Drucksache 17 / 18 841 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Steffen Zillich (LINKE) vom 05. Juli 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Juli 2016) und Antwort Keine MietenaktivistInnen in den Mietervertretungen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Auf welcher Grundlage und unter welchen Voraussetzungen kann Mieterinnen und Mietern der Städtischen Wohnungsbaugesellschaften das passive Wahlrecht zu den Mieterräten entzogen werden? Antwort zu 1: Grundlage für die Wahrnehmung des passiven Wahlrechtes sind die in der Wahlordnung der städtischen Wohnungsbaugesellschaften aufgestellten Grundsätze zur Einrichtung von Mietrräten bei den Gesellschaften . Eine Wahlordnung wurde in einem Abstimmungsprozess zwischen den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften , der Berliner MieterInitiative Mietenvolksentscheid e.V. sowie Initiativgruppen Berliner Mieterbeiräte sowie dem Berliner Senat einheitlich als Musterwahlordnung erarbeitet und als Entwurf zur Beschlussfassung an die Aufsichtsräte der Wohnungsbaugesellschaften weitergeleitet. Die jeweiligen Wahlordnungen wurde gemäß Artikel 2 §§ 6 und 7 Wohnraumversorgungsgesetz Berlin (WoVG Bln) von den jeweiligen Aufsichtsräten beschlossen. Die abgestimmte Musterwahlordnung legt nach § 3 u.a. die Wählbarkeit folgendermaßen fest: Wahlberechtigt und wählbar sind natürliche Personen, die Hauptmieterinnen oder Hauptmieter von Wohnungen im Eigenbestand des landeseigenen Wohnungsunternehmens in Berlin sind, die am Stichtag des Wahlaufrufs das 18. Lebensjahr vollendet haben und unbeschränkt geschäftsfähig sind. Der Mietbeginn muss mindestens sechs Monate vor dem Stichtag des Wahltermins liegen und das Mietverhältnis darf zu diesem Stichtag nicht gekündigt sein (ausgenommen gleichzeitige Neuanmietung einer Wohnung im gleichen Wahlbezirk desselben landeseigenen Wohnungsunternehmens ). Ein entsprechendes Wählerverzeichnis wird vom landeseigenen Wohnungsunternehmen geführt. Mieterinnen und Mieter, die zugleich Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des entsprechenden landeseigenen Wohnungsunternehmens sind, können nicht zum Mitglied des Mieterrates gewählt werden. In § 2 der Wahlordnung ist darüber hinaus geregelt, dass zur Vorbereitung und Durchführung der Wahl jeweils eine Wahlkommission gebildet wird. Somit gehört es u.a. zu den Aufgaben der Wahlkommission eingegangene Interessenbekundungen von Mieterinnen und Mietern auf die Voraussetzungen für eine Kandidatur zum Mieterrat zu prüfen und für die Wahl zuzulassen. Die Wahlkommission stellt demnach durch Beschluss die Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl zum Mieterrat auf und lehnt ggf. eingegangene Bewerbungen ab, sofern aus Sicht der Wahlkommission in der Person schwerwiegende Verstöße gegen das friedliche Zusammenleben oder gegen die Hausordnung vorliegen oder aber eine nachhaltige Verletzungen der mietvertraglichen Pflichten besteht. Frage 2: Inwieweit gehört auch das Engagement im Sinne der Mieterinnen und Mieter bei Konflikten mit den Wohnungsbaugesellschaften zu diesen Voraussetzungen? Antwort 2: Das Engagement im Sinne der Mieterinnen und Mieter bei Konflikten mit den Wohnungsbaugesellschaften gehört nicht zu den Voraussetzungen für den Entzug des passiven Wahlrechts. Frage 3: Inwieweit besteht für die betroffenen Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit, sich gegen den Entzug des passiven Wahlrechts rechtlich zu wehren, bzw. das Vorliegen der Voraussetzungen überprüfen zu lassen? Antwort zu 3: Nicht berücksichtigte Interessentinnen und Interessenten haben die Möglichkeit, gegen eine Ablehnung Einspruch bei der Wahlkommission einzulegen . Der Einspruch wird von der Wahlkommission geprüft . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 841 2 Frage 4: Trifft es zu, dass die Gesobau in mehreren Fällen Mieterinnen und Mietern die Möglichkeit der Kandidatur verweigert hat, die bei Protesten aktiv waren? Mit welcher Begründung erfolgte dies? Antwort zu 4: Nein. Die Wahlordnung gewährleistet, dass eine Einflussnahme durch die GESOBAU ausgeschlossen ist. Somit kann die GESOBAU eine Kandidatur von Mieterinnen und Mietern nicht verweigern. Eine Entscheidung über die Zulassung zur Wahl trifft ausschließlich die Wahlkommission . Die unabhängig arbeitende Wahlkommission besteht mit großer Mehrheit aus ehrenamtlichen Mieterinnen und Mietern sowie ergänzend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des landeseigenen Wohnungsunternehmens . Die Mitgliedschaft in der Wahlkommission stand bis zur konstituierenden Sitzung der Kommission allen Mieterinnen und Mietern offen. Bei den Zulassungsentscheidungen der Wahlkommission der GESOBAU machten die beiden GESOBAU-Mitarbeiterinnen, die das Unternehmen in der Wahlkommission vertreten, von ihrem Recht Gebrauch, sich der Stimme zu enthalten. Unabhängig davon kam es bei den Entscheidungen der Wahlkommission zu jeweils eindeutigen Abstimmungsergebnissen. Frage 5: Wie bewertet der Senat einen Ausschluss von Aktivistinnen und Aktivisten von der Möglichkeit, zur Wahl der Mieterräte zu kandidieren? Antwort zu 5: Eine Bewertung der Entscheidungen der unabhängigen Wahlkommissionen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften zur Einrichtung von Mieterräten steht dem Senat nicht zu. Die Wahlkommissionen entscheiden souverän auf der Grundlage der Wahlordnungen . Frage 6: In wie vielen Fällen ist der Entzug des passiven Wahlrechts für die anstehenden Wahlen zu den Mietervertretungen erfolgt? (bitte aufgliedern nach Wohnungsbaugesellschaften ) Antwort zu 6: Gesellschaft Entzug passives Wahlrecht degewo 41 Gewobag 31 GESOBAU 22 HOWOGE 6 STADT UND LAND 0 WBM 8 Frage 7: In wie vielen Fällen ist der Entzug des passiven Wahlrechts für die anstehenden Wahlen zu den Mietervertretungen erfolgt, weil die betroffenen Mieterinnen und Mieter sich an Protesten gegen Handlungen der Wohnungsbaugesellschaften beteiligt haben? (bitte aufgliedern nach Wohnungsbaugesellschaften) Antwort zu 7: Die Teilnahme an Protesten gegen Handlungen der städtischen Wohnungsbau-gesellschaften stellt keinen Ausschlussgrund dar. Berlin, den 18. Juli 2016 In Vertretung Prof. Dr.- Ing. Engelbert Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Juli 2016)