Drucksache 17 / 18 850 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Uwe Lehmann-Brauns (CDU) vom 05. Juli 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2016) und Antwort Unterbringung von Flüchtlingen in der Thielallee 88-94, 14195 Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Nach welchen Gesichtspunkten entscheidet der Berliner Senat angesichts stark sinkender Flüchtlingszahlen über Standorte für integrierte Erstaufnahmeeinrichtungen (EAEplus)? Ist in der Thielallee 88 überhaupt noch ein EAEplus geplant, zumal der Umbau von teilweise dort unter Denkmalschutz stehender Gebäude umständlich und teuer wäre? 3. Ist die weitere Entwicklung der Berliner Wissenschaftslandschaft nach wie vor eine der Prioritäten der Politik des Senats? 4. Teilt deshalb der Senat die Meinung, dass das Gelände zwischen Thielallee, Corrensplatz, Bötticherstraße und Unter den Eichen („Dahlemer Dreieck“), nach temporärer Inanspruchnahme als Flüchtlings-Erstunterkunft, so schnell wie möglich für Zwecke der Wissenschaft genutzt werden sollte, also für Forschung und Lehre sowie als Erweiterungsfläche für das neue Technologie- und Gründerzentrum , und außerdem durch den Bau von Wohnungen für Studenten dem unerträglichen Wohnungsmangel auf diesem Sektor begegnet werden könnte? Zu 1., 3. und 4.: Die Zuzugszahlen bei Asylbegehrenden fallen bundesweit seit März 2016 signifikant niedriger aus als in den vorangegangenen Monaten, doch bleibt ungewiss, ob diese Entwicklung längerfristig anhält oder zukünftig wieder eine gegenläufige Entwicklung mit erneut steigenden Zuzugszahlen eintreten wird. Diese Unwägbarkeiten müssen bei der Bedarfsplanung berücksichtigt werden, um auch bei einem möglichen kurzfristigen Wiederanstieg der Zuzugszahlen ausreichende Unterbringungskapazitäten gewährleisten zu können. In diesem Sinne haben sich auch der Bundesminister des Innern sowie der Minister für Inneres und Sport des Landes Saarland in seiner Funktion als Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder (IMK) in einem an den Präsidenten des Bundesrechnungshofs gerichteten gemeinsamen Schreiben vom 08.07.2016 dafür ausgesprochen, die „Unterbringungskapazitäten in den Bundesländern zurzeit so aufrecht (zu) erhalten, dass sie bei einem möglicherweise sehr kurzfristigen Anstieg der Zahl der Asylsuchenden sofort genutzt werden können“ und ergänzt, dass „ein im Wesentlichen nicht kurzfristig revidierbarer Abbau zu vieler Aufnahmeeinrichtungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zielführend (wäre)“. Ungeachtet der zurückgegangenen Zuzugszahlen sind im ersten Halbjahr 2016 nahezu 12.000 Asylsuchende über das bundesweite IT-Verfahren EASY nach Berlin verteilt worden. Mehr als zwei Drittel aller in Berlin aufgenommenen Asylbegehrenden entfallen dabei auf die fünf Herkunftsländer Afghanistan, Eritrea, Iran, Irak und Syrien; für diese fünf Staaten weist die Geschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bei den beschiedenen Anträgen im ersten Halbjahr 2016 im gewichteten Mittel eine Schutzquote von rund 75 Prozent aus. Dies bedeutet, dass etwa drei von vier Flüchtlingen, die aus diesen Staaten stammen und in Berlin um Schutz nachsuchen, nach Abschluss des Asylverfahrens über ein verstetigtes Bleiberecht verfügen. Auf Grund der Situation in den Herkunftsländern kann nicht von einem kurzfristigen Wegfall der Fluchtursachen ausgegangen werden , so dass auch weiterhin mit einem stetigen Zuzug zu rechnen ist. Insbesondere für diesen Personenkreis mit guter Bleibeperspektive sind flankierende Maßnahmen zur Unterstützung einer möglichst frühzeitigen Eingliederung in das hiesige soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben daher von besonderer Bedeutung. Diese flankierenden Maßnahmen zu ermöglichen stellt den wesentlichen Ansatz von EAEplus-Standorten dar. Aus alledem ergibt sich, dass ungeachtet der derzeit im Vergleich zum vierten Quartal des Vorjahres verringerten absoluten Zuzugszahlen auch zukünftig grundsätzlich ein Bedarf an EAEplus-Einrichtungen festzustellen ist, wobei die Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) die Bedarfsbemessung flexibel an die voraussichtliche Zuzugsentwicklung anpasst. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 850 2 Hinsichtlich der standortbezogenen Kriterien, nach denen die im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) zuständige BUL die Eignung einer Liegenschaft für die Errichtung einer Erstaufnahmeeinrichtung plus (EAEplus) beurteilt, wird auf die Antwort des Senats vom 30.05.2016 zu Frage 1 der Schriftlichen Anfrage 17/18550 vom 11.05.2016 verwiesen. Derzeit stellt sich der Sachstand beim Standort Thielallee wie folgt dar: Eine Umsetzung als EAEplus- Standort ist derzeit nicht vorgesehen, eine Prüfung hierzu erfolgt nicht. Insoweit die temporärere Inanspruchnahme als Flüchtlings -Erstunterkunft nicht mehr erforderlich sein sollte, wäre aufgrund der räumlichen Anbindung die Nutzung des betreffenden Areals für Zwecke der Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie den Bau von Wohnungen für Studentinnen und Studenten denkbar und vielmehr vorrangig zu prüfen. Hierzu wären Erwerbsverhandlungen mit dem Eigentümer der Grundstücke Thielallee 88-92 - der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BlmA) - erforderlich. Auch die Grundstücke des ehemaligen Bundesinstituts für Risikobewertung - Boetticherstraße 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14, 16, Thielallee 74, Unter den Eichen 82, 83, 84 befinden sich im Eigentum der BImA. Die restlichen Grundstücke des „Dahlemer Dreiecks“ (Thielallee 94, Unter den Eichen 84 A, 84 B, 84 C, 84 D) befinden sich in Privateigentum. 2. Trifft es zu, dass die dortige Aufnahmekapazität seit einiger Zeit nicht mehr ausgeschöpft wurde und stellt die in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage vom 11. Mai 2016 genannte Zahl von 326 Plätzen auch die vorgesehene Obergrenze dar? Zu 2.: Da es sich bei dieser Einrichtung um eine Notunterkunft handelt, besteht hinsichtlich der maximalen möglichen Belegung (Kapazität) eine gewisse Flexibilität. So waren am Stichtag 01.03.2016 noch 337 von zu diesem Zeitpunkt insgesamt 340 verfügbaren Plätzen belegt. Zum letzten aktuellen Erfassungsstichtag der von der BUL erstellten Statistik, dem 19.07.2016, waren dort – bei einer Kapazität von wiederum 340 Plätzen – noch 249 Personen untergebracht, die Auslastung der Einrichtung beträgt daher derzeit immer noch annähernd 75 Prozent. Berlin, den 26. Juli 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juli 2016)