Drucksache 17 / 19 007 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach und Hakan Taş (LINKE) vom 19. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. August 2016) und Antwort PeWoBe-Mail-Affäre (II): Qualitätsmängel in den Flüchtlingsunterkünften Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Hinweise zu Qualitätsmängeln hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bzw. Landesamt für Flüchtlinge (LAF) seit dem 1. Januar 2014 zu den Flüchtlingsunterkünften der privaten Betreiberfirma PeWoBe wann jeweils erhalten? (Bitte nach Hinweis, Datum und Unterkunft aufschlüsseln.) 2. Welche Qualitätsmängel hat das LAGeSo bzw. LAF seit dem 1. Januar 2014 bei den Kontrollen /Begehungen von Gemeinschaftsunterkünften und Notunterkünften der privaten Betreiberfirma PeWoBe jeweils festgestellt? (Bitte nach Unterkunft, festgestellten Mängeln und Datum der Kontrolle/Begehung aufschlüsseln .) 3. Bei welchen der seit dem 1. Januar 2014 durchgeführten Kontrollen/Begehungen von Gemeinschaftsunterkünften und Notunterkünften der privaten Betreiberfirma PeWoBe hat das LAGeSo/LAF festgestellt, dass das am Tag der Begehung erfasste Personal keine Übereinstimmung mit dem vertraglich kalkulierten Personal aufwies? (Bitte nach Unterkunft und Datum der Kontrolle /Begehung aufschlüsseln.) 4. Welche Bewertungen haben die Gemeinschaftsunterkünfte und Notunterkünfte der privaten Betreiberfirma PeWoBe im Ergebnis der Begehungen seit dem 1. Januar 2014 durch das LAGeSo/LAF jeweils erhalten? (Bitte aufschlüsseln.) 5. Welche Qualitätsmängel sind trotz Beanstandung durch das LAGeSo/LAF „nicht vollständig abgestellt worden“ (vgl. Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales vom 14. August 2016)? 6. Welche Konsequenzen hat der Senat aus den nicht vollständig abgestellten Qualitätsmängeln gegenüber der PeWoBe jeweils gezogen? Zu 1. bis 6.: Die Fragen können nur auf der Grundlage der im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten - LAF (bzw. bis zum 31.07.2016 im Landesamt für Gesundheit und Soziales – LAGeSo) statistisch dokumentierten Erkenntnisse beantwortet werden. Dabei ist zu berücksichtigen , dass nicht alle Beschwerdepunkte amtsintern statistisch erfasst werden. Hinsichtlich der im LAGeSo bzw. LAF dokumentierten Beschwerden und Begehungen bzw. Prüfungen, der dabei im Wesentlichen festgestellten Mängel und der jeweiligen Gesamtbewertung für die von der Professionellen Wohn- und Betreuungsgesellschaft (PeWoBe) betriebenen Flüchtlingsunterkünfte wird auf die als Anlage beigefügte Übersicht verwiesen. Die dort ausgewiesene Gesamtbewertung erfolgte nach dem vom Bereich Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte im LAGeSo bzw. LAF definierten Muster , welches in der Antwort des Senats vom 09.02.2016 auf die Frage 6 der Schriftlichen Anfrage Nr. 17/17781 vom 20.01.2016 beschrieben wurde. Hierbei ist zu berücksichtigen , dass keine unmittelbare Korrelation zwischen Art und Anzahl der festgestellten Mängel und der vergebenen Note für die Gesamtbewertung hergestellt werden kann, weil insbesondere berücksichtigt wird, wie gravierend sich die Mängel auf den Betrieb der Einrichtungen auswirken; daher können wenige, aber besonders schwerwiegende Mängel in der Gesamtbewertung zu einer schlechteren Note führen als eine größere Anzahl von Mängeln, die sich aber nicht oder nur geringfügig auf die Unterbringung der Bewohnerinnen und Bewohner und die Erfüllung der vertraglichen Pflichten durch die Betreiberin bzw. den Betreiber auswirken. Die Betreiberin wurde für jede begangene/geprüfte Einrichtung über die festgestellten Mängel informiert; soweit möglich, wurden zudem die erforderlichen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen zur Mängelbehebung mitgeteilt und deren Umsetzung überwacht. Von den insgesamt 84 Prüfposten, die im Ergebnis der vorgenannten Qualitätssicherung für alle neun aktuell betrof- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 007 2 fenen Einrichtungen vermerkt worden sind, wurden von der Betreiberin mit Stand 22.08.2016 30 Positionen im Sinne der aufgegebenen Mängelbeseitigungsmaßnahmen erledigt; in 53 Fällen verblieb der Mängelbeseitigungsstatus dagegen offen oder teilweise offen. Die im Zuge der zuletzt durchgeführten Beschwerdebegehung (am 25.07.2016) der Einrichtung Maxie- Wander-Straße/Carola-Neher-Straße festgestellten Mängel gelangten nicht mehr zur abschließenden Abklärung mit der Betreiberin, da sie in Verbindung mit der vorangegangenen Begehungs- und Prüfhistorie in die der Amtsleitung vorgelegte Empfehlung mündeten, das Vertragsverhältnis mit der Betreiberin zu beenden. 7. Gibt es im LAF mittlerweile definierte Prozessschritte und Kompetenzen in Bezug auf Vertragssanktionen bei Qualitätsmängeln in Flüchtlingsunterkünften, wie sie durch das die Arbeitsgruppe „Aufbaumanagement beim LAGeSo“ infolge der Handlungsempfehlungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entwickelt werden sollten (vgl. Drucksache 17/17583, S. 4)? Wenn ja, wie lauten diese und warum sind diese bei der privaten Betreiberfirma PeWoBe in der Vergangenheit nicht angewandt worden? Zu 7.: Der in der Fragestellung thematisierte Bericht der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft enthielt u. a. Handlungsempfehlungen hinsichtlich der Trennung von Objekt- und Betreiberakquise, der Definition von Sollprozessen und -strukturen, der personellen Verstärkung bei Unterbringungsangelegenheiten und des Vertragsmanagements . Diese Empfehlungen fließen in die kontinuierliche Anpassung der qualitätssichernden Maßnahmen durch das vormalige LAGeSo bzw. LAF an die in der Verwaltungspraxis gewonnenen Erkenntnisse ein und wurden zudem sowohl bei der Reorganisation des Unterbringungsmanagements im Zuge der Errichtung des LAF als auch bei der Neufassung des Betreibervertrags berücksichtigt: So wurde im Rahmen der für das LAF konzipierten Aufbauorganisation der zuvor im LAGeSo angesiedelte Bereich Qualitätssicherung für Flüchtlingsunterkünfte im LAF zu einem eigenständigen Referat aufgewertet, welches der Abteilung ZS – Zentraler Service zugeordnet ist. In der Neufassung des Betreibervertrags wurde ein eigener, fünf Paragraphen umfassender Abschnitt aufgenommen, der insbesondere Pflichtverletzungen, die Abwicklung des Vertrags, die Kündigung und Vertragsstrafen behandelt. Dieser Abschnitt enthält auch die möglichen Sanktionen bei einer Nicht-, Schlecht- und / oder Mindererfüllung durch die Betreiberin bzw. den Betreiber. Über etwaige Konsequenzen aus festgestellten Mängeln entscheidet die Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) im Rahmen der Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung von Art und Schwere der festgestellten Abweichungen . Hinsichtlich der in Vergangenheit veranlassten Sanktionen – allerdings auf alle geprüften Flüchtlingsunterkünfte bezogen - wird auf die Antwort des Senats vom 27.06.2016 auf die Schriftliche Anfrage Nr. 17/18677 vom 06.06.2016 verwiesen. Bezogen auf die bisher von der PeWoBe betriebenen Einrichtungen fanden die Ergebnisse der Begehungen und Prüfungen Eingang in die vom Senator für Gesundheit und Soziales am 14.08.2016 getroffene Entscheidung, die Zusammenarbeit mit der PeWoBe zu beenden und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheit zu beauftragen, alle Betreiberverträge mit diesem Unternehmen fristlos zu kündigen. Zu den Einzelheiten wird auf die im Internet unter der Adresse https://www.berlin.de/sen/gessoz/presse/pressemitteilunge n/2016/pressemitteilung.508596.php veröffentlichte Presseerklärung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales vom 14.08.2016 verwiesen. Das LAF bemüht sich derzeit intensiv um eine Sicherung der Standorte und die Beauftragung neuer Betreiberinnen und Betreiber, um nachteilige Auswirkungen der beendeten Zusammenarbeit mit der bisherigen Betreiberin für die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Unterkünfte , insbesondere Umzüge in andere Flüchtlingsunterkünfte so weit wie möglich zu vermeiden und einen reibungslosen Betriebsübergang zu gewährleisten. Berlin, den 07. September 2016 In Vertretung Dirk G e r s t l e Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Sep. 2016) 1 Anlage zur schriftlichen Anfrage Nr. 17/19007 Standort Dokumentierte Beschwerden1 Begehungen bzw. Prüfungen Festgestellte Mängel betrafen im Wesentlichen… Bewertung2 Maxie-Wander-Straße/Carola-Neher- Straße 3 4 Tatsächlich vorhandene Personalausstattung weicht vom Soll ab Fehlendes Mobiliar in den Wohnräumen Unkorrekte Führung der Dienstpläne Fehlende Unterlagen z. B. über Qualifizierung der Beschäftigten, Einrichtungskonzept u. a. Fehlerhafte Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben beim Einsatz von Videoüberwachungsanlagen Nicht ausgebesserte Schäden an Wänden Unzureichende Reinigung des Kücheninventars Fehlende W-LAN-Bereitstellung (nur LAN-Anschluss im Computerzimmer) 3 1 Soweit sie in der Mängel- und Beschwerdeübersicht der Begehungen zu den Qualitätsstandards in den Flüchtlingsunterkünften der PeWoBe im Land Berlin, Stand 22.08.2016 sowie der Mängel- und Gesamtbewertungsübersicht 2015 des LAGeSo/LAF dokumentiert sind 2 Ergebnisse der 2014, 2015 oder 1016 durchgeführten Routinebegehungen. Noten bedeuten: 1 = gut 2 = zufriedenstellend 3 = befriedigend/noch zufrieden stellend 4 = ausreichend/nicht zufriedenstellend Hinweis: Keine unmittelbare Korrelation zwischen Mängelauflistung und Gesamtbewertung. Weitere Erläuterung hierzu und zum Bewertungsschema im Antworttext zu den Fragen 1. bis 6. 2 Bornitzstraße 1 1 Tatsächlich vorhandene Personalausstattung weicht vom Soll ab Fehlende Unterlagen z. B. über Qualifizierung der Beschäftigten, gewerberechtliche Erlaubnisse u. a. Unzureichende Reinigung von Verkehrsflächen, Abfallkörben etc. Teilweise Überbelegung Teilweise nicht nutzbare Gemeinschaftsräume 2 Bühringstraße - 1 Tatsächlich vorhandene Personalausstattung weicht vom Soll ab Fehlende Unterlagen (Brandschutzprotokolle, gewerberechtliche Erlaubnisse) Teilweise fehlende Gemeinschaftsräume 3 Rognitzstraße - 2 Fehlende Unterlagen z. B. über Qualifizierung der Beschäftigten, gewerberechtliche Erlaubnisse u. a. Z. T. unzureichende Brandschutzvorkehrungen 4 Haarlemer Straße - 1 Tatsächlich vorhandene Personalausstattung weicht vom Soll ab Fehlende Unterlagen z. B. über Qualifizierung der Beschäftigten, Brandschutzprotokolle u. a. Küchenmobiliar z. T. defekt 3 Scharnweberstraße - 1 Tatsächlich vorhandene Personalausstattung weicht vom Soll ab Fehlende Unterlagen z. B. über Qualifizierung der Beschäftigten, gewerberechtliche Erlaubnisse , Brandschutzprotokoll u. a.) Unkorrekte Führung der Dienstpläne Mangelhafte Reinigungsleistungen Küchenmobiliar z. T. beschädigt Geringe Mängel bei der Ausstattung 3 3 Schöneberger Ufer 1 1 Unkorrekte Führung der Dienstpläne Fehlende Unterlagen (Brandschutzprotokoll, Hygieneprotokoll) Teilweise fehlende Gemeinschaftsräume Div. Ausstattungsmängel Zeitweise wg. Rohrbruchs unterbrochene Warmwasserversorgung 1 Wassersportallee 1 2 Tatsächlich vorhandene Personalausstattung weicht vom Soll ab Fehlende Unterlagen (Qualifizierung der Beschäftigten, Einrichtungskonzept, gewerberechtl . Erlaubnisse, Brandschutzprotokoll) Div. Ausstattungsmängel Unzureichender Schutz gegen Lärm- und Geruchsbelästigung 3 Colditzstraße - 1 Tatsächlich vorhandene Personalausstattung weicht vom Soll ab Fehlende Unterlagen (Qualifizierung der Beschäftigten, Einrichtungskonzept u. a.) 4 Rudolstädter Straße - 1 Unkorrekte Führung der Dienstpläne Fehlende Unterlagen (Brandschutzprotokoll, Hygieneprotokol, gewerberechtl. Erlaubnisse u. a.) Div. Ausstattungsmängel 3 Rohrdamm - 1 Fehlende Unterlagen (Raumverzeichnis, Einrichtungskonzept u. a.) Z. T. fehlende Gemeinschaftsräume Ausstattungsmängel 2 S17-19007 S1719007_Anlg