Drucksache 17 / 19 008 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 19. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. August 2016) und Antwort Warum sind Überlegungen des Senats zum barrierefreien Wohnungsbau geheim? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Trifft es zu, dass eine Arbeitsgruppe zum Barriere-freien Bauen im Auftrag des Senates eine Studie „Umsetzungsempfehlungen: Mindestanforderungen barrierefreier Wohnungsbau (Berlin, Januar 2016)" erarbeitet hat? Antwort zu 1: Die Studie wurde im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Sen- StadtUm) von einem erfahrenen Architektenteam erarbeitet . Zur fach- und sachgerechten Beurteilung der Studie wurde die „Projektgruppe barrierefreies Wohnen“ mit Experten aus Betroffenenkreisen sowie der Wohnungswirtschaft einberufen. Die Projektgruppe erarbeitet derzeit Grundlagen für einen Verordnungsentwurf. Frage 2: Welche Personen/Institutionen waren Mitglied der Arbeitsgruppe zum Barrierefreien Bauen? Antwort zu 2: SenStadtUm (Oberste Bauaufsicht, Abt. IV), Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung, Vertreterinnen und Vertreter der Bezirksbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein, Berliner Behindertenverband (eingeladen ) Vertreterinnen und Vertreter der Wohnungswirtschaft (Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. [BBU],Baywobau) Die Anzahl der Mitglieder sollte zwecks effektiver Arbeitsweise gering gehalten werden. Frage 3: Welche Kosten sind bei der Erarbeitung der Studie entstanden? Antwort zu 3: Das Nettohonorar für das Architektenteam betrug 6500 Euro. Frage 4: Welche datenschutzrechtlich relevanten Informationen und Darstellungen sind in der Studie „Umsetzungs -empfehlungen: Mindestanforderungen barrierefreier Wohnungsbau (Berlin, Januar 2016)" enthalten, die eine nichtöffentliche Behandlung rechtfertigen? Frage 8: Welche Grundaussage trifft die Studie zu der Fragestellung, inwieweit barrierefreie Wohnungsgrundrisse nach DIN18040-2 (ohne „R•) i.d.R. zu einem Flächenmehrbedarf führen und wie wird diese Grundaussage belegt? Sollte ein Flächenmehrbedarf erkannt worden sein, in welcher Größenordnung wird dieser beziffert? Antwort zu 4 und 8: Die Studie enthält keine datenschutzrechtlich relevanten Informationen. Die Studie geht von höheren Wohnungsgrößen aus, als die Wohnungswirtschaft (vor dem Hintergrund der Schaffung bezahlbaren Wohnraums) beabsichtigt zu bauen, räumt jedoch weitere Reduzierungsmöglichkeiten ein (offene Grundrisse ). Dieser Sachverhalt erfordert weitere Vertiefung und Verifizierung durch die Projektgruppe vor einer Veröffentlichung . Außerdem muss die Tatsache, dass sich bei kleineren Wohnungen zusätzliche Flächenbedarfe für die barrierefreie Nutzung im Verhältnis zur Gesamtwohnungsgröße stärker auswirken als bei größeren Wohnungen berücksichtigt werden, wenn die Projektgruppe die in der Studie beschriebenen Flächenerfordernisse bewertet. Neben der Flächenbewertung, prüft die Projektgruppe alle notwendigen Belange des barrierefreien Wohnens, auf der Grundlage eines zu beschreibenden Mindeststandard für das barrierefreie Wohnen nach DIN 18040-2 ohne „R“- Standard. Frage 5: Wie begründet der Senat sein hohes Geheimhaltungsinteresse gegenüber der Öffentlichkeit an den Ergebnissen der Arbeitsgruppe? Antwort zu 5: Die Arbeit der Projektgruppe mündet in einen Verordnungsentwurf, zu dem eine Anhörung durchgeführt wird. Dem Prozess sollten klärende Auswertungen und Auseinandersetzungen vorausgehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 008 2 Frage 6: Welche Frage- und Zielstellungen wurden im Rahmen der Studie bearbeitet? Wie bewertet der Senat die Ergebnisse? Antwort zu 6: Die Studie untersucht Grundrisse in Hinblick auf ihre barrierefreie Nutzbarkeit, wenn z.B. geringfügige Grundrissänderungen vorgenommen werden . Sie ordnet Maßnahmen des barrierefreien Bauens Kostenauswirkungen zu (groß, mittel, gering). Das betrifft besonders ausstattungsrelevante Maßnahmen, die vorbereitet oder umzusetzen sind. Damit liegen der SenStadt- Um gut aufbereitete Materialien zur Entscheidungsfindung vor. Weiteres siehe 4. Frage 7: Welche Erkenntnisse wurden insbesondere hinsichtlich der Überarbeitung der DIN 18040-2 im Ergebnis der Studie gewonnen und wie werden diese umgesetzt ? Antwort zu 7: Es ist weder Aufgabe der Studie noch der Projektgruppe, die Planungsnorm DIN 18040-2 zu überarbeiten. Ziel der Projektgruppe ist in einem gemeinsamen Abwägungsprozess die abschließende Beschreibung eines bauordnungsrechtlichen Mindeststandards, der sowohl die Belange von Menschen mit Behinderung berücksichtigt, gleichzeitig aber kostengünstige Mieten ermöglicht. Frage 9: Welche Mindestflächen für barrierefreie Wohnungen hat die Studie im Ergebnis erbracht? (Bitte für Ein-, Zwei-, Drei-, Vier-, Fünfzimmerwohnungen angeben und die jeweilige maximale Personenanzahl benennen) Frage 10: Welche Mindestflächen für barrierefreie Wohnungen hält der Senat unter Aspekten des flächensparenden Bauens auch unabhängig von der Studie für notwendig und durch moderne Wohnungsgrundrisse realisierbar ? (Bitte für Ein-, Zwei-, Drei-, Vier-, Fünfzimmerwohnungen angeben und die jeweilige Personenanzahl benennen) Antwort zu 9 und 10: Die Studie trifft solche Aussagen nicht. Klar ist nur, dass bei kleineren Wohnungen sich die Flächenbedarfe für barrierefreies Wohnen stärker auswirken als bei größeren Wohnungen. Da Ein-, Zwei-, Drei-, Vier-oder Fünfzimmerwohnungen sehr unterschiedlich groß sein können (siehe auch Antwort zu Frage 4), wirken sich Flächenerfordernisse des barrierefreien Bauens sehr unterschiedlich aus. Ziel ist es, geschickte Entwurfslösungen unter dem Fokus der Barrierefreiheit anzuwenden, die Flächenerhöhungen vermeiden bzw. reduzieren. Frage 11: Welche Grundaussage trifft die o.g. Studie zu der Fragestellung, inwieweit barrierefreie Wohnungsgrundrisse einen unvertretbaren finanziellen Mehrbedarf bei der Erstellung von Wohngebäuden zur Folge haben und wie wird diese Grundaussage belegt? Sollte ein finanziellen Mehrbedarf erkannt worden sein, in welcher Größenordnung wird dieser beziffert? Antwort zu 11: Die Studie trifft derartige Aussagen nicht. Die Studie kommt eher zu dem Ergebnis, dass bei intelligenter Planung Flächenbedarfe für barrierefreies Wohnen sich nicht so groß auswirken. Auswirkungen sind besonders auf Grund erhöhter bzw. abweichender Ausstattungen/Konstruktionen zu erwarten. Diese können allgemein nicht beziffert werden. (Vgl. auch Antwort zu Frage 4). Frage 12: In welcher Form wurden die Ergebnisse der Studie in der Neufassung der Berliner Bauordnung berücksichtigt ? Antwort zu 12: Nicht die Studie selbst, aber die Diskussion über die Flächenauswirkungen bzw. Ausstattungen /Konstruktionen des barrierefreien Wohnungsbaus führten zu dem Ergebnis, dass bei Vorhaben bis Ende 2019 ein Drittel der Wohnungen, danach die Hälfte der Wohnungen barrierefrei herzustellen sind. Frage 13: In welcher Form sollen die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zum Barrierefreien Bauen in zukünftigen Verordnungen bzw. Ausführungsvorschriften Berücksichtigung finden und wann sollen diese Verordnungen bzw. Ausführungsvorschriften vorliegen? Antwort 13: Es soll eine Verordnung über barrierefreies Wohnen in Berlin vorgelegt werden, die die spezifischen baulichen Anforderungen abschließend beschreibt. Die Verordnung soll zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Frage 14: Wie ist der aktuelle Arbeitsstand der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bzgl. der Mindestanforderungen für barrierefreie Wohnungen, etwa für Vorhaben landeseigener Wohnungsbaugesellschaften? Antwort zu 14: Die Diskussion über die Konkretisierung der gesetzlichen Anforderungen des barrierefreien Bauens ist noch nicht abgeschlossen. Bei den Anforderungen wird nicht zwischen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und anderen Bauherrn unterschieden. Frage 15: Welche anderen Senatsverwaltungen befassen sich mit dem Thema barrierefreier Wohnungen und welche unterschiedlichen Auffassungen gibt es zwischen den Verwaltungen über die Frage der Mindestgröße barrierefreier Wohnungen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 008 3 Antwort zu 15: Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales beschäftigt sich gemeinsam mit dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung ebenfalls mit dem Thema barrierefreies Wohnen. Berlin, den 06. September 2016 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Sep. 2016)