Drucksache 17 / 18 901 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Carsten Schatz (LINKE) vom 20. Juli 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Juli 2016) und Antwort Trans- und Intersexuelle bei der Polizei und der Feuerwehr (II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie arbeitet das zentrale Diversity Büro der Berliner Polizei? Welches Konzept liegt seiner Arbeit zugrunde , wer sind seine Kooperationspartner*innen? Sind die Ansprechpersonen für LSBTI der Berliner Polizei Teil des Büros oder wie sind sie in dessen Arbeit einbezogen? Zu 1.: Das Diversity Büro fungiert als zentrale Ansprech - und Koordinierungsstelle des Diversity Managements der Polizei Berlin und stellt als Schnittstelle zur Behördenleitung eine Informationsquelle für alle Dienstkräfte dar. Die thematische Anbindung erfolgt in der Serviceeinheit Personal (SE Pers) im dortigen Referat Personalmanagement, da diese Anbindung eine Verzahnung der Aufgaben des Diversity Managements mit der Personalentwicklung, der strategischen Aus- und Fortbildung und den Verpflichtungen nach dem Landesgleichstellungsgesetz (LGG) gewährleistet. Die zentralisierte Aufgabenwahrnehmung des Diversity Büros ermöglicht anhand der Analyse von Informationen die Bildung von Schwerpunkten im Themenbereich Diversity. Dies führt im weiteren Verlauf zu einer Initiierung , Durchführung sowie Veranlassung von Maßnahmen und stellt eine den sich stetig verändernden Einflussfaktoren adäquate Herangehensweise sicher. Dazu gehören u.a. das Bearbeiten, das Steuern und das Koordinieren von allen eingehenden, dem Diversity Management zuzurechnenden Aufträgen, Aufgaben und Themen ggf. unter Einbindung weiterer Dienststellen, insbesondere von Fachdienststellen mit Diversity-Bezug. Dementsprechend erfolgt auf diese Art und Weise auch die Einbindung und die Hinzuziehung der Ansprechpersonen für Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI), die nicht Teil des Diversity Büros sind. Darüber hinaus findet regelmäßig der Fachausschuss Diversity statt. Die Ansprech-personen für LSBTI nehmen ebenso wie Vertreter der Serviceeinheit Personal, der Zentralen Serviceeinheit und des Landeskriminalamtes an den Sitzungen des Fachausschusses Diversity teil. Die konkrete Zusammenarbeit und Kooperation aller Akteure des Diversity Manage-ments erfolgt auf der Grundlage des „Fachkonzeptes Diversity Management in der Polizei Berlin“. 2. Sollen die Erkenntnisse der Arbeit des Diversity Büros der Polizei auf die Feuerwehr angewandt werden? Wenn ja, wie, wenn nicht, warum nicht? Zu 2.: Die Konzepte und Grundsätze des Diversity- Managements finden auch in der Berliner Feuerwehr Beachtung. Die Diversity-Grundsätze werden in den zahlreichen Konzepten des Personalmanagements (z.B. in den Ausbildungsplänen der Berliner Feuerwehr- und Rettungsdienstakademie - BFRA - und im Betrieblichen Eingliederungsmanagement) berücksichtigt. Alle Konzepte und Aktivitäten zielen u.a. auf den wertschätzenden Umgang mit der Vielfalt der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ab. Die theoretischen und praktischen Erkenntnisse aus der Arbeit des Diversitybüros bei der Berliner Polizei haben Einfluss auf die Arbeit des Personalmanagements der Berliner Feuerwehr und werden in die Arbeit des Diversity-Managements integriert. 3. Nach welchem Konzept erfolgt die Weiterbildung und Schulung innerhalb der Polizei zum Umgang mit und zur Ansprache von Trans- und Intersexuellen? Werden die Schulungen evaluiert? Wie sind die Ergebnisse der Evaluation? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 901 2 Zu 3.: Im Rahmen der Aus- und Fortbildung wird grundsätzlich regelmäßig die Rolle der Polizei in der „Gesellschaft der Vielfalt“ erörtert. Ein vorrangiges Lernziel stellt dabei die Bedeutung eines respektvollen, von Toleranz und Offenheit gegenüber verschiedenen Lebensentwürfen und -einstellungen geprägten polizeilichen Handelns dar. Der Förderung von interkulturellen Kompetenzen und Diversity wird grundlegende Bedeutung beigemessen, um so unter anderem Vorurteile abzubauen und potenziellen Verhaltensweisen, die zu Rechtsverletzungen und Diskriminierungen führen können, schon im Vorfeld konsequent zu begegnen und eine Identifikation mit den Kernprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu festigen. So werden bereits innerhalb der Ausbildung des mittleren und gehobenen Dienstes die Dienstkräfte der Polizei Berlin in Bezug auf Ansprache und körperliche Untersuchung nach § 81a der Strafprozessordnung in einer eintägigen Veranstaltung „Polizei und Homosexualität“ durch die Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin in Kooperation mit dem Opferhilfe- und Gewaltpräventionsprojekt MANEO beschult. Die Ausbildungsveranstaltungen zur Diversity- und interkulturellen Kompetenz erfolgen flächendeckend mit Teilnahmeverpflichtung. Darauf aufbauende Fortbildungen erfolgen anlassbezogen. Weiterbildungsmodule zum Umgang mit und zur Ansprache von Trans- und Intersexuellen werden von den Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin aber z.B. auch durch externe Diversity- Trainerinnen und –Trainer in Zusammenarbeit mit der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen durchgeführt. Die Diversity-Kompetenz wird dabei als eine Schlüsselkompetenz für den Polizeiberuf betrachtet. Die diesbezüglichen Bildungsangebote zielen auf die Reflexion der persönlichen Wertvorstellungen sowie die Steigerung der Kommunikations-, Konfliktlösungs - und Empathiefähigkeiten. Ziel der Bildungsangebote ist, dass die Teilnehmer Perspektivwechsel vornehmen und ihre persönlichen Haltungen und Einstellungen reflektieren, um die Kompetenzen, in diversitätsrelevanten Situationen effektiv und angemessen zu interagieren, zu stärken. Eine gesonderte Evaluierung dieser Veranstaltungen findet nicht statt. 4. Welche Ergebnisse hatte die Prüfung der Umsetzung des Abgeordnetenhausbeschlusses vom 19. Februar 2015 (17/2070) „Hürden im Alltag beseitigen – Unisextoiletten in öffentlichen Gebäuden errichten“? Zu 4.: Die Dienstgebäude des Landes Berlin werden grundsätzlich von der Berliner Immobilienmanagement GmbH verwaltet. Investive Neubaumaßnahmen im Land Berlin werden zentral durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt verantwortet. Die Einhaltung von berlinweiten Grundsätzen des Gebäudemanagements wird landesweit von diesen beiden verantwortlichen Stellen beachtet und gesteuert. Bei der Polizei Berlin gibt es keine besonderen Benutzungsregeln für geschlechtsspezifische Räume wie zum Beispiel Toiletten, Duschen und Umkleiden im Zusammenhang mit trans– und intersexuellen Menschen. Im Bedarfsfall würden jedoch individuelle Regelungen auf den Dienststellen ermöglicht. Die Berliner Feuerwehr richtet - unter Zugrundelegung der im Jahr 2014 erstellten Raumprogramme – derzeit bei Neu- oder Umbaumaßnahmen noch keine Unisextoiletten ein. Ausgenommen hiervon sind Umbaumaßnahmen in kleinen Dienststellen (z.B. Rettungswagenstützpunkt oder eine kleine Freiwillige Feuerwehr), die aus baulicher Sicht keinen ausreichenden Platz bieten, um nach Geschlechtern getrennte Toiletten einzurichten. Die Berliner Feuerwehr ist jedoch bemüht, bei der Erstellung neuer Raumprogramme die Einrichtung von Unisextoiletten vorzusehen. 5. Werden Polizist*innen und Feuerwehrleuten während der Transition die Mittel für geschlechtsspezifische Dienstkleidung auf dem Kleiderkonto erneut zur Verfügung gestellt? Wenn nein, warum nicht? Zu 5.: Für die Dienstkräfte der Polizeibehörde sind die Regelungen zum Tragen der Dienstkleidung in der Polizeidienstvorschrift 350 und in ergänzenden Vorschriften geregelt. Jede Schutzpolizeibeamtin bzw. jeder Schutzpolizeibeamte hat die Möglichkeit, über ein Kleiderkonto innerhalb eines zur Verfügung gestellten Kontingents Dienstkleidung zu beziehen. Eine zusätzliche Bereitstellung von Mitteln auf den individuellen Kleiderkonten erfolgt während der Transition nicht. Aus Gründen des sparsamen Ressourcenumgangs erfolgen auch bei kurzfristigen individuellen körperlichen Veränderungen (beispielsweise bei medizinischen Indikationen , Schlankheitskuren) in keinem Fall zusätzliche Mittelbereitstellungen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die zum Ersatz anstehenden Bekleidungsstücke bereits einer gewissen Abnutzung unterlegen haben und das jeweils verfügbare Restguthaben für einen adäquaten Ersatz ausreichend ist, zumal einige Artikel ohnehin geschlechtsneutral (unisex) ausgeführt sind. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, besteht auf Dienststellenebene in Einzelfällen im Ermessenswege die Möglichkeit zur Bereitstellung von Dienstkleidungsstücken ohne Belastung des individuellen Kleiderkontos. Bei der Berliner Feuerwehr gibt es geschlechtsspezifische Dienstkleidung ausschließlich für folgende Komponenten : - leichte Schutzkleidung - Bürodienstkleidung - Badebekleidung (einmalig bei Neuanstellung). Im Falle einer Geschlechtsangleichung tauscht die Berliner Feuerwehr die betreffende Dienstkleidung auf Wunsch aus. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 901 3 6. Wie werden Polizist*innen und Feuerwehrleute eingesetzt, die nach PDV 300 dienstuntauglich sind (kein intaktes andrologisches oder gynäkologisches Hormonsystem )? Zu 6.: Die polizeiärztliche Beurteilung der Polizeiund der Feuerwehrdienstfähigkeit erfolgt in jedem Einzelfall anhand von medizinischen Diagnosen zum Ausmaß und zur Dauerhaftigkeit der festgestellten Verwendungseinschränkungen . Das Ergebnis dieser Untersuchung wird anschließend der Dienstbehörde unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen übermittelt. Dort wird dann anhand der vorliegenden Verwendungseinschränkungen individuell entschieden, in welchen Bereichen die betroffene Dienstkraft im Rahmen ihrer gesundheitlichen Möglichkeiten eingesetzt werden kann. Sofern weder eine Polizei- oder Feuerwehrdienstfähigkeit noch eine allgemeine Dienstfähigkeit mehr vorliegt, wird das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand eingeleitet. 7. Wird der Senat auf eine Novellierung der PDV 300 dringen? Wenn nein, warum nicht? Zu 7.: Die Vorgaben der geltenden Polizeidienstvorschrift (PDV) 300 werden derzeit unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts länderübergreifend überprüft. Das Ergebnis dieser Überprüfung bleibt abzuwarten. Berlin, den 29. Juli 2016 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Aug. 2016)