Drucksache 17 / 19 033 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Birk (GRÜNE) vom 26. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. August 2016) und Antwort Welche Unterstützung erfahren TeilnehmerInnen des Freiwilligen Sozialen Jahres? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Haben TeilnehmerInnen des Freiwilligen Sozialen Jahres Anspruch auf ergänzendes Arbeitslosengeld II? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, ist dies allen Jobcentern in Berlin bekannt und wird dementsprechend einheitlich verfahren? Zu 1.: Die Freiwilligendienste gehören zu den besonderen Formen des Bürgerschaftlichen Engagements. Die Teilnahme an einem Jugendfreiwilligendienst im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) und die Teilnahme an einem Bundesfreiwilligendienst (BFD) hat der Bundesgesetzgeber mit dem „Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG)“ vom 16. Mai 2008 und mit dem „Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst (BFDG)“ vom 28. April 2011 geregelt. Ob Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Freiwilligen Sozialen Jahres einen ergänzenden Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) haben, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Junge Menschen im Freiwilligendienst werden bis zum Alter von 25 Jahren der Bedarfsgemeinschaft der Eltern zugerechnet, so dass zu prüfen wäre, ob unter Berücksichtigung des Familieneinkommens die Bedarfsgemeinschaft hilfebedürftig ist. Auch bei Freiwilligen, die älter als 25 Jahre sind, wäre zu prüfen, wovon sie bisher gelebt haben, ob beispielsweise das Partnereinkommen oder Einkommen der Eltern zu berücksichtigen ist. Im Falle des Bezuges zur Sicherung des Lebensunterhalts nach ALG II ist das Taschengeld, welches Freiwillige in BFD, FSJ und FÖJ als Anerkennung für das geleistete Engagement erhalten, nach § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich als Einkommen zu betrachten und anzurechnen . Von der Anrechnung ausgenommen ist sowohl beim BFD als auch beim FSJ und FÖJ in der Regel ein Betrag in Höhe von insgesamt 200 EURO (§ 1 Abs. 7 Arbeitslosengeld II / Sozialgeldverordnung). Die Teilnahme an einem Freiwilligendienst im FSJ/FÖJ und BFD ist als wichtiger persönlicher Grund anzusehen, der der Ausübung einer Arbeit entgegensteht (vgl. § 10 Absatz 1 Nummer 5 SGB II), daher können Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach ALG II in der Zeit der Teilnahme an den bundesgesetzlich im JFDG und BFDG geregelten Freiwilligendiensten nicht verpflichtet werden, eine Arbeit aufzunehmen. Wird der Bundesfreiwilligendienst in Teilzeit geleistet, prüft die zuständige Behörde, ob neben dem Bundesfreiwilligendienst die Aufnahme einer weiteren Beschäftigung zumutbar ist. Das Land Berlin hat entsprechend der Bundesgesetzgebung im „Gesetz zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (AG-SGB II)“ vom 15. Dezember 2010 (GVBl. S. 557), zuletzt geändert durch Artikel IV des Gesetzes vom 13. Juli 2011 (GVBl. S. 344) mit Wirkung vom 27. Juli 2011 einheitliche Verfahren der Umsetzung geregelt. 2. Haben TeilnehmerInnen des Freiwilligen Sozialen Jahres Anspruch auf Wohngeld? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, ist dies allen Wohnungsämtern in Berlin bekannt und wird dementsprechend einheitlich verfahren? Zu 2.: Den Anspruch auf Wohngeld hat der Bundesgesetzgeber im Wohngeldgesetz (WoGG) vom 24. September 2008 (BGBl. I S. 1856) geregelt, geändert durch Art. 14 Nr. 12 G v. 20.10.2015 I 1722, zuletzt geändert durch Art. 3 Absatz 4 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1824). Die Beantragung von Wohngeld ist auch für Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Jugendfreiwilligendienstes im FSJ und FÖJ und des Bundesfreiwilligendienstes prinzipiell möglich. Wohngeld bekommen Anspruchsberechtigte auf Antragstellung. Der Anspruch hängt unter anderem von der Miethöhe und dem verfügbaren Einkommen ab. Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass die Wohnung der Lebensmittelpunkt der Antragstellerin bzw. des Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 033 2 Antragstellers ist. Ob die Voraussetzungen für einen Wohngeldanspruch bestehen, sollte der Antragsteller möglichst rechtzeitig vor Antritt des Freiwilligendienstes mit der zuständigen Wohngeldbehörde klären. Der Senat geht davon aus, dass den zuständigen Wohnungsämtern der Bezirksämter von Berlin die Rechtslage bekannt ist und dementsprechend verfahren wird. 3. Welche Position vertritt der Senat zur Einführung einer Ehrenamtskarte auch für die TeilnehmerInnen des Freiwilligen Sozialen Jahres verbunden mit einer kostenlosen Nutzung des ÖPNV? Zu 3.: Die im Jahre 2011 in Berlin eingeführte Ehrenamtskarte ist ein wichtiges Instrument, um die gesellschaftlich unverzichtbaren Leistungen der Freiwilligen von staatlicher Seite zu würdigen. Zielgruppe der Berliner Ehrenamtskarte sind überdurchschnittlich engagierte Bürgerinnen und Bürger, die über einen längeren Zeitraum besonders viel Zeit für ihr Engagement aufwenden. Voraussetzung für die Erteilung der Karte ist, dass die Engagierten kein Entgelt und keine Aufwandsentschädigung , die über die Erstattung von Auslagen hinausgeht, erhalten. Letzteres trifft für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Freiwilligen Sozialen Jahres nicht zu. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg bietet für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einem Freiwilligen Sozialen Jahr den Erwerb einer Monatsfahrkarte im Auszubildenden -Tarif in Höhe von 57,00 € (Berlin AB) an. 4. Wurden bzw. werden BewerberInnen für das Freiwillige Soziale Jahr Kultur, für die ja das „Landeskinderprinzip “ gilt, entsprechend als Notfälle in den Bürgerämtern behandelt, so dass sie sich bei einem Umzug nach Berlin ohne Termin oder mit einem vorgezogenen Termin rechtzeitig ein Jahr vor Beginn des Freiwilligen Sozialen Jahres (aktuell spätestens zum 1.9.2016 für die Teilnahme im nächsten Jahr ab 1.9.2017) in Berlin wohnhaft melden können? Zu 4.: Das Freiwillige Soziale Jahr Kultur wird im Rahmen des Operationellen Programms des Landes Berlin für den Europäischen Sozialfonds (ESF) in der Förderperiode 2014 – 2020 (2023) (ESF OP Berlin) gefördert . Informationen zu den geltenden Fördergrundsätzen und Förderbestimmungen, auch zu der Frage des „Landeskinderprinzips “, sind der Rahmenleitlinie und den Projektauswahlkriterien zum ESF OP Berlin zu entnehmen . Dementsprechend ist festgelegt, dass sich das Fördergebiet für die im Rahmen des ESF Programms geförderten Maßnahmen auf das Gebiet des Landes Berlin bezieht. Die Fördervoraussetzungen für die im Rahmen des Operationellen Programms geförderten Instrumente sehen die „Landeskinderregelung“ vor, d. h. der Wohnsitz der Teilnehmenden ist Berlin und in der Regel ist der Durchführungsort Berlin. Die Projektauswahlkriterien des ESF OP Berlin sehen ergänzend dazu förderinstrumentenspezifische Auswahlkriterien vor. Für das Förderinstrument „Jugend- Freiwillig-Kultur“, das den Jugendfreiwilligendienst (FSJ) in Bereichen der Kultur und in Jugendorganisationen fördert, gilt, die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen ihren festen Wohnsitz sechs Monate vor Projektbeginn des Freiwilligen Sozialen Jahres im Land Berlin haben und dementsprechend gemeldet sein. Wer nach Berlin zieht, hat sich nach dem Umzug anzumelden . Die Terminbuchungen sind über den berlinweiten Terminservice sowohl per Internet, im Bürgeramt vor Ort oder telefonisch über die Servicenummer 115 möglich. Sollten sich bei der Ummeldung des Wohnsitzes nach Berlin Schwierigkeiten ergeben, so besteht für die Freiwilligen nach der Notfallregelung der Berliner Bürgerämter die Möglichkeit, sich entsprechende Extra- Termine zur persönlichen Vorsprache zu reservieren. Berlin, den 14. September 2016 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Sep. 2016)