Drucksache 17 / 19 005 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 19. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. August 2016) und Antwort Ausschreibung über die treuhänderische Verwaltung und Vergabe von Zuwendungsmitteln im Justizbereich Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Auf welcher Grundlage wurde die im Haushaltsplan 2016/2017 vorgesehene Pauschale für die treuhänderische Verwaltung der zuwendungsgeförderten Projekte im Justizbereich kalkuliert? Zu 1.: Die vom Haushaltsgesetzgeber beschlossene Veranschlagung der Verwaltungskostenpauschale erfolgte den Vorgaben des Aufstellungsrundschreibens 2016/2017 entsprechend als Fortschreibung der Ist-Ausgaben des Haushaltsjahres 2015. 2. Aus welchem Grund wurde die Pauschale gegenüber dem vorherigen Doppelhaushalt 2014/2015 verringert , obwohl sich sowohl die Zahl als auch das Gesamtfördervolumen der geförderten Projekte erhöht haben? Zu 2.: Die Verringerung der Verwaltungskostenpauschale erfolgte gemäß § 7 Landeshaushaltsordnung (LHO) aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und ist das Ergebnis der Umstellung von der bisherigen prozentualen - an der Gesamtzuwendungssumme orientierten - Berechnungsweise auf einen Festpreis (brutto ). 3. Wie viele Bewerber haben sich an dem diesjährigen Teilnahmewettbewerb über die Beleihung und Verwaltung von Zuwendungsmitteln beteiligt und wie viele von ihnen waren mit ihrer Bewerbung erfolgreich? Zu 3.: Drei Bewerber haben sich beteiligt und waren erfolgreich, d. h., sind förmlich zur Angebotsabgabe aufgefordert worden. 4. Wie viele der aus dem Wettbewerb erfolgreich hervorgegangenen Bewerber haben sich an dem Bieterverfahren beteiligt? Zu 4.: Alle drei Bewerber haben sich auch am Bieterverfahren beteiligt. 5. Wie viele Werktage lagen zwischen dem Eingang der Ausschreibungsunterlagen bei den Bietern und der Frist zur Einreichung ihrer Angebote? Zu 5.: Zwischen dem Eingang der Ausschreibungsunterlagen bei den Bietern und der Frist zur Einreichung der Angebote lagen zehn Werktage. 6. Welche Nachweise ihrer Fachkenntnisse waren durch die Bieter zu erbringen? Zu 6.: Es wurden mindestens drei Referenzangaben über erfolgreich durchgeführte Vergleichsaufträge (Ausschreibungsgegenstand nach Art und Umfang vergleichbar ) erfordert. 7. Welche Auswahlkriterien wurden im Teilnahmewettbewerb und welche Zuschlagskriterien wurden im Bieterwettbewerb zugrunde gelegt? Zu 7.: a) Als Auswahlkriterien für den Teilnahmewettbewerb wurden zugrunde gelegt: Kompetenz/Eignung des Bewerbers, vergleichbare Referenzprojekte des Bewerbers, personelle Leistungsfähigkeit des Unternehmens /Bewerbers. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 005 2 In der Kurzfassung der Leistungsbeschreibung ist im Anhang der auf der elektronischen Vergabeplattform des Landes Berlin veröffentlichten Bekanntmachung u. a. ausgeführt: „Der zu vergebende Geschäftsbesorgungsauftrag beinhaltet im Wesentlichen die Verwaltung der in den Haushaltsjahren 2016 (2. Halbjahr) bis 2018 (1. Halbjahr) im Kapitel 06 00, Titel 684 06 veranschlagten Zuwendungsmittel in Höhe von jährlich rd. 4,3 Mio. Euro und die Überwachung der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendungen durch die jeweiligen Projektträger, die Durchführung der Erfolgskontrolle sowie die Verwendungsnachweisprüfung . (…) Die freien Träger erfüllen im Rahmen der geförderten Projekte zu großen Teilen Pflichtaufgaben der Justiz. (…) Daraus ergeben sich die fachlichen Voraussetzungen und Qualifikationen für den zu Beleihenden in Form von grundlegenden Kenntnissen und Erfahrungen im Verwaltungs- und Zuwendungsrecht sowie im Projektmanagement; Sachkunde im bzw. über den Justizvollzug ist wünschenswert, jedoch nicht zwingend erforderlich.“ b) Als Zuschlagskriterien im Bieterwettbewerb wurden zugrunde gelegt: Fachliche Voraussetzung und Qualifikation in Form von grundlegenden Kenntnissen und Erfahrungen im Verwaltungs- und Zuwendungsrecht sowie im Projektmanagement, wirtschaftliches Angebot, Konzept zur Erfolgskontrolle und zur vertiefenden Verwendungsnachweisprüfung. 8. Warum waren im Teilnahmewettbewerb hinsichtlich der fachlichen Voraussetzungen und Qualifikationen neben Kenntnissen im Verwaltungs- und Zuwendungsrecht sowie im Projektmanagement „Sachkunde im bzw. über den Justizvollzug“ als wünschenswert aufgelistet, wohingegen im Bieterwettbewerb eine solche Sachkunde nicht mehr vorgesehen war? Zu 8.: Die als wünschenswert, nicht jedoch als zwingend erforderlich aufgelistete „Sachkunde im bzw. über den Justizvollzug“ ist bereits im Teilnahmewettbewerb geprüft und berücksichtigt worden. 9. Nach welchen Kriterien jenseits der Kenntnisse im Verwaltungs- und Zuwendungsrecht und im Projektmanagement wurde die Auswahl getroffen? Zu 9.: Der Zuschlag ist ausschließlich auf der Grundlage der in der Antwort auf die Frage zu Nr. 7 b) genannten Kriterien nach § 18 Abs. 1 Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A) auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot erteilt worden. 10. Inwieweit wurden die für die Bereiche Straffälligen - und Opferhilfe zuständigen Fachreferate der Senatsverwaltung für Justiz in die Entscheidung über den Ausgang des Bieterverfahrens einbezogen? Zu 10.: Die genannten Fachreferate der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz wurden nicht in die Entscheidung über den Ausgang des Bieterverfahrens einbezogen. 11. Wie wird zukünftig die Erfolgskontrolle der zuwendungsgeförderten Projekte sichergestellt? 12. Wie soll die Effizienz bzw. die Wirksamkeit der Projekte der Straffälligen- und Opferhilfe gemessen werden ? 13. Auf welcher Basis erfolgt die Berichterstattung der Projekte und welche Daten werden erhoben? 14. Wodurch wird die fachlich-inhaltliche Weiterentwicklung der Projekte gesteuert? 15. Welche Steuerungsinstrumente kommen zur Anwendung ? 16. Was geschieht mit den wirkungsorientierten Steuerungsinstrumenten , die im Rahmen des treuhänderischen Justizvertrages in den vergangenen Jahren in enger Zusammenarbeit zwischen dem vorherigen Treuhänder und den zuwendungsgeförderten Trägern entwickelt wurden? 17. Wie soll der Prozess der Wirkungsorientierung fortgeführt werden? Zu 11. bis 17.: Der gemäß § 44 LHO abgeschlossene Beleihungsvertrag sieht u. a. vor, dass die Beliehene ihren Beitrag zum effizienten Einsatz der Fördermittel durch ein gut geplantes, strukturiertes und zuverlässiges Antrags -, Bewilligungs- und Prüfsystem leistet. Durch Beratung und durch einheitliche Vorgabedokumente werden die Projektträger dabei unterstützt, die empfangenen Zuwendungen ebenfalls gut zu verwalten und die Verwendung zu dokumentieren. Auf der Grundlage von datenbank -basierten Dokumenten ist ein kontinuierliches Erfolgsmonitoring gewährleistet. Um den Anforderungen an die geforderte Erfolgskontrolle gerecht zu werden, wird ein dreistufiges Verfahren eingesetzt. a. Rahmenleistungsbeschreibung Um eine erfolgreiche Projektumsetzung sicher zu stellen , kommt der Konzeption (Rahmenleistungsbeschreibung ) der Maßnahmen eine entscheidende Bedeutung zu. Nur wenn bereits vor Beginn der Umsetzung klar definiert ist, welche Ziele, Meilensteine, Kriterien und Indikatoren zur Messung der quantitativen und qualitativen Ergebnisse und Wirkungen bei und mit der Projektdurchführung erreicht werden sollen, ist der Verlauf (Zwischenberichte) und die Erfüllung (Strukturierter Sachbericht/Verwendungsnachweis ) eindeutig messbar und bewertbar. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 005 3 Die geprüften Rahmenleistungsbeschreibungen werden daher von der Beliehenen vor Bewilligung mit einer Einschätzung und Bewertung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vorgelegt. Projektbezogen werden hier auch andere beteiligte Stellen, wie die Justizvollzugsanstalten , Soziale Dienste und die/der Opferschutzbeauftragte einbezogen. Die Rahmenleistungsbeschreibungen werden in der Folge – ggf. nach Berücksichtigung von erforderlichen Anpassungen – Bestandteil des Zuwendungsbescheides. b. Begleitende Erfolgskontrolle/Moderierter Fachaustausch Wesentliches Element einer nachhaltigen Erfolgsorientierung ist eine begleitende Erfolgskontrolle. Um diesen Prozess zu verankern, wird pro Halbjahr ein moderierter Fachaustausch mit der hiesigen Verwaltung, den Justizvollzugsanstalten , den beteiligten Akteuren (Träger, die ihre Projekte präsentieren), der Beliehenen sowie Sachverständigen durchgeführt. In diesen Fachgesprächen sollen die Ergebnisse der Projekte vorgestellt und erörtert werden. Einzelne Projekte präsentieren ihre Ergebnisse mit dem Ziel, daraus Optimierungen in der Umsetzung und Transferleistungen für die anderen Projekte entwickeln zu können. In dem Fachaustausch soll auch die Möglichkeit gegeben sein, Probleme und Herausforderungen in der Umsetzung und ggf. in der mittel- und längerfristigen Ausrichtung anzusprechen. Ein konstruktiver Umgang mit anfallenden Fragestellungen und Vorschlägen zur Verbesserung sollen letztlich sowohl den Trägern als auch der hiesigen Verwaltung eine Erleichterung in der Aufgabenbewältigung und eine Optimierung hinsichtlich der Zielerreichung ermöglichen. Im Ergebnis sollten weiterführende Erkenntnisse stehen : Gute Praxis-Beispiele, die als Transfer genutzt werden können, Weiterentwicklung von zielgruppenspezifischen Beratungsangeboten, neue Lösungsansätze (beispielsweise anderer Programme ) diskutieren und erproben, Unterstützungsleistungen für die Träger und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkennen, ggf. Kompetenzentwicklungsbegleitungen organisieren und durchführen, Interviews der Teilnehmenden zu deren Erfahrungen , Erfolgsprognosen aus den Projekten von den Teilnehmenden im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses einbringen. Soweit aus den Ergebnissen des Fachaustausches erkennbar wird, dass die vorgesehenen Aufgaben im Hinblick auf künftige Anforderungen modifiziert werden sollten, wird die Beliehene entsprechende Vorschläge entwickeln und unterbreiten. c. Verfahren der Erfolgskontrolle Die Projektträger (Zuwendungsempfänger) haben die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel nachzuweisen (Verwendungsnachweis). Mit dem Verwendungsnachweis wird insbesondere Rechenschaft abgelegt über die Erreichung des Zuwendungszwecks und den wirtschaftlichen Mitteleinsatz. Er dient damit der Erfolgskontrolle , ist Bestandteil der Rechnungslegung und Grundlage für die Prüfung. Wesentlicher Bestandteil des Verwendungsnachweises ist ein strukturierter Sachbericht, in dem die aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag (§ 4 Abs. 3) formulierten Anforderungen und darüber hinausgehende, mit der hiesigen Verwaltung abzustimmende, Informationen dokumentiert werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 005 4 Der Sachbericht wird auf der Grundlage entsprechender Vorgabedokumente erstellt, die die Beliehene den Projekten vorgibt. Hier werden zusätzlich zu den quantitativen , zahlenmäßigen Nachweisen (soziodemografische Daten, wie Alter, Geschlecht, Herkunft, Herkunftssprache , Bildungsstand etc.) von den Projekten Erläuterungen und Bewertungen sowie besonders hervorzuhebende Merkmale und Vorkommnisse zu den einzelnen Positionen erfasst. Insbesondere werden diesbezüglich die folgenden Parameter geprüft: Leistungsbeschreibung Ist der Zuwendungszweck durch eine Rahmenleistungsbeschreibung entsprechend der Vorgaben konkretisiert? Ziele und Teilziele Sind Ziele und Teilziele definiert und wurden diese im Prüfungszeitraum weiterentwickelt? Leistungsbausteine Sind konkrete Leistungsbausteine definiert und festgelegt und wurden diese weiterentwickelt? Output-Messungen Wurden Kriterien und Indikatoren für Output-Messungen (qualitative und quantitative Ergebnisse) auf statistischer Ebene erfasst und wurden diese weiterentwickelt? Outcome-Messungen Da die Messung des Outcomes (erzielte Wirkungen) projektbezogen sehr komplex sein kann, gilt es hier, im Prozess gemeinsam mit allen Beteiligten mögliche Parameter individuell zu entwickeln und diese im Verfahren zu verankern. Qualitative Angaben zum Projekterfolg Enthält der Sachbericht Angaben zu Leistungen und Zielerreichung bzw. Ergebnissen entsprechend der definierten Kriterien? In den Sachberichten muss also von den Projekten dokumentiert werden, wie sie die Ziele, die in den Rahmenleistungsbeschreibungen vor Projektbeginn definiert wurden , erreicht oder ggf. nicht erreicht haben und dieses begründen. Die Sachberichte sind zweimal jährlich mit Stichtagen 03.06. und 31.12. zu erstellen. Zum 31.03. eines jeden Jahres wird die Beliehene der hiesigen Verwaltung die aus den strukturierten Sachberichten der Projekte entwickelte Leistungsbilanz vorstellen. Bestandteil dieser Leistungsbilanz sind jeweils Vorschläge und Empfehlungen zur Verfahrensanpassung im Sinne eines permanenten Optimierungsprozesses. Die Sachberichte werden geprüft, die Prüfung und die Ergebnisse werden in einem Prüfvermerk dokumentiert. Beides wird der hiesigen Verwaltung in den vorgegebenen Fristen übergeben. Berichte der Projekte im Justizvollzug werden über die betreffenden Justizvollzugsanstalten an die hiesige Verwaltung weitergegeben. d. Vertiefende Nachweisprüfung Die Vorgaben über die Prüfung der Verwendung der Mittel sind in den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) zu Nr. 7 (Anlage 2 zu § 44 LHO) geregelt. Die Auswahl der voll zu prüfenden Projekte eines Jahres erfolgt nach folgenden Kriterien: Erstmalige Zuwendung, Zuwendungen, deren Prüfung im Vorjahr zu wesentlichen Beanstandungen geführt hat, Zuwendungen von erheblicher finanzieller Bedeutung (> 250.000 Euro). Bei der Festlegung der Prüfung wird sichergestellt, dass im Zeitraum von drei Jahren alle Projekte einmal einer vollständigen Prüfung unterzogen worden sind. Die Angaben des Verwendungsnachweises werden im internen Datenbanksystem der Beliehenen erfasst. Die Prüfungen sind innerhalb von neun Monaten nach Vorlage von prüffähigen Unterlagen abzuschließen. Zur Prüfung werden die eingereichten Unterlagen herangezogen (Sachbericht und zahlenmäßiger Nachweis). Darüber hinaus sind bei den vertiefenden Prüfungen sämtliche Originalbelege vorzulegen. Im Ergebnis der Prüfungen werden die Prüfhandlungen in einem Prüfvermerk dokumentiert. Auf Grundlage der Prüfergebnisse wird entweder ein Erstattungsverfahren eingeleitet oder ein Schlussbescheid erstellt . Berlin, den 02. September 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Sep. 2016)