Drucksache 17 / 18 871 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Michael Braun (CDU) vom 13. Juli 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juli 2016) und Antwort Wohnungsankaufspolitik des Senats von Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele vermietete Bestandswohnungen haben die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften – aufgelistet nach Gesellschaft, Standort, Anzahl der Wohneinheiten und Kaufpreis - in den Jahren 2014 bis 2016 erworben bzw. stehen kurz vor dem Erwerb? Zu 1.: Folgende Tabelle listet die von den Wohnungsbaugesellschaften (WBG) seit dem Jahr 2014 bereits erworbenen Bestandsimmobilien nach Bezirk und Anzahl der Wohneinheiten (WE) auf. Da Grundstücksgeschäfte grundsätzlich der Vertraulichkeit unterliegen, können keine Angaben über die Kaufpreise gemacht werden. WBG Bezirk Anzahl WE degewo AG (degewo) Steglitz-Zehlendorf 212 Tempelhof-Schöneberg 90 Tempelhof-Schöneberg 104 Tempelhof-Schöneberg 829 Tempelhof-Schöneberg 409 Neukölln 310 Tempelhof-Schöneberg 60 Tempelhof-Schöneberg 8 Treptow-Köpenick 105 Neukölln 54 Charlottenburg-Wilmersdorf 55 Steglitz-Zehlendorf 30 Charlottenburg-Wilmersdorf 20 Summe 2.286 Gesobau AG (Gesobau) Pankow 16 Reinickendorf 788 Mitte 84 Pankow 32 Reinickendorf 5 Reinickendorf 78 Summe 1.033 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 871 2 Gewobag Wohnungsbau-AG (Gewobag) Lichtenberg 180 Spandau 825 Steglitz-Zehlendorf 88 Tempelhof-Schöneberg 139 Mitte 41 Friedrichshain-Kreuzberg 20 Summe 1.113 Howoge Wohnungsbau-GmbH (Howoge) Pankow 40 Pankow 141 Marzahn-Hellersdorf 305 Marzahn-Hellersdorf 307 Marzahn-Hellersdorf 316 Marzahn-Hellersdorf 247 Marzahn-Hellersdorf 337 Marzahn-Hellersdorf 455 Marzahn-Hellersdorf 382 Marzahn-Hellersdorf 240 Lichtenberg 124 Lichtenberg 537 Lichtenberg 409 Summe 3.840 Stadt und Land Wohnbauten-GmbH (SuL) Treptow-Köpenick 36 Tempelhof-Schöneberg 84 Treptow-Köpenick 173 Treptow-Köpenick 20 Treptow-Köpenick 13 Neukölln 64 Steglitz-Zehlendorf 30 Treptow-Köpenick 52 Marzahn-Hellersdorf 75 Neukölln 467 Tempelhof-Schöneberg 41 Treptow-Köpenick 41 Treptow-Köpenick 28 Treptow-Köpenick 42 Diverse Bezirke 678 Treptow-Köpenick 120 Marzahn-Hellersdorf 966 Neukölln 165 Steglitz-Zehlendorf 76 Treptow-Köpenick 19 Treptow-Köpenick 18 Marzahn-Hellersdorf 150 Summe 3.358 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 871 3 WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin- Mitte mbH (WBM) Friedrichshain-Kreuzberg 772 Mitte 1.886 Pankow 32 Spandau 26 Summe 2.716 2. Wie viele dieser vermieteten 2014 bis 2016 erworbenen Bestandswohnungen befanden sich früher (seit 1990) im kommunalen Besitz und wurden wann zu welchen Preisen durch die WBG vor 2014 privatisiert (bitte einzeln auflisten)? Zu 2.: Bei der degewo befand sich keine der in Antwort 1 aufgelisteten WE nach 1990 in kommunalem Besitz . Nach Kenntnisstand der Gesobau wurden die seit dem Jahr 2014 erworbenen Bestandswohnungen nicht durch die WBGen privatisiert, mit Ausnahme des erworbenen Bestands in den „Tegeler Höfen“ (788 WE). Diese wurden als Bestand der Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft (GSW) privatisiert und im Jahr 2005 weiter veräußert. Bei der Gewobag befand sich keine der in Antwort 1 aufgelisteten WE nach 1990 in kommunalem Besitz. Bei der Howoge befanden sich alle der in Antwort 1 aufgelisteten WE im kommunalen Besitz . Hiervon wurden 1.070 WE im Jahr 1994 veräußert. Bei der SuL befanden sich 592 der in Antwort 1 aufgelisteten WE im kommunalen Besitz. Hiervon wurden 454 WE im Jahr 1998, 120 WE im Jahr 2004 und 18 WE im Jahr 2005 privatisiert. Bei der WBM befanden sich 1.823 der in Antwort 1 aufgelisteten WE in kommunalen Besitz. Diese WE wurden Ende der 90er Jahre an Immobilienfondsgesellschaften mit Rückkaufoption veräußert. 3. Wie glaubt der Senat durch den Ankauf von voll vermieteten Bestandswohnungen die Wohnungsknappheit in Berlin zu beseitigen? Ist es zutreffend, dass den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften durch den Ankauf von voll vermieteten Bestandswohnungen zu Höchstpreisen das notwendige Kapital für signifikanten Neubau entzogen wird? 4. Teilt der Senat die Auffassung, dass durch den vermehrten Ankauf von vermieteten Bestandswohnungen zu Höchstpreisen durch die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften die Preise in diesem Marktsegment noch zusätzlich angeheizt werden? Zu 3. und 4.: Die wohnungspolitischen Aktivitäten des Senats sind darauf ausgerichtet, dass die Mieten bezahlbar bleiben, so dass auch Haushalte mit geringem Einkommen angemessen mit Wohnraum versorgt werden. Für den Senat sind die landeseigenen WBGen zentrale Partner bei der Erreichung seines wohnungspolitischen Ziels, den landeseigenen Wohnungsbestand bis Ende 2016 auf 300.000 Wohnungen zu erhöhen. Diese Bestandserweiterung auf 300.000 Wohnungen erfolgt durch Bestandserwerb , aber auch durch Wohnungsneubau. Der Ankauf am Markt angebotener Wohnungsbestände wird zum Zweck der Stabilisierung des Mietenmarktes genutzt. Die Ausweitung des landeseigenen Wohnungsbestandes wirkt mietpreisdämpfend auf den Berliner Wohnungsmarkt. Bei Bestandsankäufen achten die WBGen darauf, dass der Kaufpreis eine nachhaltige Bewirtschaftung gewährleistet . 5. Ist es zutreffend, dass die BIM bzw. die Senatsverwaltung für Finanzen den Ankauf des Standortes „Haus der Statistik“ in der Otto-Braun-Straße 70 vom Bund anstrebt? Wenn ja, welcher Kaufpreis wird aufgerufen und wie soll er finanziert werden? Zu 5.: Zunächst war erwogen worden, das Grundstück Otto-Braun-Str. 70, 72 / Karl-Marx-Allee 1 2013 zusammen mit angrenzenden landeseigenen Flächen mit dem Ziel einer überwiegenden Wohnbebauung zu vermarkten. Im Zusammenhang mit der wachsenden Stadt ist der Umgang mit dem Standort zwischenzeitlich einer erneuten Prüfung unterzogen worden. Im Ergebnis war festzustellen , dass sich das Objekt im Bestand sehr gut als Verwaltungsstandort eignen würde. Demzufolge sind Gespräche mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIm A) aufgenommen worden, in denen das grundsätzliche Interesse des Landes Berlin an einem Erwerb der bundeseigenen Flächen bekundet wurde. Im Hinblick auf die Vertraulichkeit von Grundstücksgeschäften kann zu der Höhe des Kaufpreises keine Auskunft erteilt werden. Die Finanzierung ist im Rahmen der dezentralen Ressourcenverwaltung durch die zuständige Fachverwaltung sicherzustellen . 6. Ist es zutreffend, dass in der Otto-Braun-Straße 70 ein zentraler Behördenstandort, insbesondere auch für die BIM angesiedelt werden soll? Mit welchen Herstellungskosten für den Erhalt des abrissreifen Gebäudes wird gerechnet? Zu 6.: Die gute Lage im Zentrum Berlins, die Nähe zu den großen Hauptverwaltungen sowie die sehr gute öffentliche Personennahverkehrsanbindung und leistungsfähige Straßenanbindung stellen überaus positive Standortbedingungen für einen Behördenstandort dar. In die bisherigen Nutzungsüberlegungen ist u. a. auch eine Zusammenführung der aktuell auf drei Standorte verteilten BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM GmbH) einbezogen worden. Die Herrichtungskosten können aktuell noch nicht konkret beziffert werden. Im Hinblick auf die erhebliche Nutzfläche ist von einem Volumen im mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbereich auszugehen . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 871 4 7. Der Standort Otto-Braun-Straße 70 liegt im Bereich des Entwurfs des Bebauungsplans I-70a. Der bisherige Entwurf sieht einen Wohnanteil von ca. 46 % vor, was ca. 470 Wohnungen entspricht. Durch den Erhalt des Gebäudes geht dieses Wohnbaupotential verloren. Wie gedenkt der Senat den Verlust dieser geplanten Wohnbaufläche in Mitte, darunter auch mindestens 150 Wohnungen mit sozialverträglichen Mieten auszugleichen? Zu 7.: Die Entscheidung, den bestehenden Bürokomplex erwerben zu wollen, um nach der Sanierung zunächst für dringend benötigte kommunale Büroflächen zu nutzen , ergab sich erst im Jahr 2015. Für die Entwicklung des städtebaulichen Konzeptes war ein Planungsvorlauf von drei Jahren und weiteren drei Jahren für das bisherige Bebauungsplanverfahren erforderlich. Die bisherigen Überlegungen ließen nicht erwarten, dass auf dem extrem verkehrslärmbelasteten derzeitigen Standort des Gebäudes preisgünstige Wohnungen entstehen würden. Im Übrigen bestehen in dem westlich angrenzenden Planungsgebiet Alexanderplatz durch Planungsrecht gesicherte Potenziale (vgl. Antwort zur Frage 8). 8. Sind Ersatzflächen in dieser Größenordnung in der Nähe des Alexanderplatzes/ Leipziger Platz für die Schaffung des verlorenen Wohnungsneubaus verfügbar? Zu 8.: Im Planungsbereich des Alexanderplatzes besteht auf Grund der rechtskräftigen Bebauungspläne I-B4a und I-B4ca für Vorhaben, die bisher noch nicht genehmigt wurden, ein Potenzial von zwingend zu erfüllenden Wohnflächen von ca. 76.500 m² Gesamtgeschossfläche. Der Wohnungsbau hat sich inzwischen in die südlichen Nachbarbereiche zwischen Stresemannstraße und Landwehrkanal verlagert. Das Workshopverfahren für den Bereich Alexanderplatz hat zu Veränderungen im städtebaulichen Rahmenplan geführt. In den entsprechend zu ändernden Bebauungsplänen soll das bisherige Wohnflächenpotenzial nicht reduziert werden. Hinzu kommen Bereiche, in denen Wohnen im Kerngebiet zwar zulässig ist, bei denen aber erst im Einzelfall im Rahmen des Genehmigungsverfahrens beurteilt werden kann, ob bei dem gewünschten Wohnanteil die Eigenart eines Kerngebietes noch gewahrt bleibt. Im Bereich des Leipziger Platzes bestehen auf Grund des Planungsrechtes und der realisierten Vorhaben dagegen keine Reserven mehr für Wohnflächen . 9. Wie ist dieses Projekt mit dem vom Senat formulierten Ziel der Schaffung neuen Wohnraums zu vereinbaren ? Zu 9.: Der Senat hält an dem Ziel fest, den Alexanderplatz als einen der wichtigsten Zentrumsbereiche Berlins, vielfältig funktional zu stärken und dabei seinen für Zentren sehr hohen Wohnflächenanteil zu erhalten. Dies wird durch die Berücksichtigung aktueller Bedarfe auf einzelnen Grundstücken nicht relativiert, weil es sowohl im engeren Umfeld des Alexanderplatzes als auch durch Nachverdichtungspotenziale im Bereich der Karl-Marx- Allee oder auch im Klosterviertel hinreichende Kompensationsmöglichkeiten gibt. Mittelfristig entwickelbare Wohnungsbaupotentiale kleineren Umfangs bestehen außerdem in den angrenzenden Quartieren unmittelbar nördlich der Mollstraße. Berlin, den 04. August 2016 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Aug. 2016)