Drucksache 17 / 18 851 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 06. Juli 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Juli 2016) und Antwort Datei „Sportgewalt Berlin“ (IV) – Aktueller Stand Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele personenbezogenen Datensätze sind aktuell in der landeseigenen Datei „Sportgewalt“ erfasst? Zu 1.: In der Datei „Sportgewalt Berlin“ sind zum Stichtag 12. Juli 2016 1.382 personenbezogene Datensätze gespeichert. 2. Wie verteilen sich die aktuell in der landeseigenen Datei „Sportgewalt“ gespeicherten Personendatensätze nach Vereinszugehörigkeit und nach den Kategorien (A: „friedlich“, B: „gewaltbereit/-geneigt“ und C: „gewaltsuchend “)? (Bitte eine detaillierte Einzelauflistung nach Verein und Kategorie.) Zu 2.: Eine Speicherung von Personendaten von Personen der Kategorie A („friedlich“) entspricht nicht dem Sinn und den rechtlichen Voraussetzungen der Datei „Sportgewalt Berlin“ und findet daher nicht statt. Der Gesamtbestand der Datei „Sportgewalt Berlin“ mit Stand 12. Juli 2016 setzt sich wie folgt zusammen: Vereinszugehörigkeit Gesamt Kategorie B Kategorie C Hertha BSC 553 488 65 1. FC Union Berlin 398 355 43 1. FC Union Berlin II 1 1 BFC Dynamo 389 287 102 Tennis Borussia Berlin 6 4 2 SV Babelsberg 03 3 3 Energie Cottbus 6 4 2 Eintracht Frankfurt 3 3 Hamburger SV 1 1 Werder Bremen 2 2 FC Schalke 04 2 2 FC Magdeburg 4 2 2 TSV München 1860 1 1 Karlsruher SC 3 3 FC St. Pauli 1 1 Hansa Rostock 3 3 Lichtenberg 47 1 1 MKS Pogon Stettin 1 3 1 2 Eisbären Berlin 1 1 ES Jungfüchse Weißwasser 2 1 1 1 Morski Klub Sportowy Pogoń Szczecin 2 Eissport Jungfüchse Weißwasser Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 851 2 3. Von wie vielen Personen sind aktuell Datensätze in der landeseigenen Datei „Sportgewalt“ in den jeweiligen folgenden Kategorien gespeichert: a) Beschuldigte von Straftaten, b) Verdächtige von Straftaten, c) Gefahrverursacher*innen, d) Personen, gegen die Personalienfeststellungen, Platzverweise, und Ingewahrsamnahmen zur Verhinderung anlassbezogener Straftaten angeordnet wurden, e) Kontaktpersonen potentieller Straftäter*innen im Sinne des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 Allgemeines Sicherheits - und Ordnungsgesetz Berlin (ASOG Bln), Zeugen, Hinweisgebern und sonstigen Auskunftspersonen, wenn die Voraussetzungen des § 43 Absatz 1 ASOG Bln vorliegen ? (Bitte eine genaue Einzelaufschlüsselung nach Anzahl der gespeicherten Personen und Kategorien.) Zu 3.: Abweichend von der Antwort zur Frage 6 der Schriftlichen Anfrage Nr.17/17274 des Abgeordneten Hakan Taş konnte zwischenzeitlich eine teilweise Recherchierbarkeit zur Fragestellung realisiert werden. Von den am 12. Juli 2016 in der Datei „Sportgewalt Berlin“ gespeicherten 1.382 Personen sind 1.177 Personen als Beschuldigte oder Tatverdächtige einer Straftat, 986 Personen als Gefahrenverursacherinnen / Gefahrenverursacher gemäß § 13 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz Berlin (ASOG Bln) und keine Person gem. §§ 25 Abs. 2 Nr. und 43 Abs. 1 ASOG Bln erfasst. Eine Differenzierung zwischen Beschuldigten und Tatverdächtigen wird nicht vorgenommen. Gegen alle erfassten Personen wurde eine Identitätsfeststellung angeordnet, dies ergibt sich aus der Erfassung mit Personaldaten. Mehrere Personen sind sowohl als Beschuldigte oder Tatverdächtige von Straftaten als auch gemäß § 13 ASOG Bln gespeichert, daher ist nicht differenzierbar, ob die Identitätsfeststellung aufgrund der Strafprozessordnung oder nach dem ASOG Bln angeordnet wurde. Weitere angeordnete Maßnahmen sind nicht automatisiert recherchierbar . 4. Falls die Frage unter 3. nicht beantwortet werden kann, weil die aufgeführten Personenkategorien in der Datei angeblich nicht recherchefähig sind, warum werden die jeweiligen Speicheranlässe in der Datei „Sportgewalt“ Berlin nicht derart erfasst, dass sie statistisch auswertbar sind? Zu 4.: Entfällt. 5. Wie viele Personendatensätze sind in den Jahren seit 2010 jeweils in der landeseigenen Datei „Sportgewalt “ neu angelegt worden? (Bitte nach Jahr, Vereinszugehörigkeit und Kategorie aufschlüsseln.) Zu 5.: Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich , da regelmäßig Personendatensätze gelöscht werden und eine kumulative quantitative Erhebung der Datensätze nicht erfolgt. 6. Falls die Neuanlage der Personendatensätze in der Datei „Sportgewalt“ für eine statistische Auswertung nicht erfasst wird oder nicht ermittelbar ist: a) Aus welchen Gründen sind die jeweiligen Zeitpunkte der Neuanlage der Datensätze in der Datei „Sportgewalt “ Berlin nicht statistisch auswertbar, obwohl im Hinblick auf die Einhaltung der Löschfristen ein Anlegedatum erfasst werden muss? b) Aus welchen Gründen kann eine statistische Erfassung des Zeitpunkts der Neuanlage von beispielsweise personengebundenen Hinweisen (PHW) im Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) erfolgen (vgl. Antwort auf die Schriftliche Anfrage Drs. 17/17338, Frage 4), für die Datensätze in der Datei „Sportgewalt“ allerdings nicht? Zu 6. a): Gemäß der besonderen Zweckbestimmung der Datei „Sportgewalt Berlin“ sind Prüf- und Löschfristen , nicht aber unbedingt Verwaltungsdaten relevant. Bei der Errichtung der Datei war die Funktion einer statistischen Auswertung des Anlagedatums von Personendatensätzen nicht vorgesehen und bislang auch nicht erforderlich . Eine nachträgliche Einfügung einer entsprechenden Funktion wäre nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu realisieren. Die Einhaltung der Löschfristen ist auch ohne eine solche automatisierte Recherchefunktion gewährleistet. Zu 6. b): Das Polizeiliche Landessystem zur Information , Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) ist ein Datenverarbeitungssystem, welches der geschäftsmäßigen Bearbeitung vollzugspolizeilich relevanter Ereignisse und der schnellen Auskunft zu Personen, Sachen, Institutionen und Vorgängen dient. Diese Funktion erfordert eine entsprechende Recherchierbarkeit der gespeicherten Daten, auch hinsichtlich ihrer jeweiligen Historie, die gerichtsverwertbar mit dem Zeitpunkt der Anlage eines Datensatzes zu dokumentieren ist. Somit sind entsprechende Angaben, wie zur Schriftlichen Anfrage Drucksache 17/17338 erfolgt, möglich. Zur nicht vorhandenen Möglichkeit zur Recherche in der Datei „Sportgewalt Berlin“ siehe Antwort zu 6. a). 7. Wie viele Datenabfragen in der landeseigenen Datei „Sportgewalt“ erfolgten durch die Berliner Polizei jeweils in den Jahren seit 2010? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln.) Zu 7.: Bei der Datei „Sportgewalt Berlin“ handelt es sich um eine Arbeitsdatei der Fachdienststelle Sportgewalt der Polizei Berlin. Der Zugriff ist ausschließlich den Mitarbeitenden / Beschäftigten der Fachdienststelle gestattet . Eine Erhebung über die Anzahl der Dateizugriffe erfolgt nicht. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 851 3 8. Welche verschiedenen Löschfristen gelten derzeit für die Speicherung von personenbezogenen Daten in der Datei „Sportgewalt“ Berlin? (Bitte jeweils nach Zeiträume, Personenkategorien und der jeweiligen Rechtsgrundlage aufschlüsseln.) Zu 8.: Die Löschung der Datensätze richtet sich bei Beschuldigten und Tatverdächtigen nach § 48 Absatz 2 und Absatz 4 ASOG Bln in Verbindung mit § 1 der Prüffristenverordnung, bei den übrigen – in der Frage zu 3. genannten - Personen nach § 43 Absatz 1 Sätze 2 und 3 ASOG Bln. 9. Wie viele Auskunftsersuchen über eine mögliche Speicherung in der Datei „Sportgewalt“ Berlin wurden in den Jahren 2015 und 1. Halbjahr 2016 gestellt? a) In wie vielen Fällen dieser Auskunftsersuchen waren tatsächlich personenbezogene Daten der auskunftsbegehrenden Personen in der Datei „Sportgewalt“ Berlin gespeichert? b) In wie vielen Fällen dieser Auskunftsersuchen waren keine personenbezogenen Daten der auskunftsbegehrenden Personen in der Datei „Sportgewalt“ Berlin gespeichert ? Zu 9.: Bei der zentralen Auskunftsstelle des Landeskriminalamtes (LKA) sind insgesamt 23 Auskunftsanträge eingegangen, die sich explizit auf die Datei „Sportgewalt Berlin“ beziehen. Davon wurden 18 Anträge im Jahr 2015 und fünf Anträge im 1. Halbjahr 2016 gestellt. Zwei Anträge wurden nicht weiter bearbeitet , da der erforderliche Identitätsnachweis auch nach der zweiten Aufforderung nicht nachgereicht wurde. In 11 Fällen waren personenbezogene Daten der auskunftsbegehrenden Person gespeichert. In 10 Fällen waren keine personenbezogenen Daten der auskunftsbegehrenden Person gespeichert. 10. Wie lange war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Auskunftsersuchen dieser Art in den Jahren 2015 und 1. Halbjahr 2016 und aufgrund welcher Umstände kann sich die Bearbeitungszeit verlängern? Zu 10.: Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag bei bis zu drei Monaten ab Antragseingang. Aufgrund häufiger Nichteinhaltung formeller Voraussetzungen (zum Beispiel fehlende Ausweiskopie) verlängerte sich die Bearbeitungszeit entsprechend. 11. Wie viele Fälle sind dem Senat bekannt, in denen Auskunftsersuchen über eine mögliche Speicherung von personenbezogenen Datensätzen in der Datei „Sportgewalt “ Berlin nicht fristgerecht bzw. nicht in einem angemessenen Zeitraum bearbeitet wurden? Zu 11.: Für Auskunftsanträge nach § 50 ASOG Bln gilt eine Frist von drei Monaten. Im Jahr 2015 konnten sechs Anträge innerhalb von drei Monaten nicht bearbeitet werden. Die Antragstellenden erhielten bei Fristüberschreitung Kenntnis in Form eines Zwischenbescheides. Im 1. Halbjahr 2016 wurden alle Anträge fristgerecht bearbeitet. 12. Wie viele Klageverfahren sind derzeit wegen der Art und Weise der Bearbeitung (Nichtbearbeitung, verzögerte Bearbeitung etc.) von Auskunftsersuchen über die Speicherung von personenbezogenen Datensätzen in der Datei „Sportgewalt“ Berlin anhängig? Zu 12.: Es sind keine anhängigen Klageverfahren bekannt . 13. Sieht der Senat einen Bedarf, die Errichtungsanordnung der Datei „Sportgewalt“ Berlin dahingehend zu ändern, dass Betroffene proaktiv über die Speicherung von personenbezogenen Daten in der Datei „Sportgewalt“ Berlin in Kenntnis gesetzt werden? Zu 13.: Nein, ein solcher Bedarf wird nicht gesehen. Die bereichsspezifischen Regelungen des ASOG Bln sehen eine Benachrichtigungspflicht nicht vor. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. In die Datei „Sportgewalt Berlin“ fließen nur offene und für die Betroffenen erkennbar gewonnene Informationen ein. Den Betroffenen bleibt es unbenommen, einen Antrag auf Auskunft zur Speicherung in der Datei nach § 50 ASOG Bln zu stellen. Es ist darüber hinaus kein Grund ersichtlich, diese Datei anders zu behandeln als andere Auskunftssysteme. Berlin, den 27. Juli 2016 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Juli 2016)