Drucksache 17 / 18 988 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Moritz (GRÜNE) vom 16. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. August 2016) und Antwort Nachfrage zur Schriftlichen Anfrage 17/18 692: Einrichtung und Betrieb einer barrierefreien Spreefähre in Friedrichshagen (Bereich Spreetunnel) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Gibt es eine konkrete Bedarfserhebung für die von der „Initiative Spreefähre Friedrichshagen“ geforderte Fährverbindung am Spreetunnel? Wenn nein, aus welchen Erkenntnissen leitet der Senat seine Einschätzung ab, dass es einen zu geringen Bedarf für diese Fähre gebe? Frage 4: Wurde von der Senatsverwaltung eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung unter Einbeziehung von Fahrgastprognosen und erwarteten Kosten durchgeführt ? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, woraus ergibt sich die Einschätzung, dass die Fähre nicht wirtschaftlich betrieben werden könne? Antwort zu 1. und 4.: Eine konkrete Bedarfserhebung oder Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die Fährverbindung Friedrichshagen ist nicht erstellt worden. Dafür wurden in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage 17/18692 bereits ausführlich die Gründe sowie die zuvor vorgenommenen Abschätzungen erläutert. Im Wesentlichen waren und sind folgende Erkenntnisse maßgeblich: Eine Fährverbindung an dieser Stelle ist keine Aufgabe der Daseinsvorsorge im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), wie bereits in der Antwort auf die Schriftlichen Anfrage 17/18692 ausführlich erläutert wurde. Alle Ziele rund um den Müggelsee sind in angemessener Zeit entsprechend der Vorgaben des Nahverkehrsplans mit dem heute vorhandenen ÖPNV-Angebot in guter Qualität und barrierefrei erreichbar. Damit besteht für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt kein Erfordernis für entsprechende weitere Untersuchungen z.B. zum Bedarf oder zur Wirtschaftlichkeit einer Fährverbindung. Eine exakte Bedarfserhebung für ein noch nicht bestehendes und kostenpflichtiges Verkehrsangebot einer Fährverbindung bei gleichzeitig vorhandener und weiter für die meisten potenziellen Fahrgäste kostenlos und zeitlich uneingeschränkt frei nutzbarer Alternative des Spreetunnels erscheint zudem äußerst schwierig. Damit besteht auch kaum eine exakte Basis für eine darauf aufbauende detaillierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Angesichts der Charakteristik eines Fährbetriebs mit typischerweise entstehenden Wartezeiten von bis zu 20 Minuten ist davon auszugehen, dass potenzielle Fahrgäste , bei denen nicht wie bei Rollstuhlfahrerinnen und - fahrern eine Nutzung des Tunnels ausgeschlossen ist, die Fähre nur eingeschränkt nutzen werden, da sie bei Tunnelnutzung die Wartezeiten vermeiden können. Aus dem heutigen Anteil von Nutzern mit Fahrrädern, Kinderwagen etc. oder körperlichen Einschränkungen, die eine Tunnelnutzung zwar erschweren, aber nicht unmöglich machen, ist eine brauchbare Prognose daher ebenfalls nicht direkt ableitbar. Der Anteil solcher Nutzer an der Gesamtheit aller Tunnelnutzer ist zudem nicht bekannt. Aufgrund der in Form des Spreetunnels vorhandenen und für die meisten potenziellen Fahrgäste kostenlos und zeitlich uneingeschränkt frei nutzbaren Alternative lässt sich jedoch qualitativ eindeutig abschätzen, dass die Wirtschaftlichkeit einer parallelen Fährverbindung schlechter ausfällt, als bei vergleichbaren Fährverbindungen ohne parallele Alternativangebote. Frage 2: Welchen Finanzierungsbedarf sieht der Senat für diesen konkreten Fährabschnitt am Spreetunnel? Antwort zu 2.: Eine Finanzierung im Rahmen des bestehenden Fährvertrags der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist nicht möglich, da dieser nicht um den erforderlichen Leistungsumfang erweitert werden kann. Das Fährschiff der nach Inbetriebnahme der Minna-Todenhagen- Brücke entfallenden Fähre F11 ist im Besitz des Betreibers und steht nicht für eine Verlagerung auf andere Fährlinien zur Verfügung. Es wäre daher eine Neuausschreibung der Fährleistungen einschließlich der Beschaffung einer Fähre erforderlich. Auf Basis der 2012 erfolgten Neuvergabe der Fährleistungen durch die BVG an die Weiße Flotte Stralsund geht der Senat davon aus, dass jährliche Kosten im deutlichen sechsstelligen Bereich zu Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 18 988 2 erwarten sind. Die Saisonfähren F21 und F23 erfordern derzeit jährliche Bestellkosten von je ca. 110.000 bis 120.000 € im heutigen Saisonbetrieb, alle Elektrofähren entlang der Spree (F11, F12, F21 und F23) erfordern rund 800.000 €. Die in der Vergabe erzielten Kostensätze sind jedoch eine Mischkalkulation, die den teilweise saisonal beschränkten Betrieb berücksichtigt, die Saisonfähren werden von den Ganzjahresfähren damit in gewissen Umfang mitfinanziert. Bei Einzelvergabe einer ausschließlich in der Sommersaison bedienten Fährleistung wären daher merkbar höhere Kosten als bei den Fähren F21 oder F23 zu erwarten. Hinzu kommen die erforderlichen Investitionskosten für einen oder zwei neue Anleger. Frage 3: Welche Wirtschaftlichkeit erreichen die bestehenden Fähren im Land Berlin? Antwort zu 3.: Die im Auftrag der BVG betriebenen Fähren wären alleine aus Fährgelderlösen und ohne öffentliche Co-Finanzierung nicht zu betreiben. Welche Wirtschaftlichkeit die nicht als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge betriebenen und damit nicht co-finanzierten Fähren aufweisen, wie bspw. die Fährverbindungen zur Pfaueninsel und zur Schulfarm Scharfenberg oder die Autofähre zwischen Hakenfelde und Tegelort, ist dem Senat nicht bekannt. Berlin, den 26. August 2016 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Aug. 2016)