Drucksache 17 / 18 685 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 07. Juni 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Juni 2016) und Antwort Falschparken im Rampenlicht – und jetzt zurück zur beklagenswerten Normalität? (I) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Einschätzung der Polizei Berlin, dass während der kürzlichen Schwerpunktkontrollen ein „spürbares Unrechtsbewusstsein“ der Falschparker *innen „kaum wahrzunehmen“1 sei? Zu 1.: Die jährlich im ruhenden Verkehr gefertigten ca. 2,8 Millionen Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeigen sind ein Beleg dafür, dass eigenes Fehlverhalten subjektiv regelmäßig bagatellisiert wird. Es bleibt festzustellen , dass auch eine im Vorfeld angekündigte und öffentlichkeitswirksame Schwerpunktaktion zur Überwachung des ruhenden Verkehrs keinen nennenswerten Einfluss auf das Unrechtsbewusstsein der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer hat. 2. Welche Maßnahmen plant der Senat, um diesem „Unrechtsbewusstsein“ entgegenzuwirken, und um zukünftig zu verhindern, dass Falschparker*innen „ihre individuellen Interessen hinsichtlich des Haltens und Parkens“ auf Radverkehrsanlagen, Busspuren und in Zweiter Reihe „regelmäßig sorglos über die Interessen der Allgemeinheit stellen“2? Zu 2.: Der Senat ist sich der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung bewusst. Es besteht Einigkeit darüber, dass behördenübergreifende Schwerpunktmaßnahmen im Rahmen der vorhandenen Ressourcen neben der alltäglichen Überwachungstätigkeit diesem Unrechtsbewusstsein entgegenwirken können. Einen entsprechenden Überwachungsschwerpunkt setzt seit ca. zwei Jahren auch die Fahrradstaffel der Polizei Berlin in der City Ost. 1 Polizeimeldung Nr. 1442 vom 6. Juni 2016, „Bilanz der gemeinsamen Verkehrsaktion“, https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/ pressemitteilung.484849.php. 2 Ebd. Eine dauerhaft spür- und messbare polizeiliche Maßnahmenintensivierung zur Erzeugung eines anhaltenden flächendeckenden Überwachungsdrucks wird jedoch auch künftig nicht realisierbar sein. Vor dem Hintergrund der polizeilichen Aufgabenvielfalt außerhalb des Straßenverkehrs und begrenzter Ressourcen in der Verkehrsüberwachung muss der gezielten Bekämpfung von Hauptunfallursachen im fließenden Verkehr nach wie vor die Priorität eingeräumt werden. Darüber hinaus wird der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit , der eigenständigen Schwerpunktsetzung innerhalb der Bezirke, der Darstellung getroffener Maßnahmen und der Aufklärung über Gebote und Verbote im Zusammenhang mit Schutzstreifen für den Fahrradverkehr eine große Bedeutung beigemessen. Unabhängig von der Zugehörigkeit der einschreitenden Dienstkraft sollte das normenverdeutlichende Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern immer einen hohen Stellenwert bei der Durchsetzung der Maßnahmen einnehmen. 3. Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus der Beobachtung, „dass allein die sichtbare Präsenz uniformierter Überwachungskräfte bereits sehr kurzfristig den Effekt hat, dass Fahrzeuge schnell entfernt werden“3? Zu 3.: Diese Reaktionen lassen den Schluss zu, dass Betroffene sich der geltenden Rechtslage und der Verkehrswidrigkeit ihres Verhaltens regelmäßig bewusst sind und allein die kurzfristig drohende Sanktionierung bzw. Umsetzung ihres Fahrzeuges ihr Handeln bestimmt. Relevante einsatztaktische Schlussfolgerungen für die Verkehrsüberwachung lassen sich daraus nicht ableiten. 3 Ebd. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 685 2 4. Aus welchen Gründen und nach welchen Kriterien wurden von den insgesamt 2.304 angezeigten Halt- und Parkverstößen im Verlauf der fünftägigen Schwerpunktaktion nur 92 Fahrzeuge abgeschleppt? Zu 4.: Fahrzeugumsetzungen kommen grundsätzlich nur zur Gefahrenabwehr im Falle konkreter Verkehrsbehinderungen oder -gefährdungen in Frage. Unter zwingender Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müssen die Überwachungskräfte stets eigenverantwortlich sämtliche Einzelfallumstände der Verkehrssituation am Einsatzort angemessen bewerten und objektiv abwägen, ob die mit dem Umsetzen verbundenen Nachteile für Betroffene nicht erkennbar außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg stehen. Insbesondere dann, wenn Betroffene kurzfristig an ihrem Fahrzeug erscheinen, kommt trotz Anzeigenfertigung eine Umsetzung nicht mehr in Betracht . Insofern können die Zahlen angeordneter Umsetzungen nicht annähernd denen gefertigter Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeigen entsprechen. 5. Wie viele der insgesamt 2.304 angezeigten Haltund Parkverstöße sind dem gewerblichen Lieferverkehr zuzurechnen? Zu 5.: Eine valide Aussage ist nicht möglich. 6. Wie viele Einsatzkräftestunden welcher polizeilicher Untergliederungseinheiten und welcher Ordnungsämter wurden im Rahmen der fünftägigen Schwerpunktaktion geleistet? Zu 6.: Die Beteiligung der 30 Polizeiabschnitte und der sechs bezirklichen Ordnungsämter erfolgte im Rahmen des täglichen Dienstes mit unterschiedlichen Personal - und Zeitansatz. Es ist nicht möglich, validen Aussage zu den geleisteten Einsatzkräftestunden zu treffen. 7. Welche Kosten sind durch die Schwerpunktaktion entstanden und aus welchen Mitteln wurden diese finanziert ? Zu 7.: Ausgaben für diese Art der Einsätze sind im Haushaltsplan mit den dafür eingestellten Haushaltsmitteln gedeckt und werden nicht gesondert erhoben. 8. Wie viele Verwarn- oder Bußgelder in welcher Höhe wurden während der fünftägigen Schwerpunktaktion verhängt? Zu 8.: Grundsätzlich hat jede der gefertigten 2.304 Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeigen je nach Zeitdauer und Auswirkungen des Verstoßes für die jeweils Betroffenen ein Verwarnungsgeldangebot der Bußgeldstelle in Höhe von 10 bis 35 € zur Folge. Berlin, den 23. Juni 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Juni 2016)