Drucksache 17 / 19 097 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 20. September 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. September 2016) und Antwort Neuen Wohnraum schaffen durch Dachaufbauten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Kooperationen zwischen städtischen Wohnungsbaugesellschaften und Firmen, die Lösungen für Dachaufbauten anbieten, bestehen? Antwort zu 1: Für die Bau- und Sanierungsvorhaben der städtischen Wohnungsbaugesellschaften gelten die öffentlichen Vergabeordnungen. Die Vergabe der Aufträge und der damit verbundenen Verträge erfolgt entsprechend dieser Regelungen im Wege von Wettbewerbsverfahren und Zuschlagserteilung nach öffentlicher Ausschreibung . Frage 2: Welche Kooperationen zwischen Genossenschaften und Firmen, die Lösungen für Dachaufbauten anbieten, bestehen? Antwort zu 2: Dem Senat sind keine speziellen Kooperationen bekannt. Die Genossenschaften in Berlin führen die Erweiterung ihrer Bestände eigenständig durch. Frage 3: Wie fördert der Senat den Wissensaustausch zwischen städtischer / genossenschaftlicher Wohnungswirtschaft und Baufirmen, etwa gemeinsam mit dem Wohnungsverband BBU, um das große Potenzial der Wohnraumschaffung durch Dachausbau und Aufstockungen zu nutzen? Antwort zu 3: In einer im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erstellten Dachraumpotenzialanalyse wurden die Bestände der Gründerzeit sowie der 1920er und 30er Jahren untersucht. Demnach können durch Dachausbauten langfristig theoretisch ca. 50.000 Wohnungen geschaffen werden, davon ca. 35.000 Wohnungen in den Gründerzeitquartieren, ca. 15.000 Wohnungen in den Siedlungen der 1920er und 30er Jahren. Im Dezember 2015 wurden im Rahmen eines Workshops mit Vertreterinnen und Vertretern der Bezirke , von städtischen Wohnungsbaugesellschaften sowie von den wohnungswirtschaftlichen Verbänden BBU und BFW die Möglichkeiten und Restriktionen für den Dachausbau erörtert. Frage 4: Wie viele Wohnungen lassen sich durch Dachausbauten und Dachaufstockungen im städtischen Bestand noch schaffen? Antwort zu 4: Durch den Dachausbau können in städtischen Beständen aus den 1920er und 30er Jahren noch ca. 2.300 Wohneinheiten gewonnen werden. Für den gründerzeitlichen Bestand liegen keine Potenzialschätzungen vor. Da der Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaften in dieser Baualtersklasse niedrig ist, sind auch die Potenziale als sehr gering einzuschätzen. Für Dachaufbaupotenziale liegen derzeit noch keine Erkenntnisse vor. Frage 5: Wie werden alle städtischen Bestände auf ihre Potenziale hin überprüft, wie ist der aktuelle Prüfstand und wann ist bei der derzeitigen technischen Machbarkeit mit dem Abschluss aller Prüfungen zu rechnen? Antwort zu 5: Das Land Berlin hat die wohnungspolitische Zielstellung, den landeseigenen Wohnungsbestand bis 2026 auf 400.000 Wohnungen zu erweitern. Im Rahmen der Bauplanung und der Entwicklung der Portfoliostrategien prüfen daher die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften grundsätzlich die technische Machbarkeit , die städtebauliche Genehmigungsfähigkeit sowie die Wirtschaftlichkeit von Dachgeschossausbauten und Dachaufbauten. Aufgrund ihres besonderen Bestandsportfolios beschäftigte sich die Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte GmbH (WBM) intensiv mit der Nutzung von Dachraumpotentialen. Ende 2015 wurden Machbarkeitsstudien zur Entwicklung von modularen Systemen für Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 097 2 Dachaufbauten auf Plattenbauten der Typen Q3A, IW57, P2 und QP64 fertiggestellt und Potentiale aus dem Bestandsportfolio ermittelt. Im Rahmen der regelmäßigen Abstimmungen der Wohnungsbaugesellschaften untereinander werden die Machbarkeitsstudien allen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung gestellt. Bestandskonkrete Untersuchungen zu planungsrechtlichen und technischen Voraussetzungen sind noch nicht für alle Typen abgeschlossen. Frage 6: Wie unterstützt der Senat Genossenschaften bei der Ausschöpfung ihrer Potenziale für einen Dachausbau , wo der Senat doch ein Interesse an der Ausweitung des genossenschaftlichen Wohnungsbestandes hat und Genossenschaften zur Bereitstellung preiswerten Wohnraums wesentlich mit beitragen? Antwort zu 6: Der Senat hat ein großes Interesse an der Ausweitung des Wohnungsangebots in der Stadt. Direkt unterstützt wird die Schaffung neuen Wohnraums durch das Programm zur Wohnungsneubauförderung des Landes Berlin. Sofern sie den Förderungsbestimmungen entsprechen, können auch neu zu errichtende Wohnungen in Dachgeschossen gefördert werden. Die Fördermittel können sowohl von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften als auch von Genossenschaften und anderen privaten Vorhabenträgern in Anspruch genommen werden . Frage 7: Inwieweit sind nach Auffassung des Senats Modellprojekte sinnvoll, um für die Realisierbarkeit von Dachaufbauten – etwa für DDR-Serienplattenbauten wie den Q3A – übertragbare Erfahrungen und Kenntnisse zu sammeln und wie gedenkt der Senat dies, ggf. in Kooperation mit dem Bund, zu fördern? Antwort zu 7: Die Aufstockung seriell hergestellter Wohnungsbauten ist aus Sicht des Senats besonders sinnvoll , da sich die betreffenden Bestände oftmals in guten Lagen bzw. in Nähe zum schienengebundenen öffentlichen Nachverkehr befinden. In einem Modellprojekt plant die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM die Weiterentwicklung eines Quartiers in der Stralauer Allee, deren Bestandteil u.a. die Aufstockung von Wohngebäuden des Plattenbautyps Q3A ist. Durch den Einsatz vorgefertigter Bauteile sollen die Bestandsgebäude in Modulbauweise um zwei bis drei Stockwerke erhöht werden. Auch bei solchen Vorhaben können finanzielle Mittel der Neubauförderung in Anspruch genommen werden. Frage 8: Welche finanziellen Einsparungen durch den nicht erforderlichen Grundstückserwerb sowie durch serielle und modulare Lösungen sind nach Erkenntnissen des Senats realisierbar und wie wirkt sich dies auf die Miethöhen im Vergleich zu konventionellen Neubauten mit erforderlichem Grundstückserwerb aus? Antwort zu 8: Dem Senat liegen keine eigenen Kenntnisse über das Potenzial finanzieller Einsparungen vor. Die „ARGE Innovative Dachgeschossaufstockung“ sieht bei Aufstockungen von Q3A-Gebäuden mit 1.400 bis 1.500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche geringere Baukosten als für herkömmliche Neubauten. Dachaufstockungen in Gründerzeitbauten bewegen sich mit ca. 2.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche (Kostengruppen 300 und 400 brutto) jedoch in dem üblichen Maße. Die Unternehmen des BBU geben für Dachgeschossaus- bzw. - aufbau Kosten in Höhe von 2.400 Euro pro Quadratmeter an (Kostengruppen 300 und 400). Der Wegfall des Grundstückserwerbs ist mit Blick auf die Gesamtkalkulation des jeweiligen Projekts vorteilhaft. Die Höhe dieses Vorteils ist jedoch aufgrund deren Abhängigkeit von der Lage und jeweiligen Bodenpreisniveau nicht pauschal zu beziffern. Zudem bestimmt sich der Mietzins nicht zuletzt an den Gegebenheiten des Markts, so dass keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorliegen, ob bzw. inwieweit der Wegfall des Grundstückserwerbs tatsächlich zu niedrigeren Mieten führt. Des Weiteren können die Kostenvorteile zumindest teilweise durch zusätzliche Investitionen (z.B. Aufzug, statische Ertüchtigung oder Brandschutz) kompensiert werden. Frage 9: Ist mit dem IBB-Förderfonds zur Modernisierung von Wohnraum und zum altersgerechten Wohnen auch der Ausbau von Dachgeschossen förderfähig; wenn ja, in welcher Höhe sind in 2014, 2015 und 2016 Förderungen abgerufen worden; wenn nein, wann wird der Senat einen Fördertatbestand, ggf. mit einem neuen IBB- Förderfonds, initiieren, um das große Potenzial der Wohnraumschaffung durch Dachausbau und Aufstockungen zu nutzen? Antwort zu 9: Für energieeinsparende Maßnahmen von Wohnungsbeständen, der Modernisierung und Umbau sowie der Umsetzung barrierearmer Wohnkonzepte gibt es von der IBB die Förderprogramme „IBB Energetische Gebäudesanierung“, „IBB Wohnraum Modernisieren “ und „IBB Altersgerecht Wohnen“. Diese Programme können u.a. die Umwidmung von beheizten Nichtwohnflächen in Wohnflächen und Wohnflächenerweiterungen am oder im Gebäude durch Ausbau von nicht beheizten Flächen oder Anbau verwendet werden. Frage 10: Welche ökologischen Potenziale sind dem Senat bekannt, die sich mit Dachaufstocken erzielen lassen ; wird der Senat bei Maßnahmen der Dachaufstockung künftig ökologische Maßnahmen (etwa Dachbegrünungen ) vorgeben oder Fördermittel anbieten? Antwort zu 10: Dachaufstockungen leisten einen Beitrag zur Verdichtung der besiedelten Gebiete, was schützenswerten Freiflächen zugutekommt. Dennoch macht der enorme Einwohnerzuwachs eine Erweiterung des Wohnungsangebots sowohl durch Nachverdichtung als auch durch Erschließung bislang unbebauter Flächen notwendig . Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 19 097 3 Durch die mögliche Begrünung von Dächern im Rahmen von Dachaufstockungen lassen sich Retentionsflächen schaffen, die darüber hinaus einen positiven Beitrag für das Stadtklima leisten. Entsprechende Vorgaben können – soweit rechtlich möglich – im Rahmen von Baugenehmigungs- oder Bebauungsplanverfahren gemacht werden. Berlin, den 04. Oktober 2016 In Vertretung Prof. Dr.-Ing. Lütke Daldrup ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Okt. 2016)