Drucksache 17 / 19 009 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 19. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. August 2016) und Antwort Asbest in der Weißen Siedlung III Wieso lassen Bezirk und Senat die Mieter im Asbest sitzen? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend wiedergegeben: Frage 1: Aus welchem Grund hat der Senat weder vor noch nach dem Verkauf der Weißen Siedlung und auch bis heute nicht die Mieterschaft in der Weißen Siedlung über die Asbestbelastung informiert? (Das ergibt sich aus der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 17/18 866, Frage 9) Antwort zu 1:Es bestand für die WBM bis zum Veräußerungszeitpunkt im Jahr 2006 keine generelle Sanierungsdringlichkeit in Bezug auf Asbestbelastungen der Wohnanlage. In leergezogenen bzw. bewohnten Wohnungen wurden grundsätzlich bei Vorhandensein beschädigter Fußbodenplatten diese erneuert bzw. der Fußboden komplett ausgetauscht. Frage 2: Gehört das Verschweigen von Asbestbelastungen in Wohnräumen gegenüber Bewohnern zur politischen Linie des Senats? Antwort zu 2: Der Senat nimmt die Asbestthematik sehr ernst und informiert intensiv über mögliche Gefahren , die gegebenenfalls von asbestbelasteten Bauteilen ausgehen können, so zum Beispiel hat die Senatsverwaltung Stadtentwicklung und Umwelt in Kooperation mit dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), dem Landeskriminalamt (LKA), dem Landesamt für Arbeitsschutz , Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) und der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen mit dem „Informationsblatt Asbest in Gebäuden“ auf Risikopotentiale wie auch auf die Risikovermeidung hingewiesen, sowie die Kontaktdaten aller – nach fachlicher Zuständigkeit betroffenen – Behörden zusammengestellt.. Frage 3: Wie viele Wohnungen waren 2006 in der Weißen Siedlung mit Asbestbauteilen ausgestattet? Antwort zu 3: Eine konkrete Angabe ist hierzu nicht möglich. Aufgrund der bauzeittypischen Verwendung asbesthaltiger Materialien bei der Erstellung des Gebäudes ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs in einem Großteil der Wohnungen noch gebundener Asbest überwiegend in Fußbodenplatten vorhanden war. Frage 4: Wie viele Wohnungen sind heute noch in der Weißen Siedlung mit Asbestbauteilen ausgestattet? Antwort zu 4: Dazu liegt dem Senat keine Information vor. Frage 5: Welche weiteren asbesthaltigen Bauteile neben Fußbodenplatten sind dem Senat bekannt, welche hat er dem Erwerber 2006 mitgeteilt, welche hat er den Bewohnern gegenüber verschwiegen? Frage 7: Trifft es zu, dass neben den Fußböden in der Weißen Siedlung auch weite Teile der Fassaden mit asbesthaltigen Bauteilen verkleidet sind? Antwort zu 5 und 7: Nach Angaben der WBM ist bekannt , dass zum Zeitpunkt des Verkaufs 2006 Asbest in gebundener Form zum Teil in folgenden Bauteilen vorhanden war: Abwasserrohre, Müllabwurfschächte, Fassadenverkleidungen , Loggiabrüstungen, Bodenfliesen/Fußbodenplatten . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 009 2 Frage 6: Welchen Preisabschlag gab es beim Verkauf der Siedlung durch den Senat im Jahr 2006 aufgrund der Asbestbelastung der Gebäude? Antwort zu 6: Die Beantwortung der Frage ist objektiv nicht möglich. Die Liegenschaft wurde im Zuge eines Bieterverfahrens veräußert. Aufgrund der Kenntnis des Käufers ist davon auszugehen, dass die Thematik bei der Kaufpreisbemessung Berücksichtigung fand. Frage 8: Welche Lebensdauer haben nach Kenntnis des Senats die asbesthaltigen Fußbodenplatten in der Weißen Siedlung? Sind dem Senat Herstellerangaben dazu bekannt? Frage 9: Geht der Senat davon aus, dass nach über vierzig Jahren die asbesthaltigen Fußbodenplatten in der Weißen Siedlung weitestgehend unbeschädigt sind? Frage 10: Geht der Senat davon aus, dass nach über vierzig Jahren die asbesthaltigen Fußbodenplatten in der Weißen Siedlung weitestgehend abgenutzt und in Auflösung sind? Antwort zu 8, 9 und 10: Über Lebensdauern speziell von asbesthaltigen Fußbodenbelägen liegen dem Senat keine produkt-spezifischen und keine Herstellerinformationen vor. Die Lebensdauern von Baustoffen und Bauteilen unterscheiden sich grundsätzlich durch deren Zusammensetzung , der Einbauweise und Einbausituation und der jeweiligen nutzungsabhängigen Belastung bzw. Einwirkung . Die Bewertung des ordnungsgemäßen Zustands von Gebäuden und deren Bauteile, z.B. Bodenbeläge, sowie notwendige Instandsetzungsmaßnahmen sind im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Instandhaltungspflicht vorzunehmen. Das sind in der Regel eigenverantwortliche Aufgaben des Eigentümers. Frage 11: Welche Strafverfahren oder Ordnungsstrafverfahren gab es seit 2006 gegen den Eigentümer der Weißen Siedlung im Zusammenhang mit der Asbestbelastung der Häuser und Wohnungen in der Weißen Siedlung ? Antwort zu 11: Dazu liegen dem Senat keine Informationen vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. Frage 12: Welche Hilfsangebote macht der Senat den Bewohnern der Weißen Siedlung, wenn der Eigentümer die Asbestplatten nicht freiwillig und ordnungsgemäß entfernt und entsorgt? Antwort zu 12: Zuständig ist das Bezirksamt Neukölln . Dorthin können sich die Mieterinnen und Mieter wenden. Frage 13: Welche Hilfsangebote macht das Bezirksamt Neukölln den Bewohnern der Weißen Siedlung, wenn der Eigentümer die Asbestplatten nicht freiwillig und ordnungsgemäß entfernt und entsorgt? Frage 14: In wie vielen Fällen ist die Bauaufsicht des Bezirksamtes Neukölln bisher in der Weißen Siedlung tätig geworden und hat Asbestsanierungen angewiesen und die Umsetzung geprüft? Frage 15: In wie vielen Fällen ist die Bauaufsicht des Bezirksamtes Neukölln bisher in der Weißen Siedlung tätig geworden und hat Wohnungen aus Gründen der Asbestgefahr gesperrt? Antwort zu 13, 14 und 15: Informationen liegen dem Senat dazu nicht vor. Frage 16: In wie vielen Fällen haben Behörden des Landes Berlin oder landeseigene Wohnungsbaugesellschaften Ersatzwohnraum für asbestgefährdete Bewohner der Weißen Siedlung zur Verfügung gestellt? Antwort zu 16: Es liegen keine Informationen vor, dass Ersatzwohnraum angefordert wurde. Frage 17: Welche Aufgabe hat das örtliche Quartiersmanagement im Zusammenhang mit der: a) Asbestaufklärung für Bewohner der Weißen Siedlung , b) Vermittlung von Ersatzwohnraum für Asbestbetroffene in der Weißen Siedlung selbst oder bei anderen Wohnungsanbietern, c) Unterstützung der Hausverwaltung und des Eigentümers bzgl. der Asbestsanierung in der Siedlung und einzelner Wohnungen? Antwort zu 17a: Die Pflicht zur Asbestaufklärung liegt bei der Eigentümerin und der Hausverwaltung. Das Quartiersmanagement (QM) verfügt dazu über keine eigenen Erkenntnisse, sondern ist auf Informationen von Eigentümerin und Hausverwaltung angewiesen. 2013 wurden alle Mieter durch die Hausverwaltung schriftlich über Asbestbelastungen in Fußböden informiert und erhielten entsprechende Verhaltenshinweise. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr auch das QM erstmals von den Asbestbelastungen. Das QM nutzt seitdem die Steuerungsrunden (monatliches Treffen der Verwaltung, des QM-Teams und eines Vertreters der Eigentümer um über aktuelle Entwicklungen , Kontrolle der Vergabemittel und Beschluss über Neuprojekte zu beraten) sowie regelmäßige Arbeitssitzungen mit Eigentümerberaterin und Hausverwaltung, um sich über den aktuellen Sachstand zu informieren. So wurden QM und Steuerungsrunde darüber informiert, dass bei allen nach 2013 zugezogenen Mieterinnen und Mietern die Asbestinformation Bestandteil der Vertragsunterlagen ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 009 3 Das QM verweist die Bewohnerinnen und Bewohner auf diese Schreiben und fordert sie dazu auf, sich entsprechend zu verhalten und bei Schäden am Fußboden unbedingt die Verwaltung zu kontaktieren. Antwort zu 17 b, c: Die Aufgaben des QM sind in den Verträgen klar definiert. Sowohl die Vermittlung von Ersatzwohnraum als auch die Unterstützung von Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümern bei Sanierungen, einschließlich Asbestsanierung, gehören nicht dazu. Das QM hat weder Zugriff auf Wohnungen, noch die Möglichkeit, Fördermittel der Sozialen Stadt für Asbestsanierungen einzusetzen. Frage 18: Wann will der Senat das Quartiersmanagement , das in der Weißen Siedlung u.a. für „Prävention“ zuständig ist, damit beauftragen, die Bewohnerschaft über die Asbestbelastung und daraus möglicherweise resultierende Gesundheitsgefahren in der Weißen Siedlung aufzuklären ? Antwort zu 18: Die Bewohnerschaft ist seit 2013 über die Asbestbelastung informiert. Insofern bestand zunächst kein zusätzlicher Informationsbedarf durch das QM. Aufgrund aktueller Diskussionen insbesondere in den Medien hat das QM jedoch dieses Thema im Juni 2016 aufgegriffen und zum Gegenstand von Beratungen der Steuerungsrunde und des Quartiersrates gemacht. Der Quartiersrat als gewähltes Bewohner- und Akteursgremium plädiert dafür, wegen der aufgeflammten Diskussionen und der damit verbundenen Beunruhigung in der Bewohnerschaft eine Informationsveranstaltung durchzuführen. QM und Quartiersrat vertreten einhellig die Position, dass zu einer solchen Veranstaltung in jedem Fall Eigentümerverteter und Hausverwaltung eingeladen werden sollen, um ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Ausdrücklicher Wunsch des Quartiersrates ist es, diese Veranstaltung ohne Beteiligung politischer Parteien durchzuführen. Das QM plant eine Informationsveranstaltung nach der Sommerpause Ende September 2016. Genaue terminliche Festlegungen mit der Hausverwaltung erfolgen Ende August. Die Steuerungsrunde ist über dieses Vorgehen informiert. Frage 19: In welchen Sprachen liegt die Asbestinformationsbroschüre des Berliner Senats vor und in welchen Sprachen wird sie durch das Quartiersmanagement in der Weißen Siedlung oder das Bezirksamt Neukölln oder andere Stellen aktiv an die Bewohnerschaft der Weißen Siedlung ausgegeben? Antwort zu 19: Bisher ist nicht bekannt geworden, dass einzelne Benutzergruppen das Informationsblatt in Fremdsprachen nachfragen. Berlin, den 07. September 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Sep. 2016)