Drucksache 17 / 18 785 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 23. Juni 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juni 2016) und Antwort Sprungbrettangebote für Vorschulkinder in Unterkünften für Geflüchtete Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Kinder im Vorschulalter leben gegenwärtig in den verschiedenen Berliner Unterkünften für Geflüchtete? 2. Wie viele dieser unter 1. erfragten Kinder gehen zum Stichtag 1. Juni 2016 in den Kindergarten? (bitte bezirklich aufschlüsseln) Zu 1. und 2.: Mit Stand vom 20. Juni 2016 leben aktuell derzeit 5.054 Kinder im Alter zwischen null und unter sechs Jahren in den Berliner Erstaufnahmeeinrichtungen, Notunterkünften und Gemeinschaftseinrichtungen. Diese Zahl beruht auf Angaben der Betreiberinnen und Betreiber , wobei Rückmeldungen aus 146 von insgesamt rund 150 Einrichtungen vorliegen. Diese schlüsseln sich wie folgt auf die Bezirke auf: Bezirk Kinder 0 - 5 Jahre Charlottenburg-Wilmersdorf 609 Friedrichshain-Kreuzberg 205 Lichtenberg 893 Marzahn-Hellersdorf 294 Mitte 318 Neukölln 137 Pankow 456 Reinickendorf 393 Spandau 586 Steglitz-Zehlendorf 201 Tempelhof-Schöneberg 545 Treptow-Köpenick 417 Berlin gesamt 5.054 Quelle: LAGeSo, Datenbank ImmoBema, 20. Juni 2016 Eine Aussage, wie viele Kinder eine Kindertageseinrichtung bzw. Kindertagespflegestelle besuchen, kann derzeit nicht getroffen werden. Das Datensystem Integrierte Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ), ISBJ-Kita, weist kein spezifisches Identifikationsmerkmal aus, welches eine Auswertung der Zielgruppe ermöglichen würde. In der Folge können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Auswertungen aus ISBJ zur Anzahl der Flüchtlingskinder in Kindertagesbetreuung vorgenommen werden. Mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Kitagebührenfreiheit und der Kitaqualitätssteigerung“ vom 09.05.2016 ist die Rechtsgrundlage für die Erhebung des ausländerrechtlichen Status in ISBJ-Kita geschaffen worden. Hierzu wird die technische Umsetzung vorbereitet. 3. Für wie viele Kinder aus Familien, die in den verschiedenen Unterkünften für Geflüchtete leben, hat der Senat Sprungbrettangebote als „Übergang zum Regelsystem der Kindertagesbetreuung“ konzipiert? 4. Warum bedarf es aus Sicht des Senats dieser Sprungbrettangebote und an wen richtet sich dieses Angebot ? 5. Wie steht der Senat zu der Auffassung, dass mit den Sprungbrettangeboten darüber hinweggetäuscht werden solle, dass es zu wenig Kitaplätze gibt? 6. Wie und durch wen gedenkt der Senat den Übergang in reguläre Kita-Angebote zu organisieren, wenn in vielen Regionen Berlins Kitaplätze fehlen? 7. Inwiefern ist der Senat der Auffassung, dass mit einem Sprungbrettangebot der Anspruch auf Förderung in einer Kita oder in Tagespflege, wie er in SGB VIII für alle Kinder formuliert ist, erfüllt ist? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 785 2 8. Welche Voraussetzungen müssen Träger erfüllen, um ein Sprungbrettangebot im Sinne der Förderrichtlinie zu realisieren? Zu 3., 4., 5., 6., 7. und 8.: Unter vom Senat von Berlin geförderten Sprungbrettangeboten sind Spielkreise und mobile Spielangebote in Flüchtlingsunterkünften für Kinder in den vorschulischen Altersgruppen als Übergang zum Regelsystem der Kindertagesbetreuung zu verstehen. Sie erfüllen nicht den Rechts- und Leistungsanspruch nach § 22 ff. SGB VIII. Die Anzahl der betreuten Kinder ist somit für die Sprungbrettangebote keine Planungsgrundlage . Der Senat von Berlin konzipiert Sprungbrettangebote als Starthilfe im Rahmen der Infrastruktur zur Unterstützung und Integration von geflüchteten Familien. Die geförderten Vorhaben sollen beispielgebend für die Entwicklung weiterer sozialräumlicher Angebote sein. Der Masterplan Integration und Sicherheit sieht Mittel in Höhe von 700.000 EUR in 2016 vor. Damit sollen berlinweit rund 20 Angebote aufgebaut werden. Je Angebot ist eine Fördersumme von bis zu 35.000 EUR möglich. Die Fördermittel stehen im Wesentlichen für Personalaufwendungen (u.a. hauptamtliches Personal, Honorarkräfte , Ehrenamtspauschalen) sowie Sachaufwendungen (u.a. Spielsachen, Kinderbücher, Spielmobil) zur Verfügung. Um Fördermittel können sich grundsätzlich gemeinnützige anerkannte und anerkennungsfähige Träger der Jugendhilfe, die Wohlfahrtsverbände und deren Mitgliedsorganisationen als auch Betreiber von Notunterkünften , Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften , die vertraglich gebunden im Auftrag des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) geflüchtete Familien mit kleineren Kindern beherbergen, bewerben. Inhaltlich sind die Sprungbrettangebote ausgerichtet auf Vorbereitung von Kindern aus geflüchteten Familien auf die Betreuung in einem regulären Angebot der Kindertagesbetreuung (Kita oder Kindertagespflege ) Teilnahme und Einbindung der Eltern Stabilisierung der Kinder und Eltern erste Ansätze einer Bildungsförderung für Kinder: insbesondere Sprachanregungen schaffen, soziales Lernen, Förderung der Gesundheit, Förderung der Bewegung, positive Erlebnisse und Freude vermitteln Bildungsförderung für Eltern: insbesondere Sprachanregung, soziale Einbindung in die Gesellschaft und demokratische Wertevermittlung. 9. Welche Voraussetzungen im Hinblick auf persönliche Eignung und pädagogische Kenntnisse/Erfahrungen müssen Betreuungspersonen erfüllen, um Kinder in einem Sprungbrettangebot zu fördern? 10. Wer kontrolliert, inwiefern die notwendigen Voraussetzungen bei den Betreuungspersonen auch erfüllt sind? Zu 9. und 10.: Die personellen Rahmenbedingungen sind durch die „Förderrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungsmitteln für Spielkreise und mobile Spielangebote in Flüchtlingsunterkünften für Kinder im Vorschulalter als Übergang zum Regelsystem der Kindertagesbetreuung (Sprungbrettangebote)“ vorgegeben. Auf dieser Grundlage konzipieren die Träger der künftigen Sprungbrettangebote ihre Vorhaben. Die Personalverantwortung liegt bei den Trägern. Im Rahmen der Prüfung der Antragsunterlagen im Vorfeld der Bewilligung von Fördermitteln wird darauf geachtet, dass die personellen Angaben zu den Betreuungspersonen der in der Projektskizze beschriebenen Leistung sowie der Förderrichtlinie entsprechen. 11. Wie lange sollen Kinder nach Vorstellung des Senats in Sprungbrettangeboten verweilen? 12. Welche Regelungen gibt es zur Zusammenarbeit zwischen den Sprungbrettangeboten und Jugendämtern und Kitaträgern, um den Übergang in eine Kita zu organisieren ? 13. Wer kümmert sich im Kontext der Sprungbrettangebote konkret um den gelingenden Übergang in eine Kita und leistet Eltern Unterstützung bei der Beantragung eines Kita-Gutscheins sowie bei der Suche nach einem Kitaplatz? Zu 11., 12. und 13.: Entsprechend der Zielstellung von Sprungbrettangeboten soll die Verweildauer zeitlich begrenzt bis zum Übergang in ein reguläres Angebot der Kindertagesbetreuung gestaltet sein. Die enge Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Sprungbrettangebote, den Jugendämtern und den Kita- Trägern ist ein Kernelement der Antragsbewertung gemäß der Förderrichtlinien. In den Antragsunterlagen sollen die Träger darstellen, wer ihre Kooperationspartner sind und wie der Übergang in die Kita gestaltet werden soll. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in den Unterkünften helfen den Eltern bei der Beantragung eines Kita-Gutscheins. Dafür wurden entsprechend vereinfachte Verfahren entwickelt. Zukünftig werden auch die Betreuungspersonen der Sprungbrettangebote Hilfestellung geben. Darüber hinaus werden die Eltern durch das Jugendamt bei der Suche nach einem Kitaplatz unterstützt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 785 3 14. Inwiefern nehmen Sprungbrettangebote Aufgaben nach § 55 des Berliner Schulgesetzes in Berlin wahr? Sollen sie Sprachstandsfeststellungen durchzuführen und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage? 15. Inwiefern ist vorgesehen, dass Kinder, bei denen bei der Sprachstandsfeststellung ein Sprachförderbedarf festgestellt wurde und die zur Sprachförderung verpflichtet wurden, diese verpflichtende Sprachförderung in einem Sprungbrettangebot durchgeführt werden soll? 16. Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage sind Sprungbrettangebote zur Realisierung der verpflichtenden Sprachförderung nach § 55 Schulgesetz befugt? Zu 14., 15. und 16.: Kinder in Sprungbrettangeboten sind keine „Kita-Kinder“. Für sie gelten folglich die Regelungen und Verfahren zur Sprachstandsfeststellung und -förderung wie für sog. Nicht-Kitakinder. 17. Wie ist der aktuelle Stand der Einrichtung von Sprungbrettangeboten? (Einrichtung und Zahl der betreuten Kinder sowie Träger des jeweiligen Angebots auflisten ) Zu 17.: Der Aufruf zur Einreichung von Anträgen ist am 02.06.2016 erfolgt. Die Antragsfrist läuft bis zum 08.07.2016. Bis zum 29.06.2016 waren bereits 49 Anfragen nach den Antragsunterlagen bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss) eingegangen. Die zu fördernden Projekte werden unter Beteiligung des LAGeSo - Berliner Unterbringungsleitstelle - und der Berliner Jugendämter ausgewählt. Die ersten Projekte sollen ab dem 01.08.2016 starten. Berlin, den 04. Juli 2016 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Juli 2016)