Drucksache 17 / 18 805 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanne Graf (PIRATEN) vom 23. Juni 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2016) und Antwort Kita-Entwicklungsplanung III: Fachkräftebedarfsprognose – Wo ist die rote Linie des Senats? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In der 48. Sitzung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie, während der Präsentation der Senatsverwaltung für Jugend über die Fachkräftebedarfsprognose in den kommenden Jahren wurden drei Szenarios dargestellt, eine beste Variante, eine mittlere Variante und eine schlechte Variante. Bei der Letzteren gab es einen Fachkräftebedarf von -416 Fachkräften für das Kita- bzw. Schuljahr 2016/17. In der inzwischen veralteten Kita- Entwicklungsplanung, in der Roten Nummer 1277 E, S. 36 fehlt die in der 48. Sitzung des Ausschusses für Bildung , Jugend und Familie präsentierte, mit einer roten Linie gekennzeichnete schlechte Variante, sodass im Ergebnis für das Kitajahr 2016/17 kein Fachkräftemangel mehr zu verzeichnen war. In der inzwischen aktualisierten Kita-Entwicklungsplanung, in der Roten Nummer 2317 G, auf der S. 31 berichtet die Senatsverwaltung für Jugend nun davon, dass in Abweichung zum bisherigen Verfahren die Fachkräftebedarfsprognose nicht mehr nach verschiedenen Szenarien berechnet werde, da sich keine der drei Szenarien als „hinreichend belastbar“ gezeigt habe, die Grundlage sei nun die Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015-2030 (17/2720) vom 09.02.2016. a) Auf welcher Grundlage welcher Bevölkerungsprognose oder welcher Statistik wurden die bisher genutzten drei Szenarien erstellt? b) Kann der Senat mit Sicherheit ausschließen, dass zur Erstellung der bisher genutzten drei Szenarien die Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2011 – 2030 (17/0748) als Grundlage herangezogen wurde? c) Wie konkret, auf welcher Grundlage welcher Daten oder welcher plausiblen Argumente haben sich die bisher genutzten drei Szenarien als „nicht belastbar“ herausgestellt ? d) Insofern sich alle drei Szenarien als „nicht belastbar “ herausgestellt haben, hat der Senat trotz fehlender schlechterer Variante, trotz fehlender „roter Linie“ in der Roten Nummer 1277 E mit dieser ab April 2015 weiterhin gearbeitet, geplant und gerechnet? Wenn ja, mit welchen Auswirkungen? e) Wie konkret, auf welcher Grundlage welcher Daten oder welcher plausiblen Argumente hält der Senat die nun vorlegte Fachkräftebedarfsprognose in der Roten Nr. 2317 G für hinreichend belastbar? Zu 1.: Die von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBildJugWiss) vorgelegte aktualisierte Kita-Entwicklungsplanung (siehe Rote Nummer 2317 G) basiert auf der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (SenStadtUm) Anfang 2016 bereitgestellten aktuellen „Bevölkerungsprognose 2015 – 2030 für Berlin und die Bezirk (mittlere Variante)“. Grundlage der bisherigen Planung (inkl. der Fachkräfteprognose) war die sogenannte „angepasste Datengrundlage 2014 - 2016 (2017 - 2018) zur Bevölkerungsentwicklung “ (siehe hierzu: Kita-Entwicklungsplanung , Seite 12, Kap. 3.1). Im Unterschied zur bisherigen Vorgehensweise verzichtet die SenBildJugWiss in der aktuellen Berechnung auf eine nach Szenarien differenzierte Betrachtung, da die tatsächliche Entwicklung des Fachkräfteangebots oberhalb des damaligen „besten Szenarios“ liegt: Die Anzahl der verfügbaren Fachkräfte im Kita-/Schuljahr 2015/2016 entspricht demnach einem Umfang von umgerechnet ca. 30.800 Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Demgegenüber lag die alte Fachkräfteprognose bei rund 28.200 VZÄ. Hieraus ergibt sich folgerichtig, dass die Annahmen, die zu übrigen Szenarien führten, keine Grundlage liefern, um diese Vorgehensweise im Rahmen der Aktualisierung der Fachkräfteprognose fortzusetzen. Unabhängig davon bildete die bisherige Fachkräfteprognose bis zur nunmehr vorliegenden aktualisierten Variante in ihrer besten Ausprägung den Orientierungsrahmen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 805 2 Im Rahmen der Aktualisierung hat die SenBildJug- Wiss mit Blick auf die höheren Angebotswerte ergänzend den Aspekt „Zugang von Externen“ als weiteren Parameter aufgenommen. 2. Senatorin Scheeres sagte dem Tagesspiegel am 16.06.2016, dass Sie bei der Einstellung von Quereinsteigenden ein "Steigerungspotential von 75%" sehe. a) Wie begründet die Senatorin diese Aussage? b) Bis zu welchem Zeitpunkt soll diese Steigerung erreicht werden? c) Inwiefern ist diese Aussage mit der Kita- Entwicklungsplanung, mit der Roten Nr. 2317 G (S. 34) vereinbar, in der nur eine Steigerung von 545 Quereinsteigenen in 2015/16 auf 662 in 2019/20 geplant sei, was lediglich eine Steigerung von 21,5% ausmacht? Zu 2.: ie mögliche Quote von 25 Prozent Quereinsteigenden wird von vielen Kita-Trägern nicht ausgeschöpft. Das ausgewiesene Potenzial bezieht sich darauf, dass hier noch deutliche Steigerungen möglich sind. Demgegenüber bilden die in Tabelle 24 der Kita-Entwicklungsplanung , mit der Roten Nr. 2317 G (S. 34) aufgeführten Quereinstiegszahlen den gemäß fortgeschriebener Modellannahmen zunächst erwartbaren Anstieg ab. 3. Mit welcher Erhebung über die Absolventinnen und Absolventen aus Fachschulen aus welchem Jahr geht der Senat in der Kita-Entwicklungsplanung, in der Roten Nummer 1277 E (S. 35) davon aus, dass bis 2019/20 ca. 80% der Fachschüler in das Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung /Schule in Berlin einsteigen werden? Zu 3.: Eine Erhebung über den Verbleib von Absolventinnen und Absolventen aus Fachschulen im Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung und Schule kann derzeit von den Fachschulen nicht geleistet werden. Die im Modell verwendeten 80 Prozent beruhen auf einer abgestimmten Setzung, die auf Grundlage der tatsächlichen Entwicklung des Fachkräfteangebots fortgeschrieben worden ist. 4. In der Kita-Entwicklungsplanung, in der Roten Nr. 2317 G (S. 39) zu lesen, dass die Senatsverwaltung für Jugend plane, die Kapazitäten in den Fachschulen auszubauen . Wie, in welcher Höhe, bei welcher Fachschule und bis wann soll dieser Ausbau gelingen? a) Wie und bis wann soll welcher dafür notwendige Anstieg an Lehrpersonal finanziert werden? Zu 4.: Aufgrund des Fachkräftebedarfs und im Rahmen von Kapazitätsausgleichen zwischen verschiedenen Oberstufenzentren (OSZ) soll ein weiteres Oberstufenzentrum Sozialwesen eingerichtet werden. Parallel wird geprüft, ob an weiteren Standorten Kapazitätserweiterungen vorgenommen werden können. 5. Auf der S. 39 der Roten Nr. 2317 G ist zu lesen, dass sich die Anzahl der staatlichen Anerkennungen ausländischer Abschlüsse von 36 in 2013 auf 65 in 2014 und auf 77 in 2015 erhöht haben. Wie viele gescheiterte Anträge stehen diesen Zahlen jährlich gegenüber? Zu 5.: Die Zahl der abgelehnten Anträge auf staatliche Anerkennung von ausländischen sozialpädagogischen Abschlüssen betrug im Jahr 2013 insgesamt 73. Im Jahr 2014 waren es 38 und im Jahr 2015 insgesamt 22 Anträge . Diese Zahl ist in Relation zur sinkenden Antragslage aus den verschiedenen Herkunftsländern und den dortigen Abschlüssen zu sehen. 6. Auf der S. 41 der Roten Nr. 2317 G ist zu lesen, dass der Senat plane, bereits im Kitajahr 2016/17 1.300 VZÄ zu gewinnen. a) Mit welchen konkreten Maßnahmen will er diese Zielzahl bis wann konkret erreichen? Zu 6.: Schon in den letzten Jahren konnte das Fachkräfteangebot in Berlin stetig gesteigert werden. Der Senat wird die derzeitigen Maßnahmen fortführen und ausbauen. Dazu gehört die weitere Aufstockung der Fachschulkapazitäten , die weitere Gewinnung von Quereinsteiger /innen in Verbindung mit der Verstärkung der berufsbegleitenden Ausbildung sowie auf Seiten der Träger die Anwendung von unterjährigen personalwirtschaftlichen Maßnahmen wie zum Beispiel temporäre Arbeitszeiterhöhungen . Die ergänzenden Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung sind in Kapitel 4.2 ab Seite 35 der Roten Nr. 2317 G ausgeführt. Die Maßnahmen setzen vor allem an, bei der Stärkung und Unterstützung von Kita-Trägern beim Ausbau des Quereinstiegs in berufsbegleitender Form und aus verwandten Berufen, dem Ausbau der Ausbildungskapazitäten an den Fachschulen und der Übernahme des Schulgelds sowie der Fortführung und dem Ausbau von Modellmaßnahmen , zur Gewinnung von Fachkräften mit ausländischen Abschlüssen bzw. vergleichbarer Kompetenzen durch Vorhalten geeigneter Anpassungsmaßnahmen . In diesem Kontext wird eine Neuauflage der Broschüre „Erzieher/in werden. Wege in den Beruf“ erscheinen. Derzeit befindet sich die Broschüre in der Überarbeitung. Berlin, den 07. Juli 2016 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2016)