Drucksache 17 / 18 937 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 05. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. August 2016) und Antwort Geflüchtete am Berliner Arbeitsmarkt (III) - Auswirkungen des Bundesintegrationsgesetzes auf Geflüchtete in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was wird konkret in Berlin durch den Senat unternommen , um das Integrationsgesetz umzusetzen? Zu 1.: Für die Umsetzung des Integrationsgesetzes (IntG) sind sowohl Bundesinstitutionen, wie z. B. das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Bundesagentur für Arbeit, als auch Landesinstitutionen , wie z. B. die Ausländerbehörde und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und Dritte, wie z. B. beauftragte Träger von Maßnahmen, zuständig. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ist zuständig für die Umsetzung des Arbeitsmarktprogramms Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM). In dem vom Senat am 24. Mai 2016 beschlossenen Masterplan „Integration und Sicherheit“ wurde die Aufstockung der Mittel für Arbeitsgelegenheiten nach § 5 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) festgehalten. Dieses Angebot wird nun durch das Inkrafttreten des IntG um ein Arbeitsmarktprogramm des Bundes für Flüchtlinge, die sich noch im laufenden Asylverfahren befinden, ergänzt. Mit dem Arbeitsmarktprogramm FIM schafft die Bundesregierung für Flüchtlinge schon während des Asylverfahrens die Möglichkeit einer sinnvollen und gemeinwohlorientierten Beschäftigung. Zur Einrichtung von jährlich rund 100.000 Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge wird der Bund von 2017 bis 2020 jährlich 300 Mio. Euro zur Verfügung stellen. Die Verteilung der Mittel auf Länderebene orientiert sich – entsprechend den Aufnahmequoten der Bundesländer – am Königsteiner Schlüssel, so dass auf Berlin rund fünf Prozent der Mittel entfallen. Rechtsgrundlage für diese Maßnahmen ist der neue § 5a AsylbLG. Dabei knüpfen die FIM nach § 5a AsylbLG an die bereits bestehenden Maßnahmen der gemeinnützigen zusätzlichen Arbeit (GzA) nach § 5 AsylbLG an. Unterschieden wird in interne FIM (bei einem Träger einer Flüchtlingseinrichtung) und externe FIM (bei gemeinnützigen Vereinen, Landesunternehmen, Bezirken und klassischen Maßnahmeträgern des Zweiten und Drittem Buch Sozialgesetzbuch – SGB II/SGB III). Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales wird ein Rundschreiben zur Umsetzung der Maßnahmen nach §§ 5, 5a AsylbLG veröffentlichen. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen unterstützt im Rahmen ihrer Handlungsmöglichkeiten und der im Landeshaushalt zur Verfügung gestellten Mittel mit einer Vielzahl von Maßnahmen die Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit in Berlin (siehe auch Masterplan für Integration und Sicherheit). In Bezug auf das Aufenthaltsrecht wird durch das am 6. August 2016 in Kraft getretene Integrationsgesetz die Wohnsitzregelung in § 12a des Aufenthaltsgesetzes (Aufenth G) neu eingeführt und unter anderem die §§ 26 (Dauer des Aufenthalts) und 68 (Verpflichtungserklärung) AufenthG geändert. § 12a AufenthG verpflichtet anerkannte Flüchtlinge und Inhaberinnen und Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel, für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Land ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) zu nehmen, dem sie zur Durchführung des Asylverfahrens oder im Rahmen des Aufnahmeverfahrens zugewiesen worden sind. Von der Wohnsitzverpflichtung ist die bzw. der betroffene Schutzberechtigte ausgenommen, wenn bestimmte Integrationsleistungen erbracht werden. Als Integrationsleistungen gelten die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit von mindestens 15 Stunden oder die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums. Bei der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit muss ein Einkommen von derzeit mindes¬tens 712 Euro pro Monat erzielt werden, dem durchschnittlichen Bedarf nach §§ 20, 22 SGB II für eine Einzelperson. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 937 2 Nicht für Berlin relevant sind die Absätze 2 bis 4 des § 12a AufenthG, da dort die landesinterne Zuweisung in Flächenstaaten geregelt wird. In Berlin wird keine Verpflichtung zur Wohnsitznahme in bestimmten Bezirken verfügt; ebenso wenig wird von der in Abs. 9 vorgesehenen Möglichkeit des Erlasses einer Rechtsverordnung in Berlin Gebrauch gemacht werden. Die Neuregelung in § 26 AufenthG beinhaltet, dass die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bei anerkannten Flüchtlingen, Asylberechtigten und Resettlement- Flüchtlingen nunmehr von Integrationsleistungen abhängig gemacht wird. Die Aufenthaltszeit im Asylverfahren und/ oder zu einem anderen Aufenthaltszweck wird auf die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet. Daher kann bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 26 AufenthG bereits unmittelbar nach einer positiven Entscheidung des Bundesamtes für Migration eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Der neugefasste § 68 AufenthG (Haftung für den Lebensunterhalt ) beschränkt die Verpflichtungserklärung zum Schutz der Verpflichtungsgeber auf fünf Jahre. Die Frist berechnet sich nach dem Zeitpunkt der tatsächlichen Einreise der Ausländerin/ des Ausländers. Für vor dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes abgegebene Verpflichtungserklärungen beträgt die Frist nach § 68a Aufenth G drei Jahre. 2. Wie viele zusätzliche Arbeitsgelegenheiten in Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) sollen in Berlin in Folge der Umsetzung des Integrationsgesetzes entstehen ? Zu 2.: Seit dem Inkrafttreten der Änderungen des AsylbLG aufgrund des IntG können ab 01.08.2016 die Bundesmittel für die FIM abgerufen werden. Für das Land Berlin stehen für das Jahr 2016 3,784 Mio. Euro an Mitteln sowie Verpflichtungsermächtigungen für das Jahr 2017 in Höhe von 11,352 Mio. Euro zur Verfügung. Für einen 12-Monatszeitraum können 1.138 Teilnehmerplätze für interne FIM sowie 3.413 Teilnehmerplätze für externe FIM akquiriert werden. Das Ziel der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ist es, zur Besetzung der möglichen Teilnehmerplätze ausreichend Maßnahmen durch das LAF zu akquirieren . Unter Berücksichtigung der persönlichen, gesundheitlichen und familiären Situation soll jeder/jedem arbeitsfähigen Geflüchteten ein Angebot zur Teilnahme an dem Arbeitsmarktprogramm FIM unterbreitet werden. 3. Wird die Vorrangprüfung in Berlin wegfallen? Zu 3.: Am 05. August 2016 wurde die Verordnung zum Integrationsgesetz und die Vierte Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung verkündet. Die Regelungen zur befristeten Aussetzung der Vorrangprüfung der Bundesagentur für Arbeit bei der Beschäftigung von Personen mit Aufenthaltsgestattung und Duldung sind am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten. Infolgedessen findet seit dem 6. August 2016 in allen Arbeitsagenturbezirken , die in der neuen Anlage zu § 32 der Beschäftigungsverordnung aufgeführt sind, für einen Zeitraum von drei Jahren keine Vorrangprüfung mehr statt. In der Anlage sind auch die drei Berliner Arbeitsagenturbezirke genannt, so dass in ganz Berlin für drei Jahre die Vorrangprüfung entfällt. Unabhängig von der Aussetzung der Vorrangprüfung findet weiterhin eine Prüfung der Beschäftigungsbedingungen durch die Bundesagentur für Arbeit in allen Arbeitsagenturbezirken statt. 4. Welche weiteren Auswirkungen zur besseren Integration geflüchteter Menschen in Unternehmen und auf dem Arbeitsmarkt wird das Bundesintegrationsgesetz haben? Zu 4.: Mit dem Integrationsgesetz sind Änderungen und Ergänzungen des SGB III, des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) und des AsylbLG in Kraft getreten, die die Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit weiter erleichtern sollen. So ermöglicht der neugefasste § 132 SGB III einen früheren Zugang zu bestimmten Leistungen der Ausbildungsförderung für gestattete Personen mit „guter Bleibeperspektive “ (nach drei Monaten berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, ausbildungsbegleitende Hilfen und Assistierte Ausbildung und nach 15 Monaten Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld) und für geduldete Personen (nach 12 Monaten ausbildungsbegleitende Hilfen und assistierte Ausbildung und nach sechs Jahren berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen in paralleler Förderung mit Berufsausbildungsbeihilfe bzw. Ausbildungsgeld ) sowie für Personen mit bestimmten Aufenthaltserlaubnissen . In Folge der Anpassung und Ergänzung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG erhalten zudem geduldete Personen , die eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf aufnehmen, unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen eine Duldung für die gesamte Dauer der Ausbildung. Dies schafft Rechts- und Planungssicherheit für die Auszubildenden und für die Betriebe. Für die Aufnahme der Ausbildung existiert keine Altersgrenze. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung besteht ein Anspruch auf eine weitere Duldung für ein halbes Jahr zum Zweck der Arbeitsplatzsuche, wenn nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss keine Weiterbeschäftigung im Ausbildungsbetrieb erfolgt. Mündet die ausgebildete Person in eine ausbildungsadäquate Beschäftigung ein, hat sie auf der Grundlage von § 18a AufenthG grundsätzlich einen Anspruch auf eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis , die eine Perspektive auf ein Daueraufenthaltsrecht im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen des AufenthG eröffnet. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 937 3 Darüber hinaus wird durch Ergänzung des § 18 Abs. 2 SGB III der Zugang zu bestimmten Förderleistungen der Bundesagentur für Arbeit erleichtert, die Langzeitarbeitslosigkeit voraussetzen (z. B. Förderung von Arbeitsverhältnissen nach § 16e SGB II). Berlin, den 22. August 2016 Mario C z a j a _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Aug. 2016)