Drucksache 17 / 18 982 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Gelbhaar (GRÜNE) vom 15. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. August 2016) und Antwort Sozialticket für Berlin und Brandenburg? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum gibt es kein Mobilitätsticket/ Sozialticket für das gesamte Verbundgebiet des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), um einkommensschwächeren Menschen die Benutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs zu erleichtern, obwohl beispielsweise viele Orte in Brandenburg via Bus und Bahn nur mit Durchquerung Berlins erreichbar sind? Stehen der Ausweitung konkrete Hindernisse oder Barrieren entgegen? Wenn ja, welche? Antwort zu 1: Der Senat kann nachvollziehen, dass es bei Betroffenen insbesondere im Land Brandenburg, die darauf angewiesen sind, den länderübergreifenden Nahverkehr zu nutzen, ein großes Interesse an einem verbundweiten Mobilitätsticket gibt. Der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) GmbH hat die entsprechenden Rahmenbedingungen analysiert und festgestellt, dass erhebliche rechtliche und verwaltungstechnische Hindernisse bestehen. Im Einzelnen: VBB-Tarife werden in der Regel für das gesamte Verbundgebiet angeboten. Dies ist beim Berliner und Brandenburger Sozialticket nicht der Fall. In der EU- Verordnung (VO) 1370/2007 sind für Sozialtickets die jeweiligen Aufgabenträger (Land Berlin bzw. Land Brandenburg sowie die kommunalen Aufgabenträger) als zuständige Behörden verankert. Im Land Brandenburg wird das Mobilitätsticket Brandenburg angeboten. Die Umsetzung ist nach Auskunft des Landes verwaltungstechnisch aufwändig. Im Sinne der EU-Verordnung 1370/2007 wird im Land Brandenburg seit 2010 ein mehrstufiges Vertragsverfahren mit vielen Einzelverträgen jährlich zwischen Ministerium, kommunalen Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen durchgeführt . Das Land Berlin gewährt den Berliner Verkehrsunternehmen für das rabattierte Sozial-Ticket S ebenfalls Ausgleichsleistungen auf vertraglicher Basis. Auch früher wurden schon diesbezügliche Angebote (Berlin-Ticket A und Berlin-Karte S) angeboten, die aufgrund gesetzlicher Neuordnungen und wegfallender Zuschüsse 2004 eingestellt wurden. Mit zeitlichem Abstand wurde das Berlin-Ticket S zum 1. Januar 2005 aufgelegt. Eine Kombination des Mobilitätstickets Brandenburg mit dem Berlin-Ticket S, bzw. ein verbundweit einheitliches Ticket, bedarf einer Vereinbarung zwischen den Ländern, denen eine Vereinheitlichung des Berechtigungskreises , des Tarifangebotes und einer detaillierten Regelung der Finanzierung und des Mindereinnahmenausgleiches unter Beachtung der genannten EU- Verordnung vorausgehen muss. Zudem wäre sicherzustellen , dass die Erweiterung des Fahrtangebots nicht dazu führt, dass sich das Tarifprodukt für den überwiegenden Teil der Betroffenen, die nicht auf länderübergreifende Verkehrsangebote angewiesen sind, verteuert. Frage 2: Bis wann und in welchen Etappen soll ein ausgeweitetes Mobilitätsticket/Sozialticket, wie es z.B. von der Brandenburger Regierung im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, eingeführt werden? Frage 3: Gab es diesbezüglich Gespräche zwischen dem Land Brandenburg, dem Land Berlin und dem VBB? Wenn ja, welche Ergebnisse wurden erzielt? Wenn nein, warum nicht? Frage 4: Wie bewertet der Senat die Bedeutung eines ausgeweiteten Sozial-/Mobilitätstickets für Brandenburger und Berliner Einwohner-/innen? Antwort zu 2 - 4: Das Brandenburger Verkehrsministerium ist im Juli 2015 mit der Bitte um Unterstützung zu einer gemeinsamen Initiative beider Länder, das Mobilitätsticket Brandenburg und das Berlin-Ticket S in einem Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 982 2 ergänzenden, länderübergreifenden Sozialtarif zusammenzuführen , an die für die Finanzierung des Berlin Ticket -S zuständige Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung herangetreten. Dem Brandenburger Ministerium wurde mitgeteilt, dass dem Wunsch einer Ausweitung der Sozialtickets derzeit nicht entsprochen werden kann und es vorerst keine Überlegungen zu einem für beide Länder geltenden Sozialticket gebe. Priorität für das Land Berlin ist es, das Berlin Ticket-S ohne Leistungseinschränkungen und deutlichen Erhöhung des Preises anbieten zu können. Grundsätzlich würde eine Ausweitung der Sozialtickets – wie in dem Beispiel zur Frage 1 erläutert – insbesondere Brandenburger Betroffenen zugutekommen. Die finanzielle Mehrbelastung je Land hinsichtlich der Ausgleichsbeträge wird auf mindestens. 2 – 5 Mio. Euro pro Jahr eingeschätzt, je nach Größe der Berechtigtenkreise. Derzeit muss es im Land Berlin jedoch vorrangig darum gehen, trotz der erhöhten Inanspruchnahme des Berliner Sozialtickets durch den Zuzug geflüchteter Menschen Preis und Leistungsumfang weiterhin anbieten zu können. Das Ziel einer wechselseitigen Ausweitung der Tickets musste angesichts dieser neuen Sachlage erst einmal zurückgestellt werden. Berlin, den 31. August 2016 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Sep. 2016)