20 110 0-u6 240 45 285 0-u6 284 71 355 0-u6 330 65 395 0-u7 296 62 358 0-u7 383 104 487 0-u7 420 85 505 0-u1 0 0 0 0-u1 1 0 1 0-u1 0 0 0 1-u3 34 9 43 1-u3 30 8 38 1-u3 31 10 41 3-u6 463 83 546 3-u6 462 45 507 3-u6 357 61 418 6-u7 166 31 197 6-u7 144 21 165 6-u7 110 17 127 0-u6 497 92 589 0-u6 493 53 546 0-u6 388 71 459 0-u7 663 123 786 0-u7 637 74 711 0-u7 498 88 586 0-u1 0 0 0 0-u1 0 0 0 0-u1 0 0 0 1-u3 22 6 28 1-u3 42 13 55 1-u3 18 7 25 3-u6 417 67 484 3-u6 393 69 462 3-u6 440 72 512 6-u7 148 20 168 6-u7 131 20 151 6-u7 120 17 137 0-u6 439 73 512 0-u6 435 82 517 0-u6 458 79 537 0-u7 587 93 680 0-u7 566 102 668 0-u7 578 96 674 T e m p e lh o f- S c h ö n e b e rg N e u k ö ll n T re p to w - K ö p e n ic k M a rz a h n - H e ll e rs d o rf L ic h te n b e rg R e in ic k e n d o rf M it te F ri e d ri c h s h a in - K re u z b e rg P a n k o w C h a rl o tt e n b u rg - W il m e rs d o rf S p a n d a u S te g li tz - Z e h le n d o rf Quelle: Integrierte Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ), 31.12.2015, Berechnung: SenBildJugWiss, Gesamtjugendhilfeplanung,*Einrichtungsprinzip: Anzahl der in den Kindertageseinrichtungen der Region betreuten Kinder S17-18600 S1718600