Drucksache 17 / 18 606 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Antje Kapek (GRÜNE) vom 17. Mai 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Mai 2016) und Antwort Potentiale der Umwandlung von ungenutzten Industrie- und Gewerbeflächen zu Wohngebieten? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wurde mit Vattenfall darüber gesprochen, wie größere Flächen, die von Vattenfall nicht mehr in historischer Form zur Erzeugung und Verteilung von Energie genutzt werden, in anderweitig nutzbare Flächen umgewidmet werden könnten? Antwort zu 1: Mit Vattenfall gab es dazu bisher keine Gespräche. Im Jahr 2004 wurde ein Gespräch mit dem Vorgängerunternehmen, der BEWAG 1 , über Umnutzungswünsche einzelner Standorte des Unternehmens geführt, dieses blieb allerdings ergebnislos. Der Senat führt Gespräche zu Flächenpotentialen auch zunächst ortsbezogen und dann mit betroffenen Eigentümerinnen oder Eigentümern und nicht umgekehrt. Frage 2: Wurde von Vattenfall ein Konzept abgefordert , in dem durch technologischen Wandel (speziell Ausstieg aus der Kohleverbrennung gemäß BEK) frei gewordene Industrie- und Gewerbeflächen einer neuen städtebaulichen Nutzung zugeführt werden können? Antwort zu 2: Dies wird ggf. im Rahmen der Stadtentwicklungsplanung von den Bezirken und dem Senat aufgegriffen, ein Konzept wurde nicht abgefordert. Frage 3: Finden Gespräche zwischen dem Senat statt, wie Flächen, die von Vattenfall mittelfristig nicht mehr in branchenspezifischer Weise als Energieerzeugungs- und Verteilstandort genutzt werden, wieder zu Wohnungsbauflächen umgewandelt werden können? Was ist hier ggf. aktueller Stand dieser Gespräche? 1 Berliner Städtische Elektrizitätswerke Akt-Ges. Frage 4: Kann vom Senat eine Liste vorgelegt werden, in der potentielle Flächen aufgelistet sind, die im Rahmen des Technologiewandels ggf. eine Umnutzung erfahren könnten? Frage 8: Welche Vorbereitungen werden getroffen, um die Fläche des Steinkohlekraftwerks Reuter C ab 2020 umzunutzen? Frage 9: Sind die Bezirke in die Verhandlungen zur eventuellen Umwandlung von Industrie- und Gewerbeflächen zu Wohngebieten involviert? Antwort zu 3, 4, 8, 9: Es liegen keine Informationen zu den gestellten Fragen vor. Frage 5: Wurden von Vattenfall Daten an den Senat übergeben, wie sich hinsichtlich des bereits vollzogenen und noch anhaltenden Technologiewandels, Änderungen von Emissionsdaten (speziell Schall, CO2 und Verkehrsaufkommen ) auf die umliegenden Nachbargrundstücke ergeben? Frage 7: Wurden von Vattenfall Daten und Zahlen vorgelegt, mit welchen Immissionen (Schall, CO2, Verkehr , etc.) mittelfristig auf die umliegenden und angrenzenden Wohn- und Gewerbeflächen am stillgelegten Kraftwerksstandort Charlottenburg zu rechnen ist? Können diese Daten vorgelegt werden? Antwort zu 5 und 7: Die beim Senat vorliegenden anlagenscharfen Daten beziehen sich auf die CO2- Emissionen der Kraftwerke Vattenfalls, die jährlich an die Deutsche Emissionshandelsstelle gemeldet werden und auf den Seiten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt abrufbar sind (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/klimasch utz/aktiv/vereinbarung/download/DEHSt-CO2- Emissionen-Berlin_2013endg_2014.pdf). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 606 2 Frage 6: Hat Vattenfall ein Konzept vorgelegt, wie die weitere langfristige Nutzung der Kraftwerksstandorte in Berlin aussieht? Was ist seitens Vattenfall speziell mit den Gebäuden am ehemaligen Kraftwerksstandort Charlottenburg vorgesehen? Antwort zu 6: Gemäß Entwurf des Netzentwicklungsplans 2015 der Bundesnetzagentur wird das Kraftwerk Charlottenburg noch längerfristig für die Energieerzeugung benötigt. Es arbeitet heute mit drei leichtölbefeuerten Gasturbinen und speist Elektroenergie in das Netz der Stromnetz Berlin GmbH ein. Für die nicht mehr benötigten Gebäudekomplexe aus der Zeit der Kohlebefeuerung des Kraftwerks wird nach neuen Nutzungen gesucht. Konkrete Vorstellungen seitens Vattenfall hierzu sind dem Senat nicht bekannt. Eine Nachnutzung für Wohnen dürfte angesichts der fortgeführten Kraftwerksnutzung nur sehr eingeschränkt möglich sein. Mit dem Bebauungsplan 4-9a, der ein Mischgebiet und ein Gewerbegebiet festsetzt, wurden die Voraussetzungen für eine Nachnutzung der ehemaligen Kohlelagerplätze westl. des eigentlichen Kraftwerksstandortes geschaffen . Mit der Bildgießerei Noack erfolgte im Jahr 2009 eine erste Gewerbeansiedlung. Für das östlich an das Vattenfall-Grundstück grenzende ehemalige Tanköllager existiert ein festgesetzter Bebauungsplan , der als Nachnutzung Gewerbegebiet festsetzt . Für dieses Grundstück gab es im Jahr 2015 ein Werkstattverfahren des Deutschen Werkbundes Berlin. Ziel des Verfahrens war die Erarbeitung eines städtebaulichen Nachnutzungskonzeptes für eine „Werkbund- Stadt“. An diesem Verfahren waren Architekten, Planer und Vertreter des Bezirks und des Senats beteiligt. Frage 10: Beabsichtigt der Senat bei den ggf. anstehenden Verhandlungen mit Vattenfall zum Konzessionsvertrag , auch das Thema der Umsetzung des Energiekonzepts und der Umwandlung der industriell/gewerblich Grundstücke zu Wohngebieten zu erörtern? Antwort zu 10: Das Konzessionierungsverfahren hinsichtlich des Stromverteilnetzes der allgemeinen Versorgung wird streng transparent und diskriminierungsfrei geführt. Dies bedeutet eine strikte Einhaltung der Regelungen des § 46 Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und damit die vorrangige Berücksichtigung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG, nämlich die möglichst sichere, preisgünstige , verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebunden Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht. Darüber hinaus können nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) kommunale Belange berücksichtigt werden, soweit sie einen Bezug zu dem Versorgungsnetz oder zu seinem Betrieb haben. Die Berücksichtigung anderer Aspekte – z.B. die Sicherung gemeindlichen Steueraufkommens – führt nach Auffassung des BGH zur Nichtigkeit einer Auswahlentscheidung . Unabhängig davon, dass im Konzessionsverfahren keine Verhandlungen mit den Bewerbern geführt, sondern mit diesen nur Vorstellungen oder Verständnisfragen der Beteiligten in Bietergesprächen erörtert werden, wäre eine Diskussion über nicht für den Netzbetrieb erforderliche Grundstücke gerade kein zulässiges Erörterungsthema. Daher führt die verfahrensleitende Stelle bei der Senatsverwaltung für Finanzen weder Verhandlungen noch anderweitige Gespräche mit Vattenfall zu Fragen der Umwandlung von industriell/gewerblichen Grundstücken zu Wohngebieten. Berlin, den 07. Juni 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2016)