Drucksache 17 / 18 801 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sabine Bangert und Thomas Birk (GRÜNE) vom 23. Juni 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juni 2016) und Antwort Vertragsverhältnisse der VHS-Dozentinnen und VHS-Dozenten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung zu den Fragen 1. und 3.: Die Statistik der Volkshochschulen (VHS-Statistik) Berlin beruht auf den Angaben der einzelnen Volkshochschulen; die Gesamtzahl der VHS-Kursleiterinnen und VHS-Kursleiter lässt sich aufgrund der Mehrfachzählung von Personen nicht durch Addition ermitteln. Eine Sonderauswertung zur Ermittlung der tatsächlichen Gesamtzahl, zur Zahl der arbeitnehmerähnlichen Personen und zu deren Unterrichtsanteil liegt für das zweite Halbjahr 2011 vor. Die im Folgenden genannten Zahlen für 2014 ergeben sich aus den Verhältniszahlen wie für 2011 ermittelt. 1. Wie viele Dozent*innen arbeiten derzeit insgesamt an den Berliner Volkshochschulen? Zu 1.: Im Jahr 2014 waren schätzungsweise etwa 3.500 Personen als Kursleiterinnen und Kursleiter an den Volkshochschulen tätig (siehe Vorbemerkung). Neuere Zahlen liegen nicht vor. 2. Wie groß ist das Stundenvolumen (in Unterrichtseinheiten à 45 Minuten)? Zu 2.: Das Unterrichtsvolumen lag 2014 bei knapp 690.000 Unterrichtseinheiten (UE). 3. Wie hoch ist die Anzahl der arbeitnehmerähnlichen VHS-Dozent*innen? Wie hoch ist deren Stundenvolumen am Gesamtvolumen der VHS-Unterrichtseinheiten? Zu 3.: 2014 waren schätzungsweise etwa 830 Kursleiterinnen und Kursleiter arbeitnehmerähnlich beschäftigt, d.h. von Aufträgen des Landes wirtschaftlich abhängig und vergleichbar Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sozial schutzbedürftig. Ihr Unterrichtsanteil kann auf etwa 360.000 UE geschätzt werden (siehe Vorbemerkung). 4. Wie viele VHS-Dozent*innen unterrichten jeweils in Integrationskursen, Elternkursen und Flüchtlingskursen (bitte nach Bezirken und Kursarten sortiert)? Zu 4.: Zahlen hierzu liegen nicht vor. Am Unterrichtsvolumen zur Sprachintegration (312.000 UE) hatten 2014 die Integrationskurse einen Anteil von 57 Prozent, VHS- Mütterkurse/VHS-Elternkurse einen Anteil von 26 Prozent . Flüchtlingskurse werden erst ab 2015 für die VHS- Statistik erfasst. 5. Welche Drittmittel in jeweils welcher Höhe erhielten die Volkshochschulen 2015 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Durchführung der Integrationskurse? In welcher Höhe wurden dafür Mittel in den Bezirken für die Integrationskurse ausgegeben? Welche Drittmittel in jeweils welcher Höhe wurden bzw. werden die Volkshochschulen 2016 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Durchführung der Integrationskurse erhalten? In welcher Höhe wurden 2016 dafür Mittel in den Bezirken für die Integrationskurse veranschlagt? Zu 5.: Zahlen für 2015 liegen noch nicht vor. Die Kostenerstattung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge für Integrationskursteilnehmerinnen und Integrationskursteilnehmer der Volkshochschulen lag 2014 bei fünf Mio. €. Die Mittel werden zweckgebunden eingenommen und können nur für den festgelegten Zweck eingesetzt werden. In welcher Höhe Mittel eingenommen wurden, ist jeweils erst im Nachhinein bekannt. Die BAMF-Mittel werden teilnehmerbezogen zur Verfügung gestellt; es hängt vom Anmeldeverhalten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab, wieviel Mittel eine Einrichtung erhält. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 801 2 6. Welche Summen wurden 2015 vom Senat für die Elternkurse und Flüchtlingskurse an der VHS den Bezirken jeweils im Rahmen der Globalsumme bereit gestellt? In welcher Höhe wurden Mittel für die Elternkurse und Flüchtlingskurse von den Bezirken in 2015 jeweils verausgabt ? Welche Summen wurden hierfür für 2016 vom Senat den Bezirken bereitgestellt und in welcher Höhe wurden 2016 dafür Mittel in den Bezirken veranschlagt? Zu 6.: Die mit Beschluss des Abgeordnetenhauses für VHS-Mütterkurse/VHS-Elternkurse zweckgebunden bereitgestellten Mittel betragen seit 2010 unverändert jährlich 2,4 Mio. €. Die Mittel sind Bestandteil der Globalsumme und werden regelmäßig nahezu vollständig ausgeschöpft. Für Flüchtlingskurse wurden 2015 1,2 Mio. € aus dem Haushalt im Wege der auftragsweisen Bewirtschaftung von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen bereitgestellt. Die Mittel sind nicht Bestandteil der Globalsumme, die Volkshochschulen erhalten sie ausschließlich zur Durchführung von Flüchtlingskursen. Für 2016 sind im Haushalt 1,7 Mio. € veranschlagt. Im Rahmen des Masterplans Integration und Sicherheit sollen diese Mittel für 2016 aufgestockt werden. 7. In welcher Höhe wurden in den Bezirken jeweils Mittel für die VHS-Unterrichtenden in 2015 bzw. in 2016 veranschlagt? (Bitte die bezirklichen Gesamtsummen für VHS-Honorarmittel und die Höhe des Honorars pro Unterrichtseinheit für 2015 und 2016 angeben)? Zu 7.: 2014 wurden für Honorarzahlungen insgesamt 20,5 Mio. € verwendet, davon 8,5 Mio. € aus VHS- Einnahmen; knapp 12 Mio. € waren bezirkliche Mittel, die im Allgemeinen einnahmeunabhängig bereitgestellt werden. Der für die Arbeit der Volkshochschulen wichtigste Honoraransatz (Eingangswert der Honorargruppe 1.2) lag bis 31.7.2014 bei 24,45 €, bis 31.7.2015 bei 25,23 €; er liegt derzeit bei 26,11 €, ab 1.8.2016 bei 26,79 € (Mit der Anpassung wird die Entwicklung der Gehälter im Berliner öffentlichen Dienst jeweils nachvollzogen). Die Honorarvorschriften VHS legen Bandbreiten fest; aktuell können in der Honorargruppe 1.2 bis zu 40,07 €, ab 1.8.2016 bis zu 41,12 € pro Unterrichtseinheit gezahlt werden. Arbeitnehmerähnliche Personen haben gemäß Honorarvorschriften VHS gegen Nachweis bestehender Versicherungen Anspruch auf Zahlung eines Honorarzuschlags zur anteiligen Deckung der Renten- und Krankenversicherungskosten sowie gemäß Bundesurlaubsgesetz Anspruch auf finanzielle Abgeltung des Erholungsurlaubsanspruchs. Beide Ansprüche addieren sich zu 26,2 Prozent, um die der Honorarsatz für Berechtigte höher ausfällt (Eingangswert Honorargruppe 1.2 derzeit mit Zuschlägen und Urlaubsentgelt: 32,95 €, ab 1.8.2016: 33,81 €). 8. Wenn VHS-Dozent*innen gemäß ihrer Qualifikation (Hochschulabschluss, didaktische Zusatzausbildung, Unterrichtserfahrung etc.) wie Lehrer*innen an öffentlichen Schulen - nach E 11 - bezahlt würden - wie viel müssten sie als arbeitnehmerähnliche Freiberufler*innen mit den bisherigen Zuschlägen pro Unterrichtseinheit verdienen (Arbeitgeberbrutto)? Zu 8.: Grundsätzlich ist offen, ob die Tätigkeit der Kursleiterinnen und Kursleiter an den VHS tarifrechtlich wie die Tätigkeit von Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen behandelt werden kann. Nach Entgeltgruppe 11 werden gemäß Entgeltordnung Lehrkräfte mit abgeschlossener Hochschulbildung eingruppiert , die aufgrund ihres Studiums die fachlichen Voraussetzungen zum Unterrichten in mindestens einem Schulfach haben. Sie gehören zu den sogenannten „Nicht- Erfüllern“. Die für sie maßgebliche Erfahrungsstufe richtet sich nach den Bestimmungen des § 16 TV-L i. V. m. Nr. 2a zu § 44 TV-L (Tarifvertrag der Länder). Um das Entgelt der Lehrkräfte mit dem von Honorarkräften vergleichen zu können, ist eine Betrachtung des Stundenentgelts notwendig. Für Lehrkräfte beträgt die regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit 40 Stunden in der Woche. Hierauf basierend nachfolgend zwei Beispiele: Lehrkraft in E 11 Stufe 2 Stufe 5 Monatliches Entgelt (Tabellenentgelt zzgl. Sonderzuwendung) 3.537,97 € 4.744,50 € Stundenentgelt gemäß § 24 Abs. 3 TV-L 20,34 € 27,28 € Verglichen mit einer Lehrkraft in E 11 Stufe 2 müsste eine Honorarkraft 24,75 € Honorar pro Zeitstunde (entspricht gewichtet 37,10 € pro Unterrichtseinheit á 45 Minuten) erhalten, verglichen mit Stufe 5 wären es 33,20 € pro Zeitstunde (entspricht gewichtet 49,80 € pro Unterrichtseinheit á 45 Minuten). Bei der Vergleichsberechnung wird das Stundenbrutto zugrunde gelegt und bei den Honorarkräften um einen fiktiven Arbeitgeberanteil i. H. v. 17,825 % ergänzt, da Honorarkräfte die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe selbst tragen müssen. Beiträge des Arbeitgebers zur VBL sind hier hingegen nicht berücksichtigt. Davon unabhängig haben arbeitnehmerähnliche Personen Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 801 3 9. Wie hoch könnte zudem ein Risikoaufschlag bei Freiberuflichkeit pro Unterrichtseinheit veranschlagt werden? (Hintergrund: Freiberufler*innen, auch arbeitnehmerähnliche , müssen für Absicherung bei längerer Krankheit, Zusatzabsicherung bei Arbeitslosigkeit und im Alter mehr ausgeben als Angestellte. Daher erhalten beispielsweise arbeitnehmerähnliche Freie bei öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten (Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur) eine höhere Vergütung pro geleistetem Arbeitstag als angestellte Arbeitnehmer *innen.) Zu 9.: Die Krankenkassen fordern unterschiedlich hohe Beiträge für eine Absicherung des Verdienstausfallrisikos . Die AOK Nordost verlangt z.B. 0,6 Prozent für ein Krankentagegeld in Höhe von 70 Prozent des Einkommens ab der siebten Krankheitswoche. Standardangebote zur Absicherung gegen das Risiko fehlender Aufträge sind der Senatsverwaltung für Bildung , Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss) nicht bekannt. 10. Welche zusätzlichen Mittel müssten bei einer solchen Bezahlung im Berliner Haushalt veranschlagt werden ? Zu 10.: Eine Veranschlagung ist im Berliner Haushalt derzeit nicht vorgesehen. 11. Warum werden arbeitnehmerähnliche VHS- Dozent*innen, die teils über viele Jahre regelmäßig Unterricht in Integrationskursen, Elternkursen, Flüchtlingskursen oder anderweitig regelmäßig angebotenen Kursen unterrichten, nicht festangestellt? Welche rechtlichen und welche finanziellen Hürden sieht der Senat bezüglich einer (regelhaften) Festanstellung der arbeitnehmerähnlichen VHS-Dozent*innen? Zu 11.: Im VHS-Bereich sind Festanstellungen des unterrichtenden Personals bislang kaum üblich. Für die Erteilung des Unterrichts auf Honorarbasis spricht, dass die Volkshochschulen so flexibler auf Nachfrageänderungen reagieren und eine breitere Palette von Veranstaltungen anbieten können. Nur bei entsprechender Nachfrage werden diese Veranstaltungen durchgeführt und honoriert. Allerdings haben sich seit einigen Jahren an den VHS, insbesondere im Bereich Sprachförderung, einem Regelangebot ähnlich, immer wieder stattfindende Veranstaltungen herausgebildet. 12. Bewertet der Senat die Vergütung und die arbeitsrechtliche Stellung von VHS-Dozent*innen, insbesondere der Arbeitnehmerähnlichen, für angemessen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht, und was gedenkt er dagegen zu tun? Zu 12.: Die SenBildJugWiss beabsichtigt zu prüfen, ob und in welchem Umfang Kursleiterinnen und Kursleitern mit arbeitnehmerähnlichem Status Festanstellungen angeboten werden können. Berlin, den 11. Juli 2016 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juli 2016)