Drucksache 17 / 19 084 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Schlede (CDU) vom 13. September 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. September 2016) und Antwort Förderung von Berliner Laienchören Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Schwerpunkte setzt der Berliner Senat bei der Vergabe der Chorförderung für die Stärkung der Spitzenförderung im Laienbereich? Zu 1.: Aktuell werden von den 940.700 Euro, die der Chorförderung zur Verfügung stehen, ca. 50 % für die Spitzenförderung zur Verfügung gestellt. Spitzenförderung wird durch drei Säulen der Förderung erreicht: • die institutionelle Förderung, • die Basisförderung (für laufende Kosten) • die Einzelprojektförderung. Einzelprojektförderung und Basisförderung werden dabei häufig kombiniert. Die restlichen ca. 50 % der Mittel werden für die institutionelle Förderung des Chorverbandes Berlin e.V. verwendet , der sie für die Aufrechterhaltung seiner Infrastruktur und zur Finanzierung seiner zahlreichen Maßnahmen , insbesondere im Bereich der Breitenförderung einsetzt. 2. Trifft es zu, dass die Chorförderrichtlinien hinsichtlich der Zielgruppe und der Ziele seit 2013 kontinuierlich zu Ungunsten der Konzert- und Oratorienchöre, die in den großen Sälen Berlins auftreten, entscheidend erweitert bzw. verändert worden sind? Zu 2.: Die Richtlinien sind vor einigen Jahren dahingehend geändert worden, dass die verpflichtende Nutzung der Konzertsäle Philharmonie und Konzerthaus kein Förderungskriterium mehr darstellen. Chorsinfonik benötigt aufgrund der Mitwirkung von Orchestern ohnehin immer einen geeigneten Ort mit den notwendigen akustischen Voraussetzungen. Da aber selbst die etablierten Konzertund Oratorienchöre mit eigenen Abonnementreihen nicht mehr in der Lage sind, so große Säle kontinuierlich zu füllen, müssen von den Chören alternative Orte erschlossen werden. Einige Chöre haben dieses Problem als Herausforderung angenommen. So fanden bereits chorsinfonische Werke in der Kulturbrauerei, dem Kraftwerk oder dem Kindl-Zentrum für zeitgenössische Kunst statt. Diese Entwicklungen zu fördern, sieht die Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten als notwendig an. Einerseits wird den Chören mehr Flexibilität gewährt, um mit knapper werdenden Mitteln umzugehen, gleichzeitig werden sie darin bestärkt, neue Besucherschichten zu erschließen. Darüber hinaus wird bei der Ausschreibung des Förderprogramms nicht mehr explizit vorgegeben, dass die Chöre aus Laien bestehen müssen. Es gibt in Berlin auch innovative nichtgeförderte Chöre mit professioneller Ausbildung, die von der Förderung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden sollen. In den bisherigen Juryverfahren wurden jedoch noch keine professionellen Chöre zur Förderung vorgesehen. Die dritte und letzte Änderung der Förderungsbedingungen bestand darin, dass vor einigen Jahren bei der Basisförderung die Höchstgrenzen für die verschiedenen Kostenarten weggefallen sind. Bis dahin war es üblich gewesen, z.B. Ausgaben für Stimmbildung oder Chorleitung nur bis zu einer bestimmten Obergrenze zu fördern. Damit sollten die Basisförderungen und Einzelprojektförderungen einheitlicher werden und mehr Förderungsgerechtigkeit erzielt werden. Da diese Schemata weder die Größe eines Chores berücksichtigten, noch die unterschiedliche Komplexität der Programme oder die Probenhäufigkeit , wurde beschlossen, diese Deckelungen wegfallen zu lassen. Von den basisgeförderten Chören wurden sie ohnehin als struktureller Wettbewerbsnachteil begriffen , da die institutionell geförderten Chöre mit solchen Begrenzungen nicht arbeiten mussten. Dies waren die einzigen Änderungen der Ausschreibungskriterien . Ein Nachteil für die Konzert- und Oratorienchöre ist dadurch nicht entstanden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 084 2 3. Wurden die betroffenen Chöre zuvor hinsichtlich dieser Änderung der Chorförderpraxis angehört? Zu 3.: Das derzeitige Modell der Chorförderung wurde unter Beteiligung des Chorverbandes Berlin e.V. sowie der Berliner Chöre entwickelt. Die Durchlässigkeit der Förderungssäulen war gewollt, um neuen Entwicklungen wirkungsvoll begegnen zu können. 4. Warum wurden die institutionellen Förderungen im Rahmen der Chorförderung des Berliner Senats für das Jahr 2017 gegenüber den Vorjahren erstmals zugunsten der Basis- und Einzelprojektförderung deutlich gekürzt? Zu 4.: Es gibt keine festen Anteile für die jeweiligen Arten der Förderung, zumal die Antragslage in Zahl und Qualität schwanken kann. Allen 16 Förderempfehlungen für 2017 gingen intensive Beratungen voraus, in denen viele Argumente ausgetauscht wurden. Auch vergleichende Überlegungen spielten eine Rolle. Aufgrund der Vertraulichkeit der Jurysitzung kann die Diskussion hier nicht wiedergegeben werden. 5. Teilt der Senat die Auffassung, dass die getätigten Kürzungen im Bereich der institutionellen Förderung in einem Missverhältnis zu den kontinuierlich steigenden Sachkosten (z. B.: die Saalmieten in den großen Sälen) stehen? Zu 5.: Die steigenden Saalmieten stellen für alle chorsinfonisch arbeitenden Chöre ein Problem dar. Die basisgeförderten Chöre sind noch stärker betroffen, da die ihnen bewilligten Förderungen deutlich unter den institutionellen Förderungen liegen. Allen Chören ist gemeinsam , dass sie sich mit einem sich wandelnden Besucherverhalten auseinandersetzen müssen. Richtig ist aber, dass die Höhe der Fördermittel die steigenden Kosten nicht berücksichtigt. 6. Laufen diese Kürzungen nicht dem Sinn und Zweck der institutionellen Chorförderung als Fehlbedarfsfinanzierung zuwider? Zu 6.: Eine institutionelle Förderung bedeutet nicht automatisch eine hohe Förderung. Bei Absenkungen der Förderungsbeträge müssen die betroffenen Institutionen den Etat durch Mehreinnahmen und/oder Einsparungen ausgleichen. 7. Wie begründet der Senat seine Einschätzung? Zu 7.: Bei jurygestützten Förderungsprogrammen sind Schwankungen der Förderungsbeträge und im Einzelfall auch der Wegfall einer Förderung nicht ungewöhnlich. Alle Antragstellerinnen und Antragsteller stehen in einem künstlerischen und wirtschaftlichen Wettbewerb. Nicht selten entspricht die in Aussicht gestellte Förderung nicht dem ursprünglich beantragten Betrag. 8. Inwiefern werden bei der Vergabe der Chorförderung besondere Aspekte wie z.B. die internationale Repräsentanz Berlins durch den Chor, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die Arbeit mit Nachwuchs- Solisten und schließlich das hohe Gesamtniveau des Ensembles berücksichtigt? Zu 8.: Sowohl für die institutionelle Förderung als auch die Basisförderung ist die kontinuierliche (mehrjährige ) Leistung des Chores auf hohem Niveau und eine bestimmte Anzahl von Konzerten in Berlin wichtigste Voraussetzung. Die institutionell geförderten Chöre und mehrere basisgeförderten Chöre führen Konzertreisen ins Ausland durch. Auch Gegenbesuche von Chören sind nicht ungewöhnlich . Solche Aktivitäten müssen bei allen geförderten Chören aber eine eigene Finanzierung finden. Zwar werden für die meisten Aufführungen auch Sängerinnen und Sänger mit professioneller Ausbildung benötigt , aber sie stehen nicht im Fokus der Förderung. Bei chorsinfonischen Werken können zum Zeitpunkt des Juryverfahrens die Solistinnen und Solisten häufig noch nicht namentlich benannt werden. Diese werden erst mit der Konkretisierung der Planungen engagiert. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen steht ausdrücklich nicht im Mittelpunkt des jurygestützten Förderungsverfahrens . Diese Aktivitäten werden im Rahmen der Förderung des Chorverbandes Berlin e.V. indirekt unterstützt. 9. Wie plant der Senat, künftig wieder eine satzungskonforme institutionelle Chorförderung zu gewährleisten? Zu 9.: Der Chorförderung liegt eine Ausschreibung zugrunde, eine Satzung ist nicht vorhanden. Bei der Ausschreibung werden die Ziele des Förderungsprogramms angegeben, z.B. wird die institutionelle Förderung den Chören gewährt, die über mehrere Jahre hinweg herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Chorsinfonik erbracht haben und im Jahr der Förderung mindestens vier Konzertprogramme selbstständig entwickeln und unter professioneller Leitung aufführen werden. Die Rechtsform der geförderten Chöre wird nicht vorgegeben. Die Konformität mit der Satzung eines institutionell geförderten Chores wird durch die Verwaltung vor Zuwendungserteilung zwar geprüft, jedoch ist nicht alleine die satzungsgemäße Arbeit Förderzweck, sondern die Aufführung einer bestimmten Zahl von chorsinfonischen Konzertprogrammen gemäß Ausschreibung bzw. gemäß Antragstellung des Chores. 10. Ist eine entsprechende Information der Jury zur Handhabung der Chorfördersatzung geplant oder beabsichtigt der Senat eine Erhöhung der Finanzmittel dafür? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 084 3 Zu 10.: Die Jury erhält die Ausschreibung und Förderkriterien zur Kenntnis und erhält laufend Gelegenheit zu Konzertbesuchen der geförderten Chöre. Sie hat Kenntnis über aktuelle und frühere Förderungen der antragstellenden Chöre. Angesichts steigender Antragszahlen und gestiegener Aufgaben des Berliner Chorverbandes muss bis zu den nächsten Haushaltsberatungen geprüft werden, ob mit den aktuellen Etats die gesteckten Ziele erreicht werden können . Berlin, den 29. September 2016 In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Sep. 2016)