Drucksache 17 / 18 684 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Schmidberger (GRÜNE) vom 07. Juni 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Juni 2016) und Antwort Dragoner-Areal: Wie ist der aktuelle Stand? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage1: Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen zwischen Senat und BImA in Sachen Dragoner-Areal in Kreuzberg zwecks Übertragung der Liegenschaft an das Land Berlin? Antwort zu 1: Im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Finanzausschusses des Bundesrats über die von der Bundesregierung begehrte Einwilligung in die Veräußerung sind Gespräche zwischen dem Senat und der Bundesregierung geführt worden. In diesem Zusammenhang hat der Senat angeboten, dass er bzw. eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft die Liegenschaft erwirbt. Diese Gespräche haben nicht zu einem Ergebnis geführt. Frage 2: Welche rechtlichen Folgen ergeben sich nach Auffassung des Senats aus der Ablehnung des Verkaufes des Dragoner-Areals durch die BImA an einen privaten Investor durch den Finanzausschuss des Bundesrates? Antwort zu 2: In § 64 Abs. 2 S. 1 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) wird bestimmt: „Haben Grundstücke erheblichen Wert oder besondere Bedeutung und ist ihre Veräußerung im Haushaltsplan nicht vorgesehen, so dürfen sie nur mit Einwilligung des Bundestages und des Bundesrates veräußert werden, soweit nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme hiervon geboten ist“. Entsprechend der langjährigen Staatspraxis wird der Finanzausschuss des Bundesrats mit der beabsichtigten Veräußerung von Grundstücken befasst, wenn ihr Wert mindestens 15 Mio. EUR beträgt. Auf die Bitte des Bundesministers der Finanzen vom 17. März 2015, der Veräußerung zuzustimmen, hat der Finanzausschuss des Bundesrats am 10. September 2015 beschlossen: „Der Finanzausschuss beschließt, in die Veräußerung nicht einzuwilligen “. Damit ist das Verkaufsverfahren abgeschlossen. Der bereits geschlossene Kaufvertrag zwischen der BImA und einer privatrechtlichen Erwerbsgesellschaft ist damit hinfällig. Frage 3: Wie bewertet der Senat die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen, dass „die Willensbildung über die Konsequenzen der Entscheidung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Finanzausschuss des Bundesrates zum sog. "Dragoner- Areal" noch nicht abgeschlossen sein“? Antwort zu 3: Nach der zitierten Vorschrift der Bundeshaushaltsordnung und der beschlossenen Nicht- Einwilligung des Finanzausschusses des Bundesrats darf die von der Bundesregierung beabsichtigte Veräußerung nicht erfolgen. Sofern die Bundesregierung den Beschluss des Finanzausschusses des Bundesrats nicht für rechtmäßig halten sollte, hat sie dies bislang weder vorgetragen noch geltend gemacht. Demgegenüber hat der Senator für Finanzen, der das Land Berlin im Finanzausschuss des Bundesrats vertritt, im Vorfeld der Entscheidung die Rechtslage umfassend geprüft. Eine rechtsgutachterliche Stellungnahme zum Zustimmungsvorbehalt nach § 64 Abs. 2 S. 1 BHO kommt zum Ergebnis, „dass die Frage, ob eine Einwilligung gem. § 64 Abs. 2 S. 1 BHO erteilt wird, in die freie, politische Entscheidung von Bundestag und Bundesrat gestellt ist. Dabei können Bundestag und Bundesrat auch zu unterschiedlichen Entscheidungen kommen“. Frage 4: Wie bewertet der Senat, dass „nicht absehbar sei, wann mit dem Abschluss des Willensbildungsprozesses zu rechnen ist“ und dass die BImA den Kaufvertrag für das Dragoner-Areal mit dem privaten Investor trotz Ablehnung im Bundesrat bisher nicht rückabgewickelt hat? Antwort zu 4: Üblicherweise wird eine Grundstücksveräußerung , der parlamentarische Gremien zustimmen müssen, dergestalt abgewickelt, dass der Kaufvertrag schwebend unwirksam unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen wird, dass die zuständigen Gremien die Zustimmung erteilen. Wird die Zustimmung verweigert, bedarf es keines weiteren rechtlichen Schritts, um die Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 684 2 vertragliche Bindung aufzuheben. Sämtliche zustimmungspflichtigen Veräußerungen von Grundstücken im Eigentum des Landes erfolgen auf diese Weise. Auch der Bund verfährt grundsätzlich so. Weshalb im vorliegenden Verfahren – abweichend von der üblichen Praxis – ein sofort rechtlich bindender Vertrag geschlossen wurde, zu dem lediglich eine Rückabwicklungsklausel vereinbart wurde, entzieht sich der Kenntnis des Senats. Die genannte Vorschrift spricht nicht davon, dass lediglich die dingliche Übereignung des Grundstücks der parlamentarischen Einwilligung bedarf, sondern sie spricht von der „Veräußerung“, weshalb schon die schuldrechtliche Bindung erst erfolgen darf, wenn die erforderliche Einwilligung vorliegt. Frage 5: Ist dem Senat bekannt, ob ein neues Verkaufsverfahren für das Dragoner-Areal seitens der BImA beabsichtigt ist? Antwort zu 5: Der Senat hat keine Kenntnis. Frage 6: Sind dem Senat Klagen oder Klageankündigungen bzw. Absichten seitens des Bundes oder der BIm A gegen die eingeleiteten vorbereitenden Untersuchungen Rathausblock / Ruhlsdorfer Straße gemäß §141 Baugesetzbuch zur Festlegung eines Sanierungsgebiets bekannt ? Frage 7: Wenn ja: von wem und mit welcher Begründung ? Frage 8: Sind dem Senat Klagen oder Klageabsichten seitens Dritter gegen die eingeleiteten vorbereitenden Untersuchungen Rathausblock / Ruhlsdorfer Straße gemäß §141 Baugesetzbuch zur Festlegung eines Sanierungsgebiets bekannt? Frage 9: Wenn ja: von wem und mit welcher Begründung ? Antwort zu den Fragen 6 - 9:Klagen, Klageankündigungen bzw. -absichten seitens des Bundes und Dritter gegen die eingeleiteten vorbereitenden Untersuchungen gemäß § 141 Baugesetzbuch (BauGB) sind nicht bekannt. Frage 10: Zu welchem Termin ist im Senat ein Beschluss zur Festlegung des Sanierungsgebiets Rathausblock /Ruhlsdorfer Straße zu erwarten? Antwort zu 10: Geplant ist, das Mitzeichnungsverfahren der Senatsvorlage für die Festlegung als Sanierungsgebiet im Juni einzuleiten. Frage 11: Zu welchem Zeitpunkt ist mit einer Veröffentlichung des Gutachtens zur vorbereitenden Untersuchung Sanierungsgebiet Rathausblock/ Ruhlsdorfer Straße zu rechnen? Sieht der Senat eine Möglichkeit das Gutachten vor Festlegung zu veröffentlichen? Antwort zu 11: Vorbereitende Untersuchungen für Sanierungsgebiete werden grundsätzlich erst nach dem Senatsbeschluss und Kenntnisnahme durch das Abgeordnetenhaus öffentlich zur Verfügung gestellt. Frage 12: Sollte es zur Festlegung des Sanierungsgebietes kommen, welche nächsten Schritte ergeben sich aus Sicht des Senats? Antwort zu 12: Die nächsten Schritte nach Festlegung als Sanierungsgebiet sind in den §§ 143 ff. des Baugesetzbuchs geregelt. Aufgaben des Bezirksamtes Friedrichshain -Kreuzberg wären z.B. die Konkretisierung der städtebaulichen Planung durch Bebauungspläne, die Beauftragung eines Gebietsmanagements sowie die Einrichtung von Beteiligungsgremien. Die Prüfung genehmigungspflichtiger Vorgänge und Rechtsvorgänge gemäß §§ 144 und 145 BauGB beginnt unmittelbar nach der Wirksamkeit einer Rechtsverordnung für ein Sanierungsgebiet. Frage 13: Gibt oder gab es seitens des Senats, durch Mitarbeiter der Senatsverwaltungen oder durch beauftragte Dritte Gespräche mit der BImA, dem Bund oder Mitarbeitern der zuständigen Bundesministerien, die eine Einbindung des von der BImA ausgewählten privaten Investors für die Entwicklungen auf dem Dragoner-Areal vorsehen? Frage 14: Wenn ja: von und mit wem wurden diese Gespräche geführt und welchen Inhalt hatten sie? Frage 15: Gibt oder gab es seitens des Senats, durch Mitarbeiter der Senatsverwaltungen oder durch beauftragte Dritte Gespräche mit der BImA, dem Bund oder Mitarbeitern der zuständigen Bundesministerien, die Modelle oder Szenarien zum zukünftigen Umgang mit dem Dragoner -Areal zum Gegenstand hatten, die nicht von einer Rückabwicklung der vom Finanzausschuss des Bundesrats abgelehnten Kaufverträge ausgehen? Frage 16: Wenn ja: von und mit wem wurden diese Gespräche geführt und welchen Inhalt hatten sie? Antwort zu den Fragen 13 - 16: Seitens des Senats, durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Senatsverwaltungen oder durch beauftragte Dritte sind keine Gespräche mit diesen Zielen geführt worden. Frage 17: Plant der Senat die Anwendung des Models der Kooperativen Baulandentwicklung für das Dragoner- Areal? Frage 18: Würde das Modell auch zur Anwendung kommen, wenn das Dragoner-Areal von der BImA vollständig in Landesbesitz bzw. an eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaften übergehen würde? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 684 3 Antwort zu den Fragen 17 und 18: Die Leitlinie zum Modell der kooperativen Baulandentwicklung beinhaltet, dass in förmlich festgelegten Sanierungsgebieten die hier geltenden rechtlichen Besonderheiten zu beachten sind. Dazu zählen insbesondere die Ausgleichsbeträge für die sanierungsbedingte Erhöhung des Bodenwerts. Diese sind gemäß § 152 Baugesetzbuch (BauGB) durch Eigentümerinnen und Eigentümer – und somit auch von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften - zu entrichten. Frage 19: In der Beantwortung der schriftlichen Anfrage 17/18426 führt der Senat aus, dass der BImA- Vorstand die Meinung vertritt, dass die seit Herbst 2015 geltende sog. Verbilligungsrichtlinie der BImA für den Geschosswohnungsverkauf an Berlin nicht zur Anwendung kommt. Teilt der Senat diese Auffassung? Frage 20: Wenn nein: was wird der Senat unternehmen , um die Verbilligungsrichtlinie doch noch zum Einsatz zu bringen? Antwort zu den Fragen 19 und 20: Der Bundestag hat mit der seit Ende des vergangenen Jahres geltenden Verbilligungsrichtlinie eine Grundlage für die Übertragung von Grundstücken und Bestandswohnungen an Belegenheitsgemeinden unter Berücksichtigung der Sicherung preiswerten Wohnens geschaffen. Der Senat wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Möglichkeiten der Verbilligungsrichtlinie dazu genutzt werden, auch in Berlin den angespannten Wohnungsmarkt durch die Sicherung preiswerten Wohnens zu entlasten. Frage 21: Abgesehen vom Geschosswohnungsverkauf : Plant der Senat die Verbilligungsrichtlinie der BIm A für andere bundeseigene Liegenschaften zur Anwendung zu bringen oder ist dies bereits geschehen bzw. probiert worden? Antwort zu 21: Im Rahmen der Grundstücksgeschäfte mit der BImA wird die Anwendbarkeit der Verbilligungsrichtlinien einzelfallbezogen geprüft. Sollten die Voraussetzungen vorliegen, wird dies in die Verhandlungen einbezogen. Frage 22: Sieht der Senat die Bedingungen der BImA- Verbilligungsrichtlinie für das Dragoner-Areal als gegeben an und wenn ja, wird er die Anwendung gegenüber der BImA verlangen? Antwort zu 22: Bei dem Gelände handelt es sich um eine „weitere entbehrliche Liegenschaft“ im Sinne der Verbilligungsrichtlinie der BImA (II. Nr. 1.2). Das Land Berlin bzw. eine von ihr mehrheitlich kontrollierte Wohnungsbaugesellschaft zählt auch zum Kreis der berechtigten Erwerber (II. Nr. 2). Voraussetzung für die Erstzugriffsoption und die Anwendung der Verbilligungsrichtlinie wäre eine Zweckerklärung des Landes, dass der Erwerb zum Neubau von Wohnungen und Ausweitung des Bestands an Sozialwohnungen für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus vorgesehen ist. Die Zweckerreichung bestimmt sich nach der Erfüllung der Anforderungen des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG), Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) sowie nach den danach erlassenen jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen (II. Nr. 3 Abs. 2). Es müssten mindestens acht Wohneinheiten der sozialen Wohnraumnutzung zugeführt werden (II. Ziff. 4 C)). Die verbilligte Abgabe unterliegt dem Vorbehalt einer EU-beihilferechtlichen Einzelfallprüfung durch die BImA sowie ggf. den nach EU-Recht vorgesehenen Genehmigungs -/Anzeigeverfahren. Daneben bestehen weitere Nachweispflichten. Die Verbilligungsrichtlinie gilt nur für Veräußerungsfälle, die am 24. September 2015 noch nicht notariell beurkundet waren. Die Verbilligungsrichtlinie ist auf ein etwaiges neues Veräußerungsverfahren (s. Antworten auf die Fragen 2, 4 und 5) anwendbar. Pro neu geschaffener Wohneinheit beträgt der Kaufpreisabschlag 25.000 EUR (II. Nr. 8). Durch die Verbilligungsrichtlinie ist die BImA in einem etwaigen neuen Veräußerungsverfahren gebunden. Frage 23: Waren Übertragungen des sog. Dragoner- Areal und anderer bundes- sowie landeseigener Flächen Gegenstand der Verhandlungen zum Hauptstadtvertrag? Frage 24: Wenn ja: um welche Flächen handelt es sich hierbei? Welche Vereinbarungen strebten Bund und Land in den Verhandlungen jeweils an? Frage 25: Welche Vereinbarungen zu Grundstücksübertragungen zwischen Land und Bund werden schlussendlich bzw. absehbar Gegenstand des Hauptstadtvertrags ? Antwort zu den Fragen 23 - 25: Die Verhandlungen zum Hauptstadtvertrag sind noch nicht abgeschlossen. Berlin, den 21. Juni 2016 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juni 2016)