Drucksache 17 / 19 045 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Alessa U. Berkenkamp (GRÜNE) vom 26. August 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. August 2016) und Antwort Hochglanzbroschüre oder vergleichbarer, extern überprüfter Einblick in Wirtschaftspraktiken der Landesunternehmen, Landesbeteiligungen und Anstalten öffentlichen Rechts? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. An wie vielen juristischen Personen privaten Rechts und Anstalten sowie Körperschaften öffentlichen Rechts ist das Land Berlin in welcher prozentualen Höhe und in welcher Form beteiligt? Bitte jeweils mit der Gesamtzahl der Mitarbeiter*innen auflisten. Zu 1.: Das Land Berlin war per 30.06.2016 an den nachstehenden Gesellschaften des privaten Rechts und wirtschaftlich bedeutenden Anstalten bzw. Körperschaften des öffentlichen Rechts beteiligt. Die Angabe der Beschäftigten erfolgt in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) im Jahresdurchschnitt 2015: Unternehmensname Anteil Berlin in % Beschäftigte in VZÄ Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Anstalt des öffentlichen Rechts 50,00 419 BBB Infrastruktur GmbH & Co. KG 100,00 5 BBB Infrastruktur-Verwaltungs GmbH 100,00 2 BEHALA - Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH 100,00 95 Berlin Tourismus & Kongress GmbH 15,00 201 Berliner Bäder-Betriebe (BBB) Anstalt des öffentlichen Rechts 100,00 725 Berliner Energieagentur Gesellschaft mit beschränkter Haftung 25,00 45 Berliner Großmarkt Gesellschaft mit beschränkter Haftung 100,00 26 Berliner Stadtgüter GmbH 100,00 38 Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) Anstalt des öffentlichen Rechts 100,00 5.451 Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) Anstalt des öffentlichen Rechts 100,00 13.175 BERLINER WASSERBETRIEBE Anstalt des öffentlichen Rechts 100,00 4.216 Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BWB) 70,00 1.969 Berlinwasser Holding GmbH 100,00 3 BGZ Berliner Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit mbH 60,00 8 Berlinovo Immobilien Gesellschaft mbH 100,00 345 BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH 100,00 328 DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH Berlin 5,91 262 degewo Aktiengesellschaft 100,00 1.094 Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin, Gesellschaft mit beschränkter Haftung 100,00 49 Deutsche Klassenlotterie Berlin rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts 100,00 163 Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung GmbH 1,85 199 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 045 2 Flughafen Berlin Brandenburg GmbH 37,00 1.862 Friedrichstadt-Palast Betriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung 100,00 277 FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht gemeinnützige GmbH 6,25 39 GESOBAU AG 100,00 269 Gewobag Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin 96,69 515 Grün Berlin Gesellschaft mit beschränkter Haftung 100,00 54 Hebbel-Theater Berlin - Gesellschaft mbH 100,00 36 Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie Gesellschaft mit beschränkter Haftung 10,00 996 HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mit beschränkter Haftung 100,00 610 Investitionsbank Berlin Anstalt des öffentlichen Rechts 100,00 580 IT-Dienstleistungszentrum Berlin Anstalt des öffentlichen Rechts 100,00 583 Kinder- und Jugendfreizeitzentrum Wuhlheide - Landesmusikakademie - gemeinnützige Betriebsgesellschaft mbH 100,00 85 Kulturprojekte Berlin GmbH 100,00 62 Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland - Gesellschaft mit beschränkter Haftung 2,44 162 Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG 100,00 18 Liegenschaftsfonds Berlin Projektgesellschaft mbH & Co. KG 100,00 1 Liegenschaftsfonds Berlin Verwaltungsgesellschaft mbH 100,00 1 MEAB Märkische Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft mbH 50,00 191 Messe Berlin GmbH 99,70 811 Musicboard Berlin GmbH 100,00 4 Olympiastadion Berlin GmbH 100,00 27 Rundfunk-Orchester und -Chöre (gemeinnützige) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Berlin 20,00 332 SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin mbH 25,00 32 STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft mit beschränkter Haftung 100,00 519 Tempelhof Projekt GmbH 100,00 28 VBB Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH 33,34 100 Vivantes - Netzwerk für Gesundheit GmbH 100,00 11.278 WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mit beschränkter Haftung 100,00 326 Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH 25,00 257 WISTA-MANAGEMENT GMBH WISSENSCHAFTS- UND WIRT- SCHAFTSSTANDORT BERLIN-ADLERSHOF 98,93 41 Zoologischer Garten Berlin Aktiengesellschaft 0,03 254 49.167 Unternehmen in der Rechtsform einer Körperschaft öffentlichen Rechts: Charité Körperschaft des öff. Rechts 100,00 10.033 Summe: 59.200 Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts ohne signifikante wirtschaftliche Bedeutung. Eine Übersicht ist der Grafik über die Gliederung der Berliner Verwaltung unter https://www.berlin.de/sen/inneres/service/ueberuns /organigramme/ zu entnehmen. 2. Berichten diese juristischen Personen privaten Rechts, Anstalten und Körperschaften öffentlichen Rechts über ihre nichtfinanziellen Wirtschaftspraktiken? a) Falls ja, welches Berichtssystem (Global Reporting Initiative G4, Deutscher Nachhaltigkeitskodex, ISO 26000, Gemeinwohl-Bilanz, die Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen, das Umweltmanagement - und -betriebsprüfungssystem EMAS, der Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 045 3 UN Global Compact und die VN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte) wird verwandt? Zu 2.: Nachstehende bedeutende Landesunternehmen veröffentlichen bereits Nachhaltigkeitsberichte: Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) AöR Berliner Wasserbetriebe AöR HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mit beschränkter Haftung Investitionsbank Berlin AöR GESOBAU AG WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mit beschränkter Haftung Die Berichte werden überwiegend nach den Standards der GRI (Global Reporting Initiative) erstellt. Nach dem Standard des Deutschen Nachhaltigkeitskodexes zertifiziert sind die aktuellsten Berichte von den Berliner Wasserbetrieben AöR, der GESOBAU AG und der HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mit beschränkter Haftung. 3. Kann der Senat nach Vergleich der Nachhaltigkeitsberichte der Wohnungsbaugesellschaften GESO- BAU 1 und HOWOGE 2 beurteilen, welches Unternehmen ökologisch nachhaltiger und sozial gerechter wirtschaftet? a) Wie viel Zeit und personellen Einsatz hat dieser Vergleich in Anspruch genommen? b) Welche Schlüsse zieht der Senat daraus für Verbraucher *innen? Zu 3.: Im September 2011 haben das Land Berlin, vertreten durch die seinerzeitigen Senatsverwaltungen für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz sowie Stadtentwicklung , und der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. eine Klimaschutzvereinbarung für die Jahre 2011 bis 2020 getroffen. Darin erklären die Vertragspartner u.a., sich gegenseitig bei der Umsetzung der Klimaschutzpolitik und bei den Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele zu unterstützen und kooperativ zusammenzuarbeiten. Aufbauend auf dieser Rahmenvereinbarung berichten die GESOBAU AG und die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mit beschränkter Haftung über die nachhaltige Bewirtschaftung der Bestände in den regelmäßig veröffentlichten Nachhaltigkeitsberichten . Die Nachhaltigkeitsberichte werden dabei eigenverantwortlich durch die beiden Gesellschaften erstellt, wobei jeweils unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Ein Vergleich, welches Unternehmen ökologisch nachhaltiger und sozial gerechter wirtschaftet, ist insofern auf Basis der vorliegenden Nachhaltigkeitsberichte nicht möglich. 1 http://www.gesobau.de/fileadmin/user_upload/Unternehmen/Nachhalti gkeit/Dokumente/GESOBAU_Nachhaltigkeitsbericht_2014.pdf 2 http://www.howoge.de/fileadmin/user_upload/Download- Center/Nachhaltigkeit/HOWOGE-Nachhaltigkeitsbericht-2013-2014.pdf 4. Dem „Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten“ folgend3 sind Kapitalgesellschaften ab einer Größe von 500 ArbeitnehmerInnen ab 2017 verpflichtet über nichtfinanzielle Wirtschaftspraktiken wie Umwelt-, Arbeitnehmer*innen- und Sozialbelange sowie die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption zu berichten. a) Inwiefern können nach Auffassung des Senats nichtfinanzielle Berichtspflichten auch zu tatsächlichen Verbesserungen der in §289c des CSR- Richtlinie-Umsetzungsgesetzes genannten Belange führen? b) Wie wirkt der Senat darauf hin, dass juristischen Personen privaten Rechts mit Landesbeteiligung, Anstalten und Körperschaften öffentlichen Rechts Berichtssysteme anwenden, die 1. Wirtschaftspraktiken auf den ersten Blick vergleichbar machen, 2. Unternehmensaussagen und -daten extern überprüfen (lassen), 3. eine Zielrichtung nahelegen? c) Welche Berichtssysteme erfüllen nach Ansicht des Senates die in Absatz b) genannten Kriterien? d) Welche weiteren Richtlinien oder Kriterien gibt das Land Berlin für die nichtfinanzielle Berichterstattung der juristischen Personen privaten Rechts mit Landesbeteiligung, der Anstalten und Körperschaften öffentlichen Rechts vor? e) Wurden Empfehlungen für Berichte und Berichtssysteme ausgesprochen? Wenn ja, für welche? 5. Strebt der Senat an, dass alle juristischen Personen des Privatrechts mit Landesbeteiligung und Anstalten sowie Körperschaften öffentlichen Rechts – unabhängig von ihrer Größe – über nichtfinanzielle Wirtschaftspraktiken berichten müssen? a) Wenn ja, bis wann? b) Falls nein, warum? c) Wenn ja, wie wirkt der Senat darauf ein, dass nichtfinanzielle Berichte wie z.B. Nachhaltigkeitsberichte erstellt werden? Zu 4. und 5.: Nach aktuellem Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/95/EU (derzeit liegt lediglich ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vor) werden große kapitalmarktorientierte Unternehmen , Versicherungen und große Kreditinstitute voraussichtlich unter die Berichtspflicht fallen. Mithin würde von den Berliner Landesunternehmen lediglich die Investitionsbank Berlin AöR von der Berichtspflicht betroffen sein. 3 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 045 4 Eine über die gesetzliche Anwendungspflicht hinausgehende Verpflichtung der Landesunternehmen ist nicht geplant und scheint auch nicht sinnvoll. Die Landesunternehmen entscheiden selbständig, ob und wie sie Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Zum einen dürfte die Entscheidung darüber eine individuelle Abwägung zwischen den Gesichtspunkten Öffentlichkeitsarbeit sowie entstehende Kosten sein. Zum anderen kommt den Landesunternehmen ohnehin eine besondere Verantwortung zu, nachhaltig zu wirtschaften. Diese ist bereits zum Teil in den Unternehmenssatzungen festgeschrieben. Insoweit erscheinen zusätzliche, ggf. kostenintensive Berichterstattungen und Zertifizierungen nicht in jedem Fall notwendig. Überdies sind die Landesunternehmen regelmäßig in die Berichterstattung des Landes Berlin zu Nachhaltigkeits - und Diversity-Themen miteinbezogen (z.B. Ausbildungszahlen und -quoten, Frauenquoten im Landesgleichstellungsbericht , Ausbildungsbericht und Beteiligungsbericht ). Ungeachtet dessen sind die bedeutenden Landesunternehmen , die derzeit noch keine Nachhaltigkeitsberichterstattung vornehmen, aufgefordert worden, eine mögliche Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts im Aufsichtsrat zu diskutieren. Konkret handelt es sich um die degewo Aktiengesellschaft, Gewobag Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin, STADT UND LAND Wohnbauten- Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Messe Berlin GmbH, Vivantes - Netzwerk für Gesundheit GmbH und die Charité – Universitätsmedizin Berlin. 6. Strebt der Senat an, Berliner Kleinen und Kleinstunternehmen mit Netzwerken, Informationen o.ä. zu unterstützen, sofern sie eine nichtfinanzielle Berichterstattung erstellen wollen? a) Falls ja, wo wird diese Hilfestellung angesiedelt sein? b) Falls ja, welche Form der Unterstützung erhalten diese Klein- und Kleinstunternehmen zu diesem Zweck? Zu 6.: Entsprechende Überlegungen werden derzeit vom Senat nicht angestellt. 7. Wurde in den letzten fünf Jahren die konkrete Beschaffungspraxis des Landes Berlin auf Grundlage der Ergebnisse von nichtfinanziellen Berichten wie z.B. Nachhaltigkeitsberichten entschieden? a) Falls ja, auf welchem Berichtssystem basierend und in welchem finanziellen Umfang? b) Falls nein, warum? Zu 7.: Die Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt ausschließlich auf der Grundlage des zwingend einzuhaltenden Vergaberechts. Die Ergebnisse von Nachhaltigkeitsberichten können in die Vorbereitung eines Vergabeverfahrens einfließen, z.B. bei der Festlegung der Eignungs-, Leistungs- oder Zuschlagsparameter. Üblicherweise sind Nachhaltigkeitsaspekte jedoch auf der Grundlage rechtlicher Regelungen einzuhalten, z.B. im Rahmen des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG) oder der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU). Ob und inwieweit die Ergebnisse von Nachhaltigkeitsberichten bei den jeweiligen öffentlichen Auftraggebern in die Vorbereitung eines Vergabeverfahrens einfließen , ist dem Senat nicht bekannt. Die öffentlichen Auftraggeber Berlins entscheiden im Rahmen ihres Ermessens dezentral und eigenverantwortlich. Berlin, den 09. September 2016 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Sep. 2016)