Drucksache 17 / 18 749 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Fréderic Verrycken und Tom Schreiber (SPD) vom 31. Mai 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juni 2016) und Antwort Al- Quds Demonstration in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Stellenwert hinsichtlich der Verbreitung von Antisemitismus und Salafismus misst der Senat dem Al-Quds-Tag und den dazu abgehaltenen Veranstaltungen bei? Zu 1.: Im Rahmen des al-Quds-Tages wurden in den vergangenen Jahren wiederholt anti-israelische und antisemitische Äußerungen festgestellt. So wurde insbesondere in den Anfangsjahren des Aufzuges wiederholt zur „Befreiung Jerusalems“ und zur Vernichtung Israels aufgerufen und es wurden israelische und amerikanische Fahnen verbrannt. In den letzten Jahren ist jedoch das Bemühen erkennbar, sich gegenüber der Öffentlichkeit als gemäßigt darzustellen. Die Organisatoren sind sich bewusst , dass offen getätigte antisemitische Aussagen dem eigenen Anliegen in der Öffentlichkeit schaden und sind deshalb darum bemüht, diese zu unterbinden. Gleichwohl wurden auch in den vergangenen Jahren vereinzelt antiamerikanische , antiisraelische und antisemitische Parolen festgestellt. So erging gegen einen Redner des al-Quds- Tages 2015 ein Strafbefehl wegen Volksverhetzung. Da der al-Quds-Tag vor dem Hintergrund seiner Etablierung durch den iranischen Revolutionsführer Khomeini schiitisch konnotiert ist, kann die Verbreitung salafistischer Propaganda ausgeschlossen werden. Der Verlauf des al-Quds-Tages in den vergangenen Jahren hat diese Einschätzung bestätigt. 2. Welche Veranstaltungen zum Al-Quds-Tag in Berlin sind dem Senat bekannt? 3. Welche Veranstaltungen waren anmeldepflichtig und wurden mit welchen Auflagen genehmigt? Zu 2. und 3.: Seit Mitte der 90er Jahre findet die zentrale Demonstration zum al-Quds-Tag für Deutschland in Berlin statt. Zum diesjährigen al-Quds-Tag wurden bislang eine Versammlung und zwei Gegenversammlungen (eine Kundgebung und ein Aufzug) im Sinne der Fragestellung angemeldet (Stand: 21. Juni 2016). Thema Veranstaltungsort Veranstalter „Demonstration anlässlich des Qudstages“ Adenauerplatz - Kurfürstendamm - Joachimsthaler Str./ Ecke Kurfürstendamm - Joachimsthaler Str. - Wittenbergplatz Privatperson "Gegen Antisemitismus , Islamismus und Homophobie - Solidarität mit Israel" Joachimsthaler Str. Kranzler Eck, Kurfürstendamm (nördliche Fahrbahn ), George-Grosz-Platz Anti-Defamation Center (ADC) – Bildungswerk für Demokratie & Kultur e.V. "Kein Al Quds- Tag 2016 - Gemeinsam gegen den größten antisemitischen Aufmarsch Deutschlands " Adenauerplatz in Höhe Kurfürstendamm 163 Privatperson Auf Grund des hohen Verfassungsranges hat der Gesetzgeber für die Durchführung von Demonstrationen kein Genehmigungsverfahren vorgesehen. Versammlungen unter freiem Himmel sind gem. § 14 des Versammlungsgesetzes (VersG) insofern lediglich anmelde- bzw. anzeigepflichtig. Nach § 15 Abs. 1 VersG kann eine Versammlung unter freiem Himmel oder ein Aufzug von der zuständigen Behörde beauflagt oder verboten werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Veranstaltung unmittelbar gefährdet ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 749 2 In diesem Jahr werden gemäß § 15 Abs. 1 VersG für die Versammlung zum Thema „Demonstration anlässlich des Qudstages“ neben Sicherheitsauflagen für das Mitführen von Fahrzeugen im Aufzug folgende Auflagen erteilt: 1. Es ist untersagt, während der Dauer des Aufzugs Gegenstände - insbesondere Fahnen, Puppen und ähnliche Gegenstände - im öffentlichen Verkehrsraum zu verbrennen . 2. Des Weiteren ist untersagt, Gewalttaten, die darauf gerichtet waren oder sind, Menschen zu töten, zu verletzen oder zu entführen, in Wort, Bild oder Schrift zu verherrlichen oder gutzuheißen bzw. zu solchen Taten aufzufordern. Untersagt ist das Rufen von Parolen wie „Tod Israel!“ bzw. „Tod (den) Israelis!“ „Tod Israel, verflucht seien die Juden und Sieg für den Islam!“ und „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein“. 3. Ebenfalls untersagt ist jedes Werben für die „Hizb Allah“-Organisation und ihr nahe stehende Organisationen wie die Miliz des „Islamischen Widerstands“ („al-Muqawama al-islamiya“). Kennzeichen, Symbole oder Embleme dieser Organisationen dürfen weder auf Fahnen und Transparenten noch an der Kleidung der Teilnehmer oder auf sonstige Weise gezeigt werden. 4. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Verbindungen der Organisatoren von Veranstaltungen zum IS, der Hezbollah beziehungsweise anderen verfassungswidrigen Organisationen und Parteien für dieses und die letzten fünf Jahre? (Auflistung nach Jahren erbeten.) Zu 4.: Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des al-Quds-Tages sind Anhängerinnen und Anhänger des iranischen Regimes und der „Hizb Allah“. 5. Gibt es Verbindungen der Organisatoren zu muslimischen Vereinen, Moscheen oder Gemeinden in Berlin und wenn ja, um welche handelt es sich? Zu 5.: Dem Berliner Senat liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor, wonach die Organisierenden Verbindungen zu muslimischen Vereinen, Moscheen oder Gemeinden unterhalten. 6. Hat der Senat Erkenntnisse darüber, ob die Organisatoren in Flüchtlingsnotunterkünften zu der Demonstration mobilisieren und wenn ja, um welche Flüchtlingsunterkünfte handelt es sich und wie wird damit umgegangen ? Zu 6.: Dem Berliner Senat liegen keine Erkenntnisse vor, wonach die Organisierenden des al-Quds-Tages in Flüchtlingsunterkünften zu dieser Veranstaltung mobilisieren . 7. Wurden in den letzten fünf Jahren bei den Demonstrationen und Veranstaltungen zum Al-Quds-Tag verfassungsfeindliche und volksverhetzende Symbole, Transparente sowie Flaggen gezeigt sowie Verfahren dazu eingeleitet? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? (Auflistung nach Jahren erbeten.) Zu 7.: In den letzten fünf Jahren wurden bei den Versammlungen zum al-Quds-Tag verfassungsfeindliche Symbole festgestellt, insbesondere Fahnen der „Hizb Allah“. Es wurden keine Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellung eingeleitet. 8. Erwartet der Senat auch in diesem Jahr verfassungsfeindliche und volksverhetzende Aussagen und wie wird damit umgegangen, vor allem präventiv? Zu 8.: Die Polizei Berlin führt im Vorfeld von Versammlungen regelmäßig Gespräche mit den Versammlungsanmeldenden bzw. den Versammlungsleiterinnen und Versammlungsleitern durch, bei denen der geplante Ablauf, die von den Veranstaltenden eingesetzten Ordnungskräfte , beabsichtigte technische Hilfsmittel und weitere Einzelheiten erörtert werden. Insbesondere werden hierbei etwaige Auflagen und das polizeiliche Vorgehen bei möglichen Zuwiderhandlungen dargelegt. 9. Gibt es Erkenntnisse, dass aufgrund oder unter Bezugnahme der Kriege sowie Konflikte in Syrien und Irak eine noch weitere Radikalisierung der Al-Quds- Demonstrationen und Veranstaltungen stattfinden wird? Zu 9.: Die Konflikte und Kriege im Nahen Osten, wie z.B. in Syrien und im Irak, werden von den Veranstaltern des al-Quds-Tages thematisiert. Dem Senat liegen jedoch keine Erkenntnisse vor, wonach eine Radikalisierung der Veranstaltung zu erwarten ist. 10. Wie wird die Sicherheitslage im näheren Umfeld der Demonstrationen und Veranstaltungen eingeschätzt und was ist geplant, um die Sicherheit zu gewährleisten? Zu 10.: Die Vorbereitungen zu dem Aufzug anlässlich des al-Quds-Tages 2016 werden von der Polizei Berlin unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen genau beobachtet. Bisher kann jedoch nicht prognostiziert werden, dass es bei dessen Durchführung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit kommen würde. Die Polizei Berlin wird jedoch auch in diesem Jahr im Zusammenhang mit den Versammlungen anlässlich des al-Quds-Tages alle taktisch notwendigen und rechtlich möglichen Maßnahmen ergreifen, um ein gefährdendes Ereignis auszuschließen oder zu unterbinden . Es ist erklärtes Ziel und Aufgabe der Polizei Berlin, das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln , zu gewährleisten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 749 3 11. Welche konkreten politischen Schritte unternimmt der Senat um den antisemitischen, israelfeindlichen und antidemokratischen Inhalten entgegenzutreten? Zu 11.: Der Senat wird wie in der Vergangenheit bei Anhaltspunkten auf antisemitische, israelfeindliche und antidemokratische Inhalte, die im Kontext des al-Quds- Tages thematisiert werden, alle gebotenen rechtlichen Mittel zur Verhinderung beziehungsweise Ahndung derartiger Handlungen ausschöpfen. Berlin, den 30. Juni 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Juli 2016)