Drucksache 17 / 18 809 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller und Evrim Sommer (LINKE) vom 27. Juni 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2016) und Antwort Kosten der Forderungsrealisierungen beim Rundfunkbeitrag Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele offene Forderungen des Beitragsservices von ARD, ZDF und Deutschlandradio im Geltungsbereich des Landes Berlin bestehen per 30.6.2016 (bitte aufschlüsseln nach Bezirken der Schuldner sowie (Gesamt- )Forderungen, die seit einem halben Jahr, einem Jahr, zwei Jahren oder länger offen sind)? Zu 1.: Der RBB hat mitgeteilt, dass der Monatsbericht 6/2016 noch nicht vorliege. Diese und die weiteren Fragen werden daher auf Basis des Monatsberichts 5/2016 beantwortet. Per Mai 2016 waren rund 82 Mio. € an Forderungen offen. Am Jahresanfang waren es rund 94,4 Mio. €. Der Bestand an offenen Rundfunkbeiträgen ist somit gesunken. Eine nach Bezirken gewünschte Differenzierung kann nicht vorlegt werden. Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio verfügt ferner über keine Standardauswertung zur Frage, seit wann die jeweiligen Forderungen offen sind. Daher ist es nicht möglich, dazu eine belastbare Aussage zu formulieren. 2. Wie oft wurde gegen die seit Inkrafttreten des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages seitens des Beitragsservices von ARD, ZDF und Deutschlandradio ergangenen Zahlungsaufforderungen (Beitragsbescheide) zur Zahlung des Rundfunkbeitrages Widerspruch eingelegt (bitte aufschlüsseln nach Jahren und wenn möglich nach Bezirken der Widerspruchsführer)? Zu 2.: Im Zeitraum 2013 bis Mitte 2016 hat der RBB 2.270 Widerspruchsverfahren durchgeführt. Eine Erhebung nach dem Wohnbezirk von Widerspruchsführerinnen und -führern findet nicht statt. Jahr Anzahl der Widerspruchsverfahren 2013 280 2014 591 2015 844 2016 (bis 30.06.) 555 Gesamt: 2.270 3. Wie viele Anfechtungsklagen bei Verwaltungsgerichten wurden gegen einen Gebühren-/Beitragsbescheid infolge eines ablehnenden Widerspruchsbescheides gestellt (bitte aufschlüsseln nach Jahren und wenn möglich nach Bezirken der Kläger)? 4. Wie viele übrige Klagen von Unternehmen, Verbänden und Privatpersonen wurden in den verschiedenen Instanzen insgesamt gestellt und wie viele wurden davon aus welchen Gründen bereits abgewiesen (bitte aufschlüsseln nach Jahren und wenn möglich nach Bezirken der Kläger)? Zu 3. und 4.: Die anhängigen Klagen werden laut RBB nicht nach Klagearten bzw. nach der Zugehörigkeit zum privaten bzw. nicht privaten Beitragsbereich differenziert . Auch eine Aufschlüsselung nach den Wohnbezirken der Kläger ist dem RBB nicht möglich ist. Alle Klagen waren bzw. sind vor dem Verwaltungsgericht Berlin anhängig: Jahr Anzahl der Klagen 2013 110 2014 240 2015 272 2016 (bis 30.06.) 218 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 809 2 Derzeit sind noch 418 Verfahren offen. Der RBB führt keine Statistik zu den Beendigungsgründen (Urteil, Klagerücknahme , Erledigung, Vergleich). Ein Verfahren wurde zugunsten des Klägers entschieden; dabei ging es um die Frage, ob es sich um eine Wohnung oder eine Betriebstätte handelt. 5. Wie viele Vollstreckungsersuche hat der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio seit Inkrafttreten des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages an die zuständigen Gerichte des Landes Berlin gerichtet (bitte aufschlüsseln nach Jahren)? Zu 5.: Die Vollstreckungsersuchen richtet der RBB nicht an die Gerichte, sondern nach dem Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung (VwVfG Berlin) in Verbindung mit § 4 Buchst. b) des Verwaltungs- Vollstreckungsgesetzes (VwVG) an die Finanzämter des Landes Berlin. Die folgenden Zahlen basieren auf Rundfunkbeitragsbescheiden : Jahr Anzahl der Vollstreckungsersuchen 2013 0 2014 6.034 2015 80.961 2016 (bis 30.06.) 10.928 Da sich das der Vollstreckung vorgelagerte Mahnverfahren über mindestens zwölf Monate erstreckt, lagen 2013 noch keine Vollstreckungsersuchen vor, die ausschließlich auf Rundfunkbeitragsforderungen beruhten. Die hohe Zahl für 2015 resultiert aus den Direktanmeldungen infolge des einmaligen Meldedatenabgleichs. 6. Welche Verwaltungskosten (einschließlich der Personalkosten ) entstehen dem Land Berlin durchschnittlich für die Bearbeitung eines der vorbezeichneten Vollstreckungsersuche ? Zu 6.: Dem Land Berlin entstanden im 1. Quartal 2016 durchschnittliche Kosten in Höhe von 39,93 € für die Bearbeitung eines Vollstreckungsersuchens. 7. Wie viele Vollstreckungen im Zusammenhang mit offenen Rundfunkbeitragsforderungen haben die zuständigen Berliner Gerichte seit Inkrafttreten des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages realisiert (bitte aufschlüsseln nach Jahren, Jahressummen und Bezirken der Schuldner)? Zu 7.: Gemäß § 8 Abs. 1 VwVfG Berlin i. V. m. § 4 VwVG sind in Berlin für die Vollstreckung rückständiger Rundfunkbeiträge die Finanzämter zuständig. Die Frage kann jedoch nicht beantwortet werden, da hierzu keine Statistik geführt wird. Auch der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio verfügt zum Erfolg von Vollstreckungsersuchen über keine Standardauswertung. 8. In welchem Rahmen bewegte sich das Strafmaß der Vollstreckungen im Zusammenhang mit offenen Rundfunkbeitragsforderungen? 9. Welche Verwaltungskosten (einschließlich der Personalkosten ) entstehen dem Land Berlin durchschnittlich für die Bearbeitung einer der vorbezeichneten Vollstreckungen ? Zu 8. und 9.: Die Vollstreckung von Rundfunkbeitragsbescheiden hat die Beitreibung einer Forderung zum Gegenstand. Das Verfahren enthält keine strafrechtlichen Elemente, so dass insoweit auch keine Verwaltungskosten entstehen. Im Übrigen wird auf die Beantwortung von Frage 6 verwiesen. 10. Inwieweit trifft die Information zu, dass seit November 2014 die Ausbringung der Vollstreckungsersuche bei den Beitragskonten, die im Rahmen des bundesweiten Meldedatenabgleichs und der anlassbezogenen Meldedatenübermittlung aufgrund des Ausbleibens einer Reaktion der/des Beitragspflichtigen angemeldet wurden, auf monatlich rd. 60000 Vollstreckungsersuche begrenzt wird und diese Vollstreckungsersuche prozentual anteilig auf die Bundesländer verteilt werden? Zu 10.: Diese Aussage trifft laut RBB zu. Der Meldedatenabgleich führte zu einer erheblichen Anzahl von nicht angemeldeten Privatpersonen. Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio meldete sie zumeist rückwirkend zum 1. Januar 2013 an. Für einen beachtlichen Anteil dieser Personen musste das Mahnverfahren ausgelöst werden. Das automatisierte Mahnverfahren stellt sich laut RBB wie folgt dar: Säumige Beitragspflichtige erhalten zunächst eine Zahlungsaufforderung. Verstreichen vier Wochen fruchtlos, erhalten sie eine Erinnerung. Nach weiteren zwei Monaten ohne Zahlungseingang wird ein erster Festsetzungsbescheid versendet und nach zusätzlichen drei Monaten ein zweiter Festsetzungsbescheid für einen nachfolgenden Beitragszeitraum. Es folgt ein dritter Festsetzungsbescheid, wenn abermals drei Monate ohne Reaktion verstrichen sind. Bleibt weiterhin jegliche Reaktion aus, folgt vier Wochen später eine Mahnung. Zahlt der Beitragskontoinhaber bzw. die Beitragskontohaberin trotz der Mahnung auch in den kommenden sechs Wochen nicht, wird ein Vollstreckungsersuchen an die Finanzämter ausgelöst. Sobald Beitragspflichtige ihre offenen Rückstände begleichen, endet das beschriebene Mahnverfahren unverzüglich. Laut RBB ist leider festzustellen, dass sich viele Beitragspflichtige zum ersten Mal dann erklären, wenn sie ein Schreiben des Finanzamtes erhalten haben. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 809 3 Außerdem verursachte der Modellwechsel rechtlichen Klärungsbedarf. Zahlreiche Beitragskontoinhaberinnen und Beitragskontoinhaber zweifelten die Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitrags an und zahlten nicht. Ohne einen Eingriff hätte das beschriebene automatisierte Mahnverfahren in engen Zeitabständen zu außergewöhnlichen Mengen von Vollstreckungsersuchen geführt . Um die Vollstreckungsstellen der Bundesrepublik Deutschland nicht zu überfordern, haben die Sender deshalb die monatliche Aussendemenge begrenzt und damit die Abarbeitung zeitlich gestreckt. 11. Welche Verwaltungskosten (einschließlich Personalkosten ) sind dem Land Berlin seit Inkrafttreten des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages im Zusammenhang mit jeweils welchem und jeweils wann erfolgten periodischen Meldedatenabgleich entstanden? Zu 11.: Die mit der Umsetzung der Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages verbundene Bestandsübermittlung zum Stichtag 03.03.2013 wurde vom Land Berlin erfüllt. Die Übertragung der Bestandsdaten ist planmäßig im September 2013 erfolgt. Die laufende Datenübermittlung erfolgt über den Datenaustausch/- Übermittlungsstandard des Meldewesens (OSCI- XMELD). Der für die Erstmeldung angefallene Verwaltungsaufwand lässt sich mit verhältnismäßigem Aufwand nicht mehr ermitteln – die Bereitstellung einer entsprechenden technischen Umsetzung (dies gilt auch für die seitdem laufende regelmäßige Datenübermittlung an den Beitragsservice) wurde im Rahmen des bestehenden Softwarepflegevertrages durch den Hersteller der Meldewesensoftware realisiert. Berlin, den 18. Juli 2016 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung B j ö r n B ö h n i n g Chef der Senatskanzlei (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Juli 2016)