Drucksache 17 / 18 844 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 06. Juli 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juli 2016) und Antwort Wie bitte was? – Sprachkurse für Asylsuchende und Geduldete in Berlin (III) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wann wird die im „Masterplan Integration und Sicherheit“ auf S. 36 (Langfassung) angekündigte Geschäftsstelle Integration für die Zusammenführung und Koordination der Angebote der Erwachsenenbildung und der politischen Bildung ihre Tätigkeit aufnehmen? Zu 1.: Die Geschäftsstelle Integration wird vor allem Aufgaben der Koordination und Qualitätssicherung der Angebote für die bezirklichen Berliner Volkshochschulen übernehmen. Momentan laufen die dafür notwendigen Planungsprozesse. Hierzu können im Rahmen des Masterplans Integration und Sicherheit den Bezirken zur Verfügung gestellte Mittel eingesetzt werden. 2. Wurden übergangsweise in der Zeit bis die Geschäftsstelle Integration für die Zusammenführung und Koordination der Angebote der Erwachsenenbildung und der politischen Bildung ihre Tätigkeit aufnimmt Personaloder andere Ressourcen zur Entlastung der Volkshochschulen zur Verfügung gestellt, die bislang die verschiedenen Angebote der Erwachsenenbildung und der politischen Bildung koordiniert haben? Zu 2.: Die Volkshochschulen koordinieren zahlreiche Deutschkurse für Migrantinnen und Migranten und leisten damit einen erheblichen Beitrag zur Integration von Neuzugewanderten . Hierzu gehören neben den landesfinanzierten Deutschkursen für Geflüchtete auch die Integrationskurse des Bundes sowie aus dem Europäischen Sozialfonds und Bundesmitteln geförderte Maßnahme zur berufsbezogenen Sprachförderung. Interimsweise wird die Koordination sowie Qualitätssicherung der an allen Volkshochulen durchgeführten landesfinanzierten Kurse für Geflüchtete insbesondere durch die Volkshochschule Mitte in Form einer Leitstelle geleistet. Hierzu wurden interne Ressourcen temporär genutzt. Zusätzliche Personalstellen wurden spezifisch für diese Aufgabe nicht zur Verfügung gestellt. Aus den von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen bereit gestellten Mittel können Honorar- und Sachmittel verausgabt werden, die zur Durchführung der Kurse benötigt werden. 3. Welche Änderungen ziehen die geänderten Vorgaben des Bundes, dass Wertevermittlung (z.B. Teilhabe, Demokratie, Grund- und Menschenrechte) in den Sprachkursen früher und stärker erfolgen soll, nach sich? Teilt der Senat die Einschätzung mancher Pädagogen, dass eine so frühe Wertevermittlung möglicherweise zulasten des Spracherwerbs gehen könnte? Zu 3.: Der Senat begrüßt ein stärkeres Augenmerk auf die Integration in die Gesellschaft jenseits von Spracherwerb und Arbeitsmarktintegration. Aus diesem Grund wird im Masterplan Integration und Sicherheit auch eine Einladung zu Sprach- und Wertekursen ausgesprochen. Daher setzen sich die Berliner Volkshochschulen, als die Institution, an der die Kurse für Geflüchtete und auch Integrationskurse stattfinden, intensiv mit dem Thema auseinander. Eine entsprechende Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft ist gebildet worden. Ein wichtiger Aspekt in den Überlegungen der Arbeitsgruppe ist der Ansatz der Gestaltung eines Wertedialogs sowie der frühen, impliziten Wertevermittlung, ohne, dass der sprachliche Lernerfolg beeinträchtigt wird. Von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz werden zudem derzeit in niedrigschwelligen Bildungsformaten an drei Volkshochschulen Grundfragen des demokratischen Zusammenlebens und deren gesetzliche Grundlagen thematisiert. Nach Abschluss der Erprobungsphase soll dieses Angebot in einem weiteren Schritt flächendeckend ausgerichtet und auf die Phase nach der Statusklärung der geflüchteten Personen ausgeweitet werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 844 2 Auch der Elternbildungsarbeit wird eine zentrale Aufgabe im Rahmen der Wertevermittlung und der Orientierungshilfen für Geflüchtete zukommen. Die Volkshochschulen bieten hierfür mit den „Mütter- und Elternkursen“ seit Jahren eine verlässliche Struktur. Dabei kooperieren sie mit Schulen, Kitas, Familienzentren und anderen stadtteilnahen Einrichtungen. Die „Mütter- und Elternkurse “ sollen im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel zunächst bis Ende 2016 als Pilotversuch für Eltern von Kindern aus Willkommensklassen zugänglich gemacht werden. 4. Wie viele berufsbezogene Sprachkurse im Kontext der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse hat das Landesnetzwerk Berlin im Rahmen des Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung“ (S. 38 der Langfassung des Masterplans) bislang durchgeführt (bitte getrennt nach Niveaus aufführen)? Wie viele dieser Kurse wurden speziell für Frauen durchgeführt? Wie viele Teilnehmer *innen haben bislang diese Kurse a) belegt und b) mit einem Abschlusstest (spezifiziert nach Erfolgsquote und Niveau) absolviert? Zu 4.: Das IQ Landesnetzwerk Berlin hat bisher insgesamt sieben berufsbezogene Sprachkurse durchgeführt. Diese Kurse wurden nicht speziell für Frauen durchgeführt . Es bestehen jedoch Planungen, perspektivisch Kurse dieser Art durch den Senat anzubieten. An den fünf berufsbezogenen Sprachtrainings B2 für nicht-akademische Gesundheitsberufe haben insgesamt 84 Personen teilgenommen, von denen 73 die Sprachprüfung B2 bestanden haben. Dies entspricht einer Erfolgsquote von 87%. An den zwei berufsbezogenen Sprachtrainings B2/C1 für Erzieher- und Sozialberufe haben 16 Personen teilgenommen , davon haben drei Teilnehmende die Sprachprüfung C1 abgelegt, eine Person die Sprachprüfung B2. Zusätzlich dazu gab es in diesen Kursen zwei Abbrüche wegen Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und zwei weitere Austritte. Berücksichtigt man lediglich die zur Prüfung angetretenen Teilnehmenden ergibt sich eine Erfolgsquote von 33%. 5. Wie werden Asylsuchende und Geduldete über die Möglichkeiten an Deutschkursen teilzunehmen informiert ? (Bitte entsprechende Informationen, Hinweise im Original anfügen.) Zu 5.: Ein wichtiges Instrument ist die eigens eingerichtete Internetseite www. vhs-refugees.de, die alle wichtigen Informationen um das Kurssystem und vor allem um vorhandene Kurse in sieben Sprachen zur Verfügung stellt. Darüber hinaus findet sich das Angebot in der von dem Integrationsbeauftragten des Senats herausgegebenen Broschüre „Angebote für Geflüchtete“, in der Anlaufstellen und Adressen aufgelistet werden, die Geflüchtete bei der Integration ins Erwerbsleben unterstützen. Außer auf Deutsch liegt die Broschüre auch auf Arabisch, Englisch, Farsi und Französisch vor. Sie wird an Erstaufnahmestellen , Hilfsorganisationen und Initiativen verschickt und steht unter folgendem Link zum Download bereit: https://www.berlin.de/lb/intmig/veroeffentlichungen/r echtsfragen Auch wird es in dem sich in Vorbereitung befindenden Informationspaket für neu ankommende Geflüchtete einen hervorgehobenen Hinweis auf das Angebot der Volkshochschulen geben. Dieses Informationspaket soll allen Geflüchteten bei ihrer Registrierung übergeben werden. 6. Ist dem Senat bekannt, wie viele der in Berlin lebenden Asylsuchenden und Geduldeten Bedarf hatten, einen dieser Deutschkurse zu belegen, aber aufgrund der großen Nachfrage keinen Platz erhalten haben? (Bitte in Prozent angeben.) Zu 6.: Eine Statistik, wie viele der in Berlin lebenden Asylsuchenden und Geduldeten Bedarf hatten, einen dieser Deutschkurse zu belegen, aber aufgrund der großen Nachfrage keinen Platz erhalten haben, wird nicht geführt . Sofern Asylsuchende und Geduldete nicht unverzüglich einen Kursplatz erhalten, können sie in einen anderen Stadtbezirk ausweichen oder zu einem späteren Zeitpunkt teilnehmen. 7. In welcher Höhe wären nach Ansicht des Senats Finanzmittel pro Jahr nötig, um ein flächendeckendes Angebot an Sprach- und Integrationskursen für Asylsuchende und Geduldete sowie anerkannte Flüchtlinge in Berlin anzubieten? Zu 7.: Für 2016 und 2017 sind im Haushalt je 1,7 Mio. € für Deutschkurse für Geflüchtete, die keinen Zugang zu den vom Bund finanzierten Integrationskursen haben, veranschlagt. Im Rahmen des Masterplans Integration und Sicherheit werden diese Mittel für 2016 und 2017 aufgestockt, sodass alle Geflüchteten frühestmöglich mit einer Basissprachförderung versorgt werden können. Anerkannte Flüchtlinge werden in das vom Bund bereit gestellte Integrationskurssystem aufgenommen, über deren Kostenkalkulation der Senat keine Kenntnis hat. Berlin, den 25. Juli 2016 In Vertretung Barbara Loth Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juli 2016)