Drucksache 17 / 18 673 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Wolfram Prieß (PIRATEN) vom 02. Juni 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juni 2016) und Antwort Energetische Sanierung der GEWOBAG in Pankow: teure Mogelpackung? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWO- BAG um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben: Frage 1: Trifft es zu, dass bei energetischen Sanierungsmaßnahmen der GEWOBAG im Bezirk Pankow, beispielsweise beim Objekt Knaackstraße 60-68, aber auch bei anderen Objekten, pauschale und einheitliche Werte für den Umfang von Fassadenschäden angesetzt werden, obwohl sich die Situation der einzelnen Gebäude nachweislich unterscheidet? Antwort zu 1: Es trifft nicht zu, dass zur Ermittlung des Schadensumfanges bei Fassaden pauschale Werte zu Grunde gelegt werden. Sowohl bei dem Objekt Knaackstr. 60 – 68 als auch bei allen anderen Objekten, die Fassadenschäden aufweisen, wird der Schadensumfang fachkundig und detailliert ermittelt. Frage 2: Wie erklärt sich der Senat den Kostenansatz der GEWOBAG in Höhe von 405,46 € je m2 Fassadenfläche bei bundesdurchschnittlichen Werten von 123 € je m2 und typischerweise maximal 150 € je m2? Antwort zu 2: Zunächst ist anzumerken, dass die in der Fragestellung ausgewiesenen Kosten von 405,46 €/m² so nicht zutreffend sind. Die in der Leistungsbeschreibung zugrunde gelegte Fassadenfläche beläuft sich auf rund 4.000 m². Daraus ergibt sich ein Kostenansatz von rund 268 €/m². Dieser beinhaltet jedoch sämtliche Kosten, die im Zusammenhang mit der Dämmung der Fassade stehen, mithin also auch Gerüststellung und sämtliche Anschlussund Nebenarbeiten. Der in der Frage angegebene Wert beinhaltet nur das Wärmedämmverbundsystem (WDVS). In der Phase der Kostenschätzung und –berechnung werden Erfahrungswerte eingesetzt, die sowohl aus Ausschreibungen der GEWOBAG als auch aus Marktabfragen der von der GEWOBAG eingesetzten Planer resultieren . Allgemein ist festzustellen, dass es bei durchgeführten Ausschreibungen große Schwankungen zwischen den Angeboten verschiedener Bieter gibt. Die für die Modernisierungsumlage maßgeblichen Kosten resultieren aus tatsächlich abgerechneten Beträgen und nicht aus Kostenschätzungen . Frage 3: Hält der Senat einen für die vorgesehene Modernisierungsumlage der GEWOBAG angesetzten Modernisierungskostenanteil von 1.070.361,57 € für 2.640 m2 zu dämmende Fassadenfläche und damit rund 670.000 € über Marktpreisen im Fall des Objekts Knaackstraße 60-68 für angemessen, wenn ja, mit welcher Begründung? Antwort zu 3: Die Modernisierungsumlage wird auf Basis von Kostenschätzungen lediglich vorab ermittelt und angekündigt. Die reale Modernisierungsumlage, die von den Mietern zu tragen ist, ist abhängig von den tatsächlichen umlagefähigen Kosten, die final nach Bauende und Abrechnung ermittelt werden. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Frage 4: Wie bewertet der Senat die Wirtschaftlichkeit solcher Dämmmaßnahmen der GEWOBAG in der Gegenüberstellung der erhöhten Miete zu den dadurch gegebenen Einsparmöglichkeiten für Energiekosten? Antwort zu 4: Die tatsächlich erzielbaren Energiekosteneinsparungen durch ein Wärmedämm-verbundsystem sind immer abhängig vom zu modernisierenden Gebäudetyp und werden von zahlreichen weiteren Faktoren beeinflusst . Bei Festlegung der durchzuführenden Modernisierungsmaßnahmen sind gesetzliche Vorgaben einzuhalten. Die Energieeinsparverordnung 2014 schreibt eine Wärmedämmung vor, sofern mehr als 10% der Fassadenflächen instand zu setzen sind und die vorgeschriebene Wärmeleitfähigkeit des Baustoffes nicht erfüllt ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 673 2 Die Kosten für das Anbringen eines Wärmedämmverbundsystems stehen nicht immer in idealer Relation zu den kurzfristig erzielbaren Einsparungen. Langfristige Effekte sind hierbei unberücksichtigt. Um die wirtschaftliche Belastung der Mieterinnen und Mieter durch erhöhte Modernisierungsumlagen jedoch möglichst gering zu halten, kappt die GEWOBAG als kommunale Wohnungsbaugesellschaft die rechnerisch mögliche Modernisierungsumlage nach § 559 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), u.a. gemäß im Mietenbündnis mit dem Senat vereinbarten Regelungen wie folgt: - maximale Umlage von neun Prozent der aufgewendeten Modernisierungskosten - maximale Nettokaltmiete nach Modernisierung wird begrenzt auf die ortsübliche Vergleichsmiete des Mietspiegels zuzüglich der bewirkten Betriebskosteneinsparung - Berücksichtigung von Härtefällen, so dass die betroffenen Haushalte max. 30% Nettokaltmietbelastung zu zahlen haben - zusätzliche freiwillige Kappung der Modernisierungsumlage im Sinne der Sozialverträglichkeit bei max. 2,50 €/m² Wohnfläche (Wfl.) monatlich (mtl.) Durch die gezielte Inanspruchnahme von Förderdarlehen und -zuschüssen für energetische Sanierungen der KfW 1 -Bank können vergünstigte Finanzierungskonditionen und Zuschüsse mittels Kürzungsbeträgen zu Gunsten der Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden. Diese Kürzungsbeträge reduzieren einerseits die Modernisierungsumlage , andererseits werden die Mieten in den Folgejahren bei Erhöhungen nach § 558 BGB zu einem festen Betrag stets unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß Mietspiegel entwickelt. Frage 5: Wie bewertet der Senat das von der GEWO- BAG vorgesehene Wärmecontracting beim Objekt Knaackstraße 60-68, und in welchem Rechtsverhältnis und ggf. in welchem gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsverhältnis steht der Vertragspartner für das Wärmecontracting , die Firma ED, zur GEWOBAG? Antwort zu 5: Bei der Modernisierung des Objektes Knaackstrasse 60-68 beabsichtigt die GEWOBAG, aktiv an der Erreichung der Klimaschutzziele des Landes Berlin mitzuwirken. Durch den Einbau einer zentralen Heizungsanlage mit zentraler Warmwasser-Bereitung und mit dem Einsatz eines Blockheizkraftwerks (BHKW) – wird den Mieterinnen und Mietern neben der gewerblichen Wärmelieferung auch die Möglichkeit zur Abnahme von lokal erzeugtem Quartier-Strom gegeben. Dabei ist insbesondere auf die damit verbundene Verringerung der CO2- Emmisionen hinzuweisen. Durch die Installation dieses BHKW ist mit einer Einsparung von ca. 2 Tonnen CO²/p.a. zu rechnen. 1 Kreditanstalt für Wiederaufbau Die GEWOBAG ED Energie- und Dienstleistungsgesellschaft mbH ist eine 100-prozentige Tochter der GE- WOBAG Wohnungsbau AG und bündelt alle Themen rund um das Energiemanagement. Frage 6: Hält der Senat es für besonders sinnvoll, Mieter der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GEWO- BAG, die die überteuerte Maßnahme mehrheitlich ablehnen , auf dem Klageweg zur Duldung dieser Maßnahmen zwingen zu wollen, oder wäre die Berücksichtigung der Mieterwünsche der bessere, weil erfolgversprechendere Weg? Antwort zu 6: Bezogen auf die Ankündigung einer Fassadendämmung hat sich die GEWOBAG mit dem Maßnahmenumfang an die Vorschriften der Energieeinsparverordnung (EnEV) gehalten. Nach geführten Einzelgesprächen und nach der Mieterversammlung befindet sich die GEWOBAG im Prüfverfahren bezüglich des weiteren Vorgehens und des zu realisierenden Maßnahmenumfanges . Somit findet der Einwand der Mieterinnen und Mieter Berücksichtigung und ein Klageweg wurde zum jetzigen Zeitpunkt nicht beschritten. Frage 7: Welche Maßnahmen fasst der Senat ins Auge , um zukünftig dafür zu sorgen, dass kommunale Wohnungsbaugesellschaften wie GEWOBAG und GESOBAU zukünftig davon Abstand nehmen, mit sehr kostenintensiven energetischen Sanierungsmaßnahmen ihre unternehmerische Rendite zu erhöhen zu Lasten der betroffenen Mieterschaft, welche dauerhaft keine Chance hat, die erhöhten Mietkosten durch Energieeinsparung zu refinanzieren ? Antwort zu 7: Wie aus den Antworten deutlich wird, saniert und modernisiert die GEWOBAG mit Augenmaß, gemäß der geltenden Gesetze wie z.B. der EnEV, im Sinne der Berliner Energie- und Klimaschutzstrategie und den Mieterinnen und Mietern gegenüber gemäß den Vereinbarungen im Sozialen Mietenbündnis. Berlin, den 20. Juni 2016 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juni 2016)